Minden (Nordrhein-Westfalen)

KartengalerieDatei:Minden in MI.svg Minden/Weser - im Nordosten des Bundeslandes Nordrhein-Westfalen unweit der Porta Westfalica – ist mit derzeit ca. 83.000 Einwohnern die viertgrößte Stadt in der Region Ostwestfalen-Lippe (Ausschnitt aus hist. Karte, aus: geoportal.kreis-herford.de und Kartenskizze 'Kreis Minden-Lübbecke', TUBS 2008, aus: commons.wikimedia.org, CC BY-SA 3.0).

 

Bereits Ende des 13. Jahrhunderts lebten Juden in der Stadt Minden. Dank ihrer günstigen geographischen Lage war sie damals eine aufstrebende Handelsstadt (Mitglied der Hanse). Da die Juden durch die Kaufmannsgilden vom städtischen Handel verdrängt und ganz ausgeschlossen wurden, übernahmen sie das Geld- und Darlehensgeschäft in Minden erstmals 1270 erwähnt.

Bereits im 14.Jahrhundert verfügte die Judenschaft Mindens über eine Synagoge (dafür musste seit 1318 ein jährlicher Mietzins von 12 Gulden entrichtet werden) und vor dem Simeonstor über einen eigenen Begräbnisplatz, der auch von auswärtigen Juden benutzt wurde. Neben Dortmund und Münster war Minden damals die einzige Stadt im heutigen Westfalen, in der so viele Juden lebten, dass eine Gemeinde gebildet werden konnte. Während des Pestpogroms sollen die jüdischen Familien aus Minden „wie Vieh abgeschlachtet” oder vertrieben worden sein. Erst im 15.Jahrhundert kehrten einzelne Juden in die Stadt zurück. Laut Judendekret des Mindener Bistums von 1451 hatten sich Juden als solche auszuweisen, indem die Männer gelbe Ringe, Frauen blaue Streifen an ihrer Kleidung tragen mussten. Dauerhaft siedelten sich jüdische Familien in Minden erst gegen Mitte des 16.Jahrhunderts an; das Judenregal besaß nun die Stadt selbst, zuvor war es in bischöflicher Hand gewesen; sie achtete stets darauf, dass nur eine begrenzte, mit Schutzbriefen ausgestattete Zahl jüdischer Familien in der Stadt lebte und hier tätig war. Seit ca. 1600 versuchte der Bischof Christian von Braunschweig sich das Judenregal anzueignen; ab 1648 ging es an den brandenburgischen Kurfürsten über.

1571 war den Mindener Juden gestattet worden, Gottesdienste abzuhalten; der Standort des ersten Betraumes ist unbekannt.

 Stadtansicht von Minden – Stich von M.Merian, 17.Jahrhundert (Abb. aus: wikipedia.org, gemeinfrei)

In einer gegen Ende des Dreißigjährigen Krieges abgefassten "Judenordnung" wurde jüdischer Gottesdienst und Schulunterricht wieder verboten und die Juden angehalten, sich sonn- und feiertags in der Stadtkirche einzufinden, um „die Herren Prediger zu Minden anzuhören schuldig sein, bei Strafe eines Reichstalers von jedweder ausbleibenden Person”. Dieser missionarische Eifer des Mindener Rates führte aber zu keinem Erfolg; denn bereits 1659 ist in den Annalen die Existenz einer neueren Synagoge in Minden erwähnt; sie befand sich kurzzeitig in einem Privathause in der Friesenstraße, der heutigen Pöttcherstraße, später in einem in der Greisenbruchstraße. Ab ca. 1680 diente ein von der Judenschaft erworbenes Fachwerkgebäude in der Videbullenstraße fast 200 Jahre als Gotteshaus. Ein um die Mitte des 19.Jahrhunderts geplanter Synagogenbau in der Kampstraße konnte im Frühjahr 1865 fertiggestellt und eingeweiht werden.

                                           Die Mindener Synagoge in der Kampstraße (hist. Aufn., Stadtarchiv)

                  Aus einem Bericht im „Mindener-Lübbecker-Kreisblatt” vom 29.3.1865:

„ ... Die ... am 24. d.M. eingeweihte hiesige Synagoge an der Kampstraße entzieht sich, in angemessener Entfernung von derselben, dem Außengeräusch. Man gelangt durch einen Vorgarten auf einer Freitreppe durch eine offene Vorhalle und ein Vestibül in das Innere des Tempels, ... Ueber dem Vestibül befindet sich die schöne und klangvolle Orgel, ... Erbaut und verziert ist die Synagoge im maurischen Styl, der sich durch die hufeisenförmige Bogenform, durch ausgezackte Bogen zwischen den Säulen und die Form der geschmückten Holzverzierungen ... charakterisiert. ... Erleuchtet wird die Kirche bei Tage durch 32 Fenster an den Lang-Seiten, unterhalb und oberhalb der Emporen, Abends durch Gaskronleuchter und Wandarme mit einigen 60 Flammen ...  Zur Einweihung ... hatten sich sämmtliche besonders eingeladene Militär- und Civilbehörden der Stadt bei Ankunft des Zuges (5 Uhr Nachmittags) bereits eingefunden. Die feierlichen Töne der neuen Orgel des Gotteshauses begrüßten den Zug, ... Dieser Feierlichkeit folgte ein, den Schluß der eigentlichen Tempelweihe bezeichnender Segensspruch. ... Die kirchliche Feierlichkeit endete mit dem Gebete für König, Vaterland und die Gemeinde, ... “

 

Die Tatsache, dass Minden keine eigene jüdische Elementarschule besaß, mag auch ein Indiz dafür sein, dass die gesellschaftliche Integration des jüdischen Bevölkerungsanteils bereits frühzeitig sehr weit fortgeschritten war.

Im Laufe des 17.Jahrhunderts begruben die Mindener Juden ihre Verstorbenen auf Friedhöfen der Umgebung, so in Petershagen und vor allem in Hausberge. Eigene Begräbnisplätze in Minden - direkt vor der Stadtmauer - gab es vermutlich bereits im ausgehenden Mittelalter. Wegen des Festungsbaues mussten allerdings die Begräbnisstätten später dort aufgelassen werden; deshalb hatte die Mindener Judenschaft seit dem beginnenden 18.Jahrhundert ein Begräbnisareal bei Hausberge in Nutzung genommen (siehe unten).

Erst in den 1890er Jahren erwarb die jüdische Gemeinde ein großes Friedhofsgelände in Minden am Erikaweg, das heute noch belegt wird.

Eingang zum jüdischen Friedhof (Aufn. A., 2016, aus: wikipedia.org, CC BY 3.0)

Die wenigen jüdischen Familien aus Barkhausen, Dehme, Dützen, Hartum und Rothenuffeln gehörten auch der Mindener Kultusgemeinde an.

Juden in Minden:

    --- 1318 ............................  11 jüdische Familien,

    --- um 1630 .........................   5    “        “    ,

    --- 1688 ............................  11    “        “    (mit 79 Pers.),

    --- 1788 ............................  69 Juden (ca. 1% d. Bevölk.),

    --- 1804 ............................  75   "  ,

    --- 1810 ............................  82   “  ,

    --- 1815 ............................ 112   “  ,*    *andere Angabe: 87 Pers.

    --- 1846 ............................ 174   “  ,

    --- 1863 ............................ 216   “  ,                              

    --- 1871 ............................ 396   “  ,

    --- 1895 ............................ 300   “  ,

    --- 1909 ............................ 320   “  ,

    --- 1931/32 ......................... 229   “  ,*

    --- 1939 (Juni) ..................... 107   “  .

* Zur Synagogengemeinde gehörten jüdische Personen aus der Umgebung

Angaben aus: Elfi Pracht, Jüdisches Kulturerbe in Nordrhein-Westfalen, Teil III: Reg.bez. Detmold, S. 395

 

Ak Minden in Westfalen, Blick auf die neue und alte Weserbrücke Ak Minden in Westfalen, Markt

Minden mit Weserbrücke  und  Marktplatz, Postkarten um 1915 (beide Abb aus: akpool.de)

In Minden hatte sich in den 1840er Jahren judenfeindliche Agitation bemerkbar gemacht, die zum „Verderben der Juden” aufrief und diese als „Blutsauger der Christen und Verräter unseres Heilandes” brandmarkte.

Angehörige der jüdischen Gemeinde Mindens gehörten im 19.Jahrhunderts zu den wohlhabendsten Familien in der Stadt, so die Bankiers- und Kaufmannsfamilien Lasard, Levison und Wolffers; dazu zählten aber auch die Familien Julius Burgheim, Moses und Karl Lilienthal, Lindenheim, L.W. Wolff u.a.

                                 Geschäftsanzeigen Mindener Juden zwischen 1900 und 1920:

                

In Minden kam es noch vor dem offiziellen Boykott am 1.April 1933 zu Ausschreitungen, wobei Schaufensterscheiben zahlreicher jüdischer Geschäfte eingeschlagen wurden.

                 Aus einem Schreiben des Bürgermeisters an den Landrat vom 11.März 1933:

„... Am 9.März 1933 etwa gegen 18 Uhr wurde im Anschluß an eine Kundgebung der N.s.d.A.P. auf dem Gr.Domhof hier das Einheitspreisgeschäft von Pfingst (Epa) am Wesertor von einer größeren Anzahl S.A.- und S.S.-Leuten geschlossen. Zu Plünderungen oder irgendwelchen Ausschreitungen ist es dabei nicht gekommen. Die Schließung des Geschäftes ist in aller Ordnung vor sich gegangen. ...“

                 In einem weiteren Schreiben des Bürgermeisters vom 29.März 1933 hieß es:

„ ... Am Dienstag, den 28.3.1933 zwischen 18 und 19 Uhr sollen auf Veranlassung der nationalsozialistischen Bewegung die jüdischen Geschäftshäuser im Ortspolizeibezirk Minden geschlossen worden sein. Die Geschäftsleute haben sich sämtlich gefügt, d.h. sie haben ohne weiteres ihre Geschäfte zugemacht.

Zu Zwischenfällen irgendwelcher Art ist es dabei nicht gekommen. “

Wenige Tage nach dem offiziellen Boykotttag versuchte der „Nationalsozialistische Kampfbund des gewerblichen Mittelstandes” weiterhin durch Parolen wie „Schaffung eines gesunden Mittelstandes” und „Kommunalisierung der Großwarenhäuser” die Bevölkerung vom Betreten jüdischer Kaufhäuser abzuhalten. Von der Polemik gegen die jüdischen Warenhäuser versprach sich der deutsche „arische“ Einzelhandel eine Besserung seiner eigenen wirtschaftlichen Situation.

Weitere Diskriminierungen führten dazu, dass die jüdischen Familien enger zusammenrückten. Dies stellte auch die Stapostelle im Regierungsbezirk Minden in einem Bericht vom Mai 1935 fest:

„ ... Der Zusammenhalt zwischen den Juden ist in letzter Zeit immer stärker geworden. Man verstärkt den Zusammenhalt vor allem durch besondere Pflege der Kulthandlungen, um so wieder mehr zum jüdischen Volkstum zurückzugelangen. Bemerkenswert ist im Rahmen dieser Bestrebungen, daß von der hiesigen jüdischen Gemeinde ein besonderes Passahmahl, das bekanntlich sonst in den Familien gefeiert wird, für die Juden veranstaltet wurde, die keine familiären Bindungen haben ...”

 

In der Pogromnacht vom November 1938 wurde auch in Minden die Synagoge in Brand gesteckt; sie brannte bis auf die Außenmauern nieder; 14 alte Thorarollen und diverse Kultgeräte wurden dabei vernichtet. Geschäfte und Wohnungen von Juden Mindens wurden ebenfalls geplündert und beschädigt; etwa 25 jüdische Männer wurden verhaftet und ins Konzentrationslager Buchenwald verschleppt, vier fanden hier den Tod. Im Gefolge der „Arisierung“ emigrierten auch die jüdischen Geschäftsleute Mindens; im Oktober 1939 lebten in der Stadt Minden noch ca. 50 Juden, vor allem ältere Menschen. Die allermeisten von ihnen wurden ab Ende 1941 über Bielefeld deportiert.

                 Aus einem Schreiben der SD-Hauptaußenstelle Bielefeld vom 16.12.1941:

                   ... Abtransport von 400 Juden aus dem Regierungsbezirk Minden

Am Donnerstag, den 11.12.41, begann im hiesigen Bereich die Aktion zur Verschickung der ersten jüdischen Familien nach Riga. Gegen 10 Uhr trafen die ersten jüdischen Familien in Bielefeld ein und wurden im Kyffhäusersaal am Kesselbrink untergebracht. Nach zweitägigem Aufenthalt, der zu Durchsuchungen, Gepäckkontrolle u. dgl. benutzt wurde, ging der Transport am Samstag um 15 Uhr ab. ...

Ziel des ersten Deportationstransportes im Dezember 1941 war das Ghetto in Riga; zwei weitere Transporte gingen nach Warschau und Theresienstadt.

Über die genaue Zahl der während des NS-Regimes ermordeten Juden Mindens liegen keine gesicherten Angaben vor.

 

Im Sommer 1945 hielten sich ca. 100, meist aus Osteuropa stammende Juden in Minden auf, die Anfang 1946 offiziell eine jüdische Kultusgemeinde gründeten. Gottesdienste wurden zunächst in dem alten jüdischen Gemeindehaus hinter der zerstörten Synagoge abgehalten, ehe Ende der 1950er Jahre an gleicher Stelle eine neue Synagoge errichtet wurde. Damit war Minden eine der ersten Städte in Deutschland, in denen nach dem Zweiten Weltkrieg wieder ein jüdisches Gotteshaus eingeweiht wurde. Direkt an der Kampstraße entstand dann als Anbau an die Synagoge auch ein neues Gemeindehaus; das alte, inzwischen baufällige Gebäude wurde 1966 abgerissen.

Synagoge in Minden (links: Aufn. U. Knufinke - rechts: Aufn. R., 2009, aus: wikipedia.org, CC BY-SA 3.0)

                     Synagogenraum (Aufn. U. Knufinke, aus: zentralratjuden.de)

In der neuen Synagoge in der Kampstraße befindet sich ein Mahnmal mit den Namen der jüdischen NS-Opfer der Stadt und des Landkreises Minden.

Des Weiteren erinnert seit 1988 auf dem Platz vor dem Stadttheater ein steinernes Relief des Künstlers Joachim Bandau an alle Opfer der NS-Gewaltherrschaft; die aus der Pflasterung ragenden zwei granitenen Keilformen stammen aus dem ehem. KZ Flossenbürg. Ein der vier daneben eingelassenen Bronzetafeln trägt die Inschrift: "Euch allen, die ihr vorübergeht, sage ich: Schaut doch und seht, ob irgendein Schmerz ist wie mein Schmerz, der mich getroffen hat. Klagelied 1,12."

2005 setzte sich die kleine jüdische Gemeinde Minden aus ca. 100 Mitgliedern zusammen. Im November 2005 ist damit begonnen worden, sog. „Stolpersteine“ zu verlegen, die den „Pfad der Erinnerung“ bilden und dem Vergessen entgegenwirken sollen; mittlerweile sind es mehr als 100 messingfarbene Steinquader(Stand 2023), die z.T. auch nicht-jüdischen NS-Opfern gewidmet sind.

                           Datei:Mi Stolpersteine.jpg verlegt in der Bäckerstraße (Aufn. A., 2007, aus: wikipedia.org, CC BY-SA 3.0)


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Einige sog. „Stolpersteine“ in den Straßen von Minden (Abb. aus: stolpersteine-minden.de bzw. G., 2022, aus: wikipedia.org, CC BY-SA 4.0)

Seit 1989 gibt es in Minden den "Max-Ingbert-Platz".

Max Ingbert (geb. 1904 in Warschau) wuchs in einer chassidischen Familie auf, die kurz vor dem Ersten Weltkrieg nach Minden übersiedelte. Nach einer Lehre im väterlichen Geschäft machte er sich selbstständig und handelte mit Textilien auf Märkten und Messen. Bereits in jungen Jahren hatte er sich der Sozialistischen Arbeiterjugend und 1924 der SPD angeschlossen. Nach der NS-Machtübernahme flüchtete er nach einer kurzzeitigen Inhaftierung nach Belgien; hier führte er seine politische Tätigkeit fort. Beim Einmarsch der Wehrmacht (1940) tauchte er unter, schloss sich einer Widerstandsgruppe der illegalen Belgischen Sozialistenpartei an, um gegen die deutsche Besetzung zu opponieren. Einige Jahre nach Kriegsende kehrte Max Ingbert nach Minden zurück und eröffnete hier ein Schuhgeschäft. Neben seiner aktiven politischen Tätigkeit für die SPD machte er sich für die Versöhnung zwischen Israel und Deutschland stark und war Gründungsmitglied der Ortsgruppe der "Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit". Bereits seit 1952 war er stellvertretender Vorsitzender der Mindener Kultusgemeinde; von 1979 bis zu seinem Tode (1983) hatte er den Vorsitz inne. Seiner gemeindlichen Tätigkeit war auch der Bau der neuen Mindener Synagoge mit zu verdanken.

 Minden war der Geburtsort von Franz Boas (geb. 1858), der als Sohn des angesehenen jüdischen Kaufmanns seine Kinder- und Jugendjahre in der Stadt verbrachte. 1887 emigrierte er in die USA und machte sich dort als Wissenschaftler einen Namen; er begründete die Kulturanthropologie als wissenschaftliche Disziplin. Boas betonte die Einzigartigkeit und Gleichwertigkeit aller menschlichen Kulturen und bekämpfte aus seinem gelebten Humanismus heraus rassistische Ideologien in den USA und in Deutschland; er lehrte ca. 40 Jahre in New York. Franz Boas verstarb 1942 in New York. Seit 2008 erinnert eine Gedenktafel an seinem Geburtshaus in Minden an den großen Sohn der Stadt.

 

 

 

In Hausberge - nur wenige Kilometer von Minden entfernt - wohnten im späten 16.Jahrhundert zwei jüdische Familien; Anfang des 18.Jahrhunderts gab es hier sechs mit Schutzbriefen ausgestattete Juden. Im Laufe des 19.Jahrhunderts bildete sich eine kleine Gemeinde mit kaum 50 Angehörigen, die über einen eigenen Friedhof und eine 1853 errichtete Synagoge verfügten. Zu Beginn der 1930er Jahre lebten ca. 30 Bewohner mosaischen Glaubens im Ort. Die jüdische Gemeinschaft in Hausberge wurde 1941/1942 ausgelöscht; ihre Angehörigen wurden deportiert. - Das Synagogengebäude war vermutlich schon vor 1938 abgerissen worden. Heute erinnert in Hausberge eine an einem Wohnhaus angebrachte „Gedenktafel für jüdische Mitbürger“ daran, dass der Ort einst Heimat jüdischer Familien war.

Im November 2016 wurden vor dem Hause Hauptstraße 80 neun sog. „Stolpersteine“ in Erinnerung an Angehörige der vertriebenen und ermordeten Hausberger Familie Windmüller verlegt. Weitere Steine in der Hauptstraße kamen in den Jahren 2017 bzw. 2019 hinzu.

Stolperstein Porta Westfalica Hauptstraße 80 Albert WindmüllerStolperstein Porta Westfalica Hauptstraße 80 Anna GollubierStolperstein Porta Westfalica Hauptstraße 80 Otto Windmüllerdrei von neun Steinen für Fam. Windmüller (Aufn. T., 2017, aus: wikimedia.org, CC BY-SA 4.0) 

 ... und weitere fünf Steine in der Hauptstraße (Aufn. T., 2017, aus: wikipedia.org, CC BY-SA 4.0)

Stolperstein Porta Westfalica Hauptstraße 12 Gustav Pinkus Stolperstein Porta Westfalica Hauptstraße 12 Helene Pinkus Stolperstein Porta Westfalica Hauptstraße 12 Inge Pinkus Stolperstein Porta Westfalica Hauptstraße 12 Helga Pinkus Stolperstein Porta Westfalica Hauptstraße 12 Marga Pinkus

 

Der aus zwei Teilen bestehende jüdische Friedhof in Hausberge hat einen bereits im 17.Jahrhundert angelegten Mindener und einen Hausbergener Teil - getrennt durch das in Deutschland einzigartige Urnenmausoleum der Familie Michelson. Der älteste noch vorhandene Grabstein auf dem Mindener Friedhofsteil – hier liegen Verstorbene aus dem gesamten Bistum Minden - stammt aus dem 18. Jahrhundert, der älteste im Hausbergener Bereich aus dem 19. Jahrhundert (1836).

  

ältere Grabmale und Urnentempel der Familie Michelson, erbaut 1913 (beide Aufn. Grugerio, 2013, aus: wikipedia.org, CC BY-SA 3.0)

Seit 2007 engagieren sich Schüler/innen der Gesamtschule Porta Westfalica in der Pflege des jüdischen Friedhofs in Hausberge. Die Sanierung der Familiengrabstätte Michelsohn konnte – mit Fördermitteln der "Deutsche Stftung Denkmalschutz" – im Jahre 2015 abgeschlossen werden.

Derzeit werden Überlegungen angestellt, den Grünen Marktplatz in Hausberge nach Otto Michelsohn zu benennen (2024).

 

 

 

Weitere Informationen:

Leopold Löwenstein, Memorbücher (von Minden und anderen Gemeinden), in: "Zeitschrift für Geschichte der Juden in Deutschland 1887", S. 194 - 198

Martin Krieg, Die Juden der Stadt Minden bis zum Stadtreglement von 1723, in: "Westfälische Zeitschrift", No. 93/1937, S. 113 - 196

Hans Ch. Meyer, Aus Geschichte und Leben der Juden in Westfalen, ner-tamid-verlag, Frankfurt/M. 1962, S. 169

Germania Judaica, Band II/2, Tübingen 1968, S. 542/543 und Band III/2, Tübingen 1995, S. 874 - 876

Arno Herzig, Judentum und Emanzipation in Westfalen, Münster 1973, S. 87 ff.

Arno Herzig, Das Sozialprofil der jüdischen Bürger von Minden im Übergang vom 18. zum 19.Jahrhundert, in: "Mitteilungen des Mindener Geschichtsvereins", No. 50/1978, S. 45 - 70

K.K.Rüter/Chr. Happel, Schicksale 1933 - 1945. Verfolgung jüdischer Bürger in Minden, Petershagen, Lübbecke, Hrg. Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit Minden e.V., Minden 1986

Kommunalarchiv Minden (Hrg.), Juden in Minden - Dokumente und Bilder jüdischen Lebens vom Mittelalter bis zum 20.Jahrhundert, Minden 1988

Douglas Cole, Kindheit und Jugend von Franz Boas. Minden in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, in: "Mitteilungen des Mindener Geschichtsvereins", Jg. 60 (1988), S. 111 - 134

Joachim Meynert, Im Zeichen von Assimilation und Integration - Juden in Minden-Ravensberg um 1933, in: "Westfälische Forschungen", No. 38/1988, S. 224 - 231

Diethard Aschoff, Holocaust in Augenzeugenberichten westfälischer Juden, in: "Westfälische Forschungen", No. 38/1988, S. 244 – 256

Joachim Meynert, Was vor der ‘Endlösung’ geschah. Antisemitische Ausgrenzung und Verfolgung in Minden-Ravensberg 1933 - 1945, Münster 1988

Hans Nordsiek, Juden in Minden, Minden 1988

Hans Nordsiek (Hrg.), “ Bitte vergessen Sie uns nicht”. Briefe verfolgter und deportierter Juden von 1939 bis 1944, in: "Mitteilungen des Mindener Geschichtsvereins", No. 60/1988, S. 65 ff.

Hans-Peter Schwarz (Hrg.), Die Architektur der Synagoge, Ausstellungskatalog Dt. Architekturmuseum Frankfurt/M., Frankfurt/M. 1988, S. 334

Karl-Wilhelm Röhs, Der Friedhof der Mindener Juden bei der Porta Westfalica, in: "Der Minden - Ravensberger", No. 63, Bielefeld 1991

Hans Eberhard Brandhorst, Jüdische Friedhöfe in Minden. Ein Beitrag zur Stadttopographie des 18. u. 19.Jahrhunderts, in: "Mitteilungen des Mindener Geschichtsvereins", No. 63/1991, S. 167 - 171

Hans Eberhard Brandhorst, Das Judenbad am Deichhof in Minden. Eine bisher unbekannte Stätte jüdischen Gemeindelebens in Minden, in: "Mitteilungen des Mindener Geschichtsvereins", No. 64/1992, S. 165 - 169

Andreas Determann, Stätten jüdischen Lebens in Minden - vom Mittelalter bis zur Gegenwart, Hrg. Landschaftsverband Westfalen-Lippe, Landesbildstelle Westfalen, Münster 1992

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Elfi Pracht, Jüdisches Kulturerbe in Nordrhein-Westfalen, Teil III: Regierungsbezirk Detmold, J.P.Bachem Verlag, Köln 1998, S. 393 - 403

G. Birkmann/H. Stratmann, Bedenke vor wem du stehst - 300 Synagogen und ihre Geschichte in Westfalen u. Lippe, Klartext Verlag, Essen 1998, S. 183 - 185

Michael Brocke (Hrg.), Feuer an dein Heiligtum gelegt - Zerstörte Synagogen 1938 Nordrhein-Westfalen, Ludwig Steinheim-Institut, Kamp Verlag, Bochum 1999, S. 372/373

The Encyclopedia of Jewish Life before and during the Holocaust (Vol. 1), New York University Press, Washington Square, New York 2001, S. 501

Rosemarie Kosche, Studien zur Geschichte der Juden zwischen Rhein und Weser im Mittelalter, in: "Forschungen zur Geschichte der Juden, Abt. A: Abhandlungen",  Band 15, Verlag Hahnsche Buchhandlung, Hannover 2002

Bernd-Wilhelm Linnemeier, Jüdisches Leben im Alten Reich: Stadt und Fürstentum Minden in der Frühen Neuzeit, in: "Studien zur Regionalgeschichte", Band 15, Verlag für Regionalgeschichte, Bielefeld 2002

Werner Dirks/Kristan Kossack, Spuren jüdischen Lebens, in: Artikelserie im „Mindener Tageblatt“ (diverse Beiträge, 2005 bis 2009)

Monika Minninger, Dorf- und Kleinstadtjuden im “trefenen Westfalen”, in: Stefan Baumeier/Heinrich Stiewe (Hrg.), Die vergessenen Nachbarn. Juden auf dem Lande im östlichen Westfalen, in: "Schriften des Westfälischen Freilichtmuseums Detmold", Verlag für Regionalgeschichte, Bielefeld 2006, S. 187 – 203

Werner Dirks/Harald Scheurenberg, Weg zum neuen Gotteshaus vor 50 Jahren am Ziel, in: "Mindener Tageblatt“ vom 14.6.2008

Kristian Kossak, Der Widerstand Mindener Juden gegen die NS-Herrschaft. Erinnern an Otto Michelsohn und Max Ingberg,in: „Westfälische Zeitschrift“, No. 158/2008

Hans-Werner Dirks/Kristian Kossack, Spuren jüdischen Lebens in Minden: Einzelschicksale Mindener Juden während des NS-Regimes, Verlag für Regionalgeschichte, Bielefeld 2009

Arno Herzig, Jüdisches Leben in Minden und Petershagen, in: „Mindener Beiträge“ des Mindener Geschichtsvereins, Band 31, 2012

Bernd-Wilhelm Linnemeier/Hans Nordsiek (Bearb.), Minden, in: Historisches Handbuch der jüdischen Gemeinschaften in Westfalen und Lippe. Die Ortschaften und Territorien im heutigen Regierungsbezirk Detmold, Ardey-Verlag, Münster 2013, S. 536 – 559

Bernd-Wilhelm Linnemeier (Bearb.), Porta Westfalica-Hausberge, iin: Historisches Handbuch der jüdischen Gemeinschaften in Westfalen und Lippe. Die Ortschaften und Territorien im heutigen Regierungsbezirk Detmold, Ardey-Verlag, Münster 2013, S. 624 – 635

Auflistung der in Minden verlegten Stolpersteine, online abrufbar unter: wikipedia.org/wiki/Liste_der_Stolpersteine_in_Minden

Aktionsgemeinschaft Friedenwoche Minden e.V., Stolpersteine in Minden, online abrufbar unter stolpersteine-minden.de (mit zahlreichen biographischen Angaben)

Der jüdische Friedhof Hausberge – Schulprojekt der Gesamtschule Porta Westfalica, online abrufbar unter: juedischer-friedhof-hausberge.de

Dirk Haunhorst (Red.), Neun Steine gegen das Vergessen, in: “Mindener Tageblatt” vom 15.11.2016

Stefan Lyrath (Red.), Stolpersteine erinnern an Hausberger Familie Windmüller, in: “Mindener Tageblatt” vom 21.11.2016

Stefan Lyrath (Red.), Aufarbeitung der NS-Vergangenheit, in: “Mindener Tageblatt” vom 22.12.2017 (betr. Verlegung von weiteren fünf Stolpersteinen)

Auflistung der in Porta Westfalica (Hausberge) verlegten Stolpersteine, online abrufbar unter: wikipedia.org/wiki/Liste_der_Stolpersteine_in_Porta_Westfalica

Jürgen Langenkämper (Red.), Stolpersteine erinnern an fünf weitere Schicksale von NS-Opfern, in: “Mindener Tageblatt” vom 27.6.2018

Mindener Geschichtsverein/Kreis Minden-Lübbecke (Hrg.), Orte erinnern – Spuren der NS-Zeit in Minden-Lübbecke, Minden 2018 (online abrufbar unter: minden-luebbecke.de/media/custom/2832_1688_1.PDF?1557728062, S. 10 - 17)

Jürgen Langenkämper (Red.), Zahl der Stolpersteine nimmt weiter zu, in: “Mindener Tageblatt” vom 19.2.2019

Kommunalarchiv Minden (Hrg.), Jüdisches Leben in Minden und Umgebung, online abrufbar unter: juedisches-leben.kommunalarchiv-minden.de (2021)

Philipp Koch (Hrg.), 750 Jahre jüdisches Leben in der Region. Synagogen als bauliche Zeugnisse und Erinnerungsorte jüdischer Kultur in Minden, Petershagen und Porta Westfalica, Selbsrverlag der Gesellschaft zur Förderung des Mindener Museums, Minden 2021

Kerstin Rickert (Red.), Zeit für Begegnungen: 750 Jahre jüdisches Leben in der Region, in: “Mindener Tageblatt” vom 14.6.2021

Jan Henning Rogge (Red.), Am Preußenmuseum entsteht eine Laubhütte nach jüdischer Tradition, in: “Mindener Tageblatt” vom 19.9.2021

Anne Herden-Hubertus (Red.), Die neue Synagoge in Minden. Ein Zeugnis des Neuanfangs nach 1945, in: „Denkmalpflege in Westfalen-Lippe“, 2021/22, S. 50 -58

Stefan Lyrath (Red.), Neuer Wegweiser: Die letzten Spuren jüdischen Lebens an der Porta, in: “Mindener Tageblatt” vom 30.6.2023

Andreas Laubig (Red.), Gegen das Vergessen: Neun neue Stolpersteine in Minden verlegt, in: “Mindener Tageblatt” vom 29.10.2023

Dirk Haunhorst (Red.), Erinnerung an jüdische Familie. Antrag an den Ortsrat Porta: Grüner Marktplatz in Hausberge soll nach Otto Michelsohn benannt werden, in: “Mindener Tageblatt” vom 15.8.2024