Lauenburg (Hinterpommern)
Lauenburg - seit 1354 mit Stadtrechten ausgestattet - ist die heutige polnische Stadt Lębork mit derzeit ca. 35.000 Einwohnern ca. 60 Kilometer nordwestlich von Danzig/Gdansk gelegen (Ausschnitte aus hist. Karten von 1905, aus: wikipedia.org, gemeinfrei).
In der in Hinterpommern gelegenen Kreisstadt Lauenburg waren gegen Mitte des 18.Jahrhunderts nur vereinzelt Juden ansässig, denen gegen Schutzgeldzahlungen ein Bleiberecht eingeräumt worden war; die beiden Familien von Moses Casper und Joseph Wulff sind namentlich bekannt.
Um 1830 (andere Angabe: 1845) errichtete die jüdische Gemeinde ihre Synagoge in der Stockturmstraße, dicht hinter der St. Jacobi-Kirche.
Synagoge in Lauenburg (2. Gebäude links im Bild)
Der Lauenburger Kultusgemeinde angeschlossen waren jüdische Händler und ihre Familien, die in Dörfern des nahen Umlandes lebten.
Der ältere der beiden Friedhöfe - an einem Hang unterhalb der Wilhelmshöhe gelegen - war vermutlich schon vor 1800 angelegt worden; bis 1815 wurde das Areal auch von den Juden aus Stolp genutzt. Das neue Begräbnisgelände an der (späteren) Hindenburgstraße stand seit 1888 der Lauenburger Gemeinde zur Verfügung.
Juden in Lauenburg:
--- 1752 ......................... 2 jüdische Familien,
--- 1764 ......................... 3 “ “ ,
--- 1794 ......................... 39 Juden,
--- 1812 ......................... 47 “ ,
--- 1831 ......................... 147 " ,
--- 1840 ......................... 244 " ,
--- 1852 ......................... 263 “ ,
--- 1871 ......................... 381 “ ,
--- 1880 ......................... 371 “ ,
--- 1893 ......................... 372 “ (in 85 Haushalten),
--- 1925 ..................... ca. 370 “ ,
--- 1931 ......................... 293 “ ,
--- 1935 ......................... 184 “ ,
--- 1939 ......................... 120 “ .* * im Kreis Lauenburg
Angaben aus: M.Heitmann/J.H.Schoeps (Hrg.), “Halte fern dem ganzen Land jedes Verderben ...”, S. 53 (Angaben differieren in versch. Publikationen)
Im Jahre 1881 griffen die antijüdischen Unruhen, die im Zusammenhang des Synagogenbrandes in Neustettin ausgebrochen waren, auch auf Lauenburg über.
Paradestraße in Lauenburg (Abb. aus: ansichtskartenversand.com)
Zu Beginn der 1930er Jahre setzte sich die israelitische Gemeinde Lauenburgs noch aus knapp 300 Angehörigen zusammen; schon die ersten Jahre der NS-Herrschaft brachten den jüdischen Geschäftsleuten empfindliche wirtschaftliche Einbußen; deshalb verließen einige die Stadt. Während der Ausschreitungen des Novemberpogroms von 1938 wurden die Lauenburger Synagoge und die Leichenhalle des jüdischen Friedhofs in Brand gesetzt; zudem wurden Geschäfte demoliert und männliche Gemeindeangehörige inhaftiert und z.T. ins KZ Sachsenhausen verschleppt. Bei Kriegsbeginn lebten noch knapp 100 jüdische Bewohner in Lauenburg. Im Jahre 1942 wurden die noch in der Stadt verbliebenen jüdischen Bewohner - via Stolp – deportiert.
Anm.: Während der Kriegsjahre bestand in Lauenburg ein Außenlager des KZ Stutthof.
Unmittelbar nach Kriegsende soll sich in Lębork eine kleine Gruppe jüdischer Überlebender aufgehalten haben.
Der während der NS-Zeit verwüstete jüdische Friedhof wurde dann in den 1960er Jahren abgeräumt. Grabsteine wurden z.T. zerschlagen oder andersweitig benutzt und das Gelände völlig eingeebnet. Nur ein mit einer Inschriftentafel versehener Gedenkstein erinnert heute an diese Stätte.
Im westpreußischen Neustadt/Rheda (poln. Wejherowo) - ca. 25 Kilometer östlich von Lauenburg, unweit der Danziger Bucht gelegen - ließen sich die ersten jüdischen Familien nach 1812 nieder; sie kamen aus dem nahen Bohlschau (Bolszewo). Die Gemeinde wuchs langsam, aber stetig und erreichte um 1870 fast 170 Angehörige, eingeschlossen die wenigen jüdischen Familien aus dem nahen Umland, so auch aus Zoppot. Zwischenzeitlich durch Auswanderung geschwächt, wuchs die jüdische Gemeinde Neustadt durch Zuwanderung aus Dörfern der Region in den 1920er Jahren wieder an und erreichte schließlich mehr als 200 Mitglieder.
Verstorbene wurden auf dem im 18.Jahrhundert angelegten jüdischen Friedhof in Bohlschau/ Bolszewo) beerdigt; an diesem Ort wurden auch Juden aus Zoppot und Gdingen begraben.
In den 1860er Jahren war in Neustadt an der Putzigerstraße ein Synagogenbau fertiggestellt worden, der eine recht aufwändige bauliche Ausstattung gehabt haben soll.
Juden in Neustadt/Rheda
--- 1818 ....................... 31 Juden,
--- 1840 ....................... 124 “ ,
--- 1871 ....................... 168 “ ,
--- 1885 ....................... 165 “ ,
--- 1910 ....................... 142 “ ,
--- 1921 ....................... 62 “ ,
--- 1928 ....................... 70 “ ,
--- 1934 ....................... 138 “ ,
--- 1939 ....................... 258 “ .
Angaben aus: Wejherowo, in: sztetl.org.pl
Im September 1939 sollen die hier verbliebenen jüdischen Familien zusammen mit polnischen Einwohnern in nahegelegenen Wäldern exekutiert worden sein. Im gleichen Jahre wurde die Synagoge zerstört.
vgl. Neustadt/Rheda (Westpreußen)
Weitere Informationen:
M.Heitmann/J.H.Schoeps (Hrg.), “Halte fern dem ganzen Land jedes Verderben ...” Geschichte und Kultur der Juden in Pommern, Georg Olms Verlag, Hildesheim/Zürich 1995, S. 53 f.
The Encyclopedia of Jewish Life before and during the Holocaust (Vol. 3), New York University Press, Washington Square, New York 2001, Vol. 3, S. 1438 (Wejherowo)
Wolfgang Wilhelmus, Geschichte der Juden in Pommern, Ingo Koch Verlag, Rostock 2004
Gerhard Salinger, Die einstigen jüdischen Gemeinden Pommerns. Zur Erinnerung und zum Gedenken, Teilband 2, Teil III, New York 2006, S. 527 – 542
Lebork und Wejherowo, in: sztetl.org.pl
K. Bielawski (Bearb.), Lebork (Lauenburg), in: kirkuty.xip.pl
Irena Elsner, Die Juden im Kreis Lauenburg/Pom. 1752 – 1945, Elsir-Verlag, Amberg 2018