Sečovce (Slowakei)
Die Stadt Sečovce (ung. Gálszécs) liegt in der Ostslowakei ca. 30 Kilometer östlich von Kaschau/Košice; derzeit wird die Kleinstadt von ca. 8.500 Menschen bewohnt (Lage der Stadt rot markiert).
Jüdische Bewohner sind in Sečovce seit der ersten Hälfte des 18.Jahrhunderts nachweisbar.
Seit den 1820er Jahren verfügte die streng religiös-orthodoxe Gemeinde (gegründet 1816) über eine Synagoge und weitere gemeindliche Einrichtungen; zur Kultusgemeinde gehörten auch Familien aus umliegenden Dörfern. Der erste Rabbiner war Meir Kahana, der vier Jahrzehnte an der Spitze der Gemeinde stand (bis 1856); seine unmittelbaren Nachfolger waren Nathan Spira und Josef Grünwald.
Trotz einer Cholera-Epidemie wuchs die Judenschaft von Sečovce weiter an; verantwortlich dafür war der Zuzug aus benachbarten Orten und die in der zweiten Hälfte des 19.Jahrhunderts erfolgte Zuwanderung jüdischer Familien aus Galizien, die ihren Lebenserwerb als Getreide- und Holzhändler, aber auch mit anderen Landesprodukten bestritten; auch verschiedene Handwerke wurden ausgeübt. Für den wirtschaftlichen Aufschwung der Stadt waren insbesondere die jüdischen Familien Groszman, Hershkovicz, Neuman, Schwarcz und Wirtschafter verantwortlich.
Eine Synagoge, die Anfang der 1870er Jahre errichtet worden war, brannte zweimal nieder, ehe dann im Jahre 1904 ein großer Neubau (im maurischen Stile, allerdings ohne Türme) erstellt wurde.
Synagoge in Sečovce, hist. Aufn. (aus: jewishgen.org)
Aus dem Jahre 1811 stammt der ältere der beiden jüdischen Friedhöfe.
Juden in Sečovce:
--- 1736 ........................... 6 Juden,
--- um 1820 .................... ca. 60 jüdische Familien,
--- 1830 ........................... 262 Juden (ca. 16% d. Bevölk.),
--- um 1880 .................... ca. 1.000 “ (ca. 32% d. Bevölk.),
--- 1900 ........................... 794 “ (ca. 25% d. Bevölk.),
--- 1919 ........................... 1.026 “ (ca. 30% d. Bevölk.),
--- 1930 ........................... 1.055 “ ,
--- 1940 ....................... ca. 1.150 “ ,
--- 1944 (April) ............... ca. 150 “ ,
--- 1948 ....................... ca. 100 “ .
Angaben siehe: The Encyclopedia of Jewish Life before and during the Holocaust (Vol. 2), S. 1155
und Sečovce, aus:jewishgen.org/Yizkor/pinkas_slovakia/slo414
Unmittelbar nach Ende des Ersten Weltkrieges flackerten antijüdische Unruhen auf, die zu Zerstörungen von Geschäften und Wohnungen jüdischer Familien führten. Damals dominierten Juden das Wirtschaftsleben in der Kleinstadt: mehr als 90% der Ladengeschäfte, Handwerkerbetriebe und Gaststätten hatten jüdische Eigentümer; auch bei der Vermarktung landwirtschaftlicher Produkte der Region waren sie führend.
Besonders in den Jahren nach Ende des Ersten Weltkrieges fanden zionistische Ideen vermehrt Eingang in der Gemeinde.
Nach der Staatsgründung der Slowakei führte die antisemitische Politik zunächst zum Verlust der ökonomischen Basis der jüdischen Bewohner; die Jahre 1940/1941 waren gekennzeichnet durch weitgehende „Arisierung“ jüdischen Eigentums. Zwischenzeitlich war die Zahl der jüdischen Bewohner in Sečovce angestiegen, nachdem Ende 1941 Glaubensgenossen aus Pressburg/Bratislava hierher „umgesiedelt“ worden waren.
Im Frühjahr 1942 setzten dann die Deportationen ein, die die allermeisten Juden aus Secovce und dem Umland innerhalb weniger Monate in die Ghettos und Todeslager auf polnischem Boden führten. Der noch verbliebene Teil der jüdischen Bevölkerung - etwa 150 Personen - wurde im Mai 1944 ins Gebiet der Westslowakei „umgesiedelt“.
Nach Kriegsende kehrten mehr als 100 überlebende Juden nach Sečovce zurück und versuchten, die Gemeinde wiederzubeleben; doch bis 1949 hatten die meisten die Kleinstadt verlassen und waren emigriert, vor allem in den neu gegründeten Staat Israel. Gegen Ende der 1960er Jahre sollen nur noch einzelne Personen mosaischen Glaubens hier gelebt haben.
Das Synagogengebäude wurde nach dem Kriege abgebrochen. Einzig der (neue) jüdische Friedhof legt heute noch Zeugnis davon ab, dass es in Sečovce eine relativ große israelitische Gemeinde gegeben hat.
Aufn. Lisiak, 2016, aus: commons.wikimedia.org, CC BY-SA 4.0
Weitere Informationen:
Emanuel A. Frieder, The History of the Jewish Community in Secovce, Netanya 1991
The Encyclopedia of Jewish Life before and during the Holocaust (Vol. 2), New York University Press, Washington Square, New York 2001, S. 1155
Robert Buchler/Ruth Shashak (Red.), „Secovce” – Encyclopaedia of Jewish communities, Slovakia (Sečovce, Slovakia), Vad Vaschem Jeruslalem 2003, online abrufbar unter: jewishgen.org/Yizkor/pinkas_slovakia/slo414
Maros Borský, Synagogue Architecture in Slovakia towards creating a memorial landscape of lost community, Dissertation (Hochschule für Jüdische Studien in Heidelberg), 2005, S. 200/201