Bösing/Pezinok (Slowakei)

Bildergebnis für Pezinok slowakei karte Das slowakische Pezinok (dt. Bösing, ung. Bazin) liegt ca. 20 Kilometer nordöstlich von Preßburg/Bratislava (Karte aus: wikipedia.org, CCO).

Im 13./14.Jahrhundert wurde nahe der Stadt Gold gefördert. Im 17. und 18. Jahrhundert erlebte Pezinok den größten Aufschwung und gehörte zu den reichsten Städten des Ungarischen Reiches. Diese erfolgreichen Entwicklung beruhte auf der Produktion verschiedener Weinsorten hoher Qualität. Im 19. Jahrhundert kam es zur Industrialisierung der Stadt.

Bereits im 13.Jahrhundert sollen Juden in Bösing (zeitweilig) gelebt und hier auch eine Gemeinde gebildet haben; damit war sie eine der ältesten auf dem Gebiet der Slowakei.

Im 15.Jahrhundert wohnten die jüdischen Familien ghettoartig in einer Straße; damals sollen sie Anfeindungen der deutschen Bevölkerung ausgesetzt gewesen sein. Das Ende der jüdischen Gemeinde kam im Jahre 1529, als 30 Juden öffentlich verbrannt und die restlichen aus der Stadt vertrieben wurden.

Im ausgehenden 17.Jahrhundert folgte eine Neuansiedlung (auf dem der Adelsfamilie Palffy gehörenden Ländereien); alsbald konstituierte sich eine Gemeinde, die derzeit einer der größten und einflussreichsten der Slowakei war. Ihren zahlenmäßigen Zenit erreichte die Kultusgemeinde in den 1850er Jahren.

Seit den 1840er Jahren gab es in der Stadt eine jüdische Elementarschule.

Der Bau einer neuen Synagoge ist für das Jahr 1872 (oder 1874) belegt.

Bildergebnis für Pezinok synagoga Synagoge in Bösing (Aufn. um 1910)

Juden in Bösing:

--- 1787 ....................... ca. 300 Juden,

--- 1830 ........................... 220   “  ,

--- 1840 ........................... 271   “  ,

--- 1850 ........................... 280   “  ,

--- 1857 ....................... ca. 540   “  (ca. 10% d. Bevölk.),

--- 1880 ........................... 321   “  ,

--- 1919 ....................... ca. 360   “  ,

--- 1930 ........................... 418   “  ,

--- 1940 ........................... 235   “  ,

--- 1941(Dez.) ..................... 175   "  ,

--- 1947 ...........................  45   “  ,

Angaben aus: The Encyclopedia of Jewish Life before and during the Holocaust (Vol. 2), S. 983

und                  Pezinok, online abrufbar unter: jewishvirtuallibrary.org/pezinok

 

Bei den Osterunruhen des Jahres 1848 richtete sich der ‘Volkszorn’ besonders gegen die jüdische Mittelschicht, die hier unternehmerisch im Weinhandel und als Industrielle tätig waren.

Erneute antijüdische 'Vorkommnisse' waren unmittelbar nach Ende des Ersten Weltkrieges zu verzeichnen; auch hier spielten Neidgefühle auf die Angehörigen der recht wohlhabenden Gemeinde eine Rolle.

Als ab Ende der 1930er Jahre der staatlich sanktionierte Antisemitismus immer mehr Zuspruch fand, wurden die die Stadt beherrschenden jüdischen Geschäfte Ziele von Gewalt. Nach der dann offiziell eingeführten antijüdischen Gesetzgebung verließen zahlreiche jüdische Einwohner die Stadt.

Im Frühjahr 1942 setzten die Deportationen ein, die nach Auschwitz, Majdanek und andere Lager im Distrikt Lublin führten; für die allermeisten war es der Weg in den Tod. Als die Deutschen die Region besetzten, wurden die wenigen noch hier sich aufhaltenden Juden ermordet bzw. deportiert.

Nach Kriegsende hielten sich nur wenige jüdische Überlebende wieder in Peziok auf, bis 1949 hatten fast allen den Ort verlassen und waren zumeist nach Israel emigriert.

Seit 2002 erinnert eine Gedenktafel an die in den 1950er Jahren abgerissene Synagoge der Stadt.

An drei Standorten erinnern insgesamt sieben „Stolpersteine“ an verfolgte/ermordete ehemalige jüdische Bewohner.

Stolperstein für Arpad Kohn (Pezinok).jpgStolperstein für Helena Kohnova (Pezinok).jpg Stolperstein für Etela Lamplova (Pezinok).jpgStolperstein für Simon Elias Lampl (Pezinok).jpgStolperstein für Eugen Lampl (Pezinok).jpgStolperstein für Hedviga Lamplova (Pezinok).jpg Stolperstein für Ida Reisnerova (Pezinok).jpg(Aufn. Chr. Michelides, 2017, aus: wikipedia.org, CC BY-SA 4.0)

 

 

Erste Ansiedlung jüdischer Familien bestand in Modern/Modra (ung. Modor) - 1361 zur Stadt erhoben am Fuß der Kleinen Karpaten, nur wenige Kilometer nördlich von Pezinok gelegen - bereits im 17.Jahrhundert; gegen Ende des 18.Jahrhunderts bildete sich in Modern eine kleine Gemeinschaft, die erst nach 1850/1860 deutlich anwuchs, aber im Laufe ihres Bestehens zu keiner Zeit mehr als ca. 180 Angehörige besaß.

In der zweiten Hälfte des 19.Jahrhunderts wurde Modern Sitz eines Regionalrabbinats, dem zwölf kleinere Ortschaften unterstanden.

Als die Zahl der Gemeindeangehörigen ihren höchsten Stand erreicht hatte, weihte die hiesige Judenschaft im Jahre 1902 ihr neues, im maurischen Stile gestaltetes Synagogengebäude ein.

Ein Friedhof stand seit den 1860er Jahren verstorbenen Gemeindeangehörigen zur Verfügung.

Juden in Modern:

--- 1880 ......................... 149 Juden,

--- 1900 ......................... 170   “  ,

--- 1921 ......................... 116   “  ,

--- 1946 .........................  49   “  .

Angaben aus: The Encyclopedia of Jewish Life before and during the Holocaust (Vol. 2), S. 835

Im Gefolge der revolutionären Unruhen des Jahres 1848 wurden in Modern jüdische Geschäfte und Wohnungen geplündert.

Nach der Jahrhundertwende ging die Zahl der Juden Moderns infolge Abwanderung in die größeren Städte deutlich zurück; beschleunigt wurde diese Entwicklung durch das erfolgreiche Wirken zionistischer Gruppierungen nach dem Ersten Weltkrieg.

Die wenigen in Modern verbliebenen jüdischen Familien waren nach Etablierung des slowakischen Nationalstaates einer antisemitischen Gesetzgebung ausgesetzt, die zunächst zur „Arisierung“ ihres Eigentums führte und schließlich mit den Deportationen (im März 1942) in die Vernichtungslager endete.

Das Synagogengebäude ist zwar baulich bis heute erhalten geblieben, doch haben im Laufe der Jahrzehnte umfangreiche Umbauten das Haus völlig verändert (zunächst als Lagerhaus, derzeit als Wohngebäude genutzt).

File:Bývalá synagóga, Súkenícka 34, Modra 01.JPGEhem. Synagoge (Aufn. H. Vlado, 2014, aus: commons.wikimedia.org, CC BY-SA 4.0)

Der jüdische Friedhof war in den 1960er Jahren Ziel von Schändungen.

 

 

 

Weitere Informationen:

The Encyclopedia of Jewish Life before and during the Holocaust, New York University Press, Washington Square, New York 2001, Vol. 2, S. 835/836 (Modern/Modra) und S. 983 (Bösing/Pezinok)

Maros Borský, Synagogue Architecture in Slovakia towards creating a memorial landscape of lost community, Dissertation (Hochschule für Jüdische Studien in Heidelberg), 2005, S. 132 u. 182

Pezinok/Bösing, online abrufbar unter: jewishvirtuallibrary.org/pezinok

The Jewish Community of Pezinok, Hrg. Beit Hatfutsot – The Museum of the Jewish People, online abrufbar unter: dbs.bh.org.il/place/pezinok

Branislav Chovan (Red.), Modra's jewish history, 2012

Auflistung der in Pezinok verlegten Stolpersteine, online abrufbar unter: wikipedia.org/wiki/Liste_der_Stolpersteine_im_Bratislavský_kraj