Dramburg (Hinterpommern)

 Location of Drawsko Pomorskie in Poland Dramburg war eine Kleinstadt in Hinterpommern zwischen Stargard und Neustettin gelegen; das heutige polnische Drawsko Pomorskie (Woiwodschaft Westpommern) hat eine Bevölkerung von derzeit ca. 12.000 Einwohnern (Ausschnitt aus hist. Landkarte von 1905, aus: wikipedia.org, gemeinfrei und Kartenskizze ‚Polen‘ mit Drawsko Pomorskie rot markiert, aus: commons.wikimedia.org, CC BY-SA 3.0)

 

In Dramburg war eine jüdische Gemeinde ansässig, die gegen Mitte des 19.Jahrhundert mit nahezu 200 Angehörigen ihren personellen Zenit besaß. Die ersten Familien waren hier bereits in den 1730er Jahren nachweisbar.

Zu den Einrichtungen der Gemeinde zählten ein Friedhof (am Wiesenweg zum Burgwerder gelegen) und eine 1839 neuerbaute Synagoge in der Kleinen Kirchstraße, die einen seit ca. 1760 bestehenden Betraum ersetzte.

Juden in Dramburg:

--- um 1770 ....................   6 jüdische Familien,

--- 1801 .......................   3     "        "   ,

--- 1816 .......................  49 Juden,

--- 1831 .......................  87   "  ,

--- 1843 ....................... 121   “  ,

--- 1852 ....................... 169   “  ,*      * andere Angabe: 101 Pers.

--- 1861 ....................... 186   “  ,

--- 1871 ....................... 176   “  (ca. 4% d. Bevölk.),

 --- 1890 ....................... 165   "

 --- 1895 ....................... 138   “  ,

 --- 1909 ....................... 105   “  ,

 --- 1930/33 ................ ca.  25   “  ,

 --- 1939 .......................   7   “  .

Angaben aus: Wolfgang Wilhelmus, Geschichte der Juden in Pommern, S. 251

und                 The Encyclopedia of Jewish Life before and during the Holocaust (Vol. 1), S. 329

  Marktplatz, um 1850 (Abb. aus: dramburg.blogspot.com)

 

Während der NS-Zeit hielten sich nur noch sehr wenige Juden in Dramburg auf. 1935 wurde das Synagogengebäude verkauft und anschließend abgerissen. In den Novembertagen 1938 wurden Ausschreitungen gegen jüdisches Eigentum verzeichnet. Kurz nach Kriegsbeginn hatten fast alle jüdischen Bewohner die Stadt verlassen und waren emigriert.

Der lange vernachlässigte jüdische Friedhof, dessen Grabsteine zumeist beim Wegebau Verwendung fanden, ist in den 1990er Jahren wieder ins Bewusstsein der Öffentlichkeit gekommen; auf dem ehemaligen Friedhofsgelände wurden einige Grabsteine wieder aufgestellt – stellvertretend für alle anderen, die "verloren" gegangen sind.

                        Drawsko Pomorskie - cmentarz żydowskieinzelne Grabsteine (Aufn. aus: kirkuty.xip.pl)

 

Aus Dramburg stammte der deutsch-amerikanische Philosoph Ernst Moritz Manasse (geb. 1908), der auf Grund seiner jüdischen Herkunft Deutschland verlassen musste und später in den USA lebte und lehrte. Sein Vater stammte aus einer alteingesessenen Familie und war als Kaufmann (Handel mit Landprodukten) in Dramburg tätig; zeitweilig übte er dort das Vorsteheramt der israelitischen Gemeinde aus. - Nach seiner Promotion in Heidelberg hielt sich Erst Moritz Manasse an verschiedenen Orten, vor allem im Ausland auf. Seit 1939 lebte er in den USA, nachdem in den Jahren zuvor andere Länder ihn aufgenommen hatten. Er verstarb 1997 in Durham/North Carolina (USA).

 

Fritz Manasse – sein älterer Bruder – emigrierte nach seinem Jura-Studium 1935 nach Südafrika, von dort ging er drei Jahre später nach Palästina, wo er mit seiner Frau in Haifa lebte und seinen Lebensunterhalt u.a. als Buchhändler und Versicherungsagent bestritt. 1949 kehrte das Ehepaar Manasse nach Deutschland (Hamburg) zurück. Eine dort von ihm gegründete Anwaltskanzlei führte er bis zu seinem Tode (2006). Für sein Engagement in Bezug auf die Wiedereröffnung des Israelitischen Krankenhauses in Hamburg erhielt es das Bundesverdienstkreuz..

 

vgl. Falkenburg (Hinterpommern)

 

 

 

Weitere Informationen:

Paul van Niessen, Die Geschichte der Stadt Dramburg – Festschrift zur Jubelfeier ihres sechshundertjährigen Bestehens, 1897 (1994 unveränderter Nachdruck der Originalausgabe)

M.Heitmann/J.H.Schoeps (Hrg.), “Halte fern dem ganzen Land jedes Verderben ...” Geschichte und Kultur der Juden in Pommern, Georg Olms Verlag, Hildesheim/Zürich 1995, S. 45

The Encyclopedia of Jewish Life before and during the Holocaust (Vol. 1), New York University Press, Washington Square, New York 2001, S. 329 

Wolfgang Wilhelmus, Geschichte der Juden in Pommern, Ingo Koch Verlag, Rostock 2004

Gerhard Salinger, Die einstigen jüdischen Gemeinden Pommerns. Zur Erinnerung und zum Gedenken, Teilband 2, Teil III, New York 2006, S. 382 – 395 

Drawsko Pomorskie, in: sztetl.org.pl

Jacques Lahitte (Red,), Drawsko Pomorskie, in: kirkuty.xip.pl