Neuleiningen (Rheinland-Pfalz)
Neuleiningen mit derzeit kaum 900 Einwohnern ist heute Teil der Verbandsgemeinde Grünstadt-Land des pfälzischen Landkreises Bad Dürkheim ca. 15 Kilometer nördlich der Kreisstadt gelegen (Ausschnitt aus hist. Karte mit Eintrag von Grünstadt, aus: wikipedia.org, gemeinfrei und Kartenskizze 'Landkreis Bad Dürkheim', aus: ortsdienst.de/rheinland-pfalz/bad-duerkheim).
Über die frühere jüdische Gemeinde im pfälzischen Neuleiningen gibt es nur wenig Quellenmaterial, obwohl die Landgemeinde in der ersten Hälfte des 19.Jahrhunderts relativ groß gewesen sein muss; Ende der 1840er Jahre lebten im Dorfe immerhin knapp 20 jüdische Familien mit mehr als 100 Angehörigen.
Bereits in den ersten Jahrzehnten des 14.Jahrhunderts sollen mehrere jüdische Familien in Alt- bzw. Neu-Leiningen gewohnt haben, die während der Verfolgungen der Pestjahre vertrieben oder umgebracht worden sind. Im Laufe des 15.Jahrhunderts haben zeitweilig erneut Juden in Leiningen gelebt. Wann sich die neuzeitliche Kultusgemeinde im Dorf gebildet hat, ist nicht bekannt. 1822 erwarb die Judenschaft die Kirchenruine des ehemaligen Karmeliterklosters und richtete hier ihre Synagoge ein; in den folgenden 80 Jahren war das Haus gottesdienstlicher Mittelpunkt der hiesigen jüdischen Gemeinde.
Synagoge (Zeichnung Simon Conradi, ca. 1890, Heimat- und Kulturverein Neuleiningen e.V.)
Als dann kein Minjan mehr zustandekam, löste sich die Gemeinde auf und das Gebäude wurde 1902 an die Kommune veräußert.
Aus einem Zeitungsartikel „Allgemeine Zeitung des Judentums” vom 29.Aug. 1902:
Verstorbene wurden auf dem jüdischen Friedhof in Grünstadt beerdigt.
Die Gemeinde gehörte zum Rabbinatsbezirk Frankenthal.
Juden in Neuleiningen:
--- 1801 ......................... 35 Juden (ca. 4% d. Bevölk.),
--- 1808 ......................... 55 " ,
--- 1825 ......................... 99 “ ,
--- 1848 ......................... 107 “ (in 19 Familien),
--- 1875 ......................... 43 “ ,
--- 1900 ......................... 7 “ .
Angaben aus: S. Fischbach/I. Westerhoff (Bearb.), “ ... und dies ist die Pforte des Himmels “ , S. 282
Nach Auflösung der Gemeinde wurden die wenigen noch verbliebenen Juden Neuleiningens offiziell der Gemeinde Wattenheim zugewiesen.
Verkaufangebot der Thorarollen (aus: "Der Israelit" vom 7.4.1902)
Nach Angaben der Gedenkstätte Yad Vashem/Jerusalem wurden drei aus Neuleiningen stammende jüdische Bürger Opfer der Shoa (namentliche Nennung der betroffenen Personen siehe: alemannia-judaica.de/neuleiningen_synagoge.htm).
An dem zeitweilig als Synagoge genutzten Gebäude der hiesigen Evangelischen Kirche (ehemals Klosterkirche) ist eine Informationstafel mit folgendem Text angebracht:
EVANGELISCHE KIRCHE
war ab Mitte des 14. Jh. Kirche des Karmeliterklosters ‘Zum Heiligen Kreuz’.
Von 1555 bis 1822 lutherisch, dann bis 1902 jüdische Synagoge, danach Privatbesitz.
Seit 1957 evangelische Kirche.
Heimat- und Kulturverein Neuleiningen e.V.
Anm.: Bei diesem Gebäude handelt es sich nach neuesten Erkenntnissen nicht um die frühere Synagoge; der Text der Bronzetafel ist folglich nicht korrekt.
Weitere Informationen:
Hans Heiberger, Neuleiningen. Geschichte einer Bergfestung, Heidelberg 1982
Stefan Fischbach/Ingrid Westerhoff (Bearb.), “ ... und dies ist die Pforte des Himmels “. Synagogen. Rheinland-Pfalz Saarland, hrg. vom Landesamt für Denkmalpflege, Mainz 2005, S. 282
Otmar Weber, Die Synagogen in der Pfalz von 1800 bis heute - unter besonderer Berücksichtigung der Synagogen in der Südpfalz, hrg. von der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit Pfalz (Landau), Dahn 2005, S. 118
Neuleiningen, in: alemannia-judaica.de
Ursula Wollnik, Die Familie Kaufmann aus Neuleiningen. Dokumente einer jüdischen Familie im 19.Jahrhundert mit Tagebuch von Maria Thalmann-Kaufmann, in: "Schriften des Heimat- und Kulturvereins Neuleiningen e.V.", 2013 (?)
Ursula Wollnik, Die Steingutfabrik Jacobi, Adler und Co.. Die Geschichte der jüdischen Unternehmerfamilien und ihrer Fabrik, in: "Schriften des Heimat- und Kulturvereins Neuleiningen e.V.", 2014