Osthofen (Elsass)
Die kleine Ortschaft Osthofen - etwa 15 Kilometer westlich von Straßburg gelegen - ist das frz. Osthoffen mit derzeit etwa 800 Einwohnern (Ausschnitt aus hist. Landkarte von 1905 ohne Eintrag von Osthofen, aus: wikipedia.org, gemeinfrei).
In Osthofen existierte eine kleinere jüdische Gemeinde, die in den 1870er Jahren ihren zahlenmäßigen Höchststand erreichte.
Die hiesige Judenschaft verfügte bereits im 18.Jahrhundert über eine Synagoge, die 1865 durch einen Neubau an gleicher Stelle ersetzt wurde.
Synagoge Osthofen (Ausschnitt aus einer hist. Bildpostkarte)
In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts besaß die Osthofener Gemeinde in Schmuel Löb Dreyfuss ihre herausragende Persönlichkeit; er war bis zu seinem Tode (1892) mehr als ein halbes Jahrhundert Gemeindevorsteher gewesen und hatte in seiner Amtszeit - neben seinem sozialen Engagement - auch für die Erneuerung der Gemeindeeinrichtungen wie Synagoge und rituelles Bad gesorgt. In einem Nachruf – erschienen in der Zeitschrift „Der Israelit“ vom 10.März 1892 – hieß es u.a.: „ Am vergangenen 29. Schewat (= 27. Februar 1892) ist hier ein Mann zur letzten Ruhestätte getragen worden, der durch seine echtjüdischen Tugenden wohl verdient, daß ihm ein Nachruf ... gewidmet werde. Rabbi Schmuel Löb Dreyfuß - er ruhe in Frieden - war nicht blos eine Zierde seiner Gemeinde, deren Vorsteher er über 50 Jahre war, sondern verstand es durch ein Lebenswandel von seltener Menschenliebe und Treue, das unbegrenzte Vertrauen des ganzen Umkreises zu erwerben. Dreyfuß - er ruhe in Frieden - war der Berater aller Verlassenen und der Beglücker aller Armen der ganzen Gegend ohne Unterschied des Glaubens. Diesem edlen Sinn für Wohlthaten und Liebeswerke blieb er auch im Tode treu; denn den Zehnten seines beträchtlichen Vermögens bestimmte er für folgende Wohltätigkeitsanstalten: Dem Mädchenwaisenhaus (orphelina), dem israelitischen Krankenhaus (maison santé), der jüdischen Handwerkerschule (école de travail) in Straßburg, der Alliance Israelite in Paris, den Ortsarmen Osthoffens ohne Unterschied der Konfession. … In Osthoffen war er nicht nur Vorsitzender der Synagogenverwaltung, sondern thatsächlich die Seele des ganzen Gemeindewesens. Was Osthoffen besitzt verdankte sie nur ihm. Die Synagoge ist auf seinem Grund und Boden erbaut; die Mikwe ist sein Werk; das Haus für die Unterbringung von Gästen ist eine Spende von ihm; auf sein Verwenden bei der Regierung, ist die bestandene jüdische Privatschule in eine Kommunalschule verwandelt worden. Alle Gemeinde-Institutionen sind musterhaft, wie sie nicht schöner und besser größere Gemeinden besitzen. … An seiner Bahre sprachen der Quatzenheimer Rabbiner Dr. Staripolsky, zu dessen Bezirk Osthoffen gehört, und Herr Levy, Rabbiner von Weißenburg und der Lehrer Levy aus Osthoffen. "
Ihre Verstorbenen begrub die hiesige Judenschaft auf dem großen jüdischen Verbandsfriedhof in Rosenweiler (Rosenwiller).
Der jüdische Friedhof in Rosenweiler/Rosenwiller ist mit ca. 6.400 Grabstätten der größte jüdische Friedhof im Elsass und zugleich einer der größten jüdischen Verbandsfriedhöfe in Mitteleuropa. Folgende israelitische Gemeinden aus dem Unter-Elsass bestatteten hier ihre Toten (teilweise haben diese Gemeinden im 18. oder 19. Jahrhundert dann eigene Friedhöfe angelegt): Balbronn, Baldenheim, Barr, Bergheim, Biesheim, Bischheim, Bonhomme, Brumath, Buswiller, Dambach, Dangolsheim, Diebolsheim, Dinsheim, Duppigheim, Duttlenheim, Eckbolsheim, Epfig, Ettingen, Fegersheim, Gunstett, Kaysersberg, Kolbsheim, Krautgersheim, Kuttolsheim, Lingolsheim, Molsheim, Mutzig, Niederehnheim, Oberehnheim, Oberschaeffolsheim, Ottrott-le-Bas, Rosheim, Scharrachbergheim, Schirmeck, Soultz, Stotzheim, Strasbourg, Traenheim, Valff und Zellwiller. Auf dem etwa 40.000 m² großen Begräbnisareal lassen sich nahezu 6.500 Grabstätten nachweisen. Die meisten Grabsteine stammen aus der Zeit des 18. und beginnenden 19.Jahrhunderts.
Die jüdische Gemeinde Osthofen gehörte zum Bezirksrabbinat Wintzenheim-Quatzenheim, ab 1910 dann zu dem von Westhoffen.
Juden in Osthofen:
--- 1784 ......................... 16 jüdische Familien,
--- 1807 ......................... 68 Juden,
--- 1846 ......................... 130 “ ,
--- 1861 ......................... 132 “ ,
--- 1870 ......................... 149 “ ,
--- 1910 ......................... 50 “ ,
--- 1936 ......................... 12 “ .
Angaben aus: Michel Rothé/Max Warschawski, Les synagogues d’Alsace et lieur histoire, S. 41
Gegen Ende der 1920er Jahre war die jüdische Gemeinde von Osthofen in Auflösung begriffen. Nach der deutschen Besetzung des Elsass (1940) wurden die wenigen hier noch lebenden jüdischen Bewohner nach Südfrankreich „umgesiedelt“.
Nach Angaben der Gedenkstätte Yad Vashem/Jerusalem und des "Gedenkbuches - Opfer der Verfolgung der Juden ..." sind acht aus Osthoffen stammende jüdische Bürger Opfer der „Endlösung“ geworden (namentliche Nennung der betroffenen Personen siehe: alemannia-judaica.de/osthoffen_synagogue.htm).
Das Synagogengebäude blieb erhalten und diente bis in die jüngste Gegenwart als Lagerraum.
Synagogengebäude als Lagerhaus (Aufn. Rothé, um 1970)
Hinweis: Im gleichnamigen rheinhessischen Osthofen gab es auch eine jüdische Gemeinde.
Weitere Informationen:
Michel Rothé/Max Warschawski, Les synagogues d’Alsace et lieur histoire, Jerusalem 1992
Osthoffen, in: alemannia-judaica.de