Brinkum (Niedersachsen)
Brinkum ist heute ein Ortsteil der Gemeinde Stuhr, die derzeit etwa 10.000 Einwohnern zählt – nur wenige Kilometer südlich von Bremen gelegen (Kartenskizze 'Landkreis Diepholz', Hagar 2009, aus: commons.wikimedia.org, CC BY-SA 3.0).
Erste Niederlassungsgesuche einzelner Juden aus Twistrigen bzw. aus Wunstorf wurden 1797 abgelehnt. Etwa ein Jahrzent später wurde dann einigen Juden eine Ansässigkeit in Brinkum gestattet. Der erste, der sich hier ansiedelte, war der mit Tuch- und Kleinwaren handelnde Löb Simon Cohn. In den Folgejahrzehnten zogen wenige jüdische Familien nach.
Die Bildung einer Synagogengemeinde erfolgte im Jahre 1843. Der Gemeinde waren die Ortschaften Kirchweyhe, Leeste, Mackenstedt und Weyhe angeschlossen. Gottesdienste fanden im Hause des wohlhabendsten Gemeindemitglieds, Moses Gumpel Weinberg, statt. Da die kleine Gemeinde sich auf die Dauer keinen Lehrer leisten konnte, besuchten die jüdischen Kinder die Ortsschule in Brinkum.
Auch ein eigener Friedhof existierte nicht; deshalb begruben die Brinkumer Juden ihre Verstorbenen auf dem jüdischen Friedhof in Syke.
Juden in Brinkum:
--- 1811 ........................... eine jüdische Familie,
--- 1814 ........................... 30 Juden (in 3 Familien),
--- 1836 ........................... 27 “ ,
--- 1848 ........................... 12 “ ,
--- 1871 ........................... 16 “ ,
--- 1895 ........................... 13 “ ,
--- 1925 ........................... keine,
--- 1933 ........................... 4 “ .
Angaben aus: Hartmut Müller (Bearb.), Brinkum, in: H. Obenaus (Hrg.), Historisches Handbuch der jüdischen Gemeinden in Niedersachsen ..., Bd. 1, S. 357
Der Fortbestand der 1843 gebildeten Synagogengemeinde scheint bereits ein Jahrzehnt später fraglich gewesen zu sein, vermutlich wurden die Brinkumer Juden ab ca. 1860 von der Syker Gemeinde betreut. Um die Jahrhundertwende lebten nur noch drei jüdische Familien in Brinkum, die damals als Viehhändler und Schlachter ihren Lebenserwerb bestritten. Zu Beginn der NS-Herrschaft war es dann nur noch die Familie von Albert Löwenstein, die in Brinkum ihr Zuhause hatte; 1937 verließ auch diese Familie den Ort. Während die erwachsenen Kinder in die USA emigrierten, verzogen die Eltern nach Emden, und von hier aus wurden sie 1941 ins Ghetto Lodz deportiert, wo sich ihre Spur verliert.
Eine von Schüler/innen erstellte Ausstellung „Gestern Nachbar – heute Jude“ erhielt 1994 den ersten Schülerfriedenspreis des Niedersächsischen Kultusministeriums.
Jüngst wurde angeregt, in Stuhr einige „Stolpersteine“ zu verlegen (2023).
Weitere Informationen:
C.-H. Hüchting, 900 Jahre Brinkum 1063 - 1963, Brinkum 1963
Hartmut Müller, Löb Simon Cohn und andere Juden in Brinkum, Bremen 1990 (Maschinenmanuskript)
Antonia Ivanov (Red.), „Gestern Nachbar heute Jude“ - in Brinkum, in: „TAZ“ vom 4.1.1995
Horst Rauschert, Erinnerungen an das alte Dorf Brinkum. Bilder und Texte bis 1945, Brinkum 2003
Hartmut Müller (Bearb.), Brinkum, in: Herbert Obenaus (Hrg.), Historisches Handbuch der jüdischen Gemeinden in Niedersachsen und Bremen, Wallstein-Verlag, Göttingen 2005, Band 1, S. 357 - 359
Andreas Hapke (Red.), SPD und Grüne beantragen Stolpersteine für Opfer des Nationalsozialismus in Stuhr, in: „Kreiszeitung“ vom 14.3.2023