Landsberg/Warthe (brand. Neumark)

   Polski: Położenie Gorzowa Wielkopolskiego na mapie Polski English: Location of Gorzów Wielkopolski on the map of Poland Das ehemals brandenburgische Landsberg ist die heutige polnische Großstadt Gorzow Wielkopolski mit derzeit ca. 122.000 Einwohnern - ca. 80 Kilometer nordöstlich von Frankfurt/Oder gelegen (Ausschnitt aus hist. Karte von 1905, aus: wikipedia.org, gemeinfrei  und  Kartenskizze 'Polen' mit Gorzow Wielkopolski rot markiert, K. 2005, aus: commons.wikimedia.org, CC BY-SA 3.0).

 

In der zweiten Hälfte des 19.Jahrhunderts war die jüdische Gemeinde in Landsberg die viertgrößte der Mark Brandenburg.

Datei:Landsberg a.W. 1850.jpgLandsberg/Warthe - Stahlstich um 1850 (aus: genwiki.genealogy.net)

 

Vermutlich haben sich bereits gegen Mitte des 14.Jahrhunderts jüdische Familien in Landsberg aufgehalten bzw. waren hier vorübergehend ansässig. 1557 wurde ein Bethaus erwähnt. Mit der Vertreibung aller Juden aus Brandenburg 1573 endete aber jegliches jüdische Leben in Landsberg. Erst im Verlaufe des Nordischen Krieges kamen um 1655/1660 erneut jüdische Familien, die vor den Schweden geflohen waren, nach Landsberg. Sie fanden hier zunächst vorübergehend Schutz und siedelten sich danach dauerhaft an. Als Folge des Ediktes von 1671 – der Große Kurfürst gewährte 50 aus Wien vertrieben jüdischen Familien Asyl in seinem Land – kamen weitere drei Familien nach Landsberg. So bildete sich bereits gegen Ende des 17.Jahrhunderts in Landsberg eine jüdische Gemeinde, die sich um 1695 aus ca. 20 Familien zusammensetzte und damit die größte in der Neumark war. Die Juden Landsbergs mussten sich damals wiederholt gegen die christliche Kaufmannschaft (und den von ihr dominierten Magistrat), die sich der unerwünschten Konkurrenz entledigen wollte, zur Wehr setzen.

Gegen Mitte des 19.Jahrhunderts weihte die Gemeinde ihre neue Synagoge in der Badergasse ein, nachdem man zuvor das alte, aus der Mitte des 18.Jahrhunderts stammende Bethaus abgerissen hatte. Das neuerrichtete Gotteshaus verfügte über 150 Männer- und fast eben so viele Frauenplätze.


Synagoge in Landsberg (links: Lithographie von 1860, aus: wikipedia.org, PD-alt-100   -  rechts: hist. Aufn., aus: wikipedia.org, gemeinfrei)

Etwa zeitgleich richtete man ein jüdisches Armenhaus mit Hospital ein. 

Das Begräbnisgelände für verstorbene Juden Landsbergs und Umgebung war bereits zu Beginn des 18.Jahrhunderts angelegt worden.

Langjähriger Rabbiner der Landsberger jüdischen Gemeinde war der 1839 in Prag geborene Wilhelm Klemperer. Nach seiner theologischen und universitären Ausbildung am Jüdisch-Theologischen Seminar und der Universität in Breslau und seiner Promotion (1861 in Leipzig) kam er 1864 als Rabbiner nach Landsberg; dort blieb er etwa zwei Jahrzehnte. 1885 wurde Klemperer dann zum Rabbiner in Bromberg gewählt. Weitere sechs Jahre später wechselte er als zweiter Rabbiner an die Synagoge der jüdischen Reformgemeiende in Berlin. Im Jahre 1912 starb er; seine Grabstätte befindet sich auf dem Jüdischen Friedhof Berlin-Weißensee.

Juden in Landsberg:

          --- um 1690 ..........................  21 jüdische Familien,

    --- 1765 .............................  45     “       “    ,

    --- 1783 ............................. 293 Juden,

    --- 1817 ............................. 304   "  ,

    --- 1829 ............................. 313   “  ,

    --- 1843 ............................. 395   "  ,

    --- 1858 ............................. 555   “  ,

    --- 1871 ............................. 730   “  ,

    --- 1890 ............................. 606   “  ,

    --- 1900 ............................. 568   "  ,

    --- 1910 ......................... ca. 450   “  ,

    --- 1933 (Juni) ...................... 435   “  ,*     * andere Angabe: 935 Pers.

    --- 1934 ............................. 285   “  ,

    --- 1939 .............................  95   “  ,

    --- 1944 .............................   4   “  .

Angaben aus: Oswald Lassally, Zur Geschichte der Juden in Landsberg a.d. Warthe, S. 414/415

und                 The Encyclopedia of Jewish Life before and during the Holocaust (Vol. 2), S. 703

 Postcard Gorzów Wielkopolski Landsberg Warthe | akpool.co.uk hist. Postkarte (Abb. aus: akpool.co.uk/postcards)

 

Antisemitisch motivierte „Vorfälle“ waren bereits vor 1933 in der Stadt zu verzeichnen. Sie stärkten die hiesige zionistische Gruppe, die ab 1934 - mit Hilfe der „Hechaluz“ - Angehörige der Landsberger Gemeinde zunehmend bei ihren Vorbereitungen zur Auswanderung nach Palästina half. Innerhalb von nur fünf Jahren hatte der weitaus größte Teil der jüdischen Bewohner Landsberg verlassen; bei Kriegsbeginn lebten nur noch knapp 100 Juden in der Stadt.

In den Novembertagen von 1938 war es auch in Landsberg zu antijüdischen Ausschreitungen gekommen; das Synagogengebäude wurde in Brand gesetzt und teilzerstört. Wer in den beiden folgenden Jahren nicht mehr emigrieren konnte, der wurde von den NS-Behörden deportiert. 1944 sollen noch vier „in Mischehe“ verheiratete Juden in Landsberg gelebt haben.

                        Ehem. Synagogengebäude (Aufn. Przemek Wisniewski)

Zu den baulichen Relikten jüdischer Geschichte in Landsberg zählt das ehem. Synagogengebäude, das heute inmitten von neuzeitlichen Wohnblöcken steht; das Gebäude macht einen recht verkommenen Eindruck. Außer wenigen Grabsteinen auf dem völlig verwahrlosten Friedhofsgelände erinnert heute kaum etwas an die jüdische Geschichte Landsbergs.

 Gorzów Wlkp., kirkut.,.jpg

Ehem. jüdischer Friedhof (Aufn. K.Kaźmierczyk, 2006, aus: wikipedia.org, CCO und Stiopa, 2008, aus: wikipedia.org, CC BY-SA 3.0)

 

Der Schriftsteller Saul Ascher wurde 1767 in Landsberg/Warthe geboren. Bereits in frühen Jahren war Ascher als Verleger tätig; unter verschiedenen Namen besaß er nacheinander mehrere Verlage. Seine eigenen Schriften erschienen oftmals anonym bzw. unter diversen Pseudonymen. Auch als Mitarbeiter und Korrespondent verschiedenster Zeitschriften war er tätig. Frühzeitig trat Ascher für die Emanzipation der Juden ein, so in seinem Werk „Leviathan oder Religion in Rücksicht des Judentums“ (1792). Saul Ascher starb 1822 in Berlin.

 

  Victor Klemperer, der sich als Schriftsteller und Literaturwissenschaftler einen Namen machte, wurde 1881 in Landsberg geboren. Über Bromberg kam die Familie 1890 nach Berlin. Nach einem Romanistik-, Germanistik- und Philosophiestudium an verschiedenen Universitäten verdiente er ab 1905 als freier Journalist seinen Lebensunterhalt in Berlin. 1912 konvertierte er zum Protestantismus. Nach seiner Promotion und Habilitation hatte Klemperer ab 1920 eine Professur für Romanistik in Dresden inne. Allgemein bekannt wurde er durch seine akribisch geführten Tagebücher, in denen er seine Ausgrenzung als jüdischer Intellektueller in der NS-Zeit dokumentierte. Nachdem er und seine nicht-jüdische Frau 1940 aus ihrem Zuhause in Dresden-Döltschen vertrieben worden waren, lebten sie in verschiedenen „Judenhäusern“. Die Luftangriffe auf Dresden im Februar 1945 überlebte das Ehepaar unverletzt, das auch einer drohenden Deportation entkam. Victor Klemperer verstarb 1960 in Dresden.

 

 

 

In der etwa 25 Kilometer nordöstlich von Landsberg liegenden Kleinstadt Bernstein (poln. Pelczyce, derzeit ca. 2.700 Einw.) gab es seit Ende des 18.Jahrhunderts eine kleine jüdische Gemeinde, die ihren zahlenmäßigen Höchststand mit ca. 70 Personen um 1870 erreichte.

Der kleinen Gemeinschaft standen eine Synagoge und ein eigener Friedhof zur Verfügung. Nach dem Ersten Weltkrieg war die kleine Gemeinde in Auflösung begriffen. Das Anfang der 1930er Jahre profanierte Synagogengebäude blieb während des Novemberpogroms unzerstört; dessen Abriss erfolgte allerdings wenige Jahre später. Vom ehemaligen jüdischen Friedhof – inzwischen völlig von der Vegetation überwuchert - sind heute nur noch spärliche Grabsteinrelikte vorhanden.

        Spuren jüdischer Gräber (Aufn. aus: google.com) https://lh6.ggpht.com/UkSAr1DUbs33UeziPIAV5BL9E8yH9QR9gzlOAbz_krmqDWVofzPLCG2O

 

 

Friedeberg (Neumark): Europe's Belle Epoque in colour - Europa1900  Auch in Driesen/Netze (poln. Drezdenko, derzeit ca. 10.000 Einw.) - im Kreis Friedeberg, etwa 50 Kilometer östlich von Landsberg gelegen (Ausschnitt aus hist. Karte aus: europe1900.eu) - existierte eine jüdische Gemeinde, die Anfang der 1870er Jahre immerhin ca. 170 Angehörige aufwies; das entsprach ca. 4% der Gesamtbevölkerung.

Eine erstmalige Erwähnung jüdischer Händler in Driesen soll bereits um 1600 erfolgt sein; dauerhafte Ansässigkeit ist aber erst ca. ein Jahrhundert später nachweisbar.

Der orthodox ausgerichteten Gemeinde standen ein eigener Friedhof und eine 1767 eingeweihte Synagoge an der damaligen Holmstraße zur Verfügung, nachdem in den Zeiten zuvor private Betstuben genutzt worden waren.

 Synagoge - auf der Abb. farbig markiert (aus: sztetl.org.pl)

Anfang der 1930er Jahre lebten in Driesen noch ca. 85 jüdische Bewohner, die bald ihre Emigration organisierten (vor allem nach Palästina) bzw. in deutsche Großstsädte (vor allem Berlin) übersiedelten. Während des Novemberpogroms 1938 wurde die Synagoge in Driesen geplündert und zerstört, aber wegen der Nähe zu anderen Gebäuden in der Holmstraße nicht in Brand gesteckt.

2008 wurde ein Gedenkstein auf dem ehemaligen Friedhofsgelände, auf dem heute keine Grabsteine mehr vorhanden sind, aufgestellt; dessen Inschrift lautet: „An diesem Ort lag ein Friedhof, der 1867 - 1933 der lokalen jüdischen Glaubensgemeinschaft gehörte”.

                              Gedenkstein (Aufn. Marcin Wygocki, aus: sztetl.org.pl)

Weitergehende Informationen siehe: Anke Geißler-Grünberg (Bearb.), Geschichte der Jüdischen Gemeinde in Driesen (Drezdenko), in: Universität Potsdam – Institut für jüdische Studien und Religionswissenschaft (Hrg.), Jüdische Friedhöfe in Polen auf den Gebieten der ehemaligen Provinz Brandenburg, online abrufbar unter: uni-potsdam.de/ (2021)

 

 

 

In Friedeberg (poln. Strzelce Krajenskie, derzeit ca. 10.000 Einw.) - ca. 25 Kilometer nordöstlich von Landsberg gelegen (hist. Karte siehe: oben) - sind jüdische Bewohner erstmals im 13.Jahrhundert nachgewiesen; eine jüdische Gemeinde bildete sich jedoch erst Jahrhunderte später. Ihre Blüte erreichte diese gegen Ende des 19.Jahrhunderts mit mehr als 250 Angehörigen. Ein Bethaus soll bereits um 1680 bestanden haben; knapp ein Jahrhundert später wurde es wegen seines maroden Zustandes aber abgerissen; zwei Jahre später ließ dann die jüdische Gemeinschaft – damals bestehend aus ca. 20 Familien - ein neues errichten. Seit der zweiten Hälfte des 19.Jahrhunderts ist eine neue Synagoge nachweisbar.

                                      Ehemalige Synagoge (Skizze, Quelle ?)

Zu Beginn der NS-Zeit lebten noch ca. 55 Einwohner mosaischen Glaubens in der Stadt; die meisten konnten durch Emigration ihr Leben zu retten. Vom jüdischen Friedhof, der zu Beginn des 18.Jahrhunderts an der Landstraße nach Woldenberg angelegt worden war, sind heute kaum noch Spuren zu finden.

 

 

 

In Schermeisel (poln. Trzemeszno Lubuskie, derzeit ca. 700 Einw.) – ca. 35 Kilometer südlich von Landsberg - gab es in der ersten Hälfte des 19.Jahrhunderts eine relativ große jüdische Gemeinde. In dem Dorf – das zwei Grundherrschaften gehörte - wurden jüdische Familien gegen Entrichtung diverser Abgaben geduldet, die einen wesentlichen Teil der grundherrschaftlichen Einkünfte ausmachten. Für die Erstellung/Nutzung gemeindlicher Einrichtungen (Bethaus/Friedhof) musste von der jüdischen Gemeinde eine Genehmigung von den Grundherren eingeholt werden, die diese sich auch bezahlen ließen. Die jüdische Ortsbevölkerung zählte um 1820 ca. 300 Personen, 20 Jahre später waren es immerhin noch ca. 230 Personen, um 1860 dann noch ca. 180 (ca. 20% der Bevölkerung). Zur Schermeisler Gemeinde gehörten auch Juden, die in Grochow (Grochów), Gleißen (Glisno) und Königswalde (Lubniewice) wohnten. Die israelitische Gemeinde besaß neben einem Friedhof – angelegt in der ersten Hälfte des 18.Jahrhunderts - auch eine Synagoge; ein hölzerner Bau war in den 1820er Jahren durch ein größeres Steingebäude ersetzt worden. Seit ca. 1830 bestand auch eine jüdische Schule.

Ab der Jahrhundertwende war die Zahl der Gemeindemitglieder auf eine überschaubare Zahl von Familien geschrumpft; Aus- und Abwanderung waren dafür verantwortlich. Zu Beginn der NS-Zeit lebten im Ort noch ca. 30 Juden.

Seit 2010 erinnert am Standort der ehemaligen Synagoge - das zu Wohnzwecken genutzte Gebäude war in den 1990er Jahren durch ein Schadensfeuer zerstört und danach abgerissen worden - ein wuchtiger, mit einer Inschrift versehener Findling an die vormals hier bestehende jüdische Gemeinde.

Wenige Reste des jüdischen Friedhofs sind heute noch erhalten; der älteste vorhandene Grabstein stammt aus dem Jahre 1786. Das Begräbnisgelände war auch von den benachbarten jüdischen Gemeinschaften von Königswalde (poln. Lubniewice) und Gleißen (poln. Glisno) genutzt worden.

Aufn. Aleksander Durkiewicz, 2020, aus: wikipedia.org, CC BY.SA 4.0

In allerjüngster Vergangenheit wurde das Begräbnisgelände im Rahmen eines internationalen Workshops wieder in einen ‚würdigen Zustand‘ versetzt; dabei wurden nahezu 100 tief in den Erdboden versunkene Grabsteine geborgen und wieder aufgestellt.

 

 

 

In Soldin (poln. Mysliborz, derzeit ca. 12.000 Einw.) - ca. 20 Kilometer nordwestlich von Landsberg gelegen - sind einzelne jüdische Bewohner schon seit dem 14.Jahrhundert nachweisbar; allerdings siedelten sie sich nicht dauerhaft an. Als 1717 der preußische König ca. 50 jüdischen Familien in der Neumark Schutzbriefe ausstellen ließ und damit deren Aufnahme erlaubte, gehörte auch Soldin zu den Orten, die von Juden aufgesucht wurden. Doch erst gegen Ende des 18.Jahrhunderts bildete sich eine kleine Gemeinde heraus, um 1790 fünf Familien zählte; ein halbes Jahrhundert später bestand die Gemeinde aus ca. 120 Angehörigen.

Die Judenschaft Soldins verfügte über einen eigenen Friedhof und eine Synagoge in der Klosterstraße (um 1790 eingerichtet).

Bis gegen Ende des 19.Jahrhunderts blieb die Zahl der Gemeindeangehörigen mit ca. 100 Personen nahezu konstant. Zu Beginn der 1930er Jahre lebten in Soldin nur noch ca. 35 Juden; über ihr weiteres Schicksal ist kaum etwas bekannt. Der Friedhof der Soldiner Gemeinde überstand die NS-Zeit fast unversehrt; erst in den 1960er Jahren soll die Fläche eingeebnet worden sein, so dass heute – außer einem einzigen Grabstein - kaum Spuren des ehemaligen jüdischen Begräbnisplatzes zu finden sind.

vgl. Soldin (brand. Neumark)

 

 

 

In Woldenberg/Neumark (poln. Dobiegniew, derzeit ca. 3.000 Einw. ) - ca. 35 Kilometer nordöstlich von Landsberg gelegen - sollen Juden bereits im 14.Jahrhundert gelebt haben. Eine neuzeitliche Gemeinde formierte sich gegen Ende des 18.Jahrhunderts; ihren zahlenmäßigen Höchststand erreichten die Gemeindeangehörigen um 1880/1890 mit ca. 175 Personen. Die Gemeinde besaß seit 1858 eine Synagoge, die in der Junkerstraße/Ecke Brunnenstraße lag, und einen Friedhof.

                           Synagoge, Gebäude rechts mit Türmchen (hist. Aufn.)

Zu Beginn der 1930er Jahre lebten in Woldenberg noch ca. 50 Juden. Im November 1938 wurde die Synagoge zerstört. Eines an der Eisenbahnlinie stehende Gebäude, das an der Fassade einen Davidstern aufweist, ist vermutlich erst nach Kriegsende als Synagoge (?) genutzt worden. Auf dem ehemaligen jüdischen Friedhofsgelände findet man nur noch Grabsteinrelikte. 

vgl. Woldenberg (brand. Neumark)

 

 

 In Zielenzig (poln. Sulęcin, derzeit ca. 10.000 Einw.) – ca. 40 Kilometer südlich von Landsberg – bildete sich zu Beginn des 19.Jahrhunderts eine israelitische Gemeinde; lebten im Jahre 1801 ca. 25 Juden im Ort, so war die Zahl der Gemeindeangehörigen bis 1880 auf fast 150 Personen angewachsen. Anfang der 1930er Jahre wohnten ca. 80 jüdische Bewohner in der Kleinstadt. – Zu den gemeindlichen Einrichtungen gehörten ein Friedhof – angelegt um 1810 auf einem kleinen Hügel unweit der Straße in Richtung Schermeisel – und eine Synagoge.

Marktplatz von Zielenzig (Aufn. um 1905)

Über das Schicksal der jüdischen Bewohner Zielenzigs während der NS-Zeit liegen kaum Informationen vor. Die Vernichtungspolitik des NS-Regimes führte dann zur völligen Auslöschung der jüdischen Gemeinde.

Nur wenige Gräber bzw. Grabsteinrelikte des verwahrlosten und von Vegetation überwucherten jüdischen Friedhofs erinnern heute noch daran, dass in der Stadt einst Juden gelebt haben.

 Zugang zum „vergessenen“ Friedhof (Aufn. Marcin Wygocki, aus: sztetl.org.pl)

 

 

 

In Sternberg in der Neumark (poln. Torzym, derzeit ca. 2.500 Einw.) - ca. 35 Kilometer östlich von Frankfurt/Oder bzw. südlich von Zielenzig gelegen – war im 19.Jahrhundert eine kleine jüdische Dorfgemeinde aus nur wenigen Familien bestehend existent; sie besaß einen eigenen Friedhof, der um 1850 angelegt worden war. Zu den gemeindlichen Einrichtungen soll ein Bethaus (Schule) gehört haben. Um 1900 wohnten in Sternberg etwa fünf jüdische Familien; zwei Jahrzehnte später es dann nur noch 14 Personen.

Während des Zweiten Weltkrieges gab es in Sternberg ein Zwangsarbeiterlager, in dem auch Juden aus dem Ghetto Lodz waren.Der in Vergessenheit geratene jüdische Friedhof – er blieb in der NS-Zeit von Zerstörung verschont - ist von Vegetation fast völlig überwuchert; einige Grabsteine haben die Zeiten überdauert.

 

 

 

Im einst vom Johanniterorden gegründeten Ort St. Johannes – Ortsteil Kriescht (poln. Swietojansko, OT Krzesyce) - nördlich von Zielenzig gelegen - soll sich im 19.Jahrhundert eine kleine, nur aus wenigen Familien bestehende jüdische Gemeinschaft befunden haben, über deren Historie kaum Quellen vorliegen. Die Anlage eines Friedhofs war im 19.Jahrhundert erfolgt. Heute weisen nur noch spärliche steinerne Relikte auf diesen jüdischen Begräbnisplatz hin.

      Zeugen der GeschichteAufn. Anke Geißler-Grünberg, uni-potsdam.de

 

 

Landkreis Landsberg (Warthe) – Wikipedia In der Region um Vietz (poln. Witnica, derzeit ca. 6.800 Einw.) – westlich von Landsberg bzw. nordöstlich von Küstrin  - kann jüdische Ansiedlung erst zu Beginn des 18.Jahrhunderts nachgewiesen werden. Allerdings blieb die Zahl der jüdischen Familien stets überschaubar; in den 1870er Jahren erreichte die Zahl der hier lebenden Gemeindeangehörigen ihr Maximum mit fast 90 Personen. Um 1865 wurde in Vietz eine kleine Synagoge gebaut; bis dahin wurden Zusammenkünfte in privaten Räumlichkeiten des Kaufmanns Isaac Krohn abgehalten. Die Anlage eines eigenen Friedhofs in der Mühlenstraße ist vermutlich auch gegen Mitte des 19.Jahrhundert erfolgt.

Juden in Vietz:

--- 1831 ........................... 59 Juden,

--- 1875 ........................... 88   “  ,

--- 1890 ........................... 60   “  ,

--- 1905 ........................... 54   “  ,

--- 1925 ........................... 31   “  ,

--- 1932 ........................... 11   “  ,

--- 1939 ........................... ein  “ ().

Angaben aus: Witnica, in: sztetl.org.pl

Um 1930 lebten nur noch ca. zehn Personen jüdischen Glaubens im Ort. - Seit 2009 erinnert am Friedhof eine zweisprachige Informationstafel an die Historie des Begräbnisplatzes:

Der Friedhof der jüdischen Gemeinde in Vietz wurde in den Jahren von 1860 – 1936 genutzt. Nach 1946 zerstört. Er wurde durch die Bemühungen der Behörden von Stadt und Gemeinde Witnica sowie des Vereins der Freunde Witnicas mit finanzieller Unterstützung von Wolfgang Stammwitz – dem Sohn eines früheren Einwohners der Stadt Vietz/Ostbahn – restauriert.                                      Witnica 2009

 vgl. Vietz (brand. Neumark)

 

 

 

 

Weitere Informationen:

Oswald Lassally, Zur Geschichte der Juden in Landsberg a.d. Warthe, in: "Monatsschrift für Geschichte und Wissenschaft des Judentums", Heft 5/1936, S. 403 - 415

The Encyclopedia of Jewish Life before and during the Holocaust , New York University Press, Washington Square, New York 2001, Vol. 1, S. 132 (Bernstein), S. 331 (Driesen) und S. 404 (Friedeberg); Vol. 2, S. 703/704 (Landsberg/Warthe) und S. 1146 (Schermeisel); Vol. 3, S. 1214 (Soldin), S. 1458 (Woldenberg) und S. 1510 (Zielenzig)

International Association of Jewish Genealogical Societies – Cemetery Projekt

Hans-Joachim Rosenberg, Erinnerungen an Woldenberg, Manuskript in englischer Sprache, um 1990

Dietrich Knorn, Beginn und Ende der jüdischen Besiedlung der Stadt Landsberg, Warthe, „Heimatblatt Landsberg“, 2002

Gerd Schmerse (Bearb,), Jüdische Besiedlung der Stadt Landsberg/Warthe, in: neumark.genealogy.net/landsberg/hbl24009.htm

Charlotte Richter, Aus der Geschichte der Jüdischen Gemeinde in Soldin/Neumark, in: „Heimatblatt”, Heft 207/März 2002

Marek Karolczak, Die Geschichte der jüdischen Gemeinde in Mysliborz (Soldin), Manuskript in polnischer Sprache, 2007/2008

Falko Neininger/Julius Sikorski (Bearb.), Landsberg an der Warthe – Gorzów Wielkopolski. Zwei Namen – Eine Geschichte, hrg. vom Staatsarchiv Gorzów Wielkopolski und Brandenburgisches Landeshauptarchiv, 2012 (Katalog zur Ausstellung)

Angaben zu Friedhöfen der oben genannten Gemeinden, in: sztetl.org.pl

Tomasz Nowak (Red.), Jewish cemetery of Gorzow Wielkopolski, in: kirkuty.xip.pl (mit zahlreichen Aufnahmen)

Krzysztof Bielawski (Red.), Jewish cemetery of Strzelce Krajenskie, in: kirkuty.xip.pl

Tomasz Nowak (Red.), Jewish cemetery of Trzemeszno Lubuskie, in: kirkuty.xip.pl

Andrzej Kirmiel - Muzeum w Miedzyrzeczu (Bearb.), Trzemesznianscy Zydzi – Die Schermeisler Juden, zweisprachige Broschüre der Stadt und Gemeinde Sulecin, 2010

Andrzej Kirmiel/Anke Geißler-Grünberg (Bearb.), Geschichte der Jüdischen Gemeinde in Schermeisel (Trzemeszno Lubuskie) und des Friedhofs, in: Universität Potsdam – Institut für jüdische Studien und Religionswissenschaft (Hrg.), Jüdische Friedhöfe in Polen auf den Gebieten der ehemaligen Provinz Brandenburg, online abrufbar unter: uni-potsdam.de/ (2021)

Anke Geißler-Grünberg (Bearb.), Geschichte der Jüdischen Gemeinde in Driesen (Drezdenko) und des Friedhofs, in: Universität Potsdam – Institut für jüdische Studien und Religionswissenschaft (Hrg.), Jüdische Friedhöfe in Polen auf den Gebieten der ehemaligen Provinz Brandenburg, online abrufbar unter: uni-potsdam.de/ (2021)

Anke Geißler-Grünberg (Bearb.), Geschichte der Jüdischen Gemeinde in Zielenzig (Sulecin) und des Friedhofs, in: Universität Potsdam – Institut für jüdische Studien und Religionswissenschaft (Hrg.), Jüdische Friedhöfe in Polen auf den Gebieten der ehemaligen Provinz Brandenburg, online abrufbar unter: uni-potsdam.de/ (2021)

Peggy Lohse (Bearb.), Geschichte der Jüdischen Gemeinde in Kriescht - St.Johannes (Krzeszyce-Swietojánsko), in: Universität Potsdam – Institut für jüdische Studien und Religionswissenschaft (Hrg.), Jüdische Friedhöfe in Polen auf den Gebieten der ehemaligen Provinz Brandenburg, online abrufbar unter: uni-potsdam.de/ (2021)