Lobsens (Posen)
Lobsens im Kreis Wirsitz – ca. 30 Kilometer östlich von Schneidemühl (Pila) bzw. nordwestlich von Nakel (Naklo nad Notega) - ist das heutige von ca. 9.500 Menschen bewohnte Łobżenica; es liegt in der polnischen Woiwodschaft Poznan (Ausschnitt aus hist. Karte, aus: europe1900.eu und Kartenskizze 'Polen' mit Łobżenica rot markiert, K. 2005, aus: commons.wikimedia.org, CC BY-SA 3.0).
In der ersten Hälfte des 19.Jahrhunderts erreichte die israelitische Gemeinde von Lobens ihren personellen Höchststand mit zeitweise mehr als 800 Angehörigen.
Bereits im späten 15.Jahrhundert hielten sich in Lobsens - damals eine Stadt im Besitz des Grafen Lobzenski - jüdische Familien auf; diese trugen durch ihren Handel, z.B. auf den Danziger Messen, zum wirtschaftlichen Gedeihen des kleinen Städtchens bei. Eine Gemeinde bildete sich dann im Laufe des 16.Jahrhunderts.
Neben einer Synagoge verfügte die Judenschaft über ein sog. „Lehrhaus“ und eine gegen Mitte des 16. Jahrhunderts angelegte Begräbnisstätte.
Als Mitte des 17.Jahrhunderts der Ort von den beiden Kriegsparteien Schweden und Polen heimgesucht wurde, waren jüdische und christliche Bewohner Opfer von Grausamkeiten der Soldateska; auch hielt man sich am Vermögen der Juden schadlos.
Die alte Lobsenser Synagoge wurde um 1850 durch einen Neubau ersetzt. Am Orte gab es auch eine kleine jüdische Elementarschule.
Finanziell belastet wurde die Judenschaft durch die Folgen einer Cholera-Epidemie, die viele hinwegraffte; die Überlebenden mussten nun für Witwen und Waisen sorgen.
Juden in Lobsens:
--- 1773 ......................... 324 Juden,
--- 1788 ......................... 283 “ ,
--- 1815 ......................... 508 “ ,
--- 1827 ......................... 860 “ ,
--- 1857 ......................... 736 “ ,
--- 1881 ......................... 467 " ,
--- 1889 ......................... 400 “ ,
--- 1899 ......................... 309 “ ,
--- 1908 ......................... 206 “ ,
--- 1921 ......................... 77 " ,
--- 1940 ......................... keine.
Angaben aus: Heppner/J.Herzberg, Aus Vergangenheit und Gegenwart der Juden und ..., S. 615
In den 1820/1830er Jahren erreichte die jüdische Gemeinde Lobsens ihren zahlenmäßigen Zenit; ab Mitte des 19.Jahrhunderts ging die Zahl der Gemeindemitglieder stetig zurück. Wie groß der Einfluss der jüdischen Bevölkerung in Lobens war, zeigte sich nicht zuletzt darin, dass in den 1860er Jahren des Amt des Bürgermeisters von einem Juden ausgeübt wurde.
Alter Markt und Neuer Markt in Lobsens - hist. Postkarten (aus: polska.org.pl)
Anfang der 1930er Jahre lebten dann nur noch wenige jüdische Familien in Lobsens. Das Ende jüdischen Lebens in der Stadt war eine Folge der NS-Herrschaft.
Heute erinnert in der Stadt nichts mehr an die frühere jüdische Gemeinde; auch auf dem ehemaligen, vormals großflächigen Friedhofsgelände lassen sich keinerlei Spuren seiner einstigen Bestimmung mehr ausmachen; heute befindet sich auf dieser Fläche eine kommunale Grünanlage.
Weitere Informationen:
A.Heppner/J.Herzberg, Aus Vergangenheit und Gegenwart der Juden und der jüdischen Gemeinden in den Posener Landen, Koschmin - Bromberg 1909, S. 613 – 618
Abraham Wein (Hrg.), Enzyklopaedia of Jewish Communities - Poland, Band 6, S. 83
Lobzenica, in: sztetl.org.pl