Marktheidenfeld (Bayern)

 Datei:Marktheidenfeld in MSP.svgMarktheidenfeld ist eine Kleinstadt mit derzeit ca. 11.300 Einwohnern im unterfränkischen Landkreis Main-Spessart (Kartenskizze 'Landkreis Main-Spessart', Hagar 2010, aus: wikipedia.org, CC BY-SA 3.0).

 

Aus benachbarten Dörfern zogen ab den 1870er Jahren einige jüdische Familien nach Marktheidenfeld; seit 1910 bestand hier eine winzige jüdische Gemeinde.

https://www.alemannia-judaica.de/images/Images%20165/Marktheidenfeld%20AZJ%2001071910.jpgvom 1.7.1910 

 

 

 

An kultischen Einrichtungen gab es hier nur einen Betsaal in einem Privathaus in der Glasergasse.

Ein eigener Friedhof existierte nicht; Verstorbene wurden auf dem jüdischen Friedhof in Karbach begraben.

Juden in Marktheidenfeld:

--- 1880 ..................  6 Juden,

--- 1900 .................. 19   “  ,

--- 1910 .................. 25   “  ,

--- 1925 .................. 14   “  ,

--- 1933 .................. 17   “  ,

--- 1942 (Jan.) ...........  9   “  ,

--- (Dez.) ................ keine.

Angaben aus: Marktheidenfeld, in: alemannia-judaica.de

 undefinedBlick auf Marktheidenfeld, um 1895 (Aufn. aus: wikipedia.org, PD-alt-100)

 

zwei Anzeigen von 1886 (Sammlung Eschenbacher, Stadtarchiv Marktheidenfeld)

https://www.alemannia-judaica.de/images/Images%20387/Marktheidenfeld%20Freimark-Anzeige%201887.jpgEröffnung einer Schlachterei (aus: "Marktheidenfelder Bote", Okt. 1887)

https://www.alemannia-judaica.de/images/Images%20383/Marktheidenfeld%20Haus%20Ad%20Freimark.jpgIn der Obertorstraße betrieb Adolf Freimark einen Schuhladen (Abb. Gemälde von Willy Armstark). Bereits 1934 emigrierte die Familie in die USA.

Bis Ende 1938 hatte bereits ein Teil der jüdischen Bewohner Marktheidenfeld verlassen.

Während des Novemberpogroms kam es hier im Ort zu Ausschreitungen. Anfang 1942 lebten noch neun jüdische Personen am Ort; sie wurden im gleichen Jahr via Würzburg nach Izbica/b. Lublin deportiert und dort ermordet. 

Nach Angaben der Gedenkstätte Yad Vashem/Jerusalem wurden insgesamt 18 gebürtige bzw. längere Zeit ansässig gewesene jüdische Bewohner Marktheidenfelds Opfer der NS-Gewaltherrschaft (namentliche Nennung der betreffenden Personen siehe: alemannia-judaica.de/marktheidenfeld_synagoge.htm)

 

Heute erinnert eine Hinweistafel an den einstigen Betsaal: „In diesem Haus befand sich in der Zeit der Weimarer Republik der Gebetssaal der Jüdischen Gemeinde“.

Mit einer stählernen "Koffer-Skulptur" wird seit 2018 in Marktheidenfeld an die deportierten jüdischen Bewohner erinnert. Diese im Rahmen des 80.Jahrestages der Reichspogromnacht vorgestellte Mahnmal-Skulptur am Mainkai - eine Arbeit von Schüler/innen einer 10.Klasse des Balthasar-Neumann-Gymnasiums - ist als Doublette am zentralen "DenkOrt Deportationen 1941-1944" in Würzburg zu finden (siehe: Würzburg/Unterfranken).

   Marktheidenfeld Koffer-Skulptur (Aufn. Leonard Scherg, 2019)

Im Jahre 2022 wurden an fünf Standorten in den Gehwegen Marktheidenfelds insgesamt zwölf sog. "Stolpersteine" verlegt, die an Opfer der NS-Gewaltherrschaft erinnern; so sind die ersten neun Steine denjenigen jüdischen Bewohnern gewidmet, die Ende April 1942 in den Raum Lublin deportiert und dort ermordet wurden (Stand 2022). Weitere acht messingfarbene Steinquader fanden ein Jahr später an drei Standorten in der Innenstadt ihren Platz.

 Stadt MarktheidenfeldStadt MarktheidenfeldStadt Marktheidenfeld Stolpersteine in Marktheidenfeld (Aufn. Stadt Marktheidenfeld, 2022/2023)

 

 

 

Weitere Informationen:

Heinz Scheid, Spuren in Marktheidenfeld, Homburg und Karbach, in: Landkreis Main-Spessart (Hrg.), „... auf höhere Weisung abgewandert“. Leben und Leiden der Juden im Landkreis Main-Spessart, Karlstadt 1990, S. 31 ff.

Leonhard Scherg/Martin Harth, Juden im Landkreis Marktheidenfeld, in: "Beiträge zur Geschichte und Kultur der Juden im ehemaligen Landkreis Marktheidenfeld", Hrg. Historischer Verein Marktheidenfeld und Umgebung e.V., Marktheidenfeld 1993

Leonard Scherg, Jüdisches Leben im Main-Spessart-Kreis. Orte, Schauplätze, Spuren, Hrg. Förderkreis Synagoge Urspringen e.V., Haigerloch 2000, S. 20 f.

Marktheidenfeld, in: alemannia-judaica.de (mit zahlreichen, zumeist personenbezogenen Text- u. Bilddokumenten zur jüdischen Ortshistorie unter Mitarbeit von Martin Harth und Leonhard Scherg)

Hans Schlumberger/Cornelia Berger-Dittscheid (Bearb.), Marktheidenfeld, in: W.Kraus/H.-Chr.Dittscheid/G.Schneider-Ludorff (Hrg.), Mehr als Steine ... Synagogen-Gedenkband Bayern, Band III/1 (Unterfranken), Kunstverlag Josef Fink, Lindenberg/Allgäu 2015, S. 272 - 276 

Marcus Meier (Bearb.), Marktheidenfeld beteiligt sich an Erinnerungsprojekt, in: "Presseamt Stadt Marktheidenfeld" vom 9.11.2018

Joachim Spies (Red.), Marktheidenfeld. Ein brauner Koffer erinnert an das Schicksal der Juden, in: "Main-Post" vom 3.12.2019

Martin Hogger (Red.), Marktheidenfeld: “Unerträgliche” Kampfabstimmung zu Stolpersteinen, in: “Main-Post” vom 17.7.2020

Jochen Jörg (Red.), Marktheidenfeld. Gedenken an Opfer des Nationalsozialismus, in: “Main-Post” vom 22.4.2021

Katrin Amling (Red.), Marktheidenfeld. Zwölf Stolpersteine erinnern nun an ermordete Juden aus Marktheidenfeld, in: “Main-Post” vom 11.3.2022

Stadt Marktheidenfeld (Hrg.), Stolpersteine Marktheidenfeld, online abrufbar unter: stadt-marktheidenfeld.de/marktheidenfeld/unsere-stadt/stolpersteine (mit Kurzbiografien der betroffenen Personen)

Jochen Reitwiesner (Red.), Acht neue Stolpersteine für Marktheidenfeld, in: “Main-Post” vom 6.11.2023