Korschenbroich (Nordrhein-Westfalen)

Jüdische Gemeinde - Neuss/Rhein (Nordrhein-Westfalen)Datei:Korschenbroich in NE.svg Korschenbroich ist eine Stadt am linken Niederrhein mit derzeit ca. 34.000 Einwohnern, die zum Rhein-Kreis Neuss gehört und wenige Kilometer östlich von Mönchengladbach liegt (Ausschnitt aus hist. Karte von 1905 ohne Eintrag von Korschenbroich, aus: wikipedia.org, gemeinfrei und Kartenskizze 'Rhein-Kreis Neuss', TUBS 2008, aus: commons.wikimedia.org, CC BY-SA 3.0).

 

In dem unter der Herrschaft Millendonk stehenden Ort lebten im 17./18.Jahrhundert stets nur sehr wenige Juden, die damals als Kleinhändler und Hausierer ihr Leben fristeten; der erste Jude im Dorf ist bereits für 1689 bezeugt. Erst zu Beginn des 19.Jahrhunderts nahm die Zahl der jüdischen Einwohner spürbar zu. Die jüdische Gemeinde Korschenbroich, die zunächst zur Synagogengemeinde des Kreises Gladbach gehörte, wurde 1929 autonom, als Korschenbroich nicht mehr dem Kreis Gladbach, sondern dem von Grevenbroich-Neuss zugeordnet war. Zu gottesdienstlichen Zusammenkünften stand der hiesigen Judenschaft lediglich ein kleiner Raum in einem Privathause in der Mühlenstraße zur Verfügung. Obwohl die Neubauplanungen für eine Synagoge Ende der 1820er Jahre schon weit fortgeschritten waren, lehnten die staatlichen Behörden in Düsseldorf das Vorhaben ab. Gegen Ende des 19.Jahrhunderts erwarb die Gemeinde ein in unmittelbarer Nähe stehendes Gebäude, das fortan als Gemeindehaus, Schule und Lehrerwohnung diente.

Nachdem bis ca. 1890 ein Areal nahe des Trietbaches für relativ kurze Zeit als Beerdigungsgelände gedient hatte und wegen Hochwassergefahr aufgegeben werden musste, erwarb die jüdische Gemeinde ein höher gelegenes Grundstück an der Donatusstraße in Pesch und legte dort ihren neuen Friedhof an

Juden in Korschenbroich:

         --- 1806 ....................... 18 Juden,

    --- 1835 ....................... 50   “  ,

    --- 1845 ....................... 48   “  ,

    --- 1861 ....................... 34   “  ,

    --- 1872 ....................... 52   “  ,

    --- 1885 ....................... 67   “  (in 11 Familien),

    --- 1901 ....................... 45   “  ,

    --- 1930 ....................... 21   “  ,

    --- 1935 ....................... 24   “  ,

    --- 1938 ....................... 18   “  ,

    --- 1942 ....................... keine.

Angaben aus: Elfi Pracht-Jörns, Jüdisches Kulturerbe in Nordrhein-Westfalen, Teil II: Reg.bez. Düsseldorf, S. 473

           Ansichtskarte / Postkarte Korschenbroich NRW, Steinstraße | akpool.de Steinstraße, um 1900 (Abb. aus: akpool.de)

 

Zu Beginn der 1930er Jahre lebten nur noch fünf jüdische Familien am Ort; alle bestritten ihren Lebensunterhalt vom Viehhandel.

Während des Novemberpogroms wurden sowohl Privatwohnungen der jüdischen Familien als auch die Synagoge demoliert. In den Kriegsjahren dienten die Gebäude in der Mühlenstraße als Unterkunft für französische Kriegsgefangene. Danach ging das Grundstück in den Besitz der Kommune über.

Während die meisten der 28 jüdischen Bewohner sich in die Emigration retten konnten, wurden sieben Opfer des Holocaust.

 

Ende der 1950er Jahre wurden die ehemals im Besitz der jüdischen Gemeinde befindlichen Gebäude abgerissen, um einem Neubau Platz zu machen. Anlässlich des 50.Jahrestages der „Reichskristallnacht“ ließ die Kommune in der Nähe des Standortes der ehemaligen Synagoge eine Gedenktafel anbringen. Eine Straße Korschenbroichs trägt heute die Bezeichnung „An der Synagoge“.

Seit 2007/2008 erinnern im Stadtgebiet von Korschenbroich (einschl. Glehn und Pesch) sog. Stolpersteine“ an die ehemaligen Wohnsitze jüdischer Familien; die letzten zwölf ins Gehwegpflaster eingefügten Steine wurden im Stadtteil Korschenbroich im Jahre 2009 verlegt; insgesamt zählt man im gesamten Stadtgebiet ca. 30 messingfarbene Steinquader (2024)..

   

verlegt in der Sebastianusstraße, der Stein- und  Mühlenstraße (Aufn. R., 2018, aus: wikipedia.org, CC BY-SA 4.0)

Der von einer Ziegelsteinmauer umgebene Friedhof an der Donatusstraße - er befindet sich im Eigentum der Kommune - weist heute ca. 45 Grabsteine auf, die z.T. starke Verwitterungsspuren zeigen.

 Jüdischer Friedhof in Korschenbroich (Aufn. Stadt Korschenbroich)

Lange Zeit war der alte jüdische Friedhof in der Trietbachniederung in Vergessenheit geraten. Auf Initiative des Heimatvereins wurde 2004 auf dem ehemaligen Begräbnisgelände ein Gedenkstein aufgestellt (Aufn. Ch., 2013, aus: wikipedia.org, CC BY-SA 3.0), dessen Inschrift lautet: "An dieser Stelle befand sich der erste israelitische Friedhof in Korschenbroich. Der Friedhof wurde 1889 geschlossen wegen ständiger Überflutung durch den Trietbach. Die Umbettung erfolgte zum heutigen Friedhof Donatusstraße. Schalom. Frieden. Stadt Korschenbroich. Landesverband der Jüdischen Gemeinden von Nordrhein. Juni 2004 - Tamus 5764."

 

Im heutigen Korschenbroicher Stadtteil Glehn existierte auch eine jüdische Gemeinde, die zahlenmäßig etwas größer als die von Korschenbroich war; Glehn gehörte als Filiale zur Synagogengemeinde Neuss.

[vgl. Glehn (Nordrhein-Westfalen)]

 

 

 

Weitere Informationen:

Klaus H.S. Schulte, Dokumentation zur Geschichte der Juden am linken Niederrhein seit dem 17.Jahrhundert, in: "Veröffentlichungen des Historischen Vereins für den Niederrhein ...", Band 12, Verlag L.Schwann, Düsseldorf 1972, S. 126 - 129

H. Georg Kirchhoff, Amt Kirschenbroich. Geschichte der Gemeinden Kirschenbroich u. Pesch, Mönchengladbach 1974

Michael Messmann, Die Entwicklung der jüdischen Gemeinde Korschenbroich im 19. und 20.Jahrhundert, Korschenbroich 1992

Dieter Peters, Land zwischen Rhein und Maas / Land tussen Rijn en Maas. Genealogische Daten von jüdischen Friedhöfen in der ehemaligen Rheinprovinz und in der niederländischen Provinz Limburg, Kleve 1993, S. 191 f.

Michael Brocke (Hrg.), Feuer an dein Heiligtum gelegt - Zerstörte Synagogen 1938 Nordrhein-Westfalen, Ludwig Steinheim-Institut, Kamp Verlag, Bochum 1999, S. 311/312

Elfi Pracht-Jörns, Jüdisches Kulturerbe in Nordrhein-Westfalen, Teil II: Regierungsbezirk Düsseldorf, J.P. Bachem Verlag, Köln 2000, S. 476 – 480

Martin Rüther, Spätere Geschlechter könnten sich keinen Begriff machen! - Die Zeit des Nationalsozialismus in Glehn, Liedberg, Kleinenbroich, Korschenbroich und Pesch 1939 und 1945, in: "Schriftenreihe des Stadtarchivs", Band 4, Korschenbroich 2008

Margarethe Pluta (Red.), Steine der Erinnerung, in: "NGZ - Neuß-Grevenbroicher Zeitung“ vom 6.2.2009

Ruth Wiedner (Red.), Eine Ausstellung gegen das Vergessen, in: „NGZ - Neuß-Grevenbroicher Zeitung“ vom 9.10.2013

Auflistung der in Korschenbroich verlegten Stolpersteine, online abrufbar unter: wikipedia.org/wiki/Liste_der_Stolpersteine_in_Korschenbroich