Wonfurt (Unterfranken/Bayern)

Datei:Wonfurt in HAS.svg Wonfurt ist eine kleine Kommune mit derzeit ca. 2.000 Einwohnern im unterfränkischen Landkreis Haßberge und Mitglied der Verwaltungsgemeinschaft Theres – etwa 20 Kilometer östlich von Schweinfurt gelegen (Kartenskizze 'Landkreis Haßberge', Hagar 2010, aus: commons.wikimedia.org, CC BY-SA 3.0).

 

Im westlich von Haßfurt gelegenen Dorf Wonfurt existierte vermutlich seit der zweiten Hälfte des 16./Anfang des 17.Jahrhunderts eine jüdische Gemeinde, deren Angehörige seiten der damaligen Ortsherrschaft, den Freiherren von Fuchs, ein Wohnrecht im Dorf erhalten hatten. Nach Ausweisung durch die Würzburger Fürstbischöfe sollen erneut jüdische Familien dann von der Adelsfamilie Seckendorf in Wonfurt aufgenommen worden sein. 1817 waren 24 Familienoberhäupter in die Matrikelliste aufgenommen worden, die alle über Schutzbriefe des Freiherren von Seckendorf verfügten. Neben dem Viehhandel und Schlachtgewerbe waren die Wonfurter Juden als Kleinhändler tätig.

Als Synagoge nutzte die Judenschaft einen Gebäudeteil im „Fuchshof“, einer Wohnanlage, die die Freiherren von Fuchs hatten errichten lassen. Auch eine Mikwe und eine koschere Fleischerei standen den Gemeindeangehörigen zur Verfügung.

     aus: „Der Israelit“ vom 20.Dez. 1882 und 5.Mai 1892

Verstorbene Wonfurter Juden wurden auf dem jüdischen Zentralfriedhof in der Nähe von Kleinsteinach begraben. Dieses um 1450 angelegte Beerdigungsgelände wurde auch von den jüdischen Gemeinden von Aidhausen, Haßfurt, Hofheim, Lendershausen, Westheim und Zeil mitgenutzt.

                     Friedhof Kleinsteinach (Aufn. Tilman, 2019, aus: commons.wikimedia.org CC BY-SA 4.0)

Anm. Auf dem ca. 12.000 m² großen Friedhofsgelände – dem flächenmäßig zweitgrößten Unterfrankens – sind heute noch ca. 1.100 Grabsteine auffindbar; der älteste datiert von 1603.

Wonfurt gehörte zunächst zum Distriktrabbinat Niederwerrn, später zum Rabbinat Schweinfurt.

Juden in Wonfurt:

         --- 1813 ...........................  90 Juden (ca. 17% d. Bevölk.),

    --- 1825 ........................... 104   “  ,

    --- 1867 ........................... 104   “  ,

    --- 1875 ........................... 109   “  ,

    --- 1890 ...........................  89   “   (in 26 Haushalten),

    --- 1900 ...........................  62   “  ,

    --- 1905 ...........................  43   “  ,

    --- 1910 ...........................   9   “  .

Angaben aus: Cordula Kappner, Aus der jüdischen Geschichte des heutigen Landkreises Hassberge

 

Zeitweise machte die Judenschaft im 19.Jahrhundert bis zu einem Fünftel der Dorfbevölkerung Wonfurts aus. Die dann in den letzten Jahrzehnten des 19.Jahrhunderts einsetzende starke Abwanderung der jüdischen Familien führte um 1915/1920 zur Auflösung der jüdischen Gemeinde Wonfurts. Die Ritualien der Synagoge wurden nach Haßfurt verbracht, wo sie im November 1938 zerstört wurden. Zu Beginn des Ersten Weltkrieges hatten nicht einmal zehn Juden in Wonfurt gelebt.

Nach Angaben der Gedenkstätte Yad Vashem/Jerusalem und des "Gedenkbuches - Opfer der Verfolgung der Juden ..." fielen 18 aus Wonfurt stammende bzw. länger am Ort wohnhaft gewesene jüdische Bewohner der NS-Gewaltherrschaft zum Opfer (namentliche Nennung der betroffenen Personen siehe: alemannia-judaica.de/wonfurt_synagoge.htm).

 

Noch heute sind Spuren einstiger jüdischer Ansässigkeit im Dorf aufzufinden; so weisen einige Hausinschriften an der Hauptstraße auf ehemalige jüdische Bewohner hin. Das ehemalige Synagogengebäude war zu einem Wohnhaus umgebaut worden.

 

 

 

Weitere Informationen:

Cordula Kappner, Die jüdischen Friedhöfe im Landkreis Haßberge, Haßfurt 1990

Israel Schwierz, Steinerne Zeugnisse jüdischen Lebens in Bayern, Hrg. Bayrische Landeszentrale für politische Bildungsarbeit, München 1992, S. 139

Cordula Kappner, Aus der jüdischen Geschichte des heutigen Landkreises Hassberge, Hrg. Landratsamt Hassberge, Haßfurt 1998

Cordula Kappner, “.. die sind dann einfach fortgekommen ...” - Jüdische Bürger im Landkreis Haßberge, Haßfurt 1995 (Manuskript)

1100 Jahre Wonfurt 905 – 2005. Das alte Wonfurt in Bildern, 2004

Dirk Rosenstock (Bearb.), Die unterfränkischen Judenmatrikeln von 1817. Eine namenskundliche und sozialgeschichtliche Quelle, in: "Veröffentlichungen des Stadtarchivs Würzburg", Band 13, Würzburg 2008, S. 147

Wonfurt, in: alemannia-judaica.de (mit einigen zumeist personenbezogenen Dokumenten zur jüdischen Ortsgeschichte)

Martin Sage (Red.), Von Nazis ermordet, aber unvergessen: Klara Krapf auf Wonfurt, in: „Main-Post“ vom 7.3.2021

Christian Licha (Red.), Wonfurt erinnert an jüdisches Leben im Dorf, in: „Main-Post“ vom 22.7.2021

Peter Schmieder (Red.), Wonfurt. Wie ein Dorf im Landkreis Haßberge an seine jüdische Geschichte erinnert, in: „Main-Post“ vom 23.9.2021