Landau (Rheinland-Pfalz)
Landau in der Pfalz ist eine Kommune mit derzeit ca. 48.000 Einwohnern und Verwaltungssitz des Landkreises Südliche Weinstraße - ca. 35 Kilometer nordwestlich von Karlsruhe gelegen (topografische Karte, Lencer 2008, aus: wikivoyage.org/wiki, GFDL und Kartenskizze 'Landkreis Südliche Weinstraße', Lencer 2007, aus: commons.wikimedia.org, CC BY-SA 3.0).
Die jüdische Kultusgemeinde Landau war um 1900 mit ca. 800 Angehörigen eine der größten in der Pfalz.
Bereits bei der Stadtgründung Landaus (1274) gab es hier Juden; um 1320 wurde eine „Judengasse“ (heutige Theatergasse) in der Reichsstadt erwähnt. 1308 war dem Speyerer Bischof die Schutzherrschaft über die Landauer Juden übertragen worden; wenige Jahre später wurde diese vom Kaiser an die Stadt Speyer verpfändet. Von nun an wechselten sich Duldung und Vertreibung der Juden in Landau ab. So kam es 1347 zu einem Konflikt zwischen Bürgerschaft und Juden; ein Jahr später waren auch die Landauer Juden von den allgemeinen Verfolgungen betroffen. Doch bereits 1354 sind erneut Juden in der Stadt bezeugt.
In der Katharinenkapelle in Landau findet man heute an der Nord-/Ostwand des Chores aus dem Mittelalter stammende Darstellungen von Juden.
rechts: zwei Juden (Aufn. M. Ohmsen) und antijüdische Darstellung der Kreuzigung Christi, um 1350 (Abb. DKrieger, wikipedia.org, CC-BY-SA 3.0)
Zu Beginn des 16.Jahrhunderts veranlassten enorme Geldzahlungen an den Kaiser Maximilian die Stadt Landau, zehn Judenfamilien für 50 Jahren aufzunehmen. Diese hatten ihrerseits eine Sondersteuer an die finanzschwache Stadt zu leisten. Die zugezogenen Familien Juden bildeten bald eine Gemeinde, die rasch anwuchs. Geldhandel bildete die Haupterwerbsquelle, außerdem handelten Landauer Juden auch mit Gewürzen. Dies rief die christliche Kaufmannschaft auf den Plan: Sie wollte die Zahl der jüdischen Familien aus Konkurrenzgründen begrenzen. Im letzten Viertel des 15.Jahrhunderts schienen dann keine Juden mehr in Landau ansässig gewesen zu sein; erst nach 1515 lassen sich wieder jüdische Familien urkundlich nachweisen. Die ab 1520 vom Rat der Stadt ernannten "Judenvögte" übten neben der Überwachung der Geschäftstätigkeit der Juden auch Gerichtsfunktionen über sie aus.
Spätestens nach 1517 datiert die Anlage eines Friedhofs; zuvor wurden Verstorbene auf anderen Friedhöfen im Bereich des Hochstifts Worms begraben; möglicherweise könnte es in Landau bereits im Mittelalter einen jüdischen Begräbnisplatz gegeben haben.
Landau i.d. Pfalz – Stich M. Merian,um 1660, aus Topographia Alsatiae (Abb. aus: wikipedia.org, gemeinfrei)
Um 1690 wurde Landau zu einer Festung ausgebaut, womit auch ein wirtschaftlicher Aufschwung einherging. Die Zahl der jüdischen Einwohner stieg nun deutlich an. Gegen Ende des 17.Jahrhunderts gab es in Landau bereits ein gut organisiertes jüdisches Gemeindeleben, zu dem auch eine Schule gehörte.
Da im Laufe des 19.Jahrhunderts die jüdische Gemeinde stetig angewachsen war, wurde der Neubau einer Synagoge ins Auge gefasst; denn die Synagoge an der Ecke Waffenstraße/Schustergasse – sie war 1797 in einem angekauften Gebäude eingerichtet worden - genügte in keiner Weise mehr den Ansprüchen der Gemeinde.
Gebäude, in dem sich die alte Synagoge Landaus befand (Bauskizzen)
Nachdem bereits Grundstücke für den Bau des neuen Synagogengebäudes angekauft waren, entschied man sich kurzfristig für einen neuen Standort. Denn nach Schleifung der Landauer Festungsanlagen stand nun ein Baugrund zur Verfügung, den die Kommune unentgeltlich abgab. Nach zweijähriger Bauzeit wurde im Jahre 1884 der gewaltige Fünf-Kuppel-Synagogenneubau unter Leitung des langjährigen Bezirksrabbiners Dr. Elias Grünebaum festlich eingeweiht.
Synagoge in Landau Reiterstraße/Kaiserring, um 1900 (Sammlung J. Hahn) und Synagogeninnenraum (hist. Aufn., Stadtarchiv)
Im lokalen „Landauer Anzeiger” wurde am 4.August 1884 gemeldet:
„ ... Es ist ein herrliches Bauwerk, das sich am südlichen Ende der Stadt erhebt, wohl für lange Zeit deren schönste architektonische Zierde - ein Denkmal auch für das opferbereite Wollen der israelitischen Kultusgemeinde. Dem prachtvollen Äußeren des Gebäudes entspricht dessen innere Ausschmückung. Überall begegnen wir der edelsten Formensprache in Stein und Holz, dem feinsten Farbensinne, bei den gemalten Glasfenstern und der Dekoration der Wände. Die Bewunderung des Beschauers verwandelt sich aber in Staunen, wenn derselbe sich vergegenwärtigt, welche Mittel, welche Opferfreudigkeit seitens der Mitglieder der kleinen, nur hundert Familien zählenden Gemeinde erforderlich waren. ... Wie wir hören, haben 62 Familien zu hohen Preisen Synagogenstühle erstanden, ...”
Elias Grünebaum (geb. 1807 in Reipoltskirchen) wurde im Alter von 29 Jahren zum Leiter des Kreisrabbinats in Landau/Pfalz berufen. Sein Studium in Orientalistik und Philosophie (Bonn/München) hatte er zuvor mit der Promotion abgeschlossen. Dr. Grünebaum setzte sich während seiner rabbinischen Tätigkeit in Landau für die hiesige Gemeinde und darüber hinaus maßgeblich für die Emanzipation der Juden ein. Mit seinem persönlichen Engagement erwirkte er den Neubau der Landauer Synagoge und die Anlegung einer eigenen Begräbnisstätte. Grünebaum machte sich auch als Organisator des jüdischen Schulwesens einen Namen, wobei ihm besonders an der religiösen Unterweisung in Gemeinschaftsschulen für jüdische und christliche Schüler gelegen war. Gemeinsam mit Christian Friedrich Maurer, dem ersten Direktor der Höheren Töchterschule in Landau (später Max-Slevogt-Gymnasium) erstellte Grünebaum ein Konzept für einen jüdischen Religionsunterricht und wurde der erste jüdische Religionslehrer an dieser Schule. Elias Grünebaum war Verfasser jüdisch-theologischer Schriften, die zu seiner Zeit im deutschen Judentum Beachtung fanden; sein Hauptwerk war „Die Sittenlehre des Judenthums andern Bekenntnissen gegenüber – Nebst dem geschichtlichen Nachweise über Entstehung und Bedeutung des Pharisaismus und dessen Verhältniß zum Stifter der christlichen Religion“. Im Jahre 1886 wurde ihm für seine allgemeinen Verdienste - er hatte 57 (!) Jahre in Landau gewirkt - der Michael-Orden Zweiter Klasse verliehen. Dr. Grünebaum starb 1893 in Landau.
Nach dem Tode des amtierenden Rabbiners Dr. Elias Grünebaum wurde die Rabbinerstelle Landaus ausgeschrieben:
aus: „Allgemeine Zeitung des Judentums“ vom 1.Dez. 1893
Nach kurzzeitiger Vakanz wurde als Nachfolger im Rabbinat dann Dr. Berthold Einstein (geb. 1862) bestimmt; er hatte dieses Amt bis ins Jahr 1934 inne.
aus: „Jüdisch-liberale Zeitung“ vom 28.Jan. 1931 - „Bayerische Israelitische Gemeindezeitung" vom 1.Dez. 1934 und 15.Jan. 1930
Die Landauer Juden begruben ihre Verstorbenen seit ca. 1690 auf dem Essinger Friedhof, da das Areal der Landauer Begräbnisstätte dem Festungsbau zum Opfer gefallen war. Seit den 1840er Jahren stand dann wieder ein eigenes Areal am Arzheimer Weg zur Verfügung, das auf Initiative des damaligen Rabbiners Elias Grünebaum angelegt worden war; die Fläche wurde 1929 noch erweitert.
Juden in Landau:
--- um 1400 ......................... 8 jüdische Familien,
--- um 1430 ......................... 12 “ “ ,
--- um 1520 ......................... 10 “ “ ,
--- um 1540 ......................... 94 Juden,
--- 1752 ............................ 117 “ ,
--- 1774 ............................ 129 “ ,
--- 1808 ............................ 237 “ ,
--- 1825 ............................ 305 “ (5,5% d. Bevölk.)
--- 1847 ............................ 458 “ (in 92 Familien),
--- 1864 ............................ 377 “ ,
--- 1880 ............................ 433 “ ,
--- 1895 ............................ 658 “ ,
--- 1900 ............................ 821 “ ,* * ca. 9% aller Pfälzer Juden
--- 1925 ............................ 709 “ ,
--- 1933 ............................ 596 “ ,
--- 1936 ............................ 444 “ ,
--- 1937 ............................ 385 “ ,
--- 1938 (Juli) ..................... 341 “ ,
(Nov.) ..................... 294 “ ,
--- 1939 (Sept.) .................... 214 “ ,
--- 1940 (Okt.) ..................... 50 “ ,
(Nov.) ..................... 8 “ .
Angaben aus: Alfred Hans Kuby (Hrg.), Pfälzisches Judentum gestern und heute, S. 55
und Hans Heß, Die Landauer Judengemeinde - Ein Abriß ihrer Geschichte
Blick in die alte 'Judengasse' (heute Theaterstraße)
Zu Beginn des 19.Jahrhunderts lebten die meisten Juden in Landau vom Trödelhandel; es gab damals in der Kleinstadt 13 jüdische Trödler und sieben jüdische Hausierer. Die ökonomische Lage der Juden Landaus verbesserte sich in den folgenden Jahrzehnten erheblich. Zu Beginn des 20.Jahrhunderts lebten in Landau ca. 40 Kaufleute, fast 50 Weinhändler/Weinkommissionäre und zahlreiche Händler anderer Branchen. 1933 war der Weinhandel in der Pfalz mehrheitlich in jüdischer Hand, die Tabakverarbeitung und der Lederhandel zu etwa 50%. Der traditionelle Viehhandel blieb aber auch weiterhin hier eine Domäne jüdischer Familien.
hist. Ansichtskarte, um 1915 (aus: wikipedia.org, CCO)
Den ersten Höhepunkt der antijüdischen NS-Politik bildete auch in Landau der reichsweite Boykotttag vom 1.April 1933. Bereits Tage zuvor hatte auf einer Kundgebung der NSDAP-Kreisleiter Kleemann „den Machenschaften des internationalen Judentums” den Kampf angesagt. Der Aufruf im „Landauer Anzeiger” vom 29.3.1933 gab den Lesern genaue Anweisungen für den bevorstehenden Boykott an die Hand; dann begann die „Aktion“.
„ ... Punkt zehn Uhr bezogen die SA und SS ihre Posten vor den jüdischen Häusern (auch Rechtsanwälten und Ärzten) und Lokalen, die sämtlich durch schwarze Plakate mit einem gelben Kreis in der Mitte gekennzeichnet waren. ... Abends hat ebenso schlagartig wie begonnen die Boykottbewegung um 7 Uhr ihr Ende erreicht; die Posten wurden zurückgezogen. In größter Disziplin haben die SA- und SS-Männer ihren Dienst versehen.”
Nach Zeitungsberichten war der Boykott in Landau „erfolgreich“, da jüdische Geschäfte an diesem Tage kaum betreten wurden. Zu erstem gewaltsamen Vorgehen kam es im Juni 1933, als mehrere SS- bzw. NSDAP-Angehörige jüdische Gäste in einem Cafe tätlich angriffen und misshandelten.
Im „Gemeindeblatt der Israelitischen Gemeinde Frankfurt" vom Oktober 1936 fand man die folgende Information:
Die Ausschreitungen des Novemberpogroms von 1938 verliefen in der Stadt Landau ähnlich wie in anderen Städten: Nach einer Kundgebung aller NSDAP-Gliederungen am Abend des 9.November erhielt die lokale SA-Führung in Landau telefonisch den Befehl, noch in der Nacht die Synagoge Landaus zu zerstören. SA-Angehörige brachen daraufhin das Gebäude auf, demolierten die Inneneinrichtung und übergossen diese mit einem Brandbeschleuniger. Am Mittag des 10.November war die Synagoge völlig ausgebrannt; in den folgenden Tagen wurden die Ruinen „aus Sicherheitsgründen“ gesprengt. Noch während die Synagoge brannte, begannen SA- und SS-Trupps, jüdische Geschäfte und Wohnungen zu demolieren; ihnen schlossen sich noch Jugendliche an. Männliche Juden der Stadt wurden verhaftet und misshandelt, anschließend wurde ein Teil mit der Bahn ins KZ Dachau abtransportiert.
Brennende Landauer Synagoge (Stadtarchiv)
Kurz nach dem Pogrom wurden die Landauer Juden gezwungen, Generalvollmachten zur Abtretung ihres Grundbesitzes zu unterzeichnen. Die allermeisten Landauer Juden verließen nun ihre Heimatstadt; entweder emigrierten sie oder verzogen in deutsche Großstädte. Im Rahmen der sog. „Bürckel-Aktion“ wurde ein Großteil der 50 damals noch in Landau lebenden Jüdinnen/Juden - zusammen mit Tausenden anderen - ins französische Internierungslager Gurs verfrachtet. Vor ihrem Abtransport nach Gurs waren sie ins Frank-Loeb´sche Haus eingewiesen worden.
Von den ca. 600 zu Beginn der 1930er Jahre in Landau lebenden Bewohnern jüdischen Glaubens wurden mindestens 158 Opfer der „Endlösung“.
Wenige Jahre nach Kriegsende wurden die beteiligten Täter des Novemberpogroms in Landau vor Gericht gestellt; in ihrer Verteidigung beriefen sie sich auf ihren Eid, der ihnen die Ausführung eines ihnen erteilten Befehls zwingend vorgeschrieben hätte.
Am Standort der ehemaligen Synagoge an der Ecke Friedrich-Ebert-Straße/Reiterstraße wurde 1968 ein Mahnmal errichtet, das von Dr. Kurt Metzger, dem letzten Rabbiner der ehemaligen Landauer Kultusgemeinde, eingeweiht wurde; diue Gedeenkstele wurde von der Künstslerin Margot Stempel-Lebert geschaffen. Aus Anlass des 50.Jahrestages der „Reichskristallnacht” wurde vor der Gedenkstele eine Gedenkplatte mit der folgenden Inschrift im Boden eingelassen:
An dieser Stelle stand die Synagoge.
Sie wurde 1883 erbaut und 1938 von den Handlangern der Nazidiktatur niedergebrannt.
Die Zerstörung der Synagoge war das Fanal zur Verfolgung,
Marter und millionenfachem Mord an deutschen und europäischen Juden.
Das Geschehene verpflichtet uns, nie zu vergessen.
Gedenkstele mit "Gedenkschwelle" (Aufn. Wagner, 2018, aus: wikipedia.org, CC BY-SA 3.0)
Seit 2016 trägt der Platz, der das Mahnmal umgibt, den Namen des einstigen Bezirksrabbiners Dr. Elias Grünebaum.
In der Kaufmannsgasse 9 liegt das Frank-Loebsche-Haus, in dem die Vorfahren von Anne Frank gelebt haben. Auf Veranlassung einer Bürgerinitiative wurde das Haus grundlegend saniert. Im Gebäude - seit 1987 Erinnerungsstätte - befinden sich eine Dokumentation zur Geschichte der Landauer Juden und eine Ausstellung über die Verfolgung der Pfälzer Sinti.
Gedenktafeln am Haus (Aufn. J. Hahn)
Anmerkungen: Die Vorfahren von Anne Frank stammten aus der Südpfalz. Ihr Urgroßvater war Zacharias Frank (geb 1811 in Niederhochstadt). Die Familie war noch nicht lange in der Südpfalz ansässig; die Eltern von Zacharias stammten aus dem bayerischen Fürth. Sein Vater Abraham war Lehrer und Rabbiner der jüdischen Gemeinde in Hochstadt. (Zur Geschichte der Familie Frank siehe: Thomas Klein (Red.), Anne Frank und ihre südpfälzische Verwandtschaft, in: „Wochenblatt – Stadtanzeiger Landau“ vom 12.6.2019)
Anlässlich des 70.Jahrestages der Deportation nach Gurs wurde am Museumsvorplatz in Landau eine Gedenktafel enthüllt, die an die 283 südpfälzischen Juden aus Landau und dem heutigen Kreis Südliche Weinstraße erinnert.
2011 gründete sich in Landau eine Initiative, die mit der Verlegung von sog. „Stolpersteinen“ an die Opfer der NS-Diktatur erinnert. Inzwischen sind bei 18 Verlegeaktionen insgesamt ca. 320 dieser messingfarbenen Gedenkquader in die Gehwegpflasterung eingefügt worden (Stand Febr. 2024).
„Stolpersteine“ für die Fam. Kott in der Reiterstraße und für Fam. Kimmelmann in der Königstraße (Aufn. F. Pfadt, 2009)
Im Rahmen der 10.Verlegung von 24 „Stolpersteinen“ (Febr. 2017) wurden auch vier für Angehörige der Familie Marx in die Gehwegpflasterung "Im Ostring" eingelassen.
Aufn. Stadt Landau in der Pfalz, 2017
verlegt in der Landwehrstraße (Aufn. Malagus, 2022, aus: wikipedia.org, CC BY-SA 4.0)
Auf Initiative von Schüler/innen des Max-Slevogt-Gymnasiums wurden im Nov. 2017 vor dem Schulgebäude 25 „Stolpersteine“ verlegt, die an Schülerinnen der ehemals Städtischen Höheren Töchterschule erinnern sollen, die in den 1930er Jahren diese Schule besuchten. Bei der 14.Verlegungsaktion (2020) fanden weitere 13 Steine einen Platz vor dem Otto-Hahn-Gymnasium und der Maria-Ward-Schule; Anfang 2021 kamen weitere vier, 2022 nochmals insgesamt 23 Steinquader hinzu (davon neun verlegt vor der BBS, die an ehemalige jüdische Schüler erinnern); die gleiche Anzahl von 23 Steinen wurde im Febr. 2023 an weiteren sieben Standorten verlegt.
Das jüdische Begräbnisareal in Landau - umgeben von Flächen des kommunalen Hauptfriedhofs - steht seit 1991 unter Denkmalschutz; hier sind nach Angaben des aus dem Jahre 1847 stammenden Belegbuches mehr als 800 Verstorbene begraben worden.
Seit 2020 informiert eine neue, viersprachig abgefasste Informationstafel über die Historie des Landauer Friedhofs wie folgt. „Der jüdische Friedhof. Die genaue Lage eines mittelalterlichen, 1528 erwähnten Begräbnisplatzes ist nicht bekannt. Möglicherweise wurde er durch den Festungsbau 1688 zerstört. Spätestens seit dieser Zeit wurden die in Landau verstorbenen Juden in Essingen beigesetzt. 1847 erstand die jüdische Gemeinde unter der Federführung des Rabbiners Dr. Elias Grünebaum ein Areal vom Landauer Bürgerhospital am Arzheimer Weg, das sich an den protestantischen Friedhofteil anschloss. 1929 wurde der jüdische Friedhof nach Westen erweitert und erhielt seine heutige Ausgestaltung. 1944 erwarb die Stadt Landau den jüdischen Friedhof, ohne allerdings eine Grundbucheintragung vorzunehmen. Der seit 1991 unter Denkmalschutz stehende Friedhof ist inzwischen von Arealen des städtischen Hauptfriedhofes umgeben. Die Fläche umfasst 4.275 qm und befindet sich wieder im Besitz der Jüdischen Kultusgemeinde der Rheinpfalz, die auch die Pflege koordiniert.
Teilansichten des alten und neuen Friedhofteils (beide Aufn. J. Hahn, 2020, aus: alemannia-judaica.de)
Im Landauer Ortsteil Arzheim sind Juden spätestens seit Beginn des 18.Jahrhunderts ansässig gewesen; dabei handelte es sich stets um nur sehr wenige Familien. Um 1870/1880 lebten in Arzheim etwa 50 Bewohner mosaischen Glaubens. Bereits frühzeitig befand sich mitten im Dorf ein Betsaal. Ab Mitte der 1880er Jahre - die Gemeinde hatte sich inzwischen aufgelöst - suchten die wenigen Arzheimer Juden die neue Synagoge in Landau auf. Verstorbene Gemeindeangehörige wurden auf dem jüdischen Friedhof in Essingen bzw. in Landau begraben. Zu Beginn der 1930er Jahre lebten noch ca. 10 – 15 Personen mosaischen Glaubens im Dorf.
Nachweislich wurden acht gebürtige bzw. länger in Arzheim lebende jüdische Personen Opfer der NS-Gewaltherrschaft (namentliche Nennung der betroffenen Personen siehe: alemannia-judaica.de/arzheim_synagoge.htm).
Im Winzerort Göcklingen - heute ein Teil der Verbandsgemeinde Landau-Land - sollen gegen Ende des 17.Jahrhunderts erstmals vereinzelt Juden gelebt haben; durch weitere Zuwanderung bildete sich eine kleine jüdische Landgemeinde heraus, die um 1850 aus ca. 60 Personen bestand. Eine um 1850 eingerichtete Synagoge (am heutigen Münsterweg), die einen bereits bestehenden Betraum ablöste, war bis zur Auflösung der kleinen Gemeinde (um 1900) in Nutzung. Danach ging das Gebäude in den Besitz eines Winzers über, der es als Wirtschaftsgebäude nutzte; später erfolgte ein Umbau zu einem Wohnhaus.
Ehem. Synagogengebäude (Aufn. Ges. f. christlich-jüdische Zusammenarbeit, um 2010)
Der jüdische Friedhof in Annweiler war Begräbnisstätte für verstorbene Juden Göcklingens; später war es der in Ingenheim.
Juden in Göcklingen:
--- 1801 ........................... 26 Juden,
--- 1808 ........................... 41 “ ,
--- 1825 ........................... 72 “ (ca. 5% d. Bevölk.),
--- 1835 ........................... 91 “ ,
--- 1848 ........................... 61 “ (in 11 Familien),
--- 1875 ........................... 41 “ ,
--- 1900 ........................... 13 “ ,
--- 1910 ........................... 9 “ ,
--- 1924 ........................... 3 “ .
Angaben aus: Stefan Fischbach/Ingrid Westerhoff (Bearb.), “ ... und dies ist die Pforte des Himmels ...., S. 167
Die wenigen verbliebenen jüdischen Bewohner wurden nach 1900 von der Kultusgemeinde Ingenheim betreut; Mitte der 1920er Jahre lebten noch drei Bewohner mosaischen Glaubens im Dorf
Vier gebürtige Göcklinger mosaischen Glaubens wurden Opfer der "Endlösung" (namentliche Nennung der betroffenen Personen siehe: alemannia-judaica.de/goecklingen_synagoge.htm).
Weitere Informationen:
Caesar Seligmann, Mein Leben. Erinnerungen eins Großvaters (verfasst 1934). Auszüge in: Monika Richarz, Bürger auf Widerruf - Lebenszeugnisse deutscher Juden 1780 - 1945, Verlag C.H. Beck, München 1989, S. 184 - 191
Germania Judaica, Band II/1, Tübingen 1968, S. 464 – 466 und Band III/1, Tübingen 1987, S. 703 - 711
Hans Heß, Die Landauer Judengemeinde - Ein Abriß ihrer Geschichte, Hrg. Stadtverwaltung/Stadtarchiv Landau/Pfalz, Landau 1969 (2. Aufl. 1983)
Harold Hammer-Schenk, Synagogen in Deutschland. Geschichte einer Baugattung im 19. u. 20.Jahrhundert, Hans Christians Verlag, Hamburg 1981,Teil 1, 354 und Teil 2, Abb. 267
Alois Schirmer, Göcklingen bei Landau/Pfalz. Geschichtliche Studien über ein Winzerdorf an der Südlichen Weinstraße, Göcklingen 1981, S. 754 – 762
Rudolf Fendler, Elias Grünebaum. Rabbiner und Wissenschaftler, in: Von der Lateinschule des Rates zum Eduard-Spranger-Gymnasium, Landau 1982, S. 331 - 333
Hans Heß, Hoffnung unter Trümmern - Geschichte einer Synagoge, in: "Die Rheinpfalz (Ausgabe Landau)" vom 1.9.1984
Hermann Arnold, Juden in der Pfalz - Vom Leben pfälzischer Juden, Pfälzische Verlagsanstalt, Landau/Pfalz 1986, S. 18 f. und S. 123 f.
Rainer Johann Bender (Hrg.), Pfälzische Juden und ihre Kultuseinrichtungen, Mannheim 1988
Landauer Synagoge vor 50 Jahren niedergebrannt, in: "Die Rheinpfalz (Ausgabe Landau)", in vier Folgen aus dem Nov. 1988
Karl Fücks/Michael Jäger, Synagogen der Pfälzer Juden. Vom Untergang ihrer Gotteshäuser und Gemeinden, Hrg. Jüdische Kultusgemeinde der Rheinpfalz, Neustadt/Weinstraße 1988, S. 128 f.
Günther List, Juden im Landauer Weinhandel - Skizze einer Gründerzeit, in: A.H.Kuby, Juden in der Provinz - Beiträge zur Geschichte der Juden in der Pfalz zwischen Emanzipation und Vernichtung, Verlag Pfälzische Post, Neustadt a.d. Weinstraße 1989, S. 65 – 85
Thomas Hirsch, Recherchen über die Juden in und um Landau zur Zeit des Nationalsozialismus, in: "Heimat-Jahrbuch Südliche Weinstraße", 11/1989
Franz Schmidt, Die Steine reden, Rhodt 1989 (zu Göcklingen)
Landeszentrale für politische Bildung Rheinland-Pfalz (Hrg.), Gedenkstätten für die Opfer des Nationalsozialismus in Rheinland-Pfalz, 2.Aufl., Mainz 1991, S. 61 - 62
Alfred Hans Kuby (Hrg.), Pfälzisches Judentum gestern und heute. Beiträge zur Regionalgeschichte des 19./20.Jahrhunderts, Verlag Pfälzische Post, Neustadt a.d. Weinstraße, 1992 (Anm.: enthält mehrere Aufsätze, u.a. Uri R. Kaufmann, Zu den geistigen Kämpfen unter den pfälzischen Juden: Die Position des Bezirksrabbiners Elias Grünebaum, S. 25 - 32)
Joachim Glatz, Synagogen und Denkmalspflege in Rheinland-Pfalz, in: "SACHOR - Beiträge zur jüdischen Geschichte in Rheinland-Pfalz", Heft 3/1992, S. 5 f.
Hannes Ziegler, Verfemt - Verjagt - Vernichtet . Die Verfolgung der pfälzischen Juden 1933 - 1945, in: Gerhard Nestler/Hannes Ziegler (Hrg.), Die Pfalz unterm Hakenkreuz, Pfälzische Verlagsanstalt 1993, S. 325 ff.
Gerhard Liebel, Zum Schicksal der jüdischen Bevölkerung im ehemaligen Bezirksrabbinat Landau seit der Zeit des Nationalsozialismus: eine Untersuchung der Judenverfolgung im Dritten Reich und der postnationalsozialistischen Auseinandersetzung mit diesem Kapitel in einer pfälzischen Region - Diplomarbeit im Fach Politikwissenschaft an der Universität Mannheim, Mannheim 1994
Berthold Schnabel, Jüdische Musikanten aus Landau-Arzheim, in: "SACHOR - Beiträge zur Jüdischen Geschichte und zur Gedenkstättenarbeit in Rheinland-Pfalz", 8. Jg. Heft 15 (1/1998), S. 38 - 42
Hans-Werner Ziemer, Der Pogrom vom November 1938 in der Pfalz, in: "SACHOR - Beiträge zur jüdischen Geschichte und zur Gedenkstättenarbeit in Rheinland-Pfalz", 8. Jg., Heft 16 (2/1998), S. 33/34
Hermann Arnold, Jüdisches Leben in der Stadt Landau und der Südpfalz (1780 - 1933), Landau 2000
Martin Michael (Hrg.), Juden in Landau. Beiträge zur Geschichte einer Minderheit, in: "Schriftenreihe zur Geschichte der Stadt Landau i.d. Pfalz 7", Landau 2004
Stefan Fischbach/Ingrid Westerhoff (Bearb.), “ ... und dies ist die Pforte des Himmels “. Synagogen. Rheinland-Pfalz Saarland, Hrg. Landesamt für Denkmalpflege, Mainz 2005, S. 167 und S. 226 - 230
Otmar Weber, Die Synagogen in der Pfalz von 1800 bis heute. Unter besonderer Berücksichtigung der Synagogen in der Südwestpfalz, Hrg. Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit Pfalz (Landau), Dahn 2005, S. 43, S. 76/77 und S. 108 - 110
Landau, in: alemannia-judaica.de (mit zahlreichen Text- u. Bilddokumenten zur jüdischen Ortshistorie)
Arzheim, in: alemannia-judaica.de
Göcklingen, in: alemannia-judaica.de (mit zahlreichen Fotos)
Michael Martin /Bearb.), Der Weg in die Vernichtung. Vorstufen des Terrors, in: Stadt Landau (Hrg.), Landau und der Nationalsozialismus, in: "Schriftenreihe der Stadt Landau in der Pfalz", Band 10, verlag regionalkultur, 2013, S. 401 – 426
Michael Martin /Bearb.), Die Nacht vom 9./10. November 1938, in: Stadt Landau (Hrg.), Landau und der Nationalsozialismus, in: "Schriftenreihe der Stadt Landau in der Pfalz", Band 10, verlag regionalkultur, 2013, S. 427 – 492
Walter Rummel (Bearb.), „Arisierung“ in Landau, in: Stadt Landau (Hrg.), Landau und der Nationalsozialismus, in: Schriftenreihe der Stadt Landau in der Pfalz, Band 10, verlag regionalkultur, 2013, S. 509 - 538
Cölestine Margarethe Drexler/Roland Paul (Bearb.), Briefe aus Mannheim, Gurs und Grenoble (1939-1942). Das Schicksal einer jüdischen Frau aus Landau in der Pfalz, hrg. vom Institut für pfälzische Geschichte und Volkskunde, Kaiserslautern 2014
Neunte Stolpersteinverlegung in der Landauer Innenstadt (17.3.2016), online abrufbar unter: metropolnews.info
Landau: Vorbereitungen für zehnte Stolpersteinverlegung in Landau, in: "Metropolregion Rhein-Neckar News" vom 24.10.2016
Stadt Landau (Pfalz), Gegen das Vergessen. Zehnte Verlegung von Stolpersteinen in Landau, in: "Metropolregion Rhein-Neckar News" vom 27.2.2017
Auflistung der in Landau verlegten Stolpersteine, online abrufbar unter: wikipedia.org/wiki/Liste_der_Stolpersteine_in_Landau_in_der_Pfalz
Jennifer Back (Red.), Stolpersteine werden vor Max-Slevogt-Gymnasium verlegt, in: „Die Rheinpfalz“ vom 6.11.2017
N.N. (Red.), Gegen das Vergessen – Elfte Verlegung von Stolpersteinen in Landau, in: „Pfalz-Express“ vom 13.11.2017
N.N. (Red.), Neue Stolpersteine der Erinnerung – 25 jüdische Mädchen aus Landau, die Opfer des Holocausts wurden, in: „Pfalz-Echo“ vom 13.11.2017
Thomas Klein (Red.), Zum zwölften Mal Stolpersteine in Landau verlegt. Für eine lebendige Erinnerungskultur, in: „Wochenblatt - Stadtanzeiger Landau“ vom 28.6.2018
Stadt Landau in der Pfalz (Bearb.), Landau - „Mahnmale von unten“ - 13. Verlegung von Stolpersteinen in Landau, in: MRD-news.de vom 15.4.2019
Thomas Klein (Red.), Anne Frank und ihre südpfälzische Verwandtschaft, in: „Wochenblatt - Stadtanzeiger Landau“ vom 12.6.2019
Rolf H. Epple (Red.), Landau: 13 neue Stolpersteine erinnern an ehemalige Landauer Schüler, in: „Pfalz-Epress“ vom 6.2.2020
Thomas Klein (Red.), 14.Stolpersteinverlegung in Landau, in: „Wochenblatt - Stadtanzeiger Landau“ vom 10.2.2020
Thomas Klein (Red.), Erinnerung an die brennende Synagoge, in: „Wochenblatt – Stadtanzeiger Landau“ vom 26.10.2019
Landau – Die Erinnerung wachhalten – Neue Informations- und Hinweistafel auf dem jüdischen Friedhof in Landau, abrufbar unter: mrn-news.de/2020/08/11/
N.N. (Red.), Stolpersteine erinnern an ermordete und vertriebene Juden, in: „Die Rheinpfalz“ vom 3.3.2021
N.N. (Red.), Gedenktafel ein Zeugnis jüdischer Treue zum Vaterland, in: „Die Rheinpfalz“ vom 5.11.2021
Bernhard Scholten (Red.), Landau. Buch benennt Profiteure der Judenverfolgung, in: „Die Rheinpfalz“ vom 9.3.2022
Marie-Luise Kreuter, Juden in Landau – Landauer Juden. Zur Geschichte einer Minderheit und ihrer christlichen Nachbarn, in: Stadt Landau (Hrg.), Schriftenreihe zur Geschichte der Stadt Landau, Band 13, verlag regionalkultur Landau 2022
Silvia Krebs (Red.), Die Erinnerung wieder sichtbar machen. Stadt Landau sucht Patinnen und Paten für Stolpersteine, in: „Wochenblatt – Reporter.de“ vom 14.7.2022
N.N. (Red.), Mahnmale in der Stadt: Weitere Stolpersteine in Landau verlegt, in: „Die Rheinpfalz“ vom 11.9.2022
Rita Reich (Red.), Landau. Stolpersteine vor BBS verlegt, in: „Die Rheinpfalz“ vom 9.11.2022
Stadt Landau (Red.), „Mahnmale von unten“: Stadt Landau verlegt 23 weitere Stolpersteine, in: Pressemitteilung der Stadt Landau vom 27.1.2023 und vom 7.2.2023 (unter: landau.de)
Katharina Schmitt (Red.), „Stolpern“ zur Erinnerung: Landau gedenkt mit insgesamt 317 Stolpersteinen, in: „Wochenblatt“ vom 9.2.2023
Stadt Landau in der Pfalz (Red.), Landauer Leute: Wirkungsvoller Rabbiner, in: Pressemitteilung der Stadt Landau vom 19.7.2024
Stadt Landau in der Pfalz (Red.), Landau – Wider das Vergessen: Schülerinnen und Schüler der KARS verlegen am 21.November sieben neue Stolpersteine in Landau, in: „MRN-News" vom 14.11.2024