Ueckermünde (Mecklenburg-Vorpommern)

Landkreis Ueckermünde - WikiwandBildergebnis für vorpommern-greifswald ortsdienst karte Ueckermünde mit derzeit ca. 8.600 Einwohnern ist heute eine amtsfreie Hafenstadt im Landkreis Vorpommern-Greifswald im Nordosten von Mecklenburg-Vorpommern an der Mündung der Uecker ins Stettiner Haff (Ausschnitt aus hist. Karte von 1905, aus: wikipedia.org, gemeinfrei und Kartenskizze 'Landkreis Vorpommern-Greifswald', aus: ortsdienst.de/mecklenburg-vorpommern/vorpommern-greifswald).

Ueckermünde im 17.Jahrhundert (Stich von Eilhard Lubinus 1565–1621 - Pommersches Landesmuseum)

 

Ende des 17.Jahrhunderts wird erstmals ein in Ueckermünde lebender Jude urkundlich erwähnt; demzufolge wurde dem Tuchhändler David Judas nach Zustimmung des Magistrats erlaubt, in der Stadt zu wohnen und „Leinen- und Beurenzeug zu verkaufen“; er erhielt sogar in Ueckermünde das Bürgerrecht und konnte hier ein Haus erwerben. Eine Synagogengemeinde wurde im Jahre 1821 (andere Angabe: erst um 1855) gegründet; sie zählte stets relativ wenige Mitglieder. Aus einem Statut der Gemeinde von 1860 geht hervor, dass auch kleine Ortschaften aus dem näheren Umkreis wie Altwarp, Neuwarp, Eggesin und Torgelow zum Synagogenbezirk gehörten. Der Betraum der Gemeinde befand sich in der Töpferstraße; Männer und Frauen hatten in der Betstube getrennte Bereiche. Auch eine kleine Religionsschule soll hier existiert haben. Ein zeitweilig von der Gemeinde angestellter Vorbeter/Schächter erteilte den wenigen Kindern Religionsunterricht.

http://www.alemannia-judaica.de/images/Images%20449/Ueckermuende%20AZJ%2018690504.jpg http://www.alemannia-judaica.de/images/Images%20449/Ueckermuende%20AZJ%2019000720.jpg

Stellenangebote der Gemeinde von 1869 und 1900 (aus: "Allgemeine Zeitung des Judentums")

Seit den 1820er Jahren nutzte die kleine jüdische Gemeinschaft einen ‚alten’ Friedhof, der nahe der vier Jahrzehnte später angelegten neuen Begräbnisstätte an der Ecke Wiesenstraße/Liebgartener Straße lag.

Juden in Ueckermünde:

         --- 1816 ............................ 11 Juden,

    --- 1831 ............................ 38   “  ,

    --- 1841 ............................ 55   “  ,

    --- 1852 ............................ 48   “  ,

    --- 1861 ............................ 58   “  ,

    --- 1887 ............................ 46   “  ,

    --- 1909 ............................ 29   “  ,

    --- 1932 ............................ 19   “  .

Angaben aus: Wolfgang Wilhelmus, Juden in Vorpommern, S. 45 f.

 

Zu Beginn der 1930er Jahre wurde die jüdische Kultusgemeinde Ueckermünde aufgelöst.

Die antijüdischen Kampagnen schienen im Kreis Ueckermünde nicht den gewünschten Erfolg gehabt zu haben; im Lagebericht der Staatspolizeileitstelle Stettin vom 4.7.1935 hieß es: „Im Kreis Ueckermünde ist beobachtet worden, daß von Seiten der Landbevölkerung ein gesteigertes Aufsuchen der jüdischen Geschäfte zu verzeichnen ist.

                 Über das "Ergebnis" des Novemberpogroms in Ueckermünde hieß es lapidar im Lagebericht des Reg.präs. von Stettin vom 10.11.1938:

Ueckermünde: Synagoge innen demoliert und ausgeräumt. Gebrauchsgegenstände auf dem Schloßhof verbrannt. Keine Plünderung. Zwei jüdische Geschäfte-Schaufenster eingeschlagen. Beim früheren jüdischen Med.Rat Dr.Glaser 6 Altertumswaffen und 2 neue Teschings sichergestellt.

Über das Schicksal der verfolgten ca. zehn jüdischen Familien Ueckermündes liegen keine gesicherten Informationen vor.

 

Einzige Erinnerung an die kleine jüdische Gemeinde am Oderhaff ist heute der bis 1938 genutzte Friedhof an der Wiesenstraße; dieser war 1938 verwüstet worden, blieb aber ansonsten erhalten. Anfang der 1960er Jahre wurde das Gelände zu einer Gedenkstätte umgestaltet und die noch vorhandenen zwölf Grabsteine damals in einer Reihe niederlegt. Gegen Ende der 1980er Jahre wurde der Friedhof wiederhergerichtet. Ein hier aufgestellter Findling trägt die Inschrift: „Zum Gedenken an die jüdischen Opfer des Faschismus”.

      http://www.alemannia-judaica.de/images/Images%20449/Ueckermuende%20%20Friedhof%2002.jpg Aufn. Hans-Peter Laqueur, 2020

Vom alten jüdischen Friedhof sind keinerlei Spuren mehr vorhanden.

Hinweis: Von 1939 bis 1942 wurden rund 600 kranke und behinderte Menschen aus der Klinik Ueckermünde in nationalsozialistische Vernichtungslager transportiert, wo sie getötet wurden. An ihr Schicksal erinnert ein Denkmal auf dem Klinikgelände.

Initiiert von Schülern des Greifen-Gymnasiums wurden in der Ueckermünder Altstadt im Jahre 2010 mehrere sog. „Stolpersteine“ verlegt, die an ehemalige jüdische Bewohner erinnern; weitere Steine liegen seit 2020 in der Gehwegpflasterung der Haffstraße, die der vierköpfigen jüdischen Familie Glaser gewidmet sind. Seit 2023 findet man in der Wallstraße vier weitere messingfarbene Gedenkquader, die an Angehörige der Familie Ritterband erinnern.

Philipp DausAdolf RuschinAlfred Ruschin Stolpersteine in der Ueckerstraße und Töpferstraße (Aufn. A., 2016, aus: wikipedia.org, CC BY-SA 4.0)

 

 

In Torgelow sind vier „Stolpersteine“ in der Wilhelmstraße verlegt, die an Angehörige der jüdischen Familie Gronemann erinnern.

undefinedundefinedundefinedundefined Aufn. Chr. Michelides, 2020, aus: wikipedia.org, CC BY-SA 4.0

 

 

 

Weitere Informationen:

M.Brocke/E.Ruthenberg/K.U.Schulenburg, Stein und Name. Die jüdischen Friedhöfe in Ostdeutschland (Neue Bundesländer/DDR und Berlin), in: "Veröffentlichungen aus dem Institut Kirche und Judentum", Hrg. Peter v.d.Osten-Sacken, Band 22, Berlin 1994, S. 646/647

M.Heitmann/J.H.Schoeps (Hrg.), “Halte fern dem ganzen Land jedes Verderben ...” Geschichte und Kultur der Juden in Pommern, Georg Olms Verlag, Hildesheim/Zürich 1995

Wolfgang Wilhelmus, Juden in Vorpommern, in: "Reihe Geschichte Mecklenburg-Vorpommern", No.8/1996, hrg. von der Friedrich-Ebert-Stiftung, Landesbüro Mecklenburg-Vorpommern

Frank Wagner, Auf den Spuren jüdischer Mitbürger in Ueckermünde, Hrg. Stadt Ueckermünde/Heimatbund ‘August Bartelt’, Ueckermünde 2000 (2.Aufl.)

Wolfgang Wilhelmus, Geschichte der Juden in Pommern, Ingo Koch Verlag, Rostock 2004

Frank Wagner, Der 10. November 1938 in Ueckermünde: auf den Spuren jüdischer Mitbürger, hrg. von der Stadt Ueckermünde 2006

N.N. (Red.), Juden verspottet: Ueckermünde plant erstmals „Marsch des Lebens“, in: dpa vom 16.1.2015

Auflistung der in Ueckermünde verlegten Stolpersteine, online abrufbar unter: wikipedia.org/wiki/Liste_der_Stolpersteine_in_Ueckermünde

Smone Weirauch (Red.), Vier neue Stolpersteine mahnen in Ueckermünde, in: „Nordkurier“ vom 18.9.2020

Lutz Storbeck (Red.) Vier weitere Stolpersteine in der Haffstadt enthüllt, in: „Nordkurier“ vom 26.1.2023