Bresnitz (Böhmen)

  Bresnitz (auch: Bretznitz) ist die heutige tschechische Kleinstadt Březnice mit derzeit ca. 3.700 Einwohnern - etwa 60 Kilometer südwestlich von Prag gelegen (Ausschnitt aus hist. Landkarte, aus: wikipedia.org/wiki/Böhmische_Westbahn, gemeinfrei  und  Kartenskizze 'Tschechien' mit Březnice rot markiert, K. 2005, aus: wikipedia.org, CC BY-SA 3.0).

 

Die Wurzeln der jüdischen Gemeinde von Bresnitz liegen in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts. Diese entwickelte sich in einem ghettoartigen Wohnbezirk, der von der Grundherrschaft, des Herren Ferdinand von Lokschan, um 1570 eingerichtet worden war und zur „Judenstadt“, genannt „Loksany“, wurde. Dieses Viertel mit seinen ca. 25 Häusern war nur durch eine schmale Gasse - mit einem Tor versehen - mit der übrigen Ortschaft verbunden. Zu den Einrichtungen der jüdischen Gemeinde gehörten eine 1725 inmitten des Ghettobezirks im Barockstil errichtete Synagoge und ein nördlich der Stadt liegender Friedhof, dessen älteste Grabsteine aus dem 17.Jahrhundert stammen. Der Synagogenbau fiel 1821 einer Feuersbrunst zum Opfer; die Gemeinde ließ aber später das Gebäude im alten Stil wieder aufbauen.

 

Restauriertes Synagogengebäude (Aufn. Fet'our 2012  und  pavelryslawy, 2014, aus: wikipedia.org, CC BY-SA 3.0)

Eine jüdische Elementarschule, in der Deutsch Unterrichtssprache war, hat es bis zu Beginn des 20.Jahrhunderts gegeben. Trotz der stärker werdenden tschechisch-nationalen Bewegung und der damit verbundenen Deutschfeindlichkeit konnte sich die Schule bis 1901 behaupten.

Seit ca. 1820 war Bresnitz Sitz eines Kreisrabbinats.

Juden in Bresnitz:

         --- um 1650 .......................  17 jüdische Familien,

    --- 1715 ..........................  21     “       “    ,

    --- 1725 ..........................  25     “       “    ,

    --- 1824 .......................... 145 Juden,

    --- um 1850 ................... ca. 190   “   (ca. 7% d. Bevölk.),

    --- 1900 .......................... 118   “  ,

    --- 1910 ..........................  68   “  ,

    --- 1921 ..........................  41   "  (in 15 Familien),

    --- um 1930 ................... ca.  30 Juden.

Angaben aus: Jaroslav Polák-Rokycana, Geschichte der Juden in Breznice, in: Hugo Gold, Die Juden u. Judengemeinden Böhmens ..., S. 66/67

 

Die Zahl der Gemeindeangehörigen erreichte zu keiner Zeit mehr als 200 Personen, und mit der in der zweiten Hälfte des 19.Jahrhunderts einsetzenden Landflucht ging die Zahl der in der „Judenvorstadt“ von Bresnitz lebenden Juden kontinuierlich zurück. Zu Beginn des Ersten Weltkrieges war sie auf weniger als 80 und um 1930 auf ca. 30 Personen gesunken.

1942 konfiszierten die deutschen Besatzungsbehörden jüdisches Eigentum. Danach wurden die in Bresnitz lebenden jüdischen Einwohner nach Theresienstadt und von dort nach Auschwitz deportiert. Namentlich sind 28 Bresnitzer Juden nachgewiesen, die Opfer des Holocaust geworden sind.

 

Das ehemalige, inzwischen restaurierte Synagogengebäude - heute als Museum genutzt - steht im Zentrum des einstigen Ghettoviertels, dessen mehr als 20 barocke Häuser noch vorhanden sind.

Březnická synagoga 5.jpg Březnická synagoga 4.jpg

Innenansichten der restaurierten Synagoge (Aufn. Pavel Ryslavy, 2014, aus: commons.wikimedia.org, CC BY-SA 3.0)

Mehrere hundert Grabsteine des jüdischen Friedhofs im Norden der Stadt legen noch heute Zeugnis davon ab, dass Bresnitz Sitz einer jüdischen Gemeinde war. Auf dem Areal liegen die Gräber zahlreicher Rabbiner und das von Wolf Popper, dem Oberhaupt der böhmischen Judenschaft (gest. 1767). Fortschreitender Verfall und Vandalismus machen dem Begräbnisgelände schwer zu schaffen.

 

Blick auf den jüdischen Friedhof und Taharahaus (Aufn. Fet'our 2012, wikimedia.org, CCO)

Ein berühmter Sohn der jüdischen Gemeinde Bresnitz war der 1722 geborene Joachim von Popper, der als einer der ersten Juden - wegen seiner Verdienste als „Hofjude“ der Habsburger - in den Adelsstand erhoben wurde. Während des Siebenjährigen Krieges war er Hoflieferant der österreichischen Armee; später engagierte er sich auch im Tabakhandel.

 

 

Weitere Informationen:

Samuel Krauss, Joachim Edler von Popper – Ein Zeit- und Lebensbild aus der Geschichte der Juden in Böhmen, Wien 1926

Jaroslav Polák-Rokycana (Bearb.), Geschichte der Juden in Breznice, in: Hugo Gold (Hrg.), Die Juden und Judengemeinden Böhmens in Vergangenheit u. Gegenwart I., Brünn/Prag 1934, S. 63 – 69

Jiří Fiedler, Jewish Sights of Bohemia and Moravia, Prag 1991, S. 51/52

The Encyclopedia of Jewish Life before and during the Holocaust (Vol. 1), New York University Press, Washington Square, New York 2001, S. 197

The Jewish Community of Bresnice (Bresnitz), Hrg. Beit Hatfutsot – The Museum of the Jewish People, online abrufbar unter: dbs.bh.org.il/place/breznice

Angaben der Stadtverwaltung Breznice