Alpen (Nordrhein-Westfalen)

 Datei:Alpen in WES.svg Die Kommune Alpen mit derzeit ca. 12.000 Bewohnern liegt am unteren Niederrhein und gehört dem Kreis Wesel an - ca. 15 Kilometer südwestlich der Kreisstadt gelegen (Kartenskizze 'Kreis Wesel', TUBS, 2008, aus: wikipedia.org, CC BY-SA 3.0).

Heerlijkheid-alphen.jpg "Herschaft Alpen" (hist. Karte aus dem 17.Jahrhundert)

 

Erstmalige Ansässigkeit eines Juden (David Abraham) in Alpen ist ab 1714 urkundlich belegt. Es ist dies ein von der Herrschaft Alpens ausgestellter Schutzbrief, der seinem Besitzer (David Abraham) hier ein Wohnrecht zusicherte. Ihm folgten weitere nach, bis es etwa ein Jahrhundert später ca. 50 jüdische Bewohner waren, die vorwiegend als Kleinhändler und Metzger tätig waren.

Die Einrichtung der Alpener Synagoge auf einem Hinterhofgelände in der Burgstraße erfolgte um 1800. Der zweigeschossige Backsteinbau lag hinter der an die Straße grenzenden kleinen Religionsschule. Die Synagogengemeinde verfügte ebenfalls über eine Mikwe in der Mauerstraße, die mit ihren fast 100 Quadratmetern bis in das beginnende 20.Jahrhundert hinein genutzt wurde.

Weit außerhalb der Ortschaft, an der Menzelner Straße, befand sich der jüdische Friedhof, dessen Anlage im 18.Jahrhundert erfolgt sein muss; der älteste noch vorhandene Grabstein trägt die Jahresangabe von 1792.

Zu Beginn der 1930er Jahre gehörten auch die Juden aus den Bürgermeistereien Büderich, Hoerstgen, Kamp, Orsoy, Rheinberg, Rheurdt und Vierquartieren zur Kultusgemeinde Alpen.

Juden in Alpen:

         --- 1738 .........................  5 ‘Schutzjuden’ (mit Familien),

    --- 1740 ......................... 10       “     ,        "

    --- 1794 ......................... 13       “     ,        "

    --- 1806 ......................... 59 Juden,

    --- 1824 ......................... 53   “   (in 9 Familien),

    --- 1857 ......................... 10 jüdische Familien,

    --- um 1880 ...................... 72 Juden,

    --- 1907 ......................... 60   “  ,

    --- 1913 ......................... 52   “  ,

    --- 1932 ......................... 31   “  ,

    --- 1937 ......................... 43   “  ,

    --- 1941 (Dez.) ..................  4   “  ,

    --- 1942 (Jan.) ..................  keine.

Angaben aus: “Alpen: 10.November 1938” - Katalog zur Ausstellung

und                  Elfi Pracht-Jörns, Jüdisches Kulturerbe in Nordrhein-Westfalen, Teil II: Reg.bez. Düsseldorf, S. 587

 

     Ortsstraße in Alpen - Aufn.um 1915 (aus: wikipedia.org, CCO)

Die jüdischen Bewohner Alpens scheinen ab den 1880er Jahren weitgehend in das kommunale Leben integriert gewesen zu sein, wie ihre Mitgliedschaften in lokalen Vereinen belegen.

Nach der NS-Machtübernahme begann auch in Alpen die Ausgrenzungspolitik Wirkung zu zeigen. Vorläufiger Höhepunkt der Gewaltmaßnahmen war die Zerstörung jüdischer Häuser und Angriffe auf drei jüdische Einwohner während der Novembertage 1938. Diese ‚Aktionen’, die im Wesentlichen von einem aus Wesel angerückten SS-Trupp ausgeführt wurden, richteten sich anschließend auch gegen die Synagoge in der Burgstraße. Nach Plünderung der Kultgegenstände und Zerstörung der Inneneinrichtung legten die SS-Männer Feuer; das Synagogengebäude brannte bis auf die Grundmauern nieder. Die herbeigeeilte Feuerwehr schützte - auf Anordnung - nur die umliegenden Gebäude und Anwesen. Alle männlichen Juden in Alpen wurden im Arrestkeller des Rathauses inhaftiert. Über die Gründe der „Judenaktion“ wurde die Alpener Bevölkerung tags darauf in einer Versammlung in einem Gasthaus informiert.

Wem es nicht gelang zu emigrieren, der wurde Ende 1941/Anfang 1942 in die Ghettos von Riga und Minsk deportiert. 13 jüdische Bewohner Alpens wurden Opfer der Shoa.

            Alpen (V-0200).jpg Am Gebäude der einstigen Synagoge in der Burgstraße (Aufn. V., 2017, aus: commons.wikimedia.org, CC BY-SA 4.0) erinnert eine Gedenktafel mit der folgenden Inschrift an die ehemalige jüdische Gemeinde:

Sie steckten in Brand Dein Heiligtum. (Psalm 74)

An diesem Platz stand die Synagoge der Jüdischen Gemeinde Alpen.

Sie wurde in der Pogromnacht des 10.November 1938 mutwillig in Brand gesteckt und zerstört.

Die jüdischen Bürger Alpens wurden im Zuge nationalsozialistischer Gewaltmaßnahmen vertrieben, deportiert und ermordet. Keiner kehrte zurück.

Den Toten zum ehrenden Gedenken, den Lebenden zur Mahnung.

 

Auf dem jüdischen Friedhof sind heute noch 56 Grabsteine zu finden; die letzte Bestattung erfolgte hier 1936.

https://karu02.files.wordpress.com/2011/06/friedhof-7.jpg%3Fw%3D590%26h%3D442

 Blick auf den jüdischen Friedhof von Alpen und einzelne Grabsteine (alle Aufn. karu02.wordpress.com, 2011)

Friedhof 9 Friedhof 4

2011 wurde der Ratsbeschluss gefasst, auch in Alpen sog. „Stolpersteine“ zu verlegen, nachdem ein ökumenischer Arbeitskreis die Initiative dafür ergriffen hatte. Ein Jahr später wurden in die Gehwegpflasterung Alpens 14 dieser messingfarbenen Gedenktäfelchen eingefügt.

Stolperstein für Amalie Levygeb. MeyerStolperstein für Moritz Levy  Stolperstein für Johanna MeyerStolperstein für Paula Meyergeb. Vyth  Stolperstein Alpen Bruckstraße 20 Julius MischStolperstein für Emma MischStolperstein für Erna Misch verlegt in der Bruckstraße (Aufn. Gmbo, 2017, aus: wikipedia.org, CCO)

 

 

 

Die in der Bürgermeisterei Rheurdt lebenden jüdischen Familien - erstmals ist für das Jahr 1848 eine Familie genannt - gehörten zunächst als Filiale zur Synagogengemeinde Rheinberg, später zur Synagogengemeinde Alpen und ab den 1930er Jahren zur Gemeinde Moers. Als einzige gemeindliche Einrichtung verfügten die Juden Rheurdts über ein sehr kleines Synagogengebäude, das an ein Privathaus angebaut war. Verstorbene wurden auf dem jüdischen Friedhof in Hoerstgen bestattet.

Anfang der 1930er Jahre lebten sechs Familien jüdischen Glaubens in Rheurdt. Während des Pogroms 1938 wurde das Anwesen, auf dem sich der Betraum befand, verwüstet. Mit der Deportation der dreiköpfigen jüdischen Familie David endete jüdisches Leben im Ort.

Ein 1969 auf dem kommunalen Friedhof errichteter Gedenkstein für die ehemaligen jüdischen Rheurdter Familien wurde 1996 auf die kleine Gedenkstätte am Rathaus umgesetzt

Eine Reihe von sog. „Stolpersteinen“ erinnert im Ort heute daran, dass bis in die NS-Zeit hier jüdische Familien gelebt haben, deren Angehörige Opfer der NS-Verfolgung wurden.

Stolperstein Rheurdt Rathausstraße 27 Moses DavidStolperstein Rheurdt Rathausstraße 27 Martha LeiserStolperstein Rheurdt Rathausstraße 27 Bernhard LeiserStolperstein Rheurdt Rathausstraße 27 Hans Leiseralle acht Steine verlegt in der Rathausstraße  

             Stolperstein Rheurdt Rathausstraße 70 Georg Kaufmann Stolperstein Rheurdt Rathausstraße 70 Amalie KaufmannStolperstein Rheurdt Rathausstraße 70 Paula KaufmannStolperstein Rheurdt Rathausstraße 70 Margot KaufmannAufn. Gmbo, 2019, aus: wikipedia.org, CCO

 

 

 

In Kamp-Lintfort wurden an mehreren Standorten sog. „Stolpersteine“ in die Gehwegpflasterung eingelassen; diese erinnern an Personen, die wegen ihres Glaubens oder ihrer politischen Überzeugung Opfer der NS-Gewaltherrschaft wurden.

 

[vgl. Rheinberg und Orsoy (Nordrhein-Westfalen)]

 

 

 

Weitere Informationen:

Peter Schmitter, Geschichte der Alpener Juden. Dokumente vom Alpener Beginn bis zum Leidensweg in der NS-Zeit, Hrg. SPD-Ortsverein Alpen, Alpen 1986

Alpen: 10.November 1938” - Katalog zur Ausstellung, Hrg. Gemeinde Alpen, Alpen 1988

Theo Mäschig, Die Rheurdter Juden 1842 - 1942, hrg. von der Gemeindeverwaltung Rheurdt, 1988

Michael Brocke (Hrg.), Feuer an dein Heiligtum gelegt - Zerstörte Synagogen 1938 Nordrhein-Westfalen, Ludwig Steinheim-Institut, Kamp Verlag, Bochum 1999, S. 9/10

Elfi Pracht-Jörns, Jüdisches Kulturerbe in Nordrhein-Westfalen, Teil II: Regierungsbezirk Düsseldorf, J.P. Bachem Verlag, Köln 2000, S. 362/363 und S. 587/588

The Encyclopedia of Jewish Life before and during the Holocaust (Vol. 1), New York University Press, Washington Square, New York 2001, S. 31

Bernhard Keuck/Gerd Halmanns (Hrg.), Juden in der Geschichte des Gelderlandes, in: "Veröffentlichungen des historischen Vereins für Geldern und Umgebung", Band 101/2002

Theo Mäschig, Die Rheurdter jüdische Gemeinde, in: "Tönisberger Heimatblätter", No.10/2008, S. 21 – 29

Jüdischer Friedhof Alpen – private Webseite, abrufbar unter: karu02.wordpress.com

Auflistung der in Alpen verlegten Stolpersteine, online abrufbar unter: wikipedia.org/wiki/Liste_der_Stolpersteine_in_Alpen_(Niederrhein)

Auflistung der in Rheurdt verlegten Stolpersteine, online abrufbar unter: wikipedia.org/wiki/Liste_der_Stolpersteine_in_Rheurdt

Auflistung der in Kamp-Lintfort verlegten Stolpersteine, online abrufbar unter: .wikipedia.org/wiki/Liste_der_Stolpersteine_in_Kamp-Lintfort