Altdorf (Rheinland-Pfalz)

Bildergebnis für kreis südliche weinstraße karte Altdorf ist heute ein Ortsteil der Verbandsgemeinde Maikammer (Kreis Südliche Weinstraße) - nur wenige Kilometer südlich von Neustadt a.d.Weinstraße bzw. nördlich von Landau/Pfalz gelegen (Kartenskizze 'Landkreis Südliche Weinstraße', Lencer 2007, aus: commons.wikimedia.org, CC BY-SA 3.0).

 

Im östlich von Edenkoben gelegenen Altdorf sind erstmals um 1635 jüdische Dorfbewohner genannt. Seit dem ausgehenden 18.Jahrhundert bildete sich hier eine relativ große jüdische Landgemeinde, die in der ersten Hälfte des 19.Jahrhunderts immerhin ca. 100 Angehörige zählte und damit mehr als 15% der Einwohnerschaft ausmachte.

An Einrichtungen bestanden hier eine Synagoge (Betsaal), eine jüdische Schule und eine Mikwe. Der Betraum in Altdorf wurde auch von den Glaubensgenossen aus Böbingen und Freinsheim aufgesucht. Die Gemeinde besaß zeitweise einen Lehrer, der auch den Vorbeter- und Schächtdienst verrichtete. Als dann die Gemeinde zu klein geworden und damit nicht mehr in der Lage war, das Gehalt für einen eigenen Lehrer aufzubringen, unterwies der in Venningen tätige Lehrer die Altdorfer Kinder im Fache Religion.

Über einen eigenen Friedhof verfügte die Gemeinde nicht; Verstorbene Gemeindeangehörige wurden auf dem jüdischen Verbandsfriedhof in Essingen begraben, den zahlreiche Gemeinden der Region nutzten, so die von Arzheim, Böbingen, Böchingen, Burrweiler, Diedesfeld, Edenkoben, Edesheim, Freimersheim, Gommersheim, Kirrweiler, Maikammer und Venningen.

  Friedhof in Essingen (Aufn. D.Krieger, 2009, aus: wikipedia.org, CC-BY-SA 3.0)

Juden in Altdorf:

--- 1808 ...........................  73 Juden (ca. 22% d. Bevölk.),

--- 1823 ...........................  96   “   (ca. 16% d. Bevölk.),

--- 1835 ........................... 100   “   (ca. 15% d. Bevölk.),

--- 1848 ........................... 102   “   (in 26 Familien),

--- 1857 ...........................  76   “  ,

--- 1875 ...........................  23   “  ,

--- 1900 ...........................  13   “  ,

--- 1910 ...........................   9   “  ,

--- 1925 ...........................   5   “  ,

--- 1940 ...........................   3   “  .

Angaben aus: Stefan Fischbach/Ingrid Westerhoff (Bearb.), “ ... und dies ist die Pforte des Himmels. …, S. 72

 

Innerhalb nur weniger Jahrzehnte ging die Zahl der hier lebenden jüdischen Familien stark zurück (siehe oben); 1875 lebten hier nur noch 23 Juden. Wegen der geringen Zahl der Gemeindeangehörigen wurde um 1880 der Betraum aufgegeben. Anfang der 1890er Jahre löste sich die Kultusgemeinde Altdorf schließlich auf; die wenigen verbliebenen Gemeindemitglieder schlossen sich der Gemeinde Venningen an (1894).

vgl. Venningen (Rheinland-Pfalz)

Vor Beginn der Deportationen (1940) lebten noch drei jüdische Bewohner im Dorf.

 

Julius Moses, der 1869 in Altdorf geboren wurde, siedelte 1896 nach Mannheim über und eröffnete dort eine Arztpraxis, die 38 Jahre lang bestand (bis zur Schließung 1934). Als Arzt und Heilpädagoge galt sein Engagement dem Schul- und Fürsorgewesen, so auch der Kinder- und Jugendpsychiatrie. Seit 1929 war Julius Moses Professor an der Mannheimer Handelshochschule. Sein besonderes Engagement galt den sozial schwachen Familien und insbesondere deren Kindern. Der jüdische Mediziner war von Jugend an ein glühender Zionist und persönlich mit Theodor Herzl bekannt. Auf seine Initiative hin gründete sich in Mannheim eine Ortsgruppe der Zionistischen Vereinigung für Deutschland (ZVfD), deren Vorsitz er übernahm. Zudem bekleidete er führende Positionen in der jüdischen Gemeinde Mannheims und war Mitglied im „Badischen Oberrat der Israeliten“. Nachdem er nach der NS-Machtübernahme seine Zulassung verloren hatte, ging er 1934 mit seiner Familie nach Palästina. Julius Moses verstarb 1945 in Tel Aviv.

 

 

 

Weitere Informationen:

Hermann Arnold, Juden in der Pfalz - Vom Leben pfälzischer Juden, Pfälzische Verlagsanstalt, Landau/Pfalz 1986

Alfred Hans Kuby, Die jüdische Gemeinde Altdorf 1796 – 1815, in: "Pfälzisch-rheinische Familienkunde", No.35/1986, S. 8 - 10

Karl Fücks/Michael Jäger, Synagogen der Pfälzer Juden. Vom Untergang ihrer Gotteshäuser und Gemeinden, Hrg. Jüdische Kultusgemeinde der Rheinpfalz, Neustadt/Weinstraße 1988, S. 68 f.

Alfred Hans Kuby (Hrg.), Pfälzisches Judentum gestern und heute. Beiträge zur Regionalgeschichte des 19./20.Jahrhunderts, Verlag Pfälzische Post, Neustadt a.d.Weinstraße 1992

Altdorf (Rheinland-Pfalz), in: alemannia-judaica.de

Stefan Fischbach/Ingrid Westerhoff (Bearb.), “ ... und dies ist die Pforte des Himmels. Synagogen. Rheinland-Pfalz Saarland, Hrg. Landesamt für Denkmalpflege, Mainz 2005, S. 72/73

Otmar Weber, Die Synagogen in der Pfalz von 1800 bis heute. Unter besonderer Berücksichtigung der Synagogen in der Südwestpfalz, Hrg. Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit Pfalz (Landau), Dahn 2005, S. 41/42

Susanne Hahn, Der Berliner Julius Moses (1868–1942) und der Mannheimer Julius Moses (1869–1945). Parallelen und Besonderheiten im Leben und Werk, in: Caris-Petra Heidel (Hrg.), Der Einfluss des Zionismus aus Medizin und Gesundheitswesen, Frankfurt/M. 2006