Mohrungen (Ostpreußen)
Die spätere Kreisstadt Mohrungen - südlich von Preußisch-Holland gelegen - wurde 1302 vom Deutschen Orden gegründet und erhielt 1327 das Stadtrecht. Das polnische Morąg ist heute eine von ca. 13.500 Menschen bewohnte Kleinstadt in der Woiwodschaft Ermland-Masuren (Ausschnitt aus hist. Karte von Ostpreußen, aus: wikipedia.org, Bild-PD-alt und Kartenskizze der Region Saalfeld-Mohrungen, Loseries 2008, aus: wiki-de.genealogy.net und Kartenskizze 'Polen' mit Morąg rot markiert, Y. 2006, aus: commons.wikimedia.org, CC BY-SA 3.0).
aus: commons.wikimedia.org CCO
Die ersten Juden wohnten in der Stadt Mohrungen 1813; in den folgenden vier Jahrzehnten nahm ihre Zahl deutlich zu. Mehrheitlich setzte sich die hiesige Judenschaft aus Kleinkaufleuten und Handwerkern zusammen, die teilweise in recht ärmlichen Verhältnissen lebten.
Seit den 1840er Jahren besaß die inzwischen gegründete Gemeinde ein Bethaus in der Töpferstraße; diesem angeschlossen war eine Mikwe. 1859 erhielt die jüdische Gemeinde Mohrungen den offiziellen Status einer Synagogengemeinde zugesprochen; ihr gehörten auch die Juden der im Umland gelegenen Dörfer an. In Ermangelung einer eigenen Elementarschule besuchten die jüdischen Kinder die städtische Volksschule; Religionsunterricht erteilte der hiesige Kantor.
Eine jüdische Begräbnisstätte existierte seit den 1830er Jahren in der Nähe des alten Richtplatzes, an der Landstraße nach Preußisch-Holland.
Juden in Mohrungen:
--- 1814 ......................... 4 jüdische Familien,
--- 1830 ......................... 39 Juden,
--- 1840 ......................... 79 “ ,
--- 1850 ......................... 128 “ (in ca. 20 Familien),
--- 1861 ......................... 78 " ,
--- 1883 ......................... 93 “ ,
--- 1890 ......................... 71 " ,
--- 1895 ......................... 93 “ ,
--- 1905 ......................... 61 “ ,
--- 1924/25 ...................... 50 “ ,
--- 1930 ......................... 43 “ ,
--- 1937 ......................... 8 “ ,
--- 1938 ......................... 2 " .
Angaben aus: Ernst Vogelsang, Jüdische Bevölkerung in einer ostpreußischen Kleinstadt: Die Synagogen-Gemeinde Mohrungen, S. 158 f.
und Morag, in: sztetl.org.pl
Zentrum von Mohrungen - Gemälde (Abb. aus: Kreisgemeinschaft Mohrungen e.V.)
Im öffentlichen Leben Mohrungens spielten nach 1850 jüdische Geschäftsleute eine herausragende Rolle, was sich auch in der Besetzung kommunaler Ämter dokumentierte. Ab Ende des 19.Jahrhunderts verstärkte sich die Abwanderung jüdischer Familien aus Mohrungen; das lag vor allem an den besseren beruflichen Perspektiven, die insbesondere größere Städte boten
Gegen Ende der 1920er Jahre lebten nicht einmal mehr 50 Juden in der Kleinstadt; die Synagogengemeinde begann sich nun aufzulösen.
Marktplatz in Mohrungen um 1915 (aus: jewsineastprussia.de)
Der Boykott jüdischer Geschäfte von Anfang April 1933 schränkte die materiellen Lebensgrundlagen der Juden weiter ein. Die Abwanderung setzte sich nun fort, was schließlich dazu führte, dass in den Novembertagen 1938 nur noch zwei jüdische Familien in Mohrungen lebten. Diese mussten miterleben, wie während des Pogroms ihre Wohnungen verwüstet wurden. Ob die Synagoge in Brand gesetzt wurde, ist nicht bekannt, doch wegen der dichten Bebauung eher unwahrscheinlich. Kurz danach verließen auch die letzten jüdischen Bewohner ihre Heimatstadt. Über die Schicksale der Angehörigen der Kultusgemeinde Mohrungen liegen äußerst spärliche Angaben vor.
Nur etwa 25 Grabsteine auf dem jüdischen Friedhof haben die Zeiten überdauert - dank der Initiative eines Lehrers, der sich gemeinsam mit seinen Schülern um das Gelände kümmerte. 2002 wurde eine Tafel mit den Worten angebracht: „Dreimal starb der jüdische Friedhof: Tod - zertrümmerte Grabsteine – Vergessen. Friedhof der jüdischen Gemeinde in Morag (Mohrungen) von 1835 bis 1933.“
Jüdischer Friedhof in Mohrungen/Morag (Aufn. aus: wikimedia.org und Bielawski, aus: jewineastprussia.de/cemetery-morag-mohrungen)
Weitere Informationen:
Arthur Weyde, Mohrungen in Ostpreußen, Mohrungen 1927 (Reprint, Leer um 1970)
Ernst Vogelsang, Jüdische Bevölkerung in einer ostpreußischen Kleinstadt: Die Synagogen-Gemeinde Mohrungen (1813 - 1938), in: H.-J.Bömelburg/ B. Eschment (Hrg.), ‘Der Fremde im Dorf’ - Überlegungen zum Eigenen und Fremden in der Geschichte. Rex Rexhäuser zum 65.Geburtstag, Institut Nordostdeutsches Kulturwerk, Lüneburg 1998, S. 147 ff.
Geschichte von Morąg – Mohrungern, hrg. von der Kreisgemeinschaft Mohrungen e.V. (online abrufbar unter: mohrungen.eu/abteilung1/staedte-und-ortschaften-vor-1945)
Morag, in: sztetl.org.pl
K. Bielawski (Red.), Morag, in: kirkuty.xip.pl
K. Bielawski (Bearb.), Friedhof Morag - Mohrungen, Hrg. Jews in East Prussia – History and Culture Society (online abrufbar unter: jewsineastprussia.de/cemetery-morag-mohrungen/)