Wollin (Hinterpommern)

 Landkreis Usedom-Wollin – WikipediaWollin ist eine Kleinstadt auf der gleichnamigen Ostseeinsel im Kreis Usedom-Wollin; das Städtchen ist das heutige polnische Wolin mit derzeit fast 5.000 Einwohnern östlich von Swinemünde/Świnoujście gelegen (Ausschnitt aus hist. Karte von 1905, aus: wikipedia.org, gemeinfrei).

 

Dass sich um 1000 vereinzelt jüdische Händler in der Region um Wollin aufgehalten haben, kann der Schilderung des Ibrahim Ibn Jakub entnommen werden, der über die Einwohner Wollins und deren „mächtige Stadt am Meer“ berichtete.

 Blick auf Wollin - Lithographie um 1840 (aus: wikipedia.org, PD-alt-100)

Bis um 1810 waren vermutlich keine Juden dauerhaft in Wollin ansässig; erst im Laufe des 19.Jahrhunderts bildete sich hier eine kleine Gemeinde heraus, die in den 1880er Jahren mit etwa 140 Angehörigen ihren Höchststand erreichte. Zuzüge von ca. 25 Familien waren aus Regenwalde, Greifenberg, Wangerin und auch aus westpreußischen Ortschaften erfolgt.

Als Gemeindeeinrichtungen verfügten die Wolliner Juden über ein eigenes Friedhofsgelände am Silberberg - angelegt im Jahre 1818 - und eine um 1850 erbaute Synagoge in der Wallstraße.

Zur Wolliner Kultusgemeinde gehörten auch die wenigen jüdischen Familien aus den umliegenden Dörfern Lebbin, Alt-Sarnow, Kolzow, Misdroy und Rissnow.

Juden in Wollin:

    --- 1812 ...........................   5 Juden,

    --- 1816 ...........................  22   "  ,

    --- 1831 ...........................  55   "  ,

    --- 1849 ...........................  90   “  ,

    --- 1861 ........................... 106   “  ,   

             ....................... ca. 200   “  ,*      * im Kreis Udedom-Wollin

    --- 1871 ........................... 113   “  ,

    --- um 1880 .................... ca. 140   “  ,

    --- um 1900 .................... ca. 100   “  ,

    --- 1905 ...........................  75   "  ,

    --- 1913 ...........................  69   "  ,

    --- 1924 ....................... ca.  50   "  (in 12 Familien),

    --- um 1932/33 ................. ca.  25   "  ,

    --- 1938 ...........................   2 Familien.

Angaben aus: M.Heitmann/J.H.Schoeps (Hrg.), “Halte fern dem ganzen Land jedes Verderben ...”, S. 71

 

Nach 1880 verließ Innerhalb von nur drei Jahrzehnten etwa die Hälfte der jüdischen Bewohner die Kleinstadt.

   Blick auf Wollin -  Postkarte um 1920 (aus: wikipedia.org, gemeinfrei) 

Nach dem Ersten Weltkrieg hatte sich die Zahl der Gemeindeangehörigen derart dezimiert, dass man sich keinen eigenen Lehrer/Kantor mehr leisten konnte und die Kinder von einem aus Stettin kommenden „Wanderlehrer“ religiöse Unterweisung erhielten.

Zu Beginn der NS-Zeit lebten nur noch neun jüdische Familien in Wollin.

Vermutlich blieb das Synagogengebäude während der Novembertage 1938 von Zerstörung verschont, da es zu diesem Zeitpunkt bereits verkauft und in private Hände übergegangen war.

In den Städten und Gemeinden Pommerns begann ab Mitte Februar 1940 die „Zwangsverschickung” der Juden aus Deutschland. Fast 1.200 jüdische Bewohner aus Stettin und anderen Ortschaften des Regierungsbezirks wurden in der Nacht vom 12. auf den 13.Februar 1940 verhaftet und per Bahntransport nach Lublin verfrachtet. Von dort mussten sie bei klirrender Kälte den Weg nach Piaski, Glusk und Belzyce antreten. Auch einige jüdische Bewohner aus Wollin gehörten diesem großen Deportationstransport an.

 

Auf dem mehr als einen Kilometer vom Stadtgebiet liegenden jüdischen Friedhof sind nur noch drei Grabsteine (nach einer anderen Aussage sollen es noch 40 sein) erhalten geblieben; das während des Krieges teilzerstörte Begräbnisgelände ist heute kaum mehr als solches wahrnehmbar.

 

 

 

Weitere Informationen:

Gustav Malkiwitz, Die Geschichte der Stadt Wollin in Pommern, Stettin 1904

M.Heitmann/J.H.Schoeps (Hrg.), “Halte fern dem ganzen Land jedes Verderben ...” Geschichte und Kultur der Juden in Pommern, Georg Olms Verlag, Hildesheim/Zürich 1995, S. 71

Wolfgang Wilhelmus, Juden in Vorpommern, in: Reihe Geschichte Mecklenburg-Vorpommern No.8/1996, hrg. von Friedrich-Ebert-Stiftung, Landesbüro Mecklenburg-Vorpommern

Wolfgang Wilhelmus, Geschichte der Juden in Pommern, Ingo Koch Verlag, Rostock 2004

Gerhard Salinger, Die einstigen jüdischen Gemeinden Pommerns. Zur Erinnerung und zum Gedenken, New York 2006, Teilband 3, Teil III, S. 848 – 856

Wolin, in: sztetl.org.pl

Krzysztof Bielawski (Bearb.), Wolin, online abrufbar unter: cmentarze-zydowskie.pl/ (Angaben zum jüd. Friedhof)

Hans Dieter Borchardt, Wollin – Gestern und Heute, Magdeburg 2010