Untereisenheim (Unterfranken/Bayern)

Datei:Eisenheim in WÜ.svg Untereisenheim ist heute einer der beiden Ortsteile der Marktgemeinde Eisenheim in der Verwaltungsgemeinschaft Estenfeld im äußersten Nordosten des Landkreises Würzburg (Kartenskizze 'Landkreis Schweinfurt', Hagar 2010, aus: commons.wikimedia.org, CC BY-SA 3.0).

 

Im Dorf bildete sich vermutlich erst zu Beginn des 19.Jahrhunderts eine kleine jüdische Gemeinde heraus; die Zahl ihrer Angehörigen erreichte aber zu keiner Zeit mehr als 50 Personen. Doch bereits gegen Mitte des 17.Jahrhunderts sollen sich vereinzelt Familien hier angesiedelt haben, die unter dem Schutz des Würzburger Hochstifts standen und diesem damit abgabenpflichtig waren. Im Jahre 1763 zählte man vier hochstiftische Schutzjuden.

Anm.: Im benachbarten Obereisenheim sind schon im 16.Jahrhundert einzelne Juden urkundlich nachweisbar; doch lebten hier dauerhaft stets nur sehr wenige Familien mosaischen Glaubens.

Bei der Erstellung der Matrikel (1817) sind für das Dorf sieben Familienvorstände aufgelistet; Hauptlebenserwerb waren damals der Wein- und Viehhandel.

Im Jahre 1868 erstellte die Gemeinde ein Synagogengebäude, das vermutlich einen schon länger bestehenden Betsaal ersetzte; angeschlossen waren eine Mikwe und die Lehrerwohnung.

Zur Besorgung religiöser Aufgaben der Gemeinde war zeitweise ein Lehrer angestellt, der das Vorbeter- und Schächtamt versah.

zwei Stellenanzeigen aus der Zeitschrift "Der Israelit" vom 10.Juli 1884 und vom 23.Dez. 1886

Verstorbene wurden auf dem jüdischen Friedhof in Schwanfeld begraben.

Die Untereisenheimer Judenschaft gehörte dem Distriktrabbinat Kitzingen an.

Juden in Untereisenheim:

--- 1685 .........................  2 Schutzjuden,

--- 1731 .........................  3      "     ,

--- 1763 .........................  4      "     ,

--- 1816 ......................... 42 Juden (in 7 Familien, ca. 6% d. Dorfbev.),

--- 1848 ......................... 43   "   (in 9 Familien),

--- 1867 ........................ 48   ”   (ca. 8% d. Dorfbev.),

--- 1880 ........................ 37   ”  ,

--- 1900 ......................... 30   “  ,

--- 1910 ......................... 17   “  ,

--- 1924 ......................... 10   “  ,

--- 1933 .........................  6   "  ,

--- 1939 (Nov.) ..................  2   "  ,

--- 1940 (Dez.) .................. keine.

Angaben aus: Baruch Z.Ophir/Falk Wiesemann, Die jüdischen Gemeinden in Bayern 1918 - 1945, S. 41

und                 W.Kraus/H.-Chr. Dittscheid/G. Schneider-Ludorff (Hrg.), Mehr als Steine Synagogengedenkband Bayern, Unterfranken, Teilband III/2.2, S. 1545

 

Das Ende der 1860er Jahre erbaute Synagogengebäude wurde nur wenige Jahrzehnte regelmäßig genutzt; nach 1900 fanden gottesdienstliche Zusammenkünfte hier nur noch sehr selten statt. Ab 1910 gehörten die wenigen jüdischen Familien Untereisenheims der benachbarten Schwanfelder Kultusgemeinde an; die jüdischen Kinder besuchten bereits seit Jahren die israelitische Volksschule in Schwanfeld.

Um 1930 zählte die kleine jüdische Gemeinschaft nur noch zehn Personen.

Noch vor dem Novemberpogrom von 1938 wurde das Synagogengebäude verkauft und anschließend als Getreidespeicher genutzt; dessen Abriss erfolgte dann Anfang der 1970er Jahre.

1940 lebte nur noch ein jüdisches Ehepaar am Ort, das auf behördliche Anweisung Untereisenheim verlassen musste.

Nach Angaben der Gedenkstätte Yad Vashem/Jerusalem sind neun gebürtige bzw. länger im Dorf ansässig gewesene jüdische Bewohner Untereisenheims bekannt, die Opfer der „Endlösung“ geworden sind (namentliche Nennung der Opfer siehe: alemannia-judaica.de/untereisenheim_synagoge.htm).

 Untereisenheim Markt Eisenheim erinnert symbolisch mit einer Kofferskulptur an die verfolgten und deportierten ehemaligen jüdischen Bewohner; während ein Koffer in Eisenheim steht, befindet sich dessen Doublette am zentralen Mahnmal „DenkOrt Deportationen 1941-1944“ in Würzburg (Aufn. Marcel Huber, 2020).

 

vgl. auch: Schwanfeld (Unterfranken/Bayern)

 

 

 

Weitere Informationen:

Baruch Z.Ophir/Falk Wiesemann, Die jüdischen Gemeinden in Bayern 1918 - 1945, Oldenbourg-Verlag, München 1979, S. 415/416

Jutta Sporck-Pfitzer, Die ehemaligen jüdischen Gemeinden im Landkreis Würzburg, hrg. vom Landkreis Würzburg, Würzburg 1988. S. 76 

Untereisenheim (mit Obereisenheim), in: alemannia-judaica.de

Dirk Rosenstock (Bearb.), Die unterfränkischen Judenmatrikeln von 1817. Eine namenkundliche und sozialgeschichtliche Quelle, in: "Veröffentlichungen des Stadtarchivs Würzburg", Band 13, Würzburg 2008, S. 237

Gerhard Gronauer/Hans-Christof Haas/Cornelia Berger-Dittscheid (Bearb.), Schwanfeld mit Untereisenheim, in: W.Kraus/H.-Chr. Dittscheid/G. Schneider-Ludorff (Hrg.), Mehr als Steine Synagogengedenkband Bayern, Unterfranken, Teilband III/2.2, Kunstverlag Josef Fink, Lindenberg/Allgäu 2021, S. 1518 - 1553