Wollin (Böhmen)

 Bildergebnis für volyne mapyDas böhmische Wol(l)in – südwestlich von Pisek und unweit von Strakonitz an der Fernstraße Prag/Passau gelegen - war etwa seit ca. 1200 im Besitz von Stadtrechten; es ist das tschechische Volyně mit derzeit ca. 3.000 Einwohnern (Kartenskizzen 'Tschechien' mit Volyně rot mayrkiert, K. 2006, aus: commons.wikimedia.org, CC BY-SA 3.0 und aus: holocaust.cz/zdroje/zidovske-komunity-v-cechach-a-na-morave).

 

Erste Ansässigkeit von Juden in Wollin (Wolin) ist urkundlich für die erste Hälfte des 16.Jahrhunderts nachgewiesen; doch kann vermutet werden, dass bereits sich bereits Jahrzehnte früher Juden in dem Ort aufgehalten bzw. gelebt haben. Die jüdischen Familien wohnten ghettoartig zusammen, zunächst allerdings außerhalb der ummauerten Stadt.

Mitten im Ghettobereich errichtete die hiesige Judenschaft um 1838/1840 an Stelle eines älteren Bethauses eine neue Synagoge im Empirestil, deren Bau erst durch finanzielle Zuwendungen einen einzelnen wohlhabenden Glaubensgenossen ermöglicht wurde. Zuvor hatte an gleicher Stelle der Vorgängerbau gestanden. Aus den Jahren 1870/1880 sind die Statuten der Gemeinde überliefert.

Erste gemeindliche Einrichtung war der Friedhof, der im Laufe des 17.Jahrhunderts durch ein neues Gelände ersetzt wurde; etwa 300 alte Grabsteine sind noch vorhanden.

 

Blick über das Friedhofsgelände (Aufn. Jitka Erbenová, 2011, aus: commons.wikimedia.org, CC BY-SA 3.0)

Mit der Nachbargemeinde Hostitz bestanden enge Kontakte; als sich um 1900 die jüdische Gemeinde in Hostitz auflöste, übernahm die Wolliner Judenschaft deren gemeindliche Einrichtungen.

Juden in Wollin:

    --- 1570 ............................   8 jüdische Familien,

--- um 1650 .........................   8     “        “   ,

    --- 1724 ............................  17     “        “   ,

    --- um 1850 ..................... ca.  25     “        “   ,

    --- 1862 ............................ 158 Juden,

    ... 1921 ............................  63   "  ,

    --- 1930 ............................  51   “   (ca. 1% d. Bevölk.),

    --- 1940 ............................   ?      

Angaben aus: Jiri Fiedler, Jewish Sights of Bohemia and Moravia, S. 200

 

Während des Ersten Weltkrieges fanden mehr als 300 jüdische Flüchtlinge aus Galizien und der Bukowina vorübergehend Unterschlupf in Wollin und Umgebung.

Ende der 1930er Jahre galt die Gemeinde als erloschen; die nochverbliebenen jüdischen Einwohner wurden 1942 deportiert; nur zwei sollen den Holocaust überlebt haben.

 

Das ehemalige Synagogengebäude wurde nach 1945 in ein Kino umgewandelt, später diente es als Lagerhaus. Nach 1989 ging das Haus in private Hände über und wurde zeitweilig als Diskothek bzw. Nachtclub genutzt.

  Synagoga Volyně 02.jpg

Ehem. Synagogengebäude und Giebelinschrift (Aufn. Jitka Erbenová, 2011, aus: commons.wikimedia.org, CC BY-SA 3.0)

 

 

 

In Wällischbirken, auch Welschbirken (tsch. Vlachovo Březí, derzeit ca. 1.700 Einw.), einem Ort etwa zehn Kilometer südöstlich von Wollin, ist eine jüdische Gemeinschaft seit dem 17.Jahrhundert nachweisbar; 1717 lebten hier zehn Familien. Ein Bethaus und ein jüdischer Friedhof stammten aus dem 18.Jahrhundert. In der ersten Hälfte des 19.Jahrhunderts machte die Zahl der jüdischen Bewohner etwa 100 Personen aus; durch Abwanderung in die Städte reduzierte sie sich deutlich; um 1900 lebten nur noch ca. 40 Personen mosaischen Glaubens im Ort. Etwa 20 Jahre später löste sich die Gemeinde ganz auf; die verbliebenen Familien schlossen sich der Gemeinde Volyne/Wollin an. 1930 lebten noch drei Familien im Dorf.

 

 

 

In Hostitz (tsch. Hoštice u Volyně, derzeit kaum 150 Einw.) – nur wenige Kilometer nordöstlich vom südböhmischen Volyně entfernt – gibt es heute noch einen aus dem 18.Jahrhundert stammenden jüdischen Friedhof. Der in einem Waldgebiet nordwestlich der Ortschaft liegende Begräbnisplatz, der trotz Einstufung als "geschütztes Kulturdenkmal" heute dem Verfall preisgegeben ist, besitzt noch ca. 50 Grabsteine bzw. -relikte.

Židovský hřbitov Hoštice - náhrobky u zdi.jpg

Ehem. Eingang und Grabsteinrelikte des jüdischen Friedhofs (Aufn. J. Erbenová, 2011, aus: wikipedia.org, CC BY-SA 3.0)

Die Anfänge der jüdischen Gemeinde in Hostitz reichen bis ins 18.Jahrhundert zurück; die relativ große Gemeinde zählte gegen Ende des 19.Jahrhunderts immerhin noch 17 Familien; doch innerhalb kürzester Zeit erfolgte die Abwanderung der meisten Familien in größere Städte, und die Gemeinde löste sich auf; die wenigen hier noch lebenden Juden schlossen sich der Gemeinde Wollin/Volynean.

 

 

In Dub u Vodnan - einem Flecken südöstlich von Wollin/Volyne - gab es seit dem 18.Jahrhundert eine jüdische Ansiedlung. Zu den gemeindlichen Einrichtungen zählten ein Bethaus und ein Friedhof, der in der ersten Hälfte des 18.Jahrhunderts angelegt worden war. Nach 1900 löste sich die jüdische Gemeinde auf.

 

 

 

Weitere Informationen:

Fr. Teplý, History of the town of Volyně, o.O. 1903

Jan Vávru (Bearb.), Wolin, in: Hugo Gold (Hrg.), Židé a židovské obce v Cechách v minulosti a prítomnosti, Jüdischer Buchverlag, Brünn/Prag 1934, S. 701

Jiri Fiedler, Jewish Sights of Bohemia and Moravia, Prag 1991, S. 200/201

The Jewish Community of Volyne (Wolin), Hrg. Beit Hatfutsot – The Museum of the Jewish People, online abrufbar unter: dbs.bh.org.il/place/volyne

Jewish Families from Volyně (Wolin) Bohemia, Czech Republic, online abrufbar unter: geni.com/projects/Jewish-families-from-Volyn%25C4%259B-Wolin-Bohemia-Czech-Republic/15177

Jewish Families from Vlachovo Březí (Wällischbirken), Bohemia, Czech Republic, online abrufbar unter: geni.com/projects/Jewish-families-from-Vlachovo-B%25C5%2599ez%25C3%25AD-W%25C3%25A4llischbirken-Bohemia-Czech-Republic/25629

Jewish Families from Dub in Prachatice Distric, Bohemia, Czech Republic, online abrufbar unter: geni.com/projects/Jewish-families-from-Dub-Bohemia-Czech-Republic/37002

Institut Terezínské iniciativy