Ullstadt (Mittelfranken/Bayern)

Karte Ullstadt mit seinen derzeit ca. 300 Einwohnern ist heute ein Ortsteil vom Markt Sugenheim (Landkreis Neustadt a.d.Aisch - Bad Windsheim) - etwa 50 Kilometer südöstlich von Würzburg gelegen (Kartenskizze 'Landkreis Neustadt/Aisch-Bad Windsheim', Hagar 2010, aus: commons.wikimedia.org, gemeinfrei).

 

Mit der Aufnahme der aus Städten vertriebenen Juden in die Territorien der fränkischen Reichsritterschaft setzte auch in Ullstadt die Ansässigkeit von Juden ein; die Reichsfreiherren von Seckendorff-Gutend und die von und zu Franckenstein nahmen Juden gegen Zahlung von Schutzgeldern auf. Die hier ansässigen Familien zählten aber zumeist zu den „armen Leuten“, die kaum ihren finanziellen Verpflichtungen gegenüber der Schutzherrschaft nachkommen konnten. Aus einer um 1800 vorliegenden Auflistung der jüdischen Familien geht hervor, dass alle zehn Haushaltsvorstände als „Handelsleute“ tätig waren, zumeist im Vieh- und Pferdehandel.

Die Wurzeln einer jüdischen Gemeinde in Ullstadt liegen vermutlich zu Beginn des 17.Jahrhunderts. Gegen Mitte des 18.Jahrhunderts suchten auch die Sugenheimer Juden das Bethaus in Ullstadt auf. Seit den 1820er Jahren verfügte die Ullstädter Judenschaft über eine kleine, an ein Fachwerkhaus angebaute Synagoge, in der auch eine Mikwe, ein Schulraum und die Lehrerwohnung untergebracht waren; das Gebäude ersetzte einen seit 1743 vorhandenen Betraum.

Verstorbene Gemeindeangehörige wurden auf dem Anfang des 17.Jahrhunderts angelegten jüdischen Friedhof „Am Judenrangen“ - in Richtung Langenfeld gelegen - begraben; dieses Begräbnisgelände - es wurde gegen Ende der 1830er Jahre erheblich erweitert - nutzten im Laufe der Jahrhunderte auch mindestens zwölf andere israelitische Gemeinden aus der Region, so z.B. die Gemeinden Burghaslach, Diespeck, Dottenheim, Neustadt a. d. Aisch, Pahres, Scheinfeld und Sugenheim. Der älteste Grabstein stammt aus dem Jahre 1627.

           Blick auf den jüdischen Friedhof (Aufn. Christoph Daxelmüller, 1980)

Rabbinatssitz für die Ullstädter Gemeinde war Uehlfeld, später dann Fürth.

Juden in Ullstadt (-Langenfeld):

         --- 1808 ........................  48 Juden,

    --- 1831 ........................   9 jüdische Haushalte,

    --- 1840 ........................  50 Juden,

    --- 1856 ........................  49   “  ,

    --- 1869 ........................  51   “  ,

    --- 1892 ........................  30   “  ,

    --- 1900 ........................  20   "  ,

    --- 1910 ........................  13   “  ,

    --- 1925 ........................   7   “  ,

    --- 1933 ........................   6   “  ,

    --- 1934 ........................   keine.

Angaben aus: Karl Ernst Stimpfig, Die Juden in Sugenheim und Ullstadt. Eine Dokumentation, S. 222/223

 

Als die Zahl der Gemeindeangehörigen für die Abhaltung von Gottesdiensten nicht mehr dem rituellen Gebot (Minjan) genügte, suchten die Juden Ullstadts die Synagoge in Sugenheim auf. 1925 wurde das inzwischen marode Synagogengebäude verkauft; ein beabsichtigter Abbruch erfolgte aber nicht; das Gebäude steht heute noch.

Nach der Auflösung der Gemeinde 1936 wurden die Ritualien nach Sugenheim gebracht und dort während des Novemberpogroms von 1938 vernichtet bzw. „verschwanden“.

Nach Angaben der Gedenkstätte Yad Vashem/Jerusalem und des „Gedenkbuches – Opfer der Verfolgung der Juden ...“ sind sieben aus Ullstadt stammende jüdische Bewohner Opfer der NS-Gewaltherrschaft geworden (namentliche Nennung der betroffenen Personen siehe. alemannia-judaica.de/ullstadt_synagoge.htm).

 

Der südöstlich von Ullstadt liegende jüdische Friedhof – er besitzt eine Fläche von mehr als 6.000 m² - hat die Jahrhunderte überdauert und auch die NS-Zeit weitgehend unbeschadet überstanden. Am Eingang des von drei Seiten ummauerten Begräbnisgeländes befindet sich das Tahara-Haus. Der älteste der hier vorhandenen insgesamt ca. 560 Grabsteine datiert von 1627.

Ullstadt Jüdischer Friedhof 003.JPGälterer Teil des Friedhofs – Taharahaus (Aufn. Jan Eric Loebe, 2011, aus: wikipedia.org, CC BY-SA 3.0)

 

[vgl. Sugenheim (Bayern)]

 

 

 

Weitere Informationen:

Baruch Z.Ophir/Falk Wiesemann, Die jüdischen Gemeinden in Bayern 1918 - 1945. Geschichte und Zerstörung, München/Wien 1979, S. 237/238

Israel Schwierz, Steinerne Zeugnisse jüdischen Lebens in Bayern. Eine Dokumentation, Hrg. Bayrische Landeszentrale für politische Bildungsarbeit, München 1992, S. 196

Italo Bacigalupo, “... Judt von Sugenheim” - Bilder aus der Frühzeit der multikulturellen Gesellschaft, in: “Der Steigerwald”, No. 1/1993, S. 49 - 64

Michael Trüger, Der jüdische Friedhof in Ullstadt-Sugenheim, in: "Der Landesverband der Israelitischen Kultusgemeinden in Bayern", 10.Jg., No. 68/1995, S. 15/16

Karl Ernst Stimpfig, Die Juden in Sugenheim und Ullstadt. Eine Dokumentation, Hrg. Gemeindeverwaltung Sugenheim 2001, S. 221 - 254

Ullstadt, in: alemannia-judaica.de (mit wenigen Dokumenten zur jüdischen Ortshistorie)

B. Eberhardt/H.-Chr. Haas, Ullstadt, in: Mehr als Steine ... Synagogengedenkband Bayern, Band 2, Kunstverlag Josef Fink, Lindenberg/Allgäu 2010, S. 705 – 711