Lauenau (Niedersachsen)
Der Flecken Lauenau ist eine kleine Kommune mit derzeit ca. 4.300 Einwohnern im Landkreis Schaumburg; sie gehört zur Samtgemeinde Rodenberg – östlich von Stadthagen bzw. ca. 30 Kilometer südwestlich von Hannover gelegen (Ausschnitt aus hist. Karte, aus: deutsche-schutzgebiete.de und Kartenskizze 'Landkreis Schaumburg', Hagar 2009, aus: commons.wikimedia.org, CC BY-SA 3.0).
Lauenau, Stich M. Merian, um 1650 (Abb. aus: wikipedia.org, gemeinfrei)
Die erste jüdische Familie siedelte sich nachweislich 1689 in Lauenau an; obwohl sie keinen Schutzbrief besaß, lebten auch deren Nachkommen in den folgenden Jahrzehnten im Ort. Als 1843 Synagogenbezirke eingerichtet wurden, protestierten die Juden Lauenaus erfolgreich gegen den beabsichtigen Anschluss an die Gemeinde Münder: sie konnten eine autonome Synagogengemeinde bilden; allerdings bestand diese nur aus wenigen Familien. Nach deren Gründung wurde 1844 ein neuer Betraum eingeweiht, den der Vorsteher der Gemeinde gegen jährliche Mietzahlung zur Verfügung stellte. In den 1920er Jahren war der Betraum zunächst in einem Hause des Viehhändlers Lehmann in der Carl-Sasse-Straße untergebracht, danach in dem der Familie Hammerschlag in der Coppenbrügger Landstraße.
Als Friedhof stand den Lauenauer Juden ein kleines Areal außerhalb der Ortschaft (in der "Kleinen Schweinemasch") zur Verfügung; seit 1865 wurde es auch für Verstorbene aus Eimbeckhausen genutzt.
Der kleinen Synagogengemeinde, die dem Landrabbinat Hannover unterstand, waren die Orte Feggendorf, Hülsede, Polle und seit 1913 Eimbeckhausen angeschlossen.
Juden in Lauenau:
--- um 1700 ....................... eine jüdische Familie,
--- 1843 .......................... 2 “ “ n,
--- 1852 .......................... 31 Juden,* * Synagogengemeinde
--- 1871 .......................... 24 “ ,
--- 1895 .......................... 38 “ ,
--- 1925 .......................... 18 “ ,
--- 1927 .......................... 41 “ ,*
--- 1933 .......................... 23 “ ,
--- 1939 .......................... 9 “ .
Angaben aus: N. Kratochwill-Gertich/A.C.Naujoks (Bearb.), Lauenau, in: H. Obenaus (Hrg.), Historisches Handbuch der jüdischen Gemeinden in Niedersachsen .., Bd. 2, S. 929
Zu Beginn des 20.Jahrhunderts lebten in Lauenau fünf jüdische Familien, die als Kaufleute und Viehhändler ihr Auskommen hatten. Auch sie konnten dem wachsenden Druck der Nationalsozialisten schließlich nicht mehr standhalten. Zu Beginn der NS-Zeit war ihre wirtschaftliche Existenz noch nicht entscheidend bedroht, da „Volksgenossen“ weiterhin Geschäfte mit ihnen machten. Die Situation änderte sich 1935/1936; als Folge wanderten die Familien ab.
Der Novemberpogrom von 1938 beschleunigte das Ende der kleinen Gemeinschaft. Die letzten drei jüdischen Bewohner Lauenaus mussten sich Ende März 1942 einem Deportationstransport nach Warschau anschließen. Mindestens zwölf gebürtige bzw. längere Zeit am Ort ansässig gewesene Juden wurden Opfer der „Endlösung“.
Nach Kriegsende hielten sich vorübergehend einige überlebende Juden in Lauenau auf; 1947 wanderten sie nach Südamerika aus.
An die einstige jüdische Gemeinde Lauenaus erinnert heute noch ihr Friedhof an der „Großen Wisch“, auf dem ca. 40 Grabsteine erhalten geblieben sind. Der Friedhof wurde in den 1980er Jahren mehrfach geschändet.
Jüdischer Friedhof in Lauenau (beide Aufn. Gerd Fahrenhorst, 2013, aus: wikipedia.org, CC BY 3.0)
2015 wurden in der Langen Straße und Marktstraße in Lauenau fünf sog. „Stolpersteine“ verlegt.
Fünf "Stolpersteine" in der Langen Straße und Marktstraße (alle Aufn. T. 2017, aus: wikipedia.org, CC BY-SA 4.0)
Sieben Jahre später fanden weitere vier Steine ihren Platz im Gehwegpflaster am "Rundteil"; diese sollen an das Schicksal der Angehörigen der Familie Adolf u. Franziska Hammerschlag erinnern, die ihres Besitzes beraubt sich mit ihren beiden Söhnen in die Emigration nach Rhodesien (Afrika) retten konnten; die letzten beiden Steine für Familienmitglieder wurden 2023 verlegt.
verlegt für Fam. Hammerschlag (Aufn. R., 2022, aus: wikipedia.org, CC BY-SA 4.0)
In der Feldmark von Eimbeckhausen - E. ist heute ein Ortsteil der Stadt Bad Münder – gab es weit außerhalb des Ortes (im "Judenbrink") einen kleinen jüdischen Friedhof, der bis in die 1860er Jahre in Nutzung war. Danach wurden Verstorbene auf dem jüdischen Friedhof in Lauenau begraben. Auf dem ca. 900 m² großen Areal des einstigen jüdischen Begräbnisplatzes bei Eimbeckhausen findet man heute keinerlei Spuren seiner einstigen Bestimmung mehr; auf der von Vegetation eingenommenen Fläche markiert heute ein Gedenkstein den 'Guten Ort'.
Ehem. Friedhofsgelände Eimbeckhausen (Aufn. R. 2023, aus: commons.wikimedia.org, CC BY-SA 4.0)
Weitere Informationen:
Lauenau. Landkreis Springe 1059 - 1959. Festschrift zur 900-Jahrfeier, Lauenau 1959
Nancy Kratochwill-Gertich/Antje C. Naujoks (Bearb.), Lauenau, in: Herbert Obenaus (Hrg.), Historisches Handbuch der jüdischen Gemeinden in Niedersachsen und Bremen, Wallstein-Verlag, Göttingen 2005, Band 2, S. 929 - 937
Stolpersteine auch in Lauenau, in: „Schaumburger Wochenblatt“ vom 22.11.2014
Thomas Berger (Bearb.), Jüdisches Leben in Lauenau, Ausstellung ?
Guido Scholl (Red.), Aktionswoche für Stolpersteine, in: „Schaumburger Nachrichten“ vom 12.1.2015
Auflistung der in Lauenau verlegten Stolpersteine, online abrufbar unter: wikipedia.org/wiki/Liste_der_Stolpersteine_in_Lauenau
al (Red.), Vier neue Stolpersteine sollen nun in den Bürgersteig in Lauenau, in: „Schaumburger Wochenblatt“ vom 5.1.2019
N.N. (Red.), Gedenken an vertriebene Juden; Lauenau kriegt vier weitere Stolpersteine, in: „Schaumburger Nachrichten“ vom 16.1.2020
N.N. (Red:), Wie die Beharrlichkeit einer Bielefelderin die Forschung über die jüdische Familie Hammerschlag aus Lauenau bereichert hat, in: „Schaumburger Nachrichten“ vom 3.2.2022
gus (Red.), Erinnerung an NS-verfolgte Familie Hammerschlag: Vier weitere Steine für Lauenau, in: „Schaumburger Nachrichten“ vom 23.5.2022
N.N. (Red.), In Lauenau sind die letzten Stolpersteine für Familie Hammerschlag verlegt, in: „Schaumburger Nachrichten“ vom 15.6.2023