Gilgenburg (Ostpreußen)
Auf einer Landenge zwischen dem Großen Damerausee (oder Morgensee) und dem Kleinen Damerausee (oder Abendsee) liegt die Ortschaft Gilgenburg im südlichen ehem. Landkreis Osterode; das heutige poln. Dabrówno hat derzeit ca. 1.400 Einwohner (hist. Karte mit Kreis Osterode, aus: commons.wikimedia.org Bild-PD-alt und Kartenskizze, Loseries 2008, aus: wiki-de.genealogy.net).
In Gilgenburg hat es seit dem ausgehenden 18.Jahrhundert eine israelitische Gemeinschaft gegeben; ihre Angehörigen verdienten ihren Lebensunterhalt vornehmlich im Handel mit Landesprodukten.
An der Wende vom 18. zum 19.Jahrhundert ließ die kleine jüdische Gemeinschaft ein aus roten Backsteinen gefertigtes Synagogengebäude an der Hauptstraße (in der „polnischen Vorstadt“) errichten. Ein eigenes Begräbnisgelände war bereits um 1785/1790 angelegt worden. Doch erst gegen Ende der 1840er Jahre gründete sich in Gilgenburg offiziell eine Synagogengemeinde; diese zählte im Laufe ihres Bestehens kaum mehr als 100 bis 120 Angehörige.
Juden in Gilgenburg:
--- 1844 .......................... 22 Juden,
--- 1862 .......................... 58 “ ,
--- 1871 .......................... 90 “ (ca. 5% d. Bevölk.),
--- 1885 .......................... 125 “ (ca. 7% d. Bevölk.),
--- 1895 .......................... 75 “ ,
--- 1900 .......................... 84 “ (ca. 6% d. Bevölk.),
--- 1910 .......................... 61 “ ,
--- 1925 .......................... 59 “ ,
--- 1937 .......................... 13 “ .
Angaben aus: Dabrówno, in: sztetl.org.pl
Marktplatz in Gilgenburg (aus: kreisgemeinschaft-osterode-ostpreussen.de)
Schon vor 1933 gerieten einige Juden Gilgenburgs in die Schusslinie der Nationalsozialisten; in der Folge wanderten zahlreiche jüdische Bewohner ab; die hier verbliebenen wurden 1941 deportiert. Mehr als 30 gebürtige bzw. länger in Gilgenburg lebende Personen mosaischen Glaubens sollen während der NS-Zeit gewaltsam ums Leben gekommen sein.
An die einstige jüdische Gemeinde erinnern heute das Synagogengebäude, dessen Inneneinrichtung im November 1938 völlig ausbrannte, und Reste ihres Friedhofs. Das Friedhofsgelände soll bereits im Ersten Weltkrieg von russischen Soldaten verwüstet worden sein. Während der NS-Zeit wurde das Areal von Nationalsozialisten geschändet und zerstört.
Ehem. Synagoge in Dabrówno (Aufn. Marcin, 2006, und Wiktor N., 2014, beide aus: commons.wikimedia.org, CC BY-SA 3.0)
Seit 2002 erinnert eine unscheinbare Tafel am ehemaligen Synagogengebäude - es steht seit 1991 unter Denkmalschutz - an dessen einstige Nutzung. Nach 1945 hatte es jahrzehntelang als Lagerraum gedient und verfiel zusehends. Seit 2010 ist man bemüht, das Gebäude zu erhalten und einer kulturellen Nutzung zuzuführen.
Weitere Informationen:
Helmuth Meye, Geschichte der Stadt Gilgenburg in Ostpreußen. 1326 – 1926. Zur Feier des 600jährigen Bestehens der Stadt Gilgenburg, Selbstverlag der Stadt 1926
K. Bürger, Die jüdische Mitbürger, in: "Kreisbuch Osterode Ostpreussen", Osterode/Harz 1977, S. 592/593
Ronny Kabus, Juden in Ostpreußen, Husum 1998
The Encyclopedia of Jewish Life before and during the Holocaust, New York University Press, Washington Square, New York 2001, Vol.1, S. 431
A. Wolosz, Die Juden in den Städten Ostpreußen,in: "Studien Angerburgica", Bd. VII/2002
Dabrówno, in: sztetl.org.pl