Teschenmoschel (Rheinland-Pfalz)

Jüdische Gemeinde - Gaugrehweiler (Rheinland-Pfalz) Bildergebnis für Teschenmoschel Rockenhausen Donnersbergkreis karte Die kleine Ortschaft Teschenmoschel gehört heute zur Verbandsgemeinde Rockenhausen im Donnersbergkreis - ca. 25 Kilometer nördlich von Kaiserslautern gelegen (Ausschnitt aus topografischer Karte - mit Eintrag von Rockenhausen, Elop 2019, aus: commons.wikimedia.org, CC BY-SA 3.0 und Kartenskizze 'Donnersbergkreis', aus: ortsdienst.de/rheinland-pfalz/donnersbergkreis).

 

Die Wurzeln der kleinen jüdischen Gemeinde im Dörfchen Teschenmoschel liegen vermutlich im 17.Jahrhundert; denn hier existierte ein Friedhof angeblich seit etwa 1665. Gottesdienstlicher Versammlungsort der hiesigen jüdischen Bewohner war ein „Wohnhaus mit Synagoge und Hofraum“, das nach einer Aussage aus dem Jahr 1844 seit „unfürdenklichen Zeiten“ im Besitz der Gemeinde gewesen sein soll. ... Der Gebetsraum war 6 x 8 m groß und 5 m hoch. es gab 35 Männer- und 20 Frauensitze. An Einrichtungsgegenständen gab es u.a. drei Torarollen, zehn Toramäntel, ein Predigerpult, ein Kronleuchter.Zur Besorgung religiöser Aufgaben der Gemeinde war im 19. Jahrhundert zeitweise ein jüdischer Lehrer angestellt, der auch als Vorbeter und Schochet tätig war.

Zur jüdischen Gemeinde Teschenmoschel, die dem Bezirksrabbinat Kaiserslautern zugehörig war, zählten anfänglich auch die Juden aus der später autonomen Kultusgemeinde Reipoltskirchen; seit etwa 1850 gehörten auch die wenigen Juden aus Bisterschied und Dörrmoschel zur Gemeinde Teschenmoschel. Nachdem die israelitische Gemeinde in Waldgrehweiler aufgelöst worden war, schlossen sich die verbliebenen Angehörigen um 1895 ebenfalls der von Teschenmoschel an

Die Anlage einer jüdischen Begräbnisstätte erfolgte vermutlich bereits um 1665. Während der Zeit seiner Belegung (bis in die 1930er Jahre) wurden auf dem ca. 1.500 m² großen Gelände auch Verstorbene aus Dörrmoschel, Nussbach, Rathskirchen, Reipoltskirchen und Waldgrehweiler begraben.

Juden in Teschenmoschel:

         --- 1801 .......................... 22 Juden (ca. 14% d. Dorfbev.),

    --- 1825 .......................... 30   "  ,

    --- 1848 .......................... 56   “    (in 11 Familien),

    --- 1871 .......................... 45   “  ,

    --- 1900 .......................... 25   “  ,

    --- 1936 .......................... 21   “  ,

    --- 1938 .......................... 12   “  ,

    --- 1940 (Nov.) ................... keine.

Angaben aus: S. Fischbach/I. Westerhoff, “ ... und dies ist die Pforte des Himmels “ ..., S. 361

 

Obwohl die Synagoge nur bis um 1910 genutzt wurde und danach langsam verfiel, wurde die während des Novemberpogroms von 1938 von SA-Angehörigen demoliert; so sollen Kult- und Einrichtungsgegenstände herausgerissen und auf Fuhrwerke geladen worden sein, um danach auf freiem Feld verbrannt zu werden. Das an die Kommune Teschenmoschel übergegangene Gebäude wurde 1946 oder später abgerissen.

Die zuletzt noch sechs verbliebenen jüdischen Einwohner wurden im Oktober 1940 ins südfranzösische Gurs deportiert.

Nach Angaben der Gedenkstätte Yad Vashem/Jerusalem und des „Gedenkbuches – Opfer der Verfolgung der Juden ...“ sind zehn gebürtige Juden Teschenmoschels Opfer der „Endlösung“ geworden; aus Dörrmoschel waren es sieben Personen (namentliche Nennung der betroffenen Personen siehe: alemannia-judaica.de/teschenmoschel_synagoge.htm).

 

Heute erinnert nur noch der jüdische Friedhof daran, dass im Dorf einst Juden gelebt haben; die ältesten Grabsteine stammen aus der ersten Hälfte des 18.Jahrhunderts.

Datei:Denkmalzone Jüdischer Friedhof, Teschenmoschel.jpg

Jüdisches Friedhofsgelände in Teschenmoschel (Aufn. Marcus Leister, 2020, aus: wikipedia.org, CC BY-SA 4.0)

Eine Tafel informiert heute über den jüdischen Friedhof wie folgt: „Als Mittelpunkt eines größeren Friedhofssprengels angeblich 1665 angelegt, damit einer der ältesten jüdischen Friedhöfe im Kreisgebiet. 1899 nach Südosten erweitert. Über 80 erhaltene Grabstellen aus der Zeit zwischen 1724-1935, die bis Ende 1900 hebräisch beschriftet wurden. Nach der Jahrhundertwende Anpassung an die christliche Grabkultur und Materialwechsel vom Sandstein zu schwarz polierten Granit und weitgehender Verzicht auf Schmuckformen"

Am einstigen Standort der Synagoge in Rockenhausen erinnert seit 1996 eine Gedenktafel namentlich auch an die ermordeten jüdischen Personen aus Teschenmoschel. 

https://www.alemannia-judaica.de/images/Images%20439/Rockenhausen%20Gedenktafel%2020180124_105316.jpg Gedenktafel

 

 

 

In Reipoltskirchen lebten stets nur wenige jüdische Familien und bildeten eine winzige Gemeinde, der sich um 1800 nach Einrichtung eines Betraumes auch die in Hefersweiler und Nußbach ansässigen Juden angeschlossen hatten. Doch bereits gegen Mitte des 19.Jahrhunderts wurde der Betraum, den ein wohlhabendes Gemeindemitglied hatte einrichten lassen, wieder aufgegeben. Verstorbene wurden auf dem jüdischen Friedhof in Teschenmoschel beerdigt.

http://www.alemannia-judaica.de/images/Images%20237/Gruenbaum%20Elias%20Rabbiner%20010.jpg Aus Reipoltskirchen stammte Elias Grünebaum (1807-1893). Im Alter von 30 Jahren wurde er als Bezirksrabbiner nach Landau berufen, wo er mehr als ein halbes Jahrhundert erfolgreich gewirkt hat. Grünebaum war einer der ersten wissenschaftlich ausgebildeten Rabbiner in Deutschland. Als überzeugter Anhänger der Reformbewegung förderte er die Emanzipation der Juden im religiösen Bereich; eines seiner Hauptanliegen war die Organisation des mosaischen Schulwesens. Seinen Bemühungen ist es auch zu verdanken, dass 1862 im Königreich Bayern der sog. „Judeneid“ und Handelsbeschränkungen gegen Juden abgeschafft wurden.

  Skulptur „Baum des Lebens -Erinnerung an Elias Grünebaum“ von Stefan Engel. Foto: ENGEL/Frei   2019 wurde bei Reipoldskirchen die vom Künstler Stefan Engel geschaffene Skulptur „Baum des Lebens – Menora für Elias Grünebaum“ aufgestellt (Aufn. Engel/Frei, aus: rheinpfalz.de).

 

 

 

Weitere Informationen:

Sigfrid Gauch, Die jüdischen Gemeinden von Nußbach und Reipoltskirchen im Jahre 1808, in: "Westricher Heimatblätter", No. 3/1972, S. 115-119

Karl Fücks/Michael Jäger, Synagogen der Pfälzer Juden - Vom Untergang ihrer Gotteshäuser und Gemeinden, Edesheim 1988, S. 214 f.

Stephan M. Probst, Zur Geschichte der Juden im Landkreis Kusel, in: "Westrich-Kalender (Kusel) 1988", S. 72 – 75 (Reipoltskirchen)

Paul Karmann, Die Friedhöfe, in: Jüdisches Leben in der Nordpfalz. Eine Dokumentation des Nordpfälzer Geschichtsvereins von einem Autorenteam des NGV. 1992, S. 58/59

Bernhard Kukatzki, Steinerne Zeugnisse jüdischen Lebens in der Verbandsgemeinde Rockenhausen: Synagogen, Schulen, Friedhöfe und Ritualbäder in Dielkirchen, Marienthal, Rathskirchen, Rockenhausen, Teschenmoschel und Würzweiler, Landau 2000, S. 49 - 55

Teschenmoschel mit Dörrmoschel und Bisterschied, in: alemannia-judaica.de

Stefan Fischbach/Ingrid Westerhoff (Bearb.), “ ... und dies ist die Pforte des Himmels “. Synagogen. Rheinland-Pfalz Saarland, Hrg. Landesamt für Denkmalpflege, Mainz 2005, S. 361/362

Otmar Weber, Die Synagogen in der Pfalz von 1800 bis heute. Unter besonderer Berücksichtigung der Synagogen in der Südwestpfalz, Hrg. Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit Pfalz (Landau), Dahn 2005, S. 15

Landkreis Kusel (Hrg.), Zur Einweihung der Skulptur „Baum des Lebens – Menora für Elias Grünebaum“, Reipoldskirchen August 2019, online abrufbar unter: landkreis-kusel.de/kultur/wasserburg-reipoltsk/skulpturenweg/menora.html