Ludwigslust (Mecklenburg-Vorpommern)

Bezirk des LG Schwerin.PNGBildergebnis für ludwigslust ortsdienst karte  Ludwigslust ist eine Kleinstadt mit derzeit ca. 12.000 Einwohnern im Landkreis Ludwigslust-Parchim - ca. 30 Kilometer südlich der Landeshauptstadt Schwerin gelegen (Kartenskizzen 'Mecklenburg', Spisazer 2007, aus: commons.wikimedia.org, CC BY-SA 3.0 und 'Landkreis Ludwigslust-Parchim', aus: ortsdienst.de/mecklenburg-vorpommern/ludwigslust-parchim).

Schloss Ludwigslust - um 1830 (Abb. aus: wikipedia.org, gemeinfrei)

Nach der Errichtung der großherzoglichen Residenz in Ludwigslust und der Übersiedlung des Hofes kamen auch jüdische Familien in den Ort; diese waren zumeist mit der Versorgung des herzoglichen Schlosses und seiner Bewohner beauftragt. Als dann nach 1850 der Hofstaat nach Schwerin zurückverlegt wurde, ging auch die Zahl der in Ludwigslust lebenden Juden deutlich zurück.

In der Breiten Straße verfügte die kleine jüdische Gemeinschaft vermutlich seit 1820 über einen Synagogenraum. Als die Zahl Gemeindeangehörigen wuchs, wurde eine Vergrößerung des Betraumes notwendig; ebenfalls in der Breiten Straße wurde ein Neubau erstellt; über den Zeitpunkt seiner Errichtung ist nichts bekannt.

Der jüdische Friedhof wurde vermutlich in den 1820er Jahren - weit außerhalb des Städtchens (heute: Laascher Weg) - angelegt. Für die Nutzung des mehr als 2.000 m² großen Geländes war eine jährlich anfallende Gebühr zu entrichten. In den 1830er Jahren wurde das Gelände mit einer Mauer umgeben.

Juden in Ludwigslust:

         --- 1812 .............................  29 Juden,

    --- 1829 .............................  65   “  ,

    --- 1842 .............................  97   “  ,

    --- 1850 ............................. 108   “  ,

    --- 1867 .............................  71   “  ,

    --- 1877 .............................  52   “  ,

    --- 1903 .............................  39   “  ,

    --- 1910/15 ...................... ca.  30   “  ,

    --- 1933 .............................   4 jüdische Familien.  

Angaben aus: Angaben der Stadtverwaltung Ludwigslust (Statistik aus: Mecklenburgischer Staatskalender)

 

Die jüdische Gemeinde löste sich Mitte der 1920er Jahre auf; damals lebten nur noch sieben Juden in Ludwigslust. Das jüdische Bethaus war schon Jahre zuvor aufgegeben worden; es diente seit 1921 ausschließlich als Wohnhaus. Der jüdische Begräbnisplatz - er war damals bereits in einem verwahrlosten Zustand - wurde vermutlich 1939 auf Anweisung der NS-Behörden restlos eingeebnet und anschließend als Bauland vergeben; über den Verbleib der Grabsteine ist nichts bekannt.

 

Auf dem ehemaligen jüdischen Friedhofsgelände am Laascher Weg - es ist heute überbaut - steht seit 1962 ein Gedenkstein, der an den Begräbnisplatz der wenigen jüdischen Familien der Kleinstadt erinnert:

An dieser Stelle befand sich der Friedhof der jüdischen Gemeinde Ludwigslust.

Faschistische Horden zerstörten diese Ruhestätte.

Dieser Stein ist dem Gedenken unserer Toten gewidmet.

Die Toten mahnen uns !

Errichtet im Jahre 1962 von der Jüdischen Landesgemeinde Schwerin

undefinedRelikt der ehem. Friedhofsmauer (Aufn. M. 2021, aus: wikipedia.org, CC BY-SA 4.0)

An mehreren Standorten in Ludwigslust wurden im Jahre 2012 einige sog. „Stolpersteine“ verlegt.

Stolperstein für Anna Kastan (Ludwigslust).jpgStolperstein für Auguste Jacobsohn (Ludwigslust).jpgStolperstein für Arthur Wolff (Ludwigslust).jpgStolperstein für Curt Wolff (Ludwigslust).jpgAufn. Chr. Michelides, aus: commons.wikimedia.org, CC BY-SA 4.0

 

Anmerkungen:

Ganz in der Nähe von Ludwigslust liegt das Dorf Wöbbelin. Um die Jahreswende 1944/1945 plante die SS-Kommandantur von Neuengamme hier die Errichtung eines Außenlagers des bereits wenige Monate bestehenden Lagers "Reiherhorst" für sowjetische Kriegsgefangene. Der erste Transport mit etwa 600 bis 800 Häftlingen kam Mitte Februar 1945 in Wöbbelin an; diese mussten musste das neue Außenlager aufbauen, in das sie Anfang 1945 einzogen.. Da zu diesem Zeitpunkt die alliierten Truppen bereits tief in deutschem Gebiet standen, spielte das AK Wöbbelin vor allem die Rolle eines Auffanglagers für zahlreiche Evakuierungstransporte aus den Konzentrationslagern Mittel- und Norddeutschlands. Im Lager Wöbbelin herrschten katastrophale Zustände für die mehr als 6.000 Häftlinge. In den nur 81 Tagen des Bestehens des Lagers Wöbbelin gab es mehr als 1.000 Tote. In den letzten Apriltagen trieb die SS die noch etwa 6.000 gehfähigen Häftlinge vor den heranrückenden Alliierten Richtung Norden; Hunderte kamen bei diesen Evakuierungsmärschen ums Leben. - Auf dem Schlossvorplatz Ludwigslust erinnert ein Sandsteinkubus an ein Massengrab mit ca. 200 ehemaligen KZ-Häftlingen.

 

 

 

Im wenige Kilometer südöstlich von Ludwigslust gelegenen Grabow lebten nur wenige jüdische Familien (Schutzjuden), die sich vermutlich in der zweiten Hälfte des 18.Jahrhunderts hier niedergelassen hatten. Um 1785 zählte die jüdische Bevölkerung ca. 35 Köpfe. 1794 wurde erstmals ihr Begräbnisplatz auf dem Lucasweinberg erwähnt. Der Betraum der winzigen Gemeinschaft befand sich in der Schulstraße/Ecke Wasserstraße.

Um die Mitte des 19.Jahrhunderts zählte die jüdische Gemeinschaft ca. 45 Personen; Landflucht führte dann alsbald zu einer deutlichen Abnahme der Juden in Grabow. Das Synagogengebäude wurde um 1930 veräußert, da die finanziellen Lage der wenigen Familien eine Unterhaltung des Gebäudes nicht mehr gewährleistete.

Um die Mitte des 19.Jahrhunderts zählte die jüdische Gemeinschaft ca. 45 Personen. Zu Beginn der NS-Zeit lebten in Grabow noch 17 Juden (in vier Familien). Die „üblichen“ Repressalien der 1930er Jahre gegen Juden kulminierten auch hier im Novemberpogrom: das Schuhgeschäft der Familie Sabielak in der Marktstraße wurde geplündert, die jüdischen Männer „in Schutzhaft“ genommen. 1942 lebte in Grabow nur noch eine einzige Jüdin („in Mischehe“ verheiratet).

Heute erinnern auf dem Friedhofsgelände noch 17 in einem Rund aufgestellte Grabsteine an die einstige winzige jüdische Gemeinschaft Grabows. Der Friedhof in seiner heutigen Gestalt entspricht nicht mehr seinem ursprünglichen Aussehen; denn die Fläche wurde deutlich verkleinert und die baufällig gewordene Umfassungsmauer entfernt.

2014 wurde in Grabow am Steindamm der erste sog. „Stolperstein“ verlegt; zwei Jahre später folgten vier weitere, die an die jüdische Familie Sabirelak erinnern sollen. 

vgl. Grabow (Mecklenburg-Vorpommern)

 

 

 

In der Festungsstadt Dömitz/Elbe – ca. 30 Kilometer von Ludwigslust entfernt - lässt sich eine israelitische Gemeinde seit Mitte des 19.Jahrhunderts nachweisen. Jedoch zeigen sich allererste Spuren jüdischen Lebens in Dömitz bereits im Jahr 1743; denn aus dieser Zeit ist die Bekehrung der beiden in Dömitz lebenden Juden (Moses und Aaron) zur christlichen Religion überliefert. Einige Jahre später sind in Dömitz vier „Schutzjuden“ ansässig, die über Handelsprivilegien des mecklenburgischen Fürstenhauses verfügten. Neben einem „stehenden Handelsgewerbe“ betrieben sie Hausierhandel, der sie durch die Dörfer des Amtes Dömitz führte.

Ihren zahlenmäßigen Höchststand erreichte die kleine Gemeinde in den 1860er Jahren mit ca. 50 Personen. Zu den gemeindlichen Einrichtungen gehörte ein eigenes ca. 1.200 m² großes Begräbnisgelände, dessen Anlegung vermutlich in der ersten Hälfte des 19.Jahrhunderts erfolgte. Kurz nach dem Ersten Weltkrieg löste sich die kleine jüdische Gemeinde von Dömitz auf.

Anm.:  Eine Gedenktafel in der Goethestraße erinnert an Anna Wolfenstein, die letzte jüdische Einwohnerin von Dömitz; am 19. November 1942 wurde sie nach Theresienstadt deportiert, wo sie im Januar 1943 starb..

An den ehemaligen Friedhof (am südwestlichen Ortsrand) erinnern heute keine Grabsteine mehr; nur eine Gedenkstele (in diese sind Grabsteinrelikte eingebunden) markiert den Standort des ehemals ca. 1.200 m² großen Geländes.

http://www.alemannia-judaica.de/images/Images%20432/Doemitz%20Friedhof%201906.jpg http://www.alemannia-judaica.de/images/Images%20432/Doemitz%20Friedhof%201904.jpg

Informations/Gedenktafel auf dem Friedhofsgelände (Aufn. Mike Redel, aus: alemannia-judaica.de)

In den letzten Jahren wurden Überlegungen angestellt, auch in Dömitz sog. "Stolpersteine" zu verlegen; doch wurde das Vorhaben bislang noch nicht realisiert (Stand 2024).

 

 

undefined In Lenzen/Elbe - einer Kleinstadt im Landkreis Prignitz im äußersten Nordwesten Brandenburgs südlich von Ludwigslust (Karte von ca. 1760, aus: wikipedia.org, CCO) - sollen bereits zu Beginn des 16.Jahrhunderts Juden gelebt haben. Seit den 1760er Jahren war nachweislich ein jüdischer Friedhof existent (er befand hinter dem christlichen Friedhof am Finkenberg). Die kleine jüdische Gemeinschaft verfügte zudem über ein Bethaus und eine Religionsschule. In der zweiten Hälfte des 19.Jahrhunderts lebten in Lenzen etwa sechs bis acht jüdische Familien. Kurz vor dem Ersten Weltkrieg wurden die wenigen jüdischen Bewohner der Synagogengemeinde Perleberg zugewiesen; in einem Statut von 1913 hieß es: „ Die Juden zu Lenzen, an welchem Orte von altersher eine Judengemeinde bestanden, bilden einen besonderen örtlichen Verband. Dieser Verband besitzt eine Synagoge, einen Begräbnisplatz und eine Religionsschule.“  Die letzte Bestattung auf dem jüdischen Friedhof in Lenzen soll im Jahre 1938 erfolgt sein. Das hügelige sandige Gelände wurde nach dessen Übereignung auf die Kommune (1944) als Kiesgrube benutzt und im Laufe der Jahre abgetragen - vermutlich mitsamt der sterblichen Überreste der hier Bestatteten. In den Jahrzehnten danach diente die Fläche auch als Lagerplatz für Abfall und Schutt.

Heute liegt das Areal zwar weiterhin brach; doch ist eine ‚würdige Gestaltung‘ des ehemaligen Begräbnisplatzes im Gespräch. Um die ehemalige Begräbnisstätte wieder sichtbar zu machen, soll der Standort mit Hilfe geophysikalischer Methoden untersucht und dessen konkrete Lage festgestellt werden.

 

 

 

Weitere Informationen:

Jürgen Borchert/Detlef Klose, Was blieb ..., Jüdische Spuren in Mecklenburg, Berlin 1994

M.Brocke/E.Ruthenberg/K.U.Schulenburg, Stein und Name. Die jüdischen Friedhöfe in Ostdeutschland (Neue Bundesländer/DDR und Berlin), in: "Veröffentlichungen aus dem Institut Kirche und Judentum", Hrg. Peter v.d.Osten-Sacken, Band 22, Berlin 1994, S. 302, S. 376 und S. 482

Gedenkstätten für die Opfer des Nationalsozialismus - Eine Dokumentation II, Hrg. Bundeszentrale für politische Bildung, Bonn 1999, S. 427 - 429

Angaben der Stadtverwaltung Ludwigslust (Hauptamt), März 2002

Harald Schulz (Red.), Dömitz. Stolpersteine gegen das Vergessen, in: „Ludwigsluster Tageblatt“ vom 23.3.2012

Gekennzeichnet und diskriminiert“, aus: „Zeitung für die Landeshauptstadt“ vom 16.5.2014

Auflistung der in Ludwigslust verlegten Stolpersteine, online abrufbar unter: wikipedia.org/wiki/Liste_der_Stolpersteine_in_Ludwigslust

Amadeu Antonio Stiftung (Hrg.), Stolpersteine für Ludwigslust für die jüdischen Bürger/Bürgerinnen (Flyer), als PDF-Datei abrufbar unter: lola-fuer-lulu.de/w/files/pdfs/flyer_wolff_internet.pdf

Uwe Sonnemann, Juden in Grabow, in: grabow-erinnerungen.de

Andreas Münchow (Red.), Auf den Spuren jüdischen Lebens – Am 24.Oktober 2014 wurde ein Stolperstein in Grabow verlegt, in: grabow-erinnerungen.de

Jürgen Gramenz/Sylvia Ulmer, Grabow – Ehemaliges jüdisches Leben in Grabow, in: juden-in-mecklenburg.de (Aufsatz vom 30.4.2016)

Grabow: In Erinnerung an Familie Sabielack, in: „Ludwigsluster Tageblatt“ vom 15.10.2016 (betr. „Stolpersteine“)

Jürgen Gramenz/Sylvia Ulmer (Bearb.), Jüdischer Friedhof Ludwigslust, in: juden-in-mecklenburg.de (Aufsatz vom 6.5.2017)

Jürgen Gramenz/Sylvia Ulmer (Bearb.), Zur jüdischen Geschichte von Dömitz - Synagoge Dömitz, in: juden-in-mecklenburg.de (Aufsatz vom 2.3.2017)

Ulrich Schiller, Jüdisches Leben in Lenzen - eine Spurensuche, 2023

Kai Horstmann (Red.), Lenzen – Jüdischer Friedhof ist unter Gras verborgen, in: „Nordkurier“ vom 25.6.2024

Stiftung für Toleranz und Völkerverständigung (Red.), Jüdischer Friedhof in Lenzen, online abrufbar unter: stiftung-toleranz.de (2024)