Bocholt (Nordrhein-Westfalen)

Datei:Bocholt in BOR.svg Die Stadt Bocholt mit derzeit ca. 72.000 Einwohnern liegt im westlichen Münsterland und ist die mit Abstand größte Stadt des Kreises Borken im Reg.bezirk Münster (Ausschnitt aus hist. Karte des Amtes Bocholt u. der Herrschaft Werth aus: "Theatrum orbis terrarum, sive, Atlas novus", erstellt 1645/1662  und  Kartenskizze 'Kreis Borken', TUBS 2008, aus: commons.wikimedia.org, CC BY-SA 3.0).

Datei:Bocholt1793.jpg

Stadtansicht Bocholt, um 1795 (aus: aus: wiki-de.genealogy.net/Bocholt)

 

Bocholt war im 19.Jahrhundert Standort der größten jüdischen Gemeinde im westlichen Münsterland.

1683 werden in Bocholt erstmals jüdische Familien erwähnt; als Schutzjuden besaßen diese drei Familien Geleitbriefe, wie sie die vom Münsteraner Fürstbischof erlassene Judenordnung von 1662 vorschrieb. Nur wer einen solchen Geleitbrief besaß, konnte sich im Stift Münster aufhalten; zudem waren jährliche Tributzahlungen zu entrichten. Ende des 18.Jahrhunderts lebten elf jüdische Familien in Bocholt. 1798 erhielten die Juden Bocholts die Erlaubnis, eine Synagoge zu errichten; dabei galt aber die Einschränkung, dass das Synagogengebäude unauffällig und von der Straße aus nicht zu sehen sein sollte. Zuvor hatten gottesdienstliche Zusammenkünfte in Privathäusern stattgefunden. So war 1743 im Privathaus der Witwe von Israel Leffmann nahe des Marktes ein Betraum eingerichtet worden, der aber nur wenige Jahre genutzt werden konnte; ein Verbot des Magistrats machte es notwendig, einen neue Bleibe zu suchen, die man dann 1747 im Hause des damaligen Gemeindevorstehers, Israel Fuldauer, in der (späteren) Nobelstraße fand.

Foto des Monats zeigt die Bocholter Synagoge Synagoge Bocholt - hist. Aufn. (Abb. aus: Bocholter/Borkener Volksblatt)

Der neue Synagogenbau, dem eine Mikwe angeschlossen war, befand sich inmitten dichter Bebauung auf einem rückwärtigen Grundstück der Nobelstraße (heute Europaplatz). 1881 erfolgte eine Generalrenovierung und Vergrößerung der Synagoge. Das an der Wand angebrachte Psalmwort lautet: „Ich habe den Ewigen stets vor Augen, wenn er mir zur Seite steht, werde ich nicht wanken“ (Psalm 16,8).

 Innenraum der Synagoge in Bocholt (hist. Aufn., Stadtarchiv)

Die Liturgie folgte bis in die frühen 1900er-Jahre dem orthodoxen Ritus; mit dem neuen Kantor Levy Nußbaum (ab 1919) war dann eine Veränderung der gottesdienstlichen Ablaufs verbunden.

In der Nobelstraße befand sich auch das Schulhaus mit der jüdischen Elementarschule, das 1898 durch ein neues Gebäude am Nordwall ersetzt wurde.

Bereits um 1700 war den Juden Bocholts zwischen Stadtmauer und Stadtgraben ein eigener Begräbnisplatz zugewiesen worden. Nach 1810 wurde ein an der Straße „Auf der Recke“ gelegenes Areals 1940 von der jüdischen Gemeinde genutzt; 1940 wurde es zwangsweise geschlossen. Fortan befand sich der Friedhof an der Vardingholter Straße; hierher wurden auch die 126 Grabstellen mit den 94 Grabsteinen verbracht; die Exhumierungsarbeiten leisteten polnische Kriegsgefangene.

Juden in Bocholt:

         --- 1654 .........................    2 jüdische Familien,

    --- 1784 .........................   11     “       “    ,

    --- 1814 .........................   97 Juden,

    --- 1824 .........................  125   “  ,

    --- 1840 .........................  138   “  ,

    --- 1855 .........................  126   “  (in ca. 22 Familien),

    --- 1871 .........................  127   “  ,

    --- 1886 .........................  184   “  ,

    --- 1905 .........................  296   “  ,

    --- 1933 ..................... ca.  220   “  ,

    --- 1935 (Okt.) .............. ca.  150   “  ,

    --- 1936 ..................... ca.   70   “  ,

    --- 1939 .........................   39   “  ,

    --- 1940 .........................   38   “  ,

    --- 1941 (Okt.) ..................   34   “  .

Angaben aus: Josef Niebur, Juden in Bocholt - Dokumentation

                                                    Die Geschäfte der alten Nordstraße

Rivardistraße und Nordstraße, hist. Aufn. (aus: commons.wikimedia.org, CCO bzw. bbv-net.de)

Im Laufe des 19.Jahrhunderts nahm die Bevölkerung Bocholts enorm zu; dies galt auch für den jüdischen Anteil. Neben ihren traditionellen Gewerben waren die Bocholter Juden vor allem in der Textilfabrikation tätig; mehrere größere Webereien beschäftigten Hunderte von Arbeitern. Erste judenfeindliche „Vorkommnisse“ in Bocholt hat es bereits im Jahre 1928 gegeben.

Zu Beginn der NS-Zeit lebten in der Stadt etwa 220 Bürger jüdischen Glaubens. Auch in Bocholt fand im Frühjahr 1933 der reichsweit befohlene Boykott jüdischer Geschäfte statt, der auch in der Folgezeit mehrfach wiederholt wurde. Einschüchterung und Verlust der wirtschaftlichen Grundlage führten dann bald zur Ab- bzw. Auswanderung und bis 1938 emigrierten ca. 120 Juden. Nachdem die Mehrzahl der jüdischen Familien Bocholt verlassen hatte, wurde 1936 auch die jüdische Schule - seit 1933 privat geführt - geschlossen. Der letzte Vorsitzende der jüdischen Gemeinde Bocholt, Louis Ostberg, emigrierte im Sommer 1938, die Leitung der Gemeinde hatte nun Bertold Löwenstein übernommen. Nach einer NSDAP-Versammlung im Schützenhaus, zu der sich die gesamte NS-Prominenz versammelt hatte und bei der die „spontane Volkserhebung“ vorbereitet wurde, zogen SA-Trupps durch die Straßen zur Synagoge, zertrümmerten dort die Inneneinrichtung und warfen die Kultgegenstände auf die Straße. Ein Brand wurde nicht gelegt, da das Gebäude an das nahe Holzlager einer Schreinerei grenzte.

Demoliertes Synagogeninnere (hist. Aufn., Stadtarchiv Bocholt)

Die während des Novemberpogroms geschändete Synagoge wurde dann als Lagerraum benutzt; 1942 wurde das Gebäude durch Bomben zerstört und brannte völlig aus.

Auch jüdische Geschäfte und Wohnungen fielen der blinden Zerstörungswut zum Opfer. Im Frühjahr 1940 musste der jüdische Friedhof in Rhede - er war Eigentum der Jüdischen Kultusvereinigung Bocholt - verkauft werden. Wer nicht emigrieren konnte, wurde in „Judenhäusern“ untergebracht. Ab Ende 1941 wurden die hier noch lebenden Juden nach Riga und Theresienstadt (Sommer 1942) deportiert.

                 Aus der Stadtchronik:

“... Auf Anordnung der Geheimen Staatspolizei wurden 26 Juden aus Bocholt nach Riga deportiert. ... Der Abtransport erfolgte am heutigen Tage, vormittags, durch einen von der Polizeiverwaltung in Bocholt zur Verfügung gestellten Omnibus. Das Gepäck wurde durch einen Anhänger eines Lastkraftwagens ... nach Münster transportiert. Die Kosten übernahm die Geheime Staatspolizei. ... Wertpapiere, Devisen, Sparbücher usw., Wertsachen jeder Art (Gold, Silber, Platin, mit Ausnahme des Eheringes) durften nicht mitgenommen werden. ... Es war ihnen ferner anheimgestellt, Handwerkszeug (...) mitzunehmen. Die Mehrzahl der Juden hat diese Werkzeuge auch mitgenommen. Fahrräder, Ferngläser, Schreibmaschinen, Fotoapparate usw., über die sich die Geh. Staatspolizei das Verfügungsrecht vorbehalten hat, wurden bei der Ortspolizeibehörde vorläufig sichergestellt.

(aus: Bocholt - von Nazi-Diktatur, Untergang u. Neubeginn, zum 50.Jahrestag des Kriegsendes 1945, S. 55)

Nachweislich sind 34 Bocholter Juden Opfer des Holocaust geworden.*     *Anderen Angaben zufolge sollen es mehr als 100 Personen gewesen sein.

In drei Baracken im Stadtwald (ca. drei Kilometer vom Stadtzentrum entfernt) waren KZ-Überlebende jüdischen Glaubens (z.g.T. aus dem DP-Camp Bergen-Hohne kommend) untergebracht; sie lebten hier 1947/1948 für einige Wochen in Gruppen von ca. 300 - 400 Personen im sog. "Palestine Transit Camp"  und wurden im Rahmen der Aktion “Grand National” auf ihre Ausreise nach Palästina vorbereitet. Aus dem Camp Bocholt wurden insgesamt mehr als 5.000 Juden mit Zügen nach Marseille gebracht; von dort gelangten sie mit Schiffen nach Haifa ins damalige britische Mandatsgebiet Palästina.

Anm.: Die Baracken im Bocholter Stadtwald hatten eine wechselvolle Geschichte: so dienten sie ab 1939 als Unterkünfte für Angehörige des NS-Reichsarbeitsdienstes, ab 1940 für Kriegsgefangene, 1945 für evakuierte Patienten des Bocholter Krankenhauses, nach 1945 für deutsche Kriegsgefangene, 1950 bzw. 1956 für Flüchtlinge aus der UdSSR bzw. Ungarn. Von 1957 bis 1976 diente das Gelände Bundeswehr-Zwecken. Seit 1980 ist es eine Parkanlage.

 

Juedischer friedhof bocholt.JPGJüdischer Friedhof Bocholt (Aufn. Katin Laakes, 2005, aus: commons.wikimedia.org, CC BY-SA 3.0)

Drei Jahre nach Kriegsende ließ die Stadt Bocholt auf dem jüdischen Friedhof an der Vardingholter Straße einen Gedenkstein aufstellen, der folgende Inschrift trägt:

Zum Gedenken an die jüdischen Mitbürger der Stadt Bocholt,

die in den Konzentrationslagern ihr Leben lassen mußten.

Sie starben für ihr Volk und ihren Glauben.

Die Stadt Bocholt

Gedenkstein (Aufn. K. Laakes, 2012, aus: wikipedia.org, CC BY-SA 3.0)

Auf dem ehemaligen Synagogengrundstück (Europaplatz/früher Nobelstraße) wurde im Jahre 1980 eine in den Boden gelassene Gedenkplatte mit folgender Inschrift enthüllt:

An dieser Stelle stand die Synagoge der Jüdischen Gemeinde

geschändet in der Reichskristallnacht 1938, endgültig zerstört seit 1945.

 

Seit 1988 informiert eine Fotodokumentation im Gebäude der Innungskrankenkasse Bocholt, Europaplatz, über die Geschichte der Jüdischen Gemeinde Bocholt und ihrer Synagoge.

Das 1970 am Rand der Innenstadt errichtete Denkmal „Die Trauernde“ der in Jerusalem lebenden Künstlerin Ellen Bernkopf trägt auf einer Bronzeplatte die Inschrift:

Die Mahnung ist: Nicht zu vergessen,

was der Mensch dem Menschen zufügen kann.

 

1999 wurde die wenige Schritte vom Platz der ehemaligen Synagoge verlaufende Rosenstiege in „An der Synagoge” umbenannt. Auch nach dem aus Burghaun stammenden und später in Bocholt tätigen jüdischen Lehrer Leo Nußbaum (1868-1940) wurde 1993 eine Straße benannt.

         Gedenkstätte (Aufn. Heidi Breuer)

Auf Initiative des Stadtrats errichtete man am 9.November 2005 auf dem Europa-Platz vor dem Haus des Handwerks, dem ehemaligen Standort der Synagoge, eine neue Gedenkstätte. Es ist dies ein dreiteiliges Mahnmal mit einem stilisierten, aus schwarzem Stein gefertigten Vorlesepult und zwei Bronzeplatten. Auf dem Vorlesepult sind die Umrisse der beiden wiedergefundenen Fragmente der 10-Gebote-Tafeln eingelassen.   

Seit 2007 wurden vor den ehemaligen Wohnstätten ermordeter Juden und NS-Regimegegner sog. „Stolpersteine“ verlegt; im Jahre 2010 waren insgesamt ca. 45 Steine ins Gehwegpflaster eingefügt; inzwischen hat sich ihre Zahl auf ca. 50 erhöht (Stand 2023).

Stolperstein für Simon BlumenthalStolperstein für Isidor Metzger Stolperstein für Selma Metzger Stolperstein für Hilde Metzgerverlegt im Niederbruch 20

und in der Bahnhofstraße Stolperstein für Aurelia WeylStolperstein für Paul LöwensteinStolperstein für Anna-Maria Löwenstein geb. Friedrichs (alle Aufn . Gmbo, 2019, aus: wikipedia.org, CCO)

 

 Cosmann Cohen (geb. 1836 in Bocholt) war der Sohn von Salomon Cosman; dessen Familie war zu diesem Zeitpunkt bereits in der dritten Generation in der Textilherstellung tätig. Sein Großvater war zu Beginn des 19. Jahrhunderts als Hausierer nach Bocholt gekommen und hatte hier eine Baumseidenmanufaktur gegründet. Er kaufte Baumwolle und Leinen auf, ließ sie in Lohnarbeit zu Garnen und Stoffen verarbeiten und übernahm nach der eigenen Färberei auch den Verkauf der Produkte. Seine Geschäfte reichten bis nach Holland und in die rheinischen Provinzen. Salomon Cohen war bereits Mitte des 19.Jahrhunderts mit seiner „Handlungsfirma Salomon Cosman Cohen“ zu den größeren Spinnanstalten Bocholts gezählt worden. Mit 180 Beschäftigten stieg dann die „Cosman Cohen & Comp.“ zum viertgrößten Betrieb in Bocholt auf; 1895 war das Unternehmen größter Steuerzahler der Stadt. Den überwiegenden Teil seines Vermögens erwirtschaftete Cosmann Cohen durch Beteiligung an auswärtigen Firmengründungen.

 

  Jeanette Wolff geb. Cohen, wurde 1888 als älteste Tochter jüdischer Eltern in Bocholt geboren. Schon als Jugendliche engagierte sie sich in der Sozialdemokratie und zählte später als Bocholter Stadtverordnete zu den wenigen Kommunalpolitikerinnen Westfalens. In zweiter Ehe war sie mit dem aus Dortmund stammenden Kaufmann Hermann Wolff verheiratet; die Eheleute gründeten in Bocholt ein Textilunternehmen. Nach der NS-Machtübernahme wurde sie auf Grund ihrer politischen Tätigkeit für mehr als zwei Jahre in Haft genommen. Jeanette Wolff überlebte das Rigaer Ghetto und das KZ Stutthof. Mit Ausnahme einer Tochter wurde die gesamt Familie Opfer der Shoa. Nach dem Krieg setzte sie ihre politische Tätigkeit fort, zuerst als Stadtverordnete von Berlin, dann ab 1951 als Mitglied des Deutschen Bundestages. Im Mittelpunkt ihres politischen Handelns stand die demokratische Neugestaltung Deutschlands, unauflösbar verbunden mit der Aufklärung über die jüngste Vergangenheit. Als jüdische Verbandspolitikerin bekleidete sie führende Positionen im Zentralrat der Juden und anderen jüdischen Organisationen. Zahlreiche Ehrungen würdigten das Engagement von Jeanette Wolff, so wurde sie u.a. mit dem Leo-Baeck-Preis ausgezeichnet. Sie starb am 19.Mai 1976 in Berlin. Der Jeanette-Wolff-Weg in Bocholt erinnert heute an diese Politikerin jüdischen Glaubens. - In Dinslaken trägt die dortige Realschule ihren Namen.

[vgl.  Anholt (Nordrhein-Westfalen)]

 

 

 

In Dingden (heute ein Ortsteil der Stadt Hamminkeln) lebten im 19.Jahrhundert wenige jüdische Familien. 1808 ließ sich Simon Cohen aus Schaßlau (Böhmen) hier nieder, betrieb im Dorf einen „Kleinhandel mit Ellenwaren und Gerberlohe“ und zudem als Metzger und Gastwirt tätig. Seit Ende der 1840er Jahre waren die Juden Dingdens der Synagogengemeinde Bocholt angeschlossen. Als einzige rituelle Einrichtung soll es in Dingden zeitweilig eine Begräbnisstätte gegeben haben. Seit 1895 lebte nur noch eine einzige jüdische Großfamilie, die Humbergs, im Dorf. Im Zentrum von Dingden liegt das „Humberghaus“, das im Volksmund auch nach seinem Erbauer „Jakobshaus“ genannt wird; dieses historische Gebäude, das fast 150 Jahre von jüdischen Familien bewohnt wurde, hat der hiesige Heimatverein zu einer Erinnerungsstätte („Juden auf dem Lande“) gemacht; seit Juni 2012 lädt der „Geschichtsort Humberghaus Dingden“ dazu ein, die Geschichte des Hauses zu entdecken, das kein Museum, sondern "ein Ort der Erinnerung, des Nachdenkens und des Lernens" sein soll.

            Das Humberghaus (Aufn. C.Derksen, 2013, aus: wikipedia.org, CC BY-SA 3.0) undefined

 

 

Datei:Rhede in BOR.svg In der im Münsterland zwischen Borken und Bocholt gelegenen Stadt Rhede (Kartenskizze TUBS, 2008, aus: commons.wikimedia.org, CC BY-SA 3.0) lässt sich jüdisches Leben bis in die Zeit um 1575 nachweisen, doch erst im beginnenden 19.Jahrhundert wurden Ansätze einer jüdischen Gemeinde erkennbar. Ab 1818 waren ein Betraum in einem Privathaus und ab 1825 ein jüdischer Begräbnisplatz vorhanden. Die jüdischen Kinder besuchten seit 1825 die hiesige Dorfschule; Religionsunterricht sollen im Sommer der jüdische Lehrer aus Bocholt, im Winter die Eltern erteilt haben. Nach 1830 suchten einige Kinder aus Rhede die in Bocholt bestehende israelitische Elementarschule auf.

Juden in Rhede:

–-- 1818 ...................  35 Juden (in 5 Familien),

--- 1843 ...................  17   “  ,

--- 1871 ...................  24   “  ,

--- 1895 ...................  11   “  ,

--- 1925 ...................  16   “  ,

--- 1941 (Dez.) ............  keine.

Angaben aus: Jürgen Runte (Bearb.), Rhede, in: Historisches Handbuch der jüdischen Gemeinschaften in Westfalen …, S. 604

Die um 1845/1850 eingerichtete Synagoge an der Dorfstiege, der heutigen Nordstraße, wurde bereits fünf Jahrzehnte später wieder aufgegeben, da die Zahl der jüdischen Bewohner inzwischen zurückgegangen war. Anfang der 1930er Jahre lebten noch drei Familien mosaischen Glaubens in Rhede; die letzte Bewohnerin wurde im Dezember 1941 ins KZ Riga-Kaiserwald deportiert und alsbald umgebracht.

Im Park vor dem St.Vinzenz-Hospital wurde 1990 ein Denkmal enthüllt, das drei Personen zeigt, die von Stacheldraht umgeben sind. Das Mahnmal - ein Werk von Karl Kostka (Lienen) - soll an die ermordeten Mitglieder dreier jüdischer Familien erinnern. Eine vor dem Denkmal angebrachte Bronzetafel trägt den Text:

Der Allmächtige beugt das Recht nicht (Hiob 24/12)

Unseren jüdischen Mitbürgern, die in den Jahren 1933 - 1945

von der nationalsozialistischen Terrorherrschaft verfolgt, vertrieben und ermordet wurden

Nach der letzten jüdischen Einwohnerin wurde im Jahr 1998 die „Bertha-Landau-Straße“ benannt.

In der Stadt wurden 2021 insgesamt 13 sog. Stolpersteine verlegt; diese vor Häusern in der Hohe Straße und Neustraße verlegten messingfarbenen Quader erinnern an die Schicksale von Angehörigen der jüdischen Familien Cleffmann, Mühlfelder und Landau.

Hier wohnte Emanuel Mühlfelder Jg. 1875 Deportiert 1942 Theresienstadt 1942 Treblinka ermordetBerta Landau Geb. Stern Jg. 1887 Deportiert 1941 Riga Ermordet 26.03.1942Stolpersteine NRW – Stolperstein Ruth Landau | WDRAbb. aus: stolpersteine.wdr.de

 

 

 

Weitere Informationen:

Diethard Aschoff, Zur Geschichte der Juden in Bocholt bis zum Ende des 30jährigen Krieges, in: "Unser Bocholt - Zeitschrift für Kultur und Heimatpflege" 34, Heft 4/1983, S. 3 f.

Josef Niebur, Juden in Bocholt - eine Dokumentation, in: Bocholter Quellen und Beiträge 3, hrg. von der Stadt Bocholt, Bocholt 1988

Josef Niebur, “Wenn Dou de Synagoge anstöckst, dann schloa ik Dij dod.”, in: August Bierhaus (Hrg.), ‘Es ist nicht leicht darüber zu sprechen.’ - Der Novemberpogrom 1938 im Kreis Borken, in: "Schriftenreihe des Kreises Borken", 9/1988, S. 57 - 62

Werner Sundermann, Die Synagoge wurde Opfer von SA-Trupps und Bomben, in: "Bocholter Volksblatt", No. 223 vom 26.9.1988

J.Niebur/W.Sundermann, “Je älter ich werde, desto öfter denke ich darüber nach!” - Zeitzeugen berichten über das Leben der jüdischen Mitbürger in Bocholt, Maschinenmanuskript Bocholt 1994/1995

Bocholt - von Nazi-Diktatur, Untergang und Neubeginn. Zum 50.Jahrestag des Kriegsendes 1945, Hrg. Verein für Heimatpflege e.V., Bocholt 1994/1995

Stadt Bocholt (Hrg.), Verdeckte Spuren - Ein Wegweiser zu Stätten ehemaligen jüdischen Lebens in Bocholt (Faltblatt), Bocholt 1995

J.Niebur/W.Sundermann, ‘Damit kein Gras darüber wächst ...’ - Neue Forschungsergebnisse zu den Deportationen der Bocholter Juden 1941 und 1942 (Vortrag), Maschinenmanuskript, Bocholt 1996

Eduard Westerhoff, Coman David Cohen (1753-1823) und seine Nachkommen, in: Hans Jürgen Teutenberg (Hrg.), Die westmünsterländische Textilindtustrie und ihre Unternehmer, in: "Westfälische Wirtschaftsbiographien 16", Münster 1996, S. 376 - 416

G. Birkmann/H. Stratmann, Bedenke vor wem du stehst - 300 Synagogen und ihre Geschichte in Westfalen und Lippe, Klartext Verlag, Essen 1998, S. 199 - 201

Josef Niebur, “Wie diese Sicherheit aussah, hörten wir erst später” (Deportationen). Bocholt - Geschichten aus der Geschichte, in: "Bocholter/Borkener Volksblatt", No. 170/1999 (Sonderseite)

Michael Brocke (Hrg.), Feuer an dein Heiligtum gelegt - Zerstörte Synagogen 1938 in Nordrhein-Westfalen, Ludwig Steinheim-Institut, Kamp Verlag, Bochum 1999, S. 50/51

Werner Sundermann, Drei jüdische Friedhöfe in Bocholt, in: ‘Westmünsterland’ - Jahrbuch des Kreises Borken 1999/2000"

Elfi Pracht-Jörns, Jüdisches Kulturerbe in Nordrhein-Westfalen. Regierungsbezirk Münster, J.P.Bachem Verlag, Köln 2002, S. 65 - 73

Werner Sundermann, Drei jüdische Friedhöfe in Bocholt, in: "Bocholter Quellen und Beiträge", Heft 10, Hrg. Stadt Bocholt, Bocholt 2002

Cosman David Cohen – Dokumente einer jüdischen Textilunternehmerfamilie in Bocholt, in: "Westfälisches Landesmuseum für Industriekultur" (online abrufbar)

Josef Niebur (Bearb.), Bocholt, in: Historisches Handbuch der jüdischen Gemeinschaften in Westfalen und Lippe. Die Ortschaften und Territorien im heutigen Regierungsbezirk Münster, Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Westfalen XLV, Ardey-Verlag, München 2008, S. 195 – 209

Hier wohnte“ - Gedenken und Erinnern. Stolpersteine in Bocholt, hrg. vom Koordinierungskreis Stolpersteine in Bocholt

Auflistung der in Bocholt verlegten Stolpersteine, online abrufbar unter: wikipedia.org/wiki/Liste_der_Stolpersteine_in_Bocholt

Stephan Hermsen (Red.), Aus dem KZ über Bocholt nach Palästina, in: „Neue Ruhr-Zeitung – NRZ“ vom 26.1.2018

Bocholt, für viele Juden ein Tor nach Palästina. Das Palestine Transit Camp im Stadtwald“ - Ausstellung im Stadtmuseum 2018

N.N. (Red.), Stolpersteine der Familie Stern & Herzfeld werden verlegt, in: Nachrichtenmagazin „Made in Bocholt“ vom 24.6. 2019

Stadt Bocholt (Hrg.), Stadtgeschichte: Zur Geschichte der jüdischen Synagoge - Stadtarchiv Bocholt präsentiert historisches "Foto des Monats", online abrufbar unter: bocholt.de/rathaus/nachrichten/ vom 1.11.2019

Spuren jüdischen Lebens in Rhede“ - Ausstellung des Heimat- u. Museumsvereins Rhede, Herbst 2019

Stadtverwaltung Rhede (Hrg.), Zur Erinnerung jüdischen Lebens als Teil der Stadtgeschichte: Verlegung von Stolpersteinen in Rhede am 3.9.2021, Rhede vom 23.8.2021

Carola Korff (Red.), Stolpersteine erinnern an Rheder Juden, in: „Bocholter/Borkener Volksblatt“ vom 3.9.2021

Stadt Bocholt (Red.), Claudio Rosenberg auf Spurensuche in Bocholt, Pressemitteilung der Stadt Bocholt vom 15.11.2022