Wartberg/Senec (Slowakei)
Das slowakische Senec (ung. Szenc) ist eine Stadt im Westen des Landes mit derzeit ca. 19.000 Einwohnern - ca. 25 Kilometer nordöstlich von Pressburg/Bratislava gelegen.
Im 16.Jahrhundert ist erstmals jüdische Ansässigkeit in Wartberg nachweisbar. Nach zwischenzeitlicher Abwesenheit während der Zeit der osmanischen Besetzung kehrten jüdische Familien um 1690 hierher zurück. Allerdings war deren Ansässigkeit nicht dauerhaft; denn um 1750 sollen sie aus der Stadt vertrieben worden sein.
Eine jüdische Gemeinschaft bestand in Wartberg seit den ersten Jahrzehnten des 19.Jahrhunderts. Zu dieser Zeit gab es bereits ein Bethaus; doch waren die jüdischen Familien damals dem Rabbinat im nahen Entenberg/Reca angegliedert. Nach der Jahrhundertmitte erfolgten Zuzüge jüdischer Familie aus der nahen Umgebung, die die Zahl der Gemeindeangehörigen deutlich anwachsen ließ.
Inmitten der Stadt errichtete die nun mittlerweile organisierte, dem orthodoxen Zweig angehörende Gemeinde um 1870 ihre Synagoge, die nach Umbaumaßnahmen zu Beginn des 20.Jahrhunderts nun maurische Stilelemente - in Kombination mit ‚Rundbogenstil’ - aufwies.
Synagoge in Wartberg (Aufn. M. Szala, 2013, aus: commons.wikipedia.org, CC BY-SA 3.0)
Zu den gemeindlichen Einrichtungen gehörte u.a. eine vierklassige Elementarschule, in der zunächst Deutsch, danach Ungarisch und ab 1921 Slowakisch Unterrichtssprache war.
Zu dem 1880 eingerichteten Rabbinat von Senec gehörten um 1900 die jüdischen Familien von fast 15 Dörfern der Umgebung.
Ein eigenes Friedhofsareal wurde hier um 1905 angelegt; zuvor waren Verstorbene auf dem jüdischen Friedhof in Entenberg/Reca beerdigt worden.
Juden in Wartberg/Senec:
--- 1736 .......................... 2 jüdische Familien,
--- 1802 .......................... 37 Juden,
--- 1828 .......................... 85 “ ,
--- um 1870 ................... ca. 170 “ ,
--- 1880 .......................... 416 “ ,
--- um 1930 ................... ca. 500 " (ca. 10% d. Bevölk.),
--- 1940 ...................... ca. 450 “ ,
--- 1944 (Juli) ................... keine.
Angaben aus:The Encyclopedia of Jewish Life before and during the Holocaust (Vol. 2), S. 1161
und The Jewish Community of Senec, in: dbs.bh.org.il/place/senec
Nach dem Ersten Weltkrieg fielen die Ideen und das Wirken zionistischer Organisationen bei einem Teil der Gemeindeangehörigen auf fruchtbaren Boden; so identifizierten sich bald mit Organisationen wie “Hashomer Hazair”, “Maccabi Hazair” und “Hamizrachi” und wurden Anhänger der zionistischen Partei “Agudat Israel”.
Im Jahre 1940 wurde ein Teil der hiesigen Juden seitens der Behörden zur Zwangsarbeit verpflichtet.
Mitte Juni 1944 erfolgte die Deportation der verbliebenen jüdischen Bewohner - zusammen mit denen aus dem nahen Umland - nach Auschwitz-Birkenau. Einen Monat zuvor waren alle Juden aus Senec und umliegenden Orten (insgesamt etwa 450 Personen) in einem Landgut (Bodohaza) ghettoartig zusammengezogen worden; von hier wurden sie kurzzeitig in eine Ziegelei (nach Nové Zámky/Neuhäusl) verschleppt; von hier aus erfolgte dann die Deportation nach Auschwitz-Birkenau, wo die meisten von ihnen einen gewaltsamen Tod fanden
Unmittelbar nach Kriegsende kehrten etwa 75 Überlebende der Lager nach Senec zurück; einige blieben aber nur wenige Jahre, bis sie nach Israel emigrieren konnten. Die nur kleine jüdische Gemeinschaft konnte sich bis in die 1980er Jahre halten.
Das Synagogengebäude hat zwar die NS-Zeit äußerlich unbeschädigt überstanden, hat aber in den letzten Jahrzehnten baulich gelitten. Der Innenraum ist fast völlig entkernt (d.h. man findet kaum noch originale Teile der Inneneinrichtung). Geplant ist eine Restaurierung des Gebäudes.
Synagogengebäude von Senec - Synagogeninnenraum (Aufn. 2015, aus: wikipedia.org, CC BY 2.0)
In Entenberg – dem slowakischen Reca, nur ca. fünf Kilometer östlich von Wartberg/Senec gelegen – bestand seit dem 18.Jahrhundert eine israelitische Gemeinde, die aber kaum mehr als 100 Angehörige besaß. Zu Beginn des 20.Jahrhunderts war die Gemeinde in Auflösung begriffen. Die wenigen hier noch lebenden jüdischen Familien wurden im Juni 1944 nach Auschwitz-Birkenau deportiert.
Weitere Informationen:
The Jewish Community of Senec, Hrg. Beit Hatfutsot – The Museum of the Jewish Peoplne, online abrufbar unter: dbs.bh.org.il/place/senec
Yehoshua Robert Buchler/Ruth Shashak (Hrg.), “Reca (Rete)” – Encyclopaedia of Jewish communities, Slovakia (Reca, Slovakia), online abrufbar unter: jewishgen.org/yizkor/pinkas_slovakia/slo537.html
The Encyclopedia of Jewish Life before and during the Holocaust (Vol. 2), New York University Press, Washington Square, New York 2001, S. 1160/1161 (Senec/Wartberg) und S. 1063 (Reca/Entenberg)
Maros Borský, Synagogue Architecture in Slovakia towards creating a memorial landscape of lost community, Dissertation (Hochschule für Jüdische Studien in Heidelberg), 2005, S. 133