Cranz/Samland (Ostpreußen)

Kreis Fischhausen 1890.pngSamland Das Seebad Cranz (vormals auch Cranzkuhren) im Landkreis Fischhausen - ca. 25 Kilometer nördlich von Königsberg gelegen - wurde 1816 auf Betreiben des Königsberger Arztes Friedrich Christian Kessel (geb. 1765) gegründet; neben dem von Rauschen war es das größtes Seebad Ostpreußens. Der in der russischen Oblast Kaliningrad liegende Ort heißt heute Selenogradsk (russ. Зеленоградск) und besitzt derzeit ca. 13.000 Einwohner (Ausschnitt aus hist. Landkarte, aus: wikipedia.org, CCO  und aktuelle Karte des Samlandes, A. 2015, aus: wikipedia.org, CC BY-SA 3.0).

 

 

Uferpromenade von Cranz (Aufn. um 1910) und Königsberger Straße (Postkarte um 1900/1920)

 

Im ehemaligen ostpreußischen Seebad Cranz (russ. Zelenogradsk) lebten zu Beginn des 20.Jahrhunderts nur relativ wenige jüdische Familien. Trotzdem verfügte der Ort in der Königsberger Straße seit 1911 über eine stattliche Synagoge, die auf Betreiben des „Synagogenvereins Cranz e.V.“ errichtet worden war, um den zahlreichen Badegästen mosaischen Glaubens einen ansprechenden Ort für die Abhaltung von Gottesdiensten zur Verfügung zu stellen; denn zuvor hatte es nur angemietete Räumlichkeiten dafür gegeben. Hauptinitiator des Synagogenneubaus war Kommerzienrat George Marx, der durch eigene finanzielle Zuwendungen und durch Werbung weiterer Spender (auch aus Russland) die Realisierung des Baues ermöglichte. Im Sommer 1911 wurde die Synagoge - in der Nähe des Kurhauses gelegen - in Anwesenheit von Kirchen- und Kommunalvertretern feierlich eingeweiht; die Weiherede hielt Dr. Wohlgemuth, der damalige Rabbiner der orthodoxen Königsberger Gemeinde Adas Israel.

             https://c1.staticflickr.com/5/4125/4837263766_c270675477_b.jpg Synagoge in Cranz (Aufn. um 1920, aus: flickr.com) 

In Cranz besaßen begüterte jüdische Familien Villen, in denen sie die Sommermonate verbrachten. Im Kurort gab es auch koschere Gasthäuser.

Das Synagogengebäude, das nach 1938 als HJ-Heim genutzt wurde, überstand den Krieg unversehrt. In den 1990er Jahren wurde das nun inzwischen verfallene Gebäude abgerissen.

     Cranz ruin of synagogue Synagogenruine kurz vor dem Abriss (Abb. aus: jewsineastprussia.de/de/)

 

 

 

Zu den „Badewannen“ der Königsberger gehörte neben Cranz auch das bekannte Ostseebad Rauschen (heute Svetlogorsk, russ. Светлогорск mit derzeit ca. 11.000 Einw.), das damals auch von zahlreichen jüdischen Badegästen aufgesucht wurde.

Aus den 1930er Jahren stammt das folgende Plakat:

Abb. aus: eurojournalist.eu/gedaechtnisarbeit

 

 

 

Weitere Informationen:

Stefan Hartmann, Die jüdische Bevölkerung in Ostpreußen von der Emanzipation bis zum Ausbruch des Ersten Weltkrieges, in: G. Rhode (Hrg.), Juden in Ostmitteleuropa. Von der Emanzipation bis zum Ersten Weltkrieg, Marburg 1989, S. 23 – 47

Ronny Kabus, Juden in Ostpreußen, Husum 1998

Ulrich Knufinke, Bauwerke jüdischer Friedhöfe in Deutschland, in: "Schriftenreihe der Bet Tfila – Forschungsstelle für jüdische Architektur in Europa", Band 3, Michael Imhof Verlag, Petersberg 2007, S. 286 - 289

Cranzer Stadtbild und einige Gebäude, in: ostpreussen.net

Alfred B. Gottwaldt, Die Deportation der Juden aus Ostpreußen 1942/1943, in: „Das war mal unsere Heimat...“. Jüdische Geschichte im preußischen Osten (2013), S.125 - 135

Juden in Ostpreußen - Verein zur Geschichte u. Kultur e.V. (Hrg.), Cranz – die stilvolle Sommerfrische. Juden in Königsberg um die Jahrhundertwende, online abrufbar unter: jewsineastprussia.de/de/catalog-konigsberg-16

Kristine von Soden, „Ob die Möwen manchmal an mich denken?“ - Die Vertreibung jüdischer Badegäste an der Ostsee, Verlag Aviva 2016 bzw. erw. Neuausgabe 2023

Sabine Marie Wilke (Red.), "Ob die Möwen manchmal an mich denken?“ - Ein Buch über die ‚judenreinen‘ Bäder der Ostsee, in: „Jüdische Rundschau“ vom Juli 2023