Leutschau/Levoča (Slowakei)

Zipser Deutsche, Karte von Zips und Gründner Boden und die 24 Zipser Städte. Leutschau (bedeutendste Stadt in der Zips) ist das nordslowakische Levoča (ung. Löcse) mit derzeit ca. 15.000 Einwohnern. Mitte des 19.Jahrhunderts war die Stadt ein Zentrum der slowakischen Nationalbewegung, die sich gegen ungarische Assimilierungsbestrebungen zur Wehr setzte. Wegen seines erhaltenen historischen Stadtkerns wurde Levoča in die Liste der UNESCO-Weltkulturgüter aufgenommen.

Allererste jüdische Zuwanderung erfolgte erst in den 1840er Jahren; gegen Mitte des 19.Jahrhunderts bildeten dann diese jüdischen Familie eine Gemeinde, die innerhalb weniger Jahrzehnte – besonders seit den 1870er Jahren - auf mehr als 700 Angehörige anwuchs. Ihren Lebensunterhalt bestritten die „Familien der ersten Stunde“ von kleinen Handelsgeschäften (Hausiergewerbe) und als Betreiber von Gasthäusern.

In den ersten Jahren des Bestehens der Gemeinde versammelte man sich in einem Betraum, der sich in einem Privathaus befand.

Um die Jahrhundertwende hatte die Leutschauer Judenschaft ein neues, im orientalischen Stil gestaltetes Synagogengebäude eingeweiht, dem auch eine Schule angeschlossen war.

Bereits um 1885 hatten die Gemeindeangehörigen zwei Kilometer vor dem Ort ein Begräbnisareal anlegen können.

Juden in Leutschau/Levoča :

--- 1848 .........................  45 Juden,

--- 1869 ......................... 365   ”  (ca. 5% d. Bevölk.),

--- 1880 ..................... ca. 300   ”  ,

--- 1890 ......................... 416   ”  ,

--- 1900 ..................... ca. 700   ”  ,

--- 1910 ......................... 718   ”  (ca. 10% d. Bevölk.),

--- 1919 ......................... 645   ”  (ca. 9% d. Bevölk.),

--- 1930 ......................... 579   ”  ,

--- 1940 ......................... 484   ”  (ca. 5% d. Bevölk.),

--- 1948 .........................  37   ”  ,

--- um 1965 .................. ca.  60   ”  .

Angaben aus: The Encyclopedia of Jewish Life before and during the Holocaust (Vol. 2), S. 726

und                   Levoca – Encyclopaedia of Jewish communities, Slovakia

Anfang der 1920er Jahre kam es zu einer Spaltung der Gemeinde, als sich die religiös-orthodoxen Angehörigen zu einer eigenständigen Religionsgesellschaft zusammenfanden.

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Straßenzüge in Leutschau/Levoča/Löcse - hist. Postkarten, um 1910 (Abb. aus: commons.wikimedia.org, CCO)

Ebenfalls in den 1920er Jahren begannen zionistische Bestrebungen verschiedener Organisationen einen gewissen Einfluss auf die jüngere jüdische Generation auszuüben.

Das Wirtschaftsleben von Leutschau/Levoča wurde ganz entscheidend von jüdischen Familien bestimmt; so gab es in der Zwischenkriegszeit etwa 30 Geschäfte, fast 20 Handwerkerbetriebe und eine Brauerei, die von Juden betrieben wurden.

Mit der Etablierung des slowakischen Nationalstaates begann die Leidenszeit der jüdischen Bewohner Leutschaus/Levočas, als die hier lebende deutsche Minderheit Wohnungen und Läden der hiesigen Juden attackierte. Staatenlose Juden wurden im November 1938 ausgwiesen (ins slowakisch-ungarische Niemandsland), konnten aber schließlich Wochen später zurückkehren.

Im März 1942 begann die Deportation; junge Frauen wurden nach Auschwitz und junge Männer nach Majdanek verschleppt und hier ermordet. - Zwei Monate später erfolgte für fast 200 jüdische Bewohner Leutschaus/Levočas der Abtransport in Ghettos Ostpolens. Das Schicksal der allermeisten ist ungeklärt.

Die wenigen noch in Leutschau/Levočaverbliebenen sog. „Arbeitsjuden“ wurden nach der deutschen Okkupation (Sept. 1944) festgenommen und ebenfalls deportiert; einige wurden vor Ort erschossen, anderen gelang die Flucht in die Wälder, wo sie sich Partisanen anschlossen.

Das Synagogengebäude und andere gemeindliche Einrichtungen wurden zerstört, der jüdische Friedhof geschändet.

 

Nach Kriegsende kehrten überlebende Juden in die Stadt zurück und begründeten eine neue Gemeinde; allerdings verließen die meisten Angehörigen bereits gegen Ende der 1940er Jahre Levoča, um im inzwischen gegründeten Staat Israel einen Neuanfang zu wagen.

Der jüdische Friedhof erinnert heute als steinernes Relikt an die ehemalige jüdische Gemeinde der Stadt.

Bildergebnis für leutschau slowakei jewish cemetery"  jüdischer Friedhof (Aufn. aus: geocaching.com/)

 

Weitere Informationen:

The Encyclopedia of Jewish Life before and during the Holocaust (Vol. 2), New York University Press, Washington Square, New York 2001, S. 726

Madeleine Isenberg (Red.), Levoca” – Encyclopaedia of Jewish communities, Slovakia (Levoča, Slovakia), Hrg. von Yad Vaschem, Jerusalem 2003, online abrufbar unter: jewishgen.org/Yizkor/pinkas_slovakia/slo288

The Jewish Community of Levoca, Hrg. Beit Hatfutsot – The Museum of the Jewish People, online abrufbar unter: dbs.bh.org.il/place/levoca

Maros Borský, Synagogue Architecture in Slovakia towards creating a memorial landscape of lost community, Dissertation (Hochschule für Jüdische Studien in Heidelberg), 2005, S. 206

Kommune Levoča (Hrg.), Historie der Stadt Levoča, online abrufbar unter: levoca.sk/historie-der-stadt.phtml (in deutscher Sprache)