Mackenheim (Elsass)

Kreis Colmar – Wikipedia Mackenheim ist ein kleines linksrheinisches Dorf mit derzeit ca. 750 Einwohnern unmittelbar nördlich an die Gemarkung von Marckolsheim angrenzend - etwa 15 Kilometer nördlich von Breisach bzw. 20 Kilometer nordöstlich von Colmar gelegen (Ausschnitt aus hist. Karte von 1905 ohne Eintrag von Mackenheim, aus: wikipedia.org, gemeinfrei).

 

Die Entstehung einer jüdischen Gemeinde in Mackenheim geht vermutlich ins ausgehende 16.Jahrhundert zurück. Seit dem frühen 17. Jahrhundert lebten jüdische Familien im nördlichen Teil des Dorfes, in der Mittelgasse. Sie standen bis 1692 unter dem Schutz des Hochstiftes Straßburg, anschließend waren sie Schutzjuden der Freiherren von Flachslanden.   

Eine gegen Ende des 18.Jahrhunderts gebaute Synagoge wurde in den 1860er Jahren durch einen Neubau ersetzt; Grund für den Synagogenneubau war die zahlenmäßig angewachsene Gemeinde.

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Synagoge Mackenheim (hist. Postkarte)   -   Aufn. aus: Rothé/Warschwaski, um 1960

       aus: „Frankfurter Israelitisches Familienblatt“ von Okt. 1904

Der Mackenheimer jüdische Friedhof - von alters her als „Judengarten“ bezeichnet - liegt zwei Kilometer östlich der Ortschaft inmitten eines Waldgebietes. Der vermutlich gegen Ende des 16.Jahrhunderts angelegte Friedhof ist einer der ältesten im Elsass. Die 1608 erstmals urkundlich erwähnte Begräbnisstätte war lange Zeit zentrales Beerdigungsareal für zahlreiche umliegende Gemeinden; sogar Verstorbene aus östlich des Rheins gelegenen Judengemeinden wurden hier zur letzten Ruhe gebettet - darunter waren bis 1775 auch verstorbene Breisacher Juden. Auf dem Friedhof in Mackenheim liegt auch das Grab des 1727 verstorbenen Joseph Günzburgers, des einstigen Vorstehers der jüdischen Gemeinde Breisach. Er hatte maßgeblichen Anteil daran, dass sich jüdische Familien in Eichstetten, Emmendingen, Ihringen, Lörrach, Müllheim und Sulzburg ansiedeln durften.

Stèle funéraire de Joseph Gûnzburger      Stèle de Koschel Levihttp://a54.idata.over-blog.com/0/48/55/93/0001-Images-Blog/04-12/P1060337.JPG

Grabsteine aus dem frühen 18.Jahrhundert (links/Mitte aus: mackenheim.fr, rechts: Aufn. Marc Heimermann, 2012)

Erst zu Anfang des 19. Jahrhunderts verließen die Gemeinden, die nun eigene Friedhöfe gegründet hatten, den Mackenheimer Friedhofsverband, so z.B. Biesheim, Grussenheim und Riedweier.

Die jüdische Gemeinde Mackenheim war dem Rabbinat Muttersholtz zugeordnet; seit den 1860er Jahren war dann Schlettstadt (Sélestat) Rabbinatssitz.

Juden in Mackenheim:

         --- 1784 ........................  17 jüdische Familien (ca. 90 Pers.),

    --- 1807 ........................  95 Juden,

    --- 1846 ........................ 144   “  ,

    --- 1870 ........................ 131   “  ,

    --- 1910 ........................  94   “  ,

    --- 1936 ........................  26   “  .

Angaben aus: Michel Rothé/Max Warschawski, Les synagogues d’Alsace et lieur histoire, S. 35

 

Gegen Mitte des 19.Jahrhunderts erreichte die Zahl der Juden in Mackenheim mit ca. 150 Personen ihren höchsten Stand. In den 1930er Jahren lebten im Ort nur noch sehr wenige Familien, die meisten waren in größere Städte abgewandert. Die hier verbliebenen wurden unter der deutschen Besatzung nach Südfrankreich deportiert.

Nach Angaben der Gedenkstätte Yad Vashem/Jerusalem und des „Gedenkbuches – Opfer der Verfolgung der Juden ...“ wurden 16 aus Mackenheim stammende Juden Opfer der NS-Gewaltherrschaft (namentliche Nennung der betroffenen Personen siehe: .juden-in-baden.de/mackenheim_synagogue.htm).

 

Nach 1945 kehrten von den überlebenden nur sehr wenige nach Mackenheim zurück; Anfang der 1950er Jahre zählte man gerade vier Personen mosaischen Glaubens im Ort.

Mit „Les Amis du Judengarten” wurde 2003 der erste grenzüberschreitende Verein gegründet, der die gemeinsame jüdische Geschichte der Region ins öffentliche Bewusstsein rücken will. Zum gemeinsamen Kulturerbe gehört vor allem der jüdische Waldfriedhof im ca. 600 Einwohner zählenden Mackenheim, dessen Gelände seit 2001 unter Denkmalschutz steht. Auf dem älteren Teil des Geländes sind noch Grabsteine von 1669 bis 1850 vorhanden; im neuen Teil wird der Friedhof bis zur Gegenwart belegt.

Das einstige Synagogengebäude ging Anfang der 1980er Jahre in den Besitz der Kommune über und dient seitdem als "Maison des Jeunes et de la Culture" und als Bibliothek (im Obergeschoss).


Seitenansicht u. Synagogenportal (Aufn. Bernard Chenal, 2009, aus: wikipedia.org, CC BY-SA 4.0 und Aufn. J. Hahn, 2004)

Die Portalinschrift lautet: „Wie ehrfurchtgebietend ist dieser Ort. Hier ist nichts anderes denn Gottes Haus und hier ist die Pforte des Himmels“ (Mose 28,17).

1981 wurde vom Heimatforscher Günter Boll auf dem Dachoden des Synagogengebäudes eine Genisa entdeckt und vor der Zerstörung bewahrt. Die Funde wurden - nach dem Wunsche des Entdeckers - in die Sammlung der historischen Gesellschaft der Israeliten in Elsass-Lothringen in Straßburg eingegliedert.

http://www.alemannia-judaica.de/images/Images%20318/Mackenheim%20Genisa%20076a.jpg http://www.alemannia-judaica.de/images/Images%20317/Mi%20scheberach%20Mackenheim%20015.jpg zwei Fundstücke aus der Genisa (Aufn. G. Boll, 2007)

undefined Im Jahre 2009 wurde auf dem Friedhofsareal ein Gedenkstein errichtet, der namentlich die Angehörigen der ehemaligen jüdischen Gemeinden Mackenheim und Marckolsheim nennt, die der „Endlösung“ zum Opfer fielen. Die meisten von ihnen waren 1943/1944 über Drancy nach Auschwitz deportiert worden (Aufn. des Gedenksteines. B.Chenal, 2009, aus: wikipedia.org, CC BY-SA 3.0).

Am Rande des Friedhofgeländes (obige Aufn. Gzen 2016, aus: commons.wikimedia.org, CC BY-SA 4.0) steht heute noch ein winziges Taharahaus.

                                             Ehem. Friedhofsgebäude (Aufn. J. Hahn, 2004) 

 

 

 

Weitere Informationen:

Zur Geschichte der Juden und des Friedhofes in Mackenheim Kr. Schlettstadt, in: „Straßburger Israelitische Wochenschrift“, No. 7/1908

Joseph Lüdaescher, Geschichte des Dorfes Mackenheim, Straßburg 1922

Michel Rothé/Max Warschawski, Les synagogues d’Alsace et lieur histoire, Jerusalem 1992

Günter Boll, Die jüdische Gemeinde von Mackenheim, in: A.Weber/E.Friedlander/F.Armbruster (Hrg.), Mappot gesegnet, der da kommt, Osnabrück 1997. S. 22 – 27

Günter Boll, Nachkommen des Meir bar Josef von Mackenheim, in: "Maajan - Die Quelle. Zeitschrift für jüdische Familienforschung", Heft 54, Zürich 2000, S. 1562/1563

Ulrike Ehrlacher-Dörfler, Ein alter Friedhof als Zeugnis der gemeinsamen Geschichte, in: "Badische Zeitung" vom 5.9.2003

Mackenheim, in: alemannia-judaica.de (mit diversen Bilddokumenten zur jüdischen Ortshistorie)

Jüdischer Friedhof in Mackenheim, in: alemannia-judaica.de (mit zahlreichen Aufnahmen älteren und jüngeren Datums)

Jean Daltroff, La route du judaïsme en Alsace, ID-L’Édition, 2. Aufl., Bernardswiller 2010, S. 86

Günter Boll, Der jüdische Friedhof von Mackenheim im Unterelsass, Aufsatz 2011 (unter dem Stichwort: Der Mackenheimer Judengarten)

Diverse Aufsätze von Günter Boll (als PDF-Dateien abrufbar)

Marc Heimermann, Cimetíere juif de Mackenheim, 2012 (Aufsatz mit Bildmaterial in: imagesdemarc.over-blog.net)

Fundstücke der Genisa von Mackenheim, Sonderausstellung im Museum für Stadtgeschichte in Breisach, 2017

Kai Kricheldorff (Red.), Stadtmuseum zeigt Funde aus der Mackenheimer Synagoge, in: „Badische Zeitung“ vom 12.7.2017