Turek (Südpreußen)

File:Woiwodschaft Łódź Powiats 1931.svg - Wikimedia Commons Das Territorium um die westpolnische Stadt Turek gehörte nach der 2.Teilung Polens (1793) vorübergehend zum Kreis Sieradz in der Provinz Südpreußen. Turek - nordöstlich von Kalisch/Kalisz gelegen - hat derzeit ca. 26.000 Einwohner (Ausschnitt aus hist. Karte von 1895, aus: wikipedia.org, CCO und Kartenskizze, F., aus: commons.wikimedia.org, CC BY-SA 4.0).

 

In Turek lässt sich jüdische Ansässigkeit bis ins ausgehende 18.Jahrhundert zurückverfolgen. In den Jahrzehnten nach 1820 nahm die jüdische Bevölkerung sprunghaft zu und erreichte gegen Ende der 1860er Jahre mehr als 1.000 Personen; drei Jahrzehnte später hatte sich deren Zahl in etwa verdoppelt und machte nun ein Viertel der gesamten Bevölkerung von Turek aus.

Die expandierende Gemeinde ließ eine Synagoge errichten, die 1861 eingeweiht wurde und einen Vorgängerbau aus den 1830er Jahren ersetzte. Der gemeindliche neue Gebäudekomplex umfasste auch eine Schule und ein rituelles Bad. Im Vorfeld der Planungen des neuen Synagogengebäudes hatte es erhebliche Differenzen mit der katholischen Bevölkerungsmehrheit gegeben, die sich gegen die Errichtung des Gebäudes nahe der Pfarrkirche wandte; es soll in diesem Zusammenhang auch zu Tätlichkeiten gekommen sein.

 Synagogenfront (hist. Aufn., um 1920/1925)

Gegen Ende des 19.Jahrhunderts wurde das Synagogengebäudes noch erweitert, um der wachsenden Zahl der Gemeindeangehörigen gerecht zu werden.

Jahrzehnte zuvor war bereits ein Friedhof – auf einem kleinen Hügel etwa vier Kilometer nördlich der Stadt - angelegt worden

Turek cmentarz żydowski 1942.jpghist. Aufn. des jüdischen Friedhofs in Turek (Abb. J.L., aus: wikipedia.org, CC BY-SA 3.0)

Juden in Turek:

--- 1823 ..................... ca.    80 Juden (in 16 Familien),

--- 1857 ..................... ca.   650   “  ,

--- 1867 ..................... ca. 1.100   “  ,

--- 1897 ….....................ca. 2.000   “  (ca. 25% d. Bevölk.),

--- 1921 ..................... ca. 2.100   “  ,

--- 1939 ..................... ca. 2.700   „  .

Angaben aus: Turek, in: sztetl.org.pl        

und                Ada Holtzman, We remember Jewish Turek, in: zchor.org/turek/turek.htm

 

                  Turek, um 1920 (aus: commons.wikimedia.org, CCO)

Zahlreiche jüdische Familien bestritten ihren Lebensunterhalt vom Handwerk; in den 1920er Jahren gab es in der Stadt allein 138 Textilwerkstätten, die jüdische Eigentümer aufwiesen.

Als deutsche Truppen 1939 Turek besetzten, lebten in der Stadt etwa 2.300 jüdische Bewohner; diese wurden alsbald aus dem hier im Sommern 1940 eingerichteten Ghetto weiter nach Osten deportiert, von hier dann ins Vernichtungslager Chelmno.

    Turek cmentarz żydowski 1.jpgPforte zum Friedhof (Aufn. Makary Górzyński, 2007, aus: commons.wikimedia.org, CC BY-SA 3.0)

Vom ehemaligen jüdischen Friedhof sind nur relativ wenige Grabsteine bzw. Grabsteinrelikte erhalten.

                      

Motive auf Grabsteinrelikten des jüdischen Friedhofs von Turek (Aufn. aus: collections.ushmm.org)

Nach 1945 blieb das Synagogengebäude zunächst ungenutzt, danach diente es als Lagerhalle. Seit 1994 erinnert eine dreisprachige Gedenktafel an die ehemalige Synagoge.

 Zweifellos der berühmteste Tureker Jude war Henry Glicenstein (geb. 1870), der als einer der bekannten Maler, Bildhauer und Graphiker der Zwischenkriegszeit galt und schon in jungen Jahren mit Auszeichnungen für sein künstlerisches Schaffen gewürdigt wurde. Während des Ersten Weltkrieges übersiedelte er in die Schweiz; von dort emigrierte er 1928 in die USA. Sein späteres Vorhaben, nach Palästina auszuwandern, konnte er nicht mehr verwirklichen, da er in New York an den Folgen eines Autounfalls verstarb (1942).

 

 

Weitere Informationen:

J.Seiffe (Bearb.), The History of Turek, online abrufbar unter: jewishgen.org/yizkor/turek/tur459.html

The Encyclopedia of Jewish Life before and during the Holocaust, New York University Press, Washington Square, New York 2001, Vol. 3, S. 1348

Michael Alberti, Die Verfolgung und Vernichtung der Juden im Reichsgau Wartheland 1939 - 1945, hrg. vom Deutschen Historischen Institut Warschau, Quellen und Studien, Band 17, Wiesbaden 2006

Ada Holtzman, We remember Jewish Turek, online abrufbar unter: zchor.org/turek/turek.htm (mit namentlicher Nennung der Shoa-Opfer)

Denkmäler von Turek und Landkreis, Band 1: Stadt Turek, Turek 2009, S. 207 - 210

Eliezer Esterin (Bearb.), A Memorial to the Jewish Community of Turek, Poland, online abrufbar unter: jewishgen.org/yizkor/turek/turek.html

Turek, aus: sztetl.org.pl