Mönchengladbach (Nordrhein-Westfalen)

Metropole Rhein Ruhr Region: Städte im Ruhrgebiet - Hotels & Urlaub Die heutige Stadt Mönchengladbach ist 1975 durch den Zusammenschluss der Städte Mönchengladbach und Rheydt und der Gemeinde Wickrath entstanden; derzeit zählt die Stadt mehr als 260.000 Einwohner (Ausschnitt aus hist. Karte von 1905, aus: wikipedia.org, gemeinfrei  und  Kartenskizze 'Lage der Stadt M. in der Rhein-Ruhr-Region', aus: rhein-ruhr-region.de).

Auf dem Gebiet der heutigen Stadt Mönchengladbach gab es ehemals vier Synagogengemeinden: in Alt-Mönchengladbach, Odenkirchen, Rheydt und Wickrath.

hist. Landkarte der Region, um 1620 (Abb. aus: wikipedia.org, CC BY-SA 3.0)

 

Die ersten urkundlichen Hinweise auf jüdisches Leben im Raume Mönchengladbach stammen aus den Jahren 1337 und 1346. Ihr Wohnviertel lag in der Nähe der Stadtmauer, der heutigen oberen Hindenburgstraße, wo vermutlich damals bereits eine Synagoge stand. Das frühere jüdische Vierteil war durch eines der Stadttore („Juden Pfortze“) zu erreichen (es wurde 1809 abgerissen). Infolge der Verfolgungen während der Pestzeit wurden die jüdischen Familien aus Gladbach vertrieben oder getötet. Eine erneute Erwähnung jüdischer Familien, die unter dem Schutz der Jülicher Grafen standen, erfolgte 1413. Über eine längere Zeit hinweg schienen sich nun keine Juden mehr hier angesiedelt haben. Erst im 16. und 17.Jahrhundert lassen sich wieder Juden im Raum Mönchengladbach nachweisen.

Ab 1794/1795 - in der französischen Besatzungszeit - verbesserten sich die Lebensbedingungen der hier lebenden Juden; so wurde der „Judentribut“ abgeschafft, was ab 1810 zu einer deutlichen Zuwanderung führte. Doch erst 1869 sicherte ihnen ein preußisches Gesetz die volle staatliche Gleichberechtigung zu.

Seit 1818 gehörten die jüdischen Familien zur Krefelder Gemeinde. Von ca. 1810 bis 1840/1850 verfügte die jüdische Gemeindschaft über einen Betraum in einem Hinterhaus am Abteiberg; in der Folgezeit wurden Räumlichkeiten im Rathaus, dem ehemaligen Abteigebäude, angemietet und dort ein Gottesdienstraum, eine Schule mit Lehrerwohnung eingerichtet. 1882/1883 ließ die jüdische Gemeinde an der Karlstraße, der heutigen Blücherstraße, eine repräsentative Synagoge im maurischen Stil erbauen; für den Bau verantwortlich war der aus Langensalza stammende Architekt Carl Branzke, der sich am Vorbild der 1866 in Berlin errichteten Synagoge orientierte.

                 Anzeige aus Anlass der Synagogen-Einweihung Mitte September 1883:

                                                                         (Ausschnitt)

                   Über die bevorstehende Einweihung berichtete die „Gladbacher Zeitung“ in ihrer Ausgabe am 12.Sept. 1883:

Schluß dieser Woche vollzieht sich für die israelitische Gemeinde unserer Stadt ein höchst bedeutsames Ereignis: Die Einweihung der neuen Synagoge an der Karlsstraße. Es ist gewiß anerkennenswert, daß eine verhältnismäßig so kleine Gemeinde – wie wir vernehmen, besteht dieselbe aus etwa 90 Familien – es fertig gebracht hat, ein so würdiges Gotteshaus herzustellen, welches zu den schönsten Gebäuden unserer Stadt gehört und derselben zur hervorragenden Zierde gereicht: die weithin leuchtenden Kuppeln des in maurischem Stile errichteten Prachtbaues, dessen innere Ausstattung ebenso stilvoll durchgeführt ist, ziehen die Aufmerksamkeit jedes Besuchers unserer Stadt auf sich. Wir glauben die Erwartung aussprechen zu dürfen, daß die gesamte Bürgerschaft dem Feste ihre Sympathie entgegenbringt und dies auch dadurch bekundet, daß sie ihre Häuser durch Aushängen von Flaggen und Fahnen, namentlich auf den Straßen, durch die sich am Freitag Nachmittag der Festzug von der alten zur neuen Synagoge bewegt, in der Bedeutung des Tages entsprechender Weise schmückt.

                    

                 Synagoge an der Karlstraße, heutige Blücherstraße  -  Innenraum (hist. Aufn., Stadtarchiv Mönchengladbach)

Der alte jüdische Gladbacher Friedhof lag vermutlich in der Nähe des in den 1840er Jahren an der Hügelstraße neu angelegten Friedhofs; dieser besteht bis heute. Auch in den heutigen Stadtteilen Rheydt und Wickrath gab es jüdische Begräbnisstätten.

Juden in Mönchengladbach:

         --- 1719 ............................     4 jüdische Familien,

--- um 1800 .........................     8 jüdische Familien,**

    --- 1816/17 .........................   371 Juden,*

    --- 1859 ............................   147   “  ,**

    --- um 1863 .........................   765   “  ,*

                .........................   196   “  ,**

    --- 1888 ............................   572   “  ,**    

    --- 1895 ............................ 1.365   “  ,

    --- 1905 ............................ 1.439   “  ,*

    --- 1925/26 ......................... 1.427   “  ,*

    --- 1931 ............................ 1.304   “  ,*

    --- 1933 ........................ ca. 1.200   “   (0,6% d. Bevölk.),***

             ........................ ca.   890   “  ,**

    --- 1937 (Sept.) ....................   686   “  ,

    --- 1938 (Dez.) .....................   544   “  ,

    --- 1939 (April) ....................   483   “  .    * Landkreis Gladbach   ** Stadt M.Gladbach   *** Gladbach-Rheydt

Angaben aus: Doris Sessinghaus-Reisch, Sie waren und sind unsere Nachbarn, S. 45

und                  Günther Erckens, Juden in Mönchengladbach

             Mönchengladbach. Alter Markt Alter Markt in Mönchengladbach, hist. Aufn.

 

Noch im 19. und zu Beginn des 20.Jahrhunderts arbeiteten die meisten Gladbacher Juden als Metzger sowie Vieh- und Kleinwarenhändler. Doch gehörten auch jüdische Unternehmer zu denjenigen, die den wirtschaftlichen Aufschwung Mönchengladbachs zur Textilstadt mittrugen; mehr als 40 Unternehmen in dieser Branche waren im Besitz jüdischer Familien.

In der damals noch zusammengelegten Stadt Gladbach-Rheydt hatte die NSDAP erst relativ spät Fuß fassen können; noch Ende Januar 1933 war die NSDAP im Stadtrat überhaupt nicht vertreten. Doch unmittelbar nach der Machtübernahme wurde die NS-Propaganda erheblich gesteigert; mit Hilfe der lokalen SA und der Presse versuchte man, die Bevölkerung für den bevorstehenden reichsweiten Boykott der jüdischen Geschäfte zu mobilisieren; erste Boykottversuche wurden bereits Anfang März verzeichnet. Planmäßig fand die „Aktion“ am 1.April 1933 statt: Uniformierte SA-Angehörige wurden vor den Eingängen der jüdischen Geschäfte, Arzt- und Rechtsanwaltspraxen postiert; sie führten Transparente bei sich und versuchten „arische“ Käufer am Betreten der Räumlichkeiten zu hindern. In der „Rheydter Zeitung” erschien am 3.4.1933 die folgende Meldung über die Boykott-Aktion:

... Die Boykott-Aktion ist in Gladbach-Rheydt überall vollkommen und diszipliniert verlaufen. Punkt zehn Uhr Samstagmorgen rückten SA-Posten vor die jüdischen Warenhäuser, Geschäfte und vor die Wohnungen jüdischer Rechtsanwälte und Ärzte. In tausenden von Flugzetteln wurde die Bevölkerung aufgefordert, in christlichen Geschäften zu kaufen. ... Ruhe und Ordnung ist in keiner Weise gestört worden, ... Hoffentlich hat die Boykott-Aktion Eindruck auf das Ausland gemacht.

Bereits am 1.4.1933 war in der „Rheydter Zeitung” eine Verfügung des Oberbürgermeisters abgedruckt worden:

                                                                      

Im Juli/August 1935 setzte erneut eine Kampagne gegen jüdische Einzelhandelsgeschäfte ein; die Zielrichtung waren nun auch „christliche deutsche Frauen“, die beim Kauf in jüdischen Geschäften gestellt und anschließend in der NS-Presse bloßgestellt wurden. 1935/1936 gaben einige jüdische Unternehmen auf.

Vorläufiger Höhepunkt der antijüdischen „Aktionen“ war auch in Mönchengladbach die „Kristallnacht“ vom November 1938: Jüdische Geschäfte wurden demoliert und die Synagogen in Mönchengladbach, Rheydt und Wickrath zerstört. Auch in Wohnungen jüdischer Einwohner drangen in Zivil gekleidete SA-Leute ein und verwüsteten diese. Mehr als 50 jüdische Männer wurden im Polizeigefängnis „in Schutzhaft“ genommen und die meisten von dort ins KZ Dachau abtransportiert.

                 Aus den „Rheydter Nachrichten” vom 11.11.1938:

Weltjuda erhielt die Quittung      Erregte judenfeindliche Demonstrationen auch in M..Gladbach und Rheydt

... Diese Empörung machte sich ... auch bei uns in M.Gladbach und Rheydt in nur allzu verständlichen Demonstrationen gegen Weltjuda Luft ... Die Erregung war und ist grenzenlos. Aus dieser Erregung heraus kam es dann auch hier zu Aktionen, wie sie heute aus allen Teilen des Reiches gemeldet werden. In kurzer Zeit wurden die wenigen, in M.Gladbach und Rheydt noch vorhandenen jüdischen Geschäfte von der empörten Menschenmenge gestürmt. Es hagelte Steinwürfe gegen die Schaufensterscheiben, die klirrend zusammenbrachen. Daß dabei hier und da auch Ausstellungsgegenstände im Mitleidenschaft gezogen wurden, war bei der starken Erregung unausbleiblich. Wie in anderen Städten, richtete sich in M.Gladbach und Rheydt der Hauptzorn der Demonstranten gegen die Synagogen. In all den Jahren nach der Machtübernahme hatte es immer wieder die deutschen Volksgenossen herausgefordert, daß von den hohen Dächern dieser jüdischen Gebetshäuser provozierend der Davidstern, das Symbol des jüdischen Hasses, über die beiden Städte hinwegstarrte. Beide Synagogen wurden im Laufe der Nacht ebenfalls gestürmt. Die Inneneinrichtungen wurden dabei fast vollkommen zerstört. Der Rest ging in Flammen auf. Das Feuer nahm einen derart reißenden Umfang, daß die bald eintreffenden Feuerwehren sich nur noch auf einen wirksamen Schutz der umliegenden Gebäude beschränken konnten. ... Um irgendwelchen tendenziösen Auslegungen vor vornherein die Spitze abzubrechen, sei dabei festgestellt, daß es in keinem Falle zu Plünderungen kam. ...

 zerstörte Synagoge (Aufn. Nov. 1938, aus: gladbach.info, Stadtarchiv)

Nun wurden auch verstärkt jüdische Betriebe „arisiert"; im März 1939 war nur noch ein einziger Gewerbebetrieb in jüdischem Besitz. Arbeitslose jüdische Männer wurden zu Kolonnen zusammengestellt, die durch das örtliche Arbeitsamt meist zu Tiefbau- und Säuberungsarbeiten herangezogen wurden; so mussten einige Juden auch die Reste der in der Pogromnacht zerstörten Synagoge abtragen.

Nach Kriegsbeginn wurde „die ganze Judenschaft mit Ausnahme von sechs Familien, die noch in arischen Häusern wohnen, in 32 Judenhäusern (133 Familien mit 292 Personen)” zusammengepfercht. Ende Oktober 1941 begannen dann die Deportationen; der erste Transport ging nach Lodz; weitere Transporte hatten Riga und Izbica/b. Lublin als Ziel. Die letzte große Deportation erfolgte Ende Juli 1942 ins „Altersghetto“ nach Theresienstadt.

Von den insgesamt 638 deportierten Mönchengladbacher Juden sollen nur 27 den Holocaust überlebt haben.

 

Bereits im Sommer 1945 begann der Wiederaufbau der jüdischen Gemeinde von Mönchengladbach; ihr Gründer und langjähriger Vorsitzender war Kurt Hecht, der nach seiner Befreiung aus der KZ-Haft wieder in seine Heimatstadt zurückgekehrt war. Ende der 1960er Jahre zählte die jüdische Gemeinde etwa 120 Mitglieder; neben Mönchengladbach gehören auch Viersen und die Landkreise Erkelenz, Heinsberg und Grevenbroich zur Israelitischen Gemeinde Mönchengladbach. Durch Immigranten aus Osteuropa hat sich seit den 1990er Jahren die Zahl der Gemeindeangehörigen enorm erhöht; sie betrug 2005 etwa 700 Personen. Die Gemeinde bemühte sich um Spenden, um ein neues, größeres Gemeindezentrum zu erstellen, das das 1967 eröffnete Gemeindehaus in der Albertusstraße ersetzen sollte. Doch inzwischen ist man von der Absicht, ein neues Gemeindezentrum zu errichten, abgerückt; denn jüngst wurde das bislang genutzte Gotteshaus an der Albertusstraße komplett saniert (Stand 2021).


Jüdisches Gemeindezentrum in Mönchengladbach (beide Aufn. W. Stapelfeldt, 2021, aus: wikipedia.org, CC BY-SA 4.0)

1974 hatte man gegenüber dem einstigen Standort der Synagoge an der Blücherstraße einen vom Bildhauer Ulrich Rückriem gestalteten Gedenkstein mit folgender Inschrift aufgestellt:

Dieser Stein wurde errichtet zur Erinnerung an die am 9.November 1938 zerstörte Synagoge und Verfolgung der jüdischen Mitbürger in den Jahren 1933 - 1945.

 

                 

                        Gedenktafel am Adenauerplatz (Aufn. Werner Stapelfeldt)

Bereits 1952 war auf dem jüdischen Friedhof an der Hügelstraße (Stadtteil Westend) ein Ehrenmal für die NS-Opfer eingeweiht worden:

Und der Ewige sprach zu Kain: Was hast Du getan ?

Die Stimme des Blutes Deines Bruders schreit zu mir vom Erdboden.

Unseren Märtyrern der Jahre 1933 - 1945

zum ewigen Gedenken.

undefinedjüd. Friedhof Hügelstraße (Aufn. Limburg 2010, aus: wikipedia.org, CC BY-SA 3.0)

Anmerkungen: Im Stadtgebiet von Mönchengladbach existieren - von insgesamt elf nachweisbaren jüdischen Friedhöfen - heute noch sechs. Jeder Ortsteil, der ehemals eine israelitische Gemeinde besaß, kann bis in die Gegenwart auch auf einen jüdischen Begräbnisplatz zurückblicken. Während von den „Altfriedhöfen“ in Mönchengladbach, Rheindahlen, Rheydt, Wanlo und Wickrath keine baulichen Zeugnisse erhalten geblieben sind, und die während des 19.Jahrhunderts geschaffenen Friedhöfe in Giesenkirchen, Odenkirchen, Rheindahlen und Wickrath geschlossen sind, finden auf den beiden Friedhöfen an der Hügelstraße in Mönchengladbach und an der Eifelstraße in Rheydt bis heute Beisetzungen statt.

 

Inzwischen erinnern im Stadtgebiet ca. 350 sog. „Stolpersteine“ (Stand 2023) an ehemalige Einwohner, die Opfer der NS-Gewaltherrschaft geworden sind; zumeist handelt es sich dabei um Personen jüdischen Glaubens.

Speickerstraße und Zur Burgmühle (Aufn. P. Gaßner)

in der Hagelkreuzstraße/Schillerstraße

verlegt für Angehörige der jüdischen Familie Frenkel, Gasstraße  (Aufn. R., 2019, aus: wikipedia.org, CC BY-SA 4.0)

Für sein Projekt "Stolpersteine" erhielt Gunter Demnig Ende April 2022 den "Benediktpreis" der Stadt Mönchengladbach, der ihm in einem Festaktmit einer Laudatio des ehem Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen, Armin Laschet, - übergeben wurde. Am Tage der Preisverleihung verlegte der Geehrte weitere 17 Stolpersteine im Stadtgebiet.

Am Haupteingang des Mönchengladbacher Hauptbahnhofs soll zeitnah soll eine Tafel angebracht werden, die der jüdischen Deportationsopfer gedenkt. Im Rahmen einer Feierstunde wurde diese Tafel bereits im Nov. 2021 im Rathaus enthüllt. Ab Herbst 1941 war der Mönchengladbacher Bahnhof für einige Monate Aufgangspunkt für die Deportationstransporte; von hier aus mussten ca. 500 Mönchengladbacher Juden den Weg in die Ghettos bzw. Vernichtungslager antreten.

Ebenfalls seit 2021 erinnert in der Friedrich-Ebert-Straße (im Mönchengladbacher Stadtteil Rheydt) eine sog. „Stolperschwelle“ an 90 jüdische Senioren, die in einer ehemaligen Fabrikantenvilla – von den NS-Behörden als jüdisches Altenheim umfunktioniert - wohnten und von hier aus deportiert wurden.

 Mönchengladbach war Geburtsort des Philosophen Hans Jonas, der hier 1903 als Sohn eines jüdischen Textilfabrikanten zur Welt kam. Nach Besuch des Humanistischen Gymnasiums in M. begann er ein Studium der Philosophie, Theologie und Kunstgeschichte, das 1928 mit der Promotion abgeschlossen wurde. Im Jahre 1933 emigrierte Jonas über London nach Palästina. Während des Zweiten Weltkrieges war er Angehöriger der Jüdischen Brigade innerhalb der britischen Armee; 1948/49 gehörte Jonas der israelischen Armee an. Unmittelbar danach übersiedelte er nach Kanada, von dort nach New York, wo ihm eine Professur übertragen wurde. In seinen philosophischen Studien befasste er sich mit ethischen Fragestellungen, die das Verhältnis des Menschen zur Natur und seinen Umgang mit der Technik betrafen („ Das Prinzip Verantwortung“). In seinem Spätwerk richtete er seinen Blick mehr auf religionsphilosophische Themen. Hans Jonas ist Träger hoher Auszeichnungen: 1987 wurde ihm der Friedenspreises des Deutschen Buchhandels verliehen; er ist Träger des Großen Bundesverdienstkreuzes und der Ehrenbürgerwürde Mönchengladbachs, zudem besaß er mehrere Ehrenpromotionen in den USA und der Bundesrepublik Deutschland.1993 verstarb Hans Jonas in New York. - Im Jahre 1998 wurde in Berlin das „Hans Jonas-Zentrum” gegründet, dessen Zielsetzung darin besteht, eine breite Öffentlichkeit für Fragen der Zukunftsverantwortung zu interessieren.

 

 

 

In Rheindahlen (vor 1878 Dahlen) - 1921 wurde der Ort in die Stadt Mönchengladbach eingemeindet - lebten Juden über Jahrhunderte hinweg; erstmalig urkundlich erwähnt werden sie 1626/1627 in Kellereirechnungen des Amtes Brüggen.

Als Filialgemeinde der Rheydter Synagogengemeinde gehörten ihr zu Beginn des 20.Jahrhunderts aber nur noch wenige Familien an. Neben einem Betraum verfügten die Rheindahlener Juden seit ca. 1895 auch über einen eigenes Begräbnisgelände an der Hardter Straße, das einen älteren Friedhof „Am Jüddeberg“ ablöste.

Ende der 1920er/Anfang der 1930er Jahre lebten ca. 20 Bewohner mosaischen Glaubens in Rheindahlen; Aus- und Abwanderung führten zur völligen Auflösung der Gemeinde. Die letzten beiden jüdischen Bewohner wurden 1942 deportiert.

Der noch vorhandene jüdische Friedhof am nördlichen Ortsausgang an der Hardter Straße/Broicher Straße ist das einzige noch sichtbare Zeichen, das auf einstiges jüdisches Leben in Rheindahlen hinweist; auf dem kleinflächigen Gelände sind noch ca. 20 Grabsteine vorhanden.

Jüdischer Friedhof in Rheindahlen (Aufn. 2011, aus: wikipedia.org, CC BY-SA 3.0)

 

 

 

In Wanlo – heute südlichster Stadtteil Mönchengladbachs – erinnert auf dem jüdischen Begräbnisgelände nur noch ein Gedenkstein mit einer darauf platzierten Gedenkplatte daran, dass im Ort ehemals jüdische Familien gelebt haben.

Inschrift auf dem Friedhof (Aufn. 2007, aus: wikipedia.org)

[vgl. Odenkirchen, Rheydt und Wickrath (Nordrhein-Westfalen)]

 

 

 

In Waldniel - heute Teil der Kommune Schwalmtal, wenige Kilometer westlich von Mönchengladbach - gab es eine kleine israelitische Gemeinde. Ihre Wurzeln reichen bis ins beginnende 18.Jahrhundert zurück, als hier zwei Familien ansässig wurden. Um 1810 lebten in Waldniel ca. 45 Bewohner jüdischen Glaubens, unter ihnen einige kinderreiche Familien. In der Pumpenstraße verfügte die Kleinstgemeinde über eine aus dem Jahre 1809 stammende Synagoge, die an das Gemeindehaus angeschlossen war. Ein Begräbnisgelände, das zu Beginn der 19.Jahrhunderts angelegt worden war, wurde um 1880/1890 durch ein anderes am Hasenberg/Mühlenstraße ersetzt. Um 1900 hatten nur noch drei jüdische Familien ihren Wohnsitz in Waldniel. Nachdem kein Minjan mehr zustande kam, wurde die Synagoge um 1920 geschlossen. Seit 1986 erinnert eine Gedenktafel am Rathausgebäude an der Pumpenstraße an die ehemaligen Angehörigen der jüdischen Gemeinde von Waldniel mit den Worten:

In dieser Straße stand von 1809 bis 1958 die Synagoge der jüdischen Gemeinde Waldniel.
Durch nationalsozialistischen Terror wurden jüdische Bürger von Waldniel geächtet, verfolgt, deportiert und getötet.
DEN OPFERN ZUM GEDENKEN - DEN LEBENDEN ZUR MAHNUNG

Im Gedenken an verfolgte Juden wurden 2019 sieben sog. „Stolpersteine“ in Waldniel verlegt; sie erinnern an Angehörige der Familien Cahn und Levy. Bereits seit den 1990er Jahren gibt es im Neubaugebiet in Waldniel einen Levy-Weg und einen Cahn-Weg.

fünf Stolpersteine in Schwalmtal-Waldniel (Aufn. R., 2019, aus: wikipedia.org, CC BY-SA 4.0)

Während die beiden Vorgängerfriedhöfe heute nicht mehr existieren, findet man auf dem (jüngsten) ca. 700 m² großen Begräbnisgelände der Waldnieler Juden heute noch neun Grabstätten. Der während der NS-Zeit teilzerstörte Friedhof war nach Kriegsende restituiert worden. Der älteste Grabstein stammt aus dem Jahre 1879; die letzte Beisetzung fand hier 2006 statt.

 

 

 

Weitere Informationen:

Maria Jansen, Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde in Waldniel, in: "Heimatbuch des Kreises Kempen-Krefeld", Bd. 25/1974, S. 251 - 259

Ludwig Hügen, Jüdische Gemeinden am Niederrhein - ihre Geschichte, ihr Schicksal, Willich/Niederrhein, 1985

Heribert Schüngeler, Widerstand und Verfolgung in Mönchengladbach und Rheydt 1933 - 1945, in: "Beiträge zur Geschichte der Stadt Mönchengladbach 9", 2.Aufl., Mönchengladbach 1977

Gisela Tücking, Die soziale und wirtschaftliche Lage der jüdischen Gemeinde in Mönchengladbach von den Anfängen bis 1942, Mönchengladbach 1980

Günther Erckens, Juden in Mönchengladbach, in: Beiträge zur Geschichte der Stadt Mönchengladbach Bände 1 - 3, Mönchengladbach 1988/1989/1990 (Anmerkung: sehr detaillierte Darstellung)

Doris Sessinghaus-Reisch, Sie waren und sind unsere Nachbarn. Spuren jüdischen Lebens in Mönchengladbach. Katalog zur Ausstellung des Stadtarchivs Mönchengladbach im Haus Zoar, Mönchengladbach 1989

L.Heid/J.H.Schoeps (Hrg.), Wegweiser durch das jüdische Rheinland, Nicolaische Verlagsbuchhandlung, Berlin 1992, S. 192 f.

Benno Reicher, Jüdische Geschichte und Kultur in NRW - ein Handbuch, in: "Kulturhandbücher NRW", Band 4, S. 184 - 195, Hrg. Sekretariat für gemeinsame Kulturarbeit in NRW, 1993

Dieter Peters, Land zwischen Rhein und Maas / Land tussen Rijn en Maas. Genealogische Daten von jüdischen Friedhöfen in der ehemaligen Rheinprovinz und in der niederländischen Provinz Limburg, Kleve 1993, S. 265 f.

Hilde Sherman, Zwischen Tag und Dunkel. Mädchenjahre im Ghetto, Ullstein Verlag, Frankfurt/M. 1993 (4. Aufl. / Neuauflage 2022)

Michael Brocke (Hrg.), Feuer an dein Heiligtum gelegt - Zerstörte Synagogen 1938 Nordrhein-Westfalen, Ludwig Steinheim-Institut, Kamp Verlag, Bochum 1999, S. 381 – 383

Holger Brülls, Die Mönchengladbacher Synagoge von 1883. Großstädtischer Synagogenbau im gründerzeitlichen Rheinland und die Ästhetik des jüdischen Gottesdienstes im 19.Jahrhundert, in: "RWZ - Rheinisch-Westfälische Zeitung für Volkskunde", 45/2000, S. 171 - 215

Elfi Pracht-Jörns, Jüdisches Kulturerbe in Nordrhein-Westfalen, Teil II: Reg.bezirk Düsseldorf, Bachem Verlag, Köln 2000, S. 182 - 224

Heinz Habrich, Kirchen und Synagogen: Denkmäler aus der Zeit von 1850 - 1916 in Mönchengladbach, in: "Beiträge zur Geschichte der Stadt Mönchengladbach 44", Hrg. Stadtarchiv Mönchengladbach 2001

The Encyclopedia of Jewish Life before and during the Holocaust, Band 2, New York 2001, S. 836/837

Das jüdische Mönchengladbach, in: “Vitus-Post”, No. 8/2004, hrg. vom Stadtarchiv Mönchengladbach (online abrufbar unter: juedischegemeindemg.de)

Doris Schilly, Mitten unter uns: Jüdisches Leben in Mönchengladbach, Sutton-Verlag, Erfurt 2006

Hugo Heumann, Erlebtes – Erlittenes. Von Mönchengladbach über Luxemburg nach Theresienstadt. Tagebuch eines deutsch-jüdischen Emigranten, o.O. 2007

Edgar Rütten/Andrea Scholz, Juden in MönchengladbachRheindalen, online abrufbar unter: http://home.arcor.de/edgar.ruetten/history/juden/inhalt.html (Anm.: mit detaillierten Angaben zu ehemals hier lebenden jüdischen Familien)

Stadt Mönchengladbach, Stolpersteine erinnern an Opfer der NS-Zeit, online abrufbar unter: moenchengladbach.de/de/leben-in-mg/stadtgeschichte/stolpersteine (mit Angaben der Verlegeorte)

Angela Wilms-Adrians (Red.), 14 neue Stolpersteine für Mönchengladbacher NS-Opfer, in: rp-online vom 11.3.2016

Angela Wilms-Adrians (Red.), Künstler verlegt 15 neue Steine, in: „Westdeutsche Zeitung – Niederrheinzeitung“ vom 19.12.2017

Auflistung der in Mönchengladbach verlegten Stolpersteine, online abrufbar unter: wikipedia.org/wiki/Liste_der_Stolpersteine_in_Mönchengladbach

Rolf Schimanski (Red.), Die jüdische Geschichte Mönchengladbachs, in: rp-online.de vom 23.5.2018

N.N. (Red.), Hinter jedem Stein die Geschichte eines Menschen – neue Stolpersteine in Mönchengladbachs Gehwegen, in: focus.de vom 29.5.2018

Julia Weise (Red.), Sieben Steine und ihre Geschichten, in: rp-online.de vom 29.5.2019

N.N. (Red.), Stolpersteine zur Erinnerung, in: „Meine Woche“ vom 20.12.2019

Daniel Brickwedde (Red.), 22 neue Stolpersteine in der Stadt - Erinnerung an Deportationen in Mönchengladbach, in: rp-online.de vom 22.4.2021

N.N. (Red.), Gotteshaus in Mönchengladbach. Jüdische Gemeinde weiht sanierte Synagoge ein, in: rp-online.de vom 3.9.2021

Stadtverwaltung Mönchengladbach (Hrg.), Jüdisches Leben in Mönchengladbach - Spuren in Stadt und Architektur (Broschüre), 2021

Ulrike Mooz (Red.), Tag des offenen Denkmals – Blick auf jüdisches Leben, in: „Meine Woche“ vom 12.9.2021

N.N. (Red.), Neue Gedenktafel für die Deportierten, in: „Meine Woche“ vom 11.11.2021

Angela Wilms-Adrians (Red.), „Bahnhof war ein Ort des Grauens und des Todes“, in: „Rheinische Post“ vom 11.11.2021

N.N. (Red.), Erste Stolperschwelle in Mönchengladbach verlegt, in: „Rheinischer Spiegel“ vom 14.12.2021

LokalKlick (Red.), Projektkooperation zur Erinerung an die Opfer des Nationalsozialismus in Mönchengladbach, in: „Lokal Klick – Online-Zeitung Rhein-Ruhr“ vom 14.1.2022

dpa (Red.), Demnig verlegt am Tag seiner Ehrung weitere „Stolpersteine“, in: „ZEIT online“ vom 24.3.2022

Stefan Laurin (Red.), Niederrhein. Auf den Spuren jüdischen Lebens, in: „Jüdische Allgemeine“ vom 30.3.2022

Sandra Franz/Villa Merländer e.V. (Red.), Städte am Niederrhein: Mönchengladbach, in: Jüdisches Leben am Niederrhein, online abrufbar unter: juedischer-niederrhein.de/niederrhein/moenchengladbach/

N.N. (Red.), 17 weitere Stolpersteine in Mönchengladbach verlegt, in: „Lokal Klick – Online-Zeitung Rhein-Ruhr“ vom 29.4.2022

Markus Rick (Red.), Gunter Demnig verlegt Stolpersteine in Mönchengladbach, in: „Rheinische Post“ vom 15.12.2023