Messelhausen (Baden-Württemberg)

Bildergebnis für Lauda-Königshofen baden-württemberg karte Messelhausen ist heute ein Ortsteil der Stadt Lauda-Königshofen in Tauberfranken - ca. zehn Kilometer südöstlich von Tauberbischofsheim gelegen (Kartenskizze 'Main-Tauber-Kreis', F. Paul 2009, aus: wikipedia.org, CC BY-SA 3.0).

 

Eine kleine jüdische Gemeinde bildete sich in Messelhausen Ende des 18.Jahrhunderts heraus, als die adlige Grundherrschaft - aus fiskalischen Erwägungen heraus - jüdische Familien im Dorf ansiedeln ließ.

Gottesdienste hielten die hiesigen Juden in einem Privathause ab, in dem neben einem Betraum im Obergeschoss sich im Keller auch ein rituelles Bad befand; auf Grund des Testaments des Hauseigners (um 1810) sollten diese Räumlichkeiten „auf ewige Zeiten” der Judenschaft Messelhausens unentgeltlich zur Verfügung stehen. Trotz dieser Zusage entschloss sich die jüdische Gemeinde, einen Synagogenneubau zu errichten, der im 1859 eingeweiht wurde. Im Synagogengebäude war auch die Wohnung des jüdischen Lehrers untergebracht; hier erteilte er zeitweise auch Unterricht.

 http://www.alemannia-judaica.de/images/Images%20341/Messelhausen%20ABl%201836%20259.jpg

Stellenausschreibungen aus: "Großherzoglich Badisches Anzeige-Blatt für den See-Kreis" von 1836 und "Der Israelit" vom 5.Mai 1890

Als es immer schwieriger wurde, den für die Abhaltung des Gottesdienstes erforderlichen Minjan zusammenzubringen, ließ man Glaubensgenossen aus Nachbarorten kommen, die - als Gegenleistung für ihr Kommen - über den Sabbat freie Unterkunft und Verpflegung erhielten. Bis Ende der 1920er Jahre sollen in Messelhausen Gottesdienste abgehalten worden sein; 1932/1933 gab man dann die Synagoge auf; der neue Eigentümer richtete im Gebäude eine Gastwirtschaft ein.

Die verstorbenen Gemeindeangehörigen fanden ihre letzte Ruhe auf dem jüdischen Verbandsfriedhof in Allersheim. 

Die Gemeinde Messelhausen gehörte nach 1827 dem Rabbinatsbezirk Wertheim an, ab Mitte der 1880er Jahre dann dem von Mosbach.

Juden in Messelhausen:

          --- um 1785 ........................  eine jüdische Familie,

    --- um 1795 ........................    5     “        “  n,

    --- 1825 ...........................   35 Juden,

    --- 1873 ...........................   86   “  ,

    --- 1900 ...........................   54   “  ,

    --- 1910 ...........................   29   "  ,

    --- 1925 ...........................   13   “  ,

    --- 1931 ...........................    2 Familien,

    --- 1940 ...........................    3 Juden,

             (Nov.) ....................    keine.

Angaben aus: F. Hundsnurscher/G. Taddey, Die jüdischen Gemeinden in Baden, S. 200

 

In den 1870er Jahren hatte die Zahl der jüdischen Bewohner Messelhausens mit knapp 90 Personen ihren Höchststand erreicht; ihre wirtschaftliche Lage war insgesamt gut, einige Familien hatten es sogar zu gewissem Wohlstand gebracht; Grundlage dafür waren vor allem Viehhandel und das Kreditgeschäft.

Dass damals in der Bevölkerung antisemitische Einstellungen verbreitet waren, machte die ff. Kleinanzeige deutlich:

          https://www.alemannia-judaica.de/images/Images%20156/Messelhausen%20Israelit%2024111892.jpg aus der Zeitschrift "Der Israelit" vom 24.11.1892

Im Laufe der folgenden Jahrzehnten ging die Zahl der jüdischen Bewohner Messelhausens immer mehr zurück; als Anfang der 1930er Jahre nur noch zwei Familien hier wohnten, wurde die Kultusgemeinde offiziell aufgelöst und das Synagogengebäude veräußert, das anschließend als "Gasthaus Deutsches Haus" diente.

Die letzten drei jüdischen Ortsbewohner wurden Ende Oktober 1940 nach Gurs deportiert

Nach Angaben der Gedenkstätte Yad Vashem/Jerusalem wurden nachweislich 18 gebürtige bzw. längere Zeit am Ort ansässig gewesene jüdische Bewohner Messelhausens Opfer des Holocaust; fast alle gehörten der Familie Stein an (namentliche Nennung der Opfer siehe: alemannia-judaica.de/synagoge_messelhausen.htm).

[vgl.  Königshofen (Baden-Württemberg)]

 

An dem Anfang der 1990er Jahre zu einem Wohnhaus umgebauten einstigen Synagogengebäude erinnern noch die Rundbogenfenster und das Eingangsportal an dessen ehemalige Nutzung.

Ehem. Synagogengebäude in Messelhausen (Aufn. J. Hahn, 2003) http://www.alemannia-judaica.de/images/Images12/Messelhausen%20Synagoge203.jpg

Gedenkstein in Messelhausen Schüler/innen des Martin-Schleyer-Gymnasiums Lauda-Königshofen haben den Messelhausener Memorialstein geschaffen, der – neben weit mehr als 100 anderen – in der zentralen Gedenkstätte zur Erinnerung an die deportierten badischen Juden in Neckarzimmern sich befindet (Abb. aus: mahnmal-neckarzimmern.de). Der Messelhausener Stein wurde 2007 - zusammen mit einer erklärenden Gedenktafel - auf dem kleinen Platz vor dem ehemaligen Rathaus mitten im Dorf Messelhausen aufgestellt.

 

 

 

Weitere Informationen:

Johann Anton Zehnter, Geschichte des Ortes Messelhausen, o.O. 1901, S. 251 - 260 (Anm. mit detaillierten Angaben zu den jüdischen Familien am Ort)

F. Hundsnurscher/G. Taddey, Die jüdischen Gemeinden in Baden, in: "Veröffentlichungen der Staatl. Archivverwaltung", Stuttgart 1968, Band 19, S. 200/201

Joachim Hahn, Erinnerungen und Zeugnisse jüdischer Geschichte in Baden-Württemberg, Konrad Theiss Verlag, Stuttgart 1988, S. 349 - 351

Joachim Hahn/Jürgen Krüger, “Hier ist nichts anderes als Gottes Haus ...” Synagogen in Baden-Württemberg, Teilband 2: Orte und Einrichtungen, Konrad Theiss Verlag GmbH, Stuttgart 2007, S. 285/286

Messelhausen, in: alemannia-judaica.de (mit Text- und Bildbeiträgen zur jüdischen Ortshistorie)