Thann (Elsass)

Kreis Thann.png Thann (frz. Thann) ist eine Kleinstadt mit derzeit knapp 8.000 Einwohnern in den Vorbergen der Vogesen im Oberelsass – etwa 15 Kilometer nordwestlich von Mülhausen/Mulhouse (Ausschnitt aus hist. Karte von 1905, aus: wikipedia.org, gemeinfrei).

Thann 1600.jpg

Ansicht von Thann, Félix Potuit um 1600 (Abb. aus: commons.wikimedia.org, gemeinfrei)

Bereits gegen Ende des 13.Jahrhunderts sollen im damaligen habsburgischen Thann jüdische Bewohner gelebt haben. Trotz mehrfacher Verfolgungen 1309, 1338 und 1348/1349 hielten sich in den 1380er Jahren wieder einige jüdische Familien in der Stadt auf; ob diese aber dauerhaft hier ansässig waren, kann nicht belegt werden. Sicher dagegen ist, dass die Wurzeln der neuzeitlichen jüdischen Gemeinde von Thann nach dem Ende des Dreißigjährigen Krieges gelegt wurden. Durch Zuzüge aus den ländlichen Gemeinden der Region nahm die jüdische Gemeinde Thanns im 19.Jahrhundert enorm an Mitgliedern zu; um 1850 zählte die hiesige Judenschaft etwa 350 Personen.

Seit 1858 war Thann auch Sitz eines Rabbinats. Eine umgebaute Scheune diente seit 1818 als Synagoge. Anfang der 1860er Jahre ließ die Gemeinde einen Neubau im maurischen Stil errichten.

      

Synagoge in Thann (links: hist Aufn. - rechts: nach Teilzerstörung im Ersten Weltkrieg)

Im Ersten Weltkrieg wurde das Synagogengebäude durch Bombardement teilweise zerstört; einige Jahre später konnte es wieder aufgebaut und neu eingeweiht werden.

Der im Südwesten der Altstadt gelegene alte Friedhof wurde gegen Ende des 19.Jahrhunderts zu Gunsten eines neuen Begräbnisgeländes östlich der Stadt aufgegeben.


Blick auf den jüdischen Friedhof in Thann (beide Aufn. Claude Truong-Ngoc, 2013, aus: wikipedia.org, CC BY-SA 3.0)

Juden in Thann:

         --- 1473 ..........................   3 jüdische Familien,

    --- 1784 ..........................   7     “        “   ,

    --- 1807 .......................... 254 Juden,

    --- 1849 .......................... 357   “  ,

    --- 1861 .......................... 357   “  ,

    --- 1885 .......................... 665   “  ,

    --- 1900 .......................... 187   “  ,

    --- 1910 .......................... 150   “  ,*   * andere Angabe: 451 Pers.

    --- 1931 .......................... 201   “  ,

    --- 1936 ..........................  81   “  ,

    --- 1953 ...................... ca.  25   “  .

Angaben aus: Michel Rothé/Max Warschawski, Les synagoges d’Alsace et lieur histoire, S. 50

 

Ab den 1890er Jahren setzte dann eine starke Abwanderungsbewegung ein, die innerhalb weniger Jahrzehnte die Zahl der Gemeindeangehörigen um fast zwei Drittel sinken ließ. Gegen Ende der 1930er Jahre lebten nicht einmal mehr 100 jüdische Einwohner in Thann; 1940 wurden die noch im Ort verbliebenen in den Süden Frankreichs verbracht; von dort aus wurden sie zumeist in die Vernichtungslager deportiert.

Nach Angaben der Gedenkstätte Yad Vashem/Jerusalem kamen während der NS-Okkupationszeit nachweislich 16 in Thann gebürtige bzw. länger dort lebende jüdische Bewohner gewaltsam ums Leben (namentliche Nennung der betreffenden Personen siehe: alemannia-judaica.de/thann_synagogue.htm).

 

Das während der Zeit der deutschen Besetzung geplünderte und demolierte Synagogengebäude wurde nach Kriegsende wieder restauriert; in den 1970er Jahren erfolgte eine erneute grundlegende Renovierung.

Ehemalige Synagoge (Aufn. C., 2013) - Innenansicht (Aufn. C. Truong-Ngoc, 2013 - beide aus: wikipedia.org, CC BY-SA 3.0)

 

 

In Nieder-Sulzbach (frz. Soppe-le-Bas) – westlich von Mülhausen/Mulhouse – bestand bis ins beginnende 20.Jahrhundert eine kleine jüdische Gemeinde; ihre Anfänge lagen im 18.Jahrhundert. Um 1850 lebten im Ort ca. 20 jüdische Familien, die als Vieh- und Pferdehändler und Kleinkaufleute ihren Lebensunterhalt bestritten. Die kleine Gemeinde gehörte zum Rabbinat Thann. Mitte der 1930er Jahre zählten die hiesigen Juden kaum 20 Personen. Diejenigen, die im Ort verblieben, wurden 1940 nach Südfrankreich deportiert. Nach Angaben der Gedenkstätte Yad Vashem/Jerusalem wurden vier gebürtige Juden Opfer der Shoa (namentliche Nennung der vier betroffenen Personen siehe: alemannia-judaica.de/soppe-le-bas_synagogue.htm).

 

 

 

In Felleringen (frz. Fellering, derzeit ca. 1.600 Einw.) existierte seit dem 18.Jahrhundert eine kleine israelitische Gemeinde; zu den kultischen Einrichtungen gehörten ein Betsaal, eine Religionsschule und eine Mikwe. Verstorbene wurden auf dem jüdischen Friedhof in Jungholtz begraben.

Aus dem Jahre 1902 liegt ein Bericht von der Einweihung einer Thorarolle vor (siehe: Zeitschrift "Der Israelit" vom 9.Jan. 1902, in: alemannia.judaica.de)

In der Zwischenkriegszeit lebten etwa 30 jüdische Bewohner im Ort. Nach Angaben der Gedenkstätte Yad Vashem/Jerusalem wurden drei Personen Opfer der "Endlösung" (namentliche Nennung der betroffenen Personen siehe: alemannia-judaica.de/fellering_synagogue.htm).

 

 

 

Weitere Informationen:

Michel Rothé/Max Warschawski, Les synagogues d’Alsace et lieur histoire, Jerusalem 1992

Germania Judaica, Band III/2, Tübingen 2003, S. 1457/1458

Gerd Mentgen, Studien zur Geschichte der Juden im mittelalterlichen Elsaß. Forschungen zur Geschichte der Juden, in: "Schriftenreihe der Gesellschaft zur Erforschung der Geschichte der Juden e.V.", Verlag Hahnsche Buchhandlung, Hannover 1995, S. 119/20, S. 248/49 und S. 332 ff.

André Deyber, La Communauté juive de Soppe, in: "Le journal de Soppe-le-Bas", No.40/2005, S. 1

Thann, in: alemannia-judaica.de

Soppe-le-Bas, in: alemannia-judiaca.de

Fellering, in: alemannia-judaica.de