Mönchsroth (Mittelfranken/Bayern)
Mönchsroth ist eine kleine Kommune mit derzeit ca. 1.600 Einwohnern im mittelfränkischen Landkreis Ansbach und Mitglied der Verwaltungsgemeinschaft Wilburgstetten – ca. 20 Kilometer nördlich von Nördlingen gelegen (Kartenskizze 'Landkreis Ansbach', Hagar 2010, aus: commons.wikimedia.org, CC BY-SA 3.0).
Das Dorf Mönchsroth - im Grenzgebiet Bayerns zu Baden-Württemberg - beherbergte 1800 eine relativ große jüdische Landgemeinde, deren Angehörige in den Jahrzehnten um 1800 etwa ein Drittel der Dorfbevölkerung stellten.
Ein erster urkundlicher Beleg auf die Existenz von Juden in Mönchsroth findet sich in einem Nördlinger 'Messbegleitbuch' aus dem Jahre 1593, in dem die beiden Händler Leo und Löv genannt sind. Es kann vermutet werden, dass sich jüdische Familien bereits Jahrzehnte zuvor in Mönchsroth ansiedeln durften; bei diesen handelte es sich wohl um aus süddeutschen Reichsstädten vertriebene Familien, die nun unter den herrschenden evangelischen Grafen von Oettingen-Oettingen Aufnahme fanden und von ihnen mit Schutzbriefen ausgestattet wurden. Aus dem 17.Jahrhundert sind mehrere urkundliche Nennungen jüdischer Bewohner vorhanden. Im Laufe des 18.Jahrhunderts war in Mönchsroth dann ein deutlicher Anstieg der jüdischen Bevölkerung zu verzeichnen; dies rief wiederholt die protestantische Ortsgeistlichkeit auf den Plan, die auf eine Erhöhung der sog. Stol-Gebühren drängte.
Einem Gesuch der Mönchsrother Juden, eine Synagoge erbauen zu dürfen, kam der damals regierende Fürst Johann Alois I. von Oettingen-Spielberg im Jahr 1758 nach; 1761 wurde das Synagogengebäude mitsamt Schulraum und Mikwe eingeweiht. Separate Eingänge führten die Männer ins Parterre, die Frauen auf die Empore. Im Vorfeld der geplanten Einweihungsfeierlichkeit hatte der damalige Pfarrer in einem Schreiben an den Fürsten versucht, die Angehörigen der jüdischen Gemeinde in Misskredit zu bringen.
ehem. Synagogengebäude (aus Presseartikel um 1955) - Chuppastein am Gebäude (Archiv Günter Deininger)
Grundriss-Skizze der Synagoge von Mönchsroth (Günter Deininger, 2005)
Seit 1827 existierte in Mönchsroth eine jüdische Elementarschule, die zunächst dreiklassig geführt wurde und in angemieteten Räumen untergebracht war. Seit 1871 war die Schule in einem neuen Gebäude in der Hauptstraße untergebracht. Zwei Jahrzehnte später wurde die jüdische Volksschule aufgelöst.
Verstorbene Mönchsrother Juden fanden auf dem Friedhof in Schopfloch ihre letzte Ruhe; diese seit ca. 1610 bestehende Begräbnisstätte wurde auch von zahlreichen Gemeinden der Region benutzt. Später begrub man Verstorbene auch auf dem jüdischen Friedhof in Wallerstein.
Offerte für eine Elementar- u. Religionslehrerstelle (Aug. 1885).
weitere gemeindliche Stellenangebote aus der Zeitschrift „Der Israelit” vom 12.Sept. 1907 und vom 17.Febr. 1921
Ab 1922 unterstand die Gemeinde Mönchsroth dem Bezirksrabbinat Ansbach, zuvor verschiedenen anderen Rabbinaten, so denen zu Oettingen, Wallerstein, Kleinerdlingen und Ichenhausen.
Juden in Mönchsroth:
--- 1701 ......................... 3 jüdische Familien,
--- 1758 ......................... 17 “ “ ,* *andere Angabe: 22 Familien
--- 1763 ......................... 24 " " (mit ca. 110 Pers.),
--- 1785 ......................... 153 Juden (ca. 30% d. Dorfbev.),
--- 1813 ..................... ca. 200 “ (in 42 Familien),
--- 1837 ......................... 190 “ (ca. 20% d. Dorfbev.),
--- 1867 ......................... 173 “ ,
--- 1890 ..................... ca. 130 “ (ca. 13% d. Dorfbev.),
--- um 1905 ...................... 90 “ ,
--- 1910 ......................... 63 “ ,
--- 1925 ......................... 52 “ ,
--- 1932 ......................... 42 “ ,
--- 1933 ......................... 23 “ ,
--- 1937 ......................... 15 “ ,
--- 1939 (Jan.) .................. keine.
Angaben aus: Baruch Z. Ophir/Falk Wiesemann, Die jüdischen Gemeinden in Bayern 1918 - 1945, S. 198
und Gunther Reese, Skizzen zur Geschichte der Mönchsrother jüdischen Gemeinde
Zu Beginn des 19.Jahrhunderts lebten die Mönchsrother Juden vor allem vom Viehhandel; einige Familien verdienten ihr bescheidenes Einkommen von der Hausiererei bzw. vom Kleinhandel. Die beginnende Emanzipation führte dazu, dass auch in der Landgemeinde Mönchsroth viele, zumeist jüngere Angehörige in die Städte zogen bzw. emigrierten. Gleichzeitig besserte sich aber auch die ökonomische Lage der hier verbliebenen jüdischen Familien, die nun zunehmend in die dörfliche Gesellschaft integriert wurden.
Nach der NS-Machtübernahme setzte nun eine letzte Auswanderungswelle ein. Bereits gegen Ende der 1920er Jahre war in Mönchsroth der aufkommende Nationalsozialismus auf fruchtbaren Boden gefallen. Die antisemitische Stimmungsmache, die in besonderer Weise vom evangelischen Ortspfarrer betrieben wurde (es solle endlich „reiner Tisch in dem verseuchten Judennest“ gemacht werden), führte 1934 zu ersten Gewalttätigkeiten gegenüber einzelnen jüdischen Ortsbewohner. Ab 1936 wurden die wenigen jüdischen Kinder von der hiesigen Volksschule verwiesen und mussten fortan die jüdische Sonderklasse in Dinkelsbühl besuchen. Bis 1938 hatten die Mehrzahl der jüdischen Familien ihren Heimatort verlassen.
Der Novemberpogrom von 1938 bedeutete schließlich das Ende jüdischen Lebens im Dorf: Die letzten vier hier lebenden Juden wurden festgenommen und ins Gefängnis nach Feuchtwangen verbracht; nach zwei Wochen Haft kehrten sie nicht wieder in ihr Heimatdorf zurück.
Das Synagogengebäude war von NS-Anhängern aufgebrochen worden, noch vorhandenes Inventar wurde zerstört; äußerlich blieb das Gebäude unbeschädigt. Bis zur Auflösung der Gemeinde war die Synagoge gottesdienstlich genutzt worden; ab 1939 diente das Gebäude der Kommune Mönchsroth als Mehrzweckraum, später auch als Rathaus. Die meisten Ritualgegenstände der Synagoge und das Gemeindearchiv waren zuvor dem Verband Bayrischer Israelitischer Gemeinden in München übergeben worden; während der „Kristallnacht“ wurden diese Gegenstände zerstört.
Nach Angaben der Gedenkstätte Yad Vashem/Jerusalem und des "Gedenkbuches - Opfer der Verfolgung der Juden ..." sind 30 gebürtige bzw. länger am Ort lebende Mönchsrother Bürger jüdischen Glaubens der "Endlösung" zum Opfer gefallen (namentliche Nennung der betroffenen Personen siehe: alemannia-judaica.de/moenchsroth_synagoge.htm).
1988 wurde im ehemaligen Synagogengebäude in der heutigen Rathausstraße unter den Dielen im Dachboden eine Genisa entdeckt, die u.a. über ausgediente Thorarollen, religiöse Schriften, Ritualgegenstände verfügte. Zur Zeit lagert das Genisa-Material im Jüdischen Museum Franken Fürth/Schnaittach.
2006 wurde auf Initiative der evangelischen Kirchengemeinde gegenüber dem ehemaligen Synagogengebäude - es wird heute zu Gewerbe- und Wohnzwecken genutzt - eine Gedenkplatte enthüllt (Aufn. Metzner, 2006, aus: wikipedia.org, CC BY-SA 2.0), die die folgende Inschrift trägt:
Zum Gedenken an die jüdischen Bürger Mönchsroths
mit ihrer 1760 erbauten und bis 1938 genutzten Synagoge.
Im Nationalsozialismus ihrer Heimat beraubt, verfolgt, ermordet.
In der Mitte des Steines befindet sich das Davidsschild, das mit den drei hebräischen Buchstaben an den früheren Hochzeitsstein an der Synagoge erinnert. In deutscher und hebräischer Schrift ist das Wort aus 4. Moses 10, 9 zu lesen: „Dass Euer gedacht werde vor dem Herrn“.
Weitere Informationen:
Baruch Z. Ophir/Falk Wiesemann, Die jüdischen Gemeinden in Bayern 1918 - 1945. Geschichte und Zerstörung, Oldenbourg-Verlag, München/Wien 1979, S. 198/199
Ralf Rossmeissl, Erforschung des fränkischen Landjudentums, in: "etzertla. Illustrierte Zeitung für den Bezirk Mittelfranken", No.1/1989, S. 17 - 21
Israel Schwierz, Steinerne Zeugnisse jüdischen Lebens in Bayern - Eine Dokumentation, Bayrische Landeszentrale für politische Bildungsarbeit, 2.Aufl., München 1992, S. 175
Stefanie Möhrlein, Die Geschichte der jüdischen Einwohner Mönchroths bis zum Jahre 1938, Facharbeit am Gymnasium Dinkelsbühl, 1998
Gunther Reese, Skizzen zur Geschichte der Mönchsrother jüdischen Gemeinde. Zum 240jährigen Bestehen der ehemaligen Synagoge, in: "Fränkische Landeszeitung", August 2001
Gunther Reese, Jüdisches Mönchsroth. Einladung zu einem Rundgang, Verlag Medien und Dialog, Haigerloch 2006
bi (Red.), In Mönchsroth gestern Abend Gedenkstein gewidmet. Jüdische Gemeinde hat wieder einen festen Platz, in: „Fränkische Landeszeitung“ vom 24.11.2006
pet (Red.), Aufruf: Respekt und Verständnis üben – Gedenkstein-Widmung: In der Geschichte Mönchsroths einmaliges Ereignis feinfühlig zelebriert, in: „Fränkische Landeszeitung“ vom 25.11.2006
Gunther Reese, Skizzen zur Geschichte der jüdischen Gemeinde Mönchsroth, in: "Rieser Kulturtage. Dokumentation", Bd. XVI/2006, Nördlingen 2007
Mönchsroth, in: alemannia-judaica.de (mit zahlreichen vor allem personenbezogenen Text- und Bilddokumenten zur jüdischen Ortshistorie)
B. Eberhardt/H.-Chr. Haas, Mönchsroth, in: Mehr als Steine ... Synagogen-Gedenkband Bayern, Band II: Mittelfranken, Kunst Verlag Josef Fink, Lindenberg 2010, S. 422 – 433
Gunther Reese, Spuren jüdischen Lebens rund um den Hesselberg, in: "Kleine Schriftenreihe Region Hesselberg", Band 6, Unterschwaningen 2011
Patrick Charell (Bearb.), Mönchsroth – Synagoge, Hrg, Haus der Bayrischen Geschichte, online abrufbar unter: hdbg.eu/juedisches_leben/synagoge/moenchsroth