Gerolzhofen (Unterfranken/Bayern)
Gerolzhofen ist eine Kleinstadt mit derzeit ca. 7.000 Einwohnern im Süden des unterfränkischen Landkreises Schweinfurt (Ausschnitt aus hist. Karte aus dem 18.Jahrh., Lubiesque 2014, aus: wikipedia.org, CC BY-SA 3.0 und Kartenskizze 'Landkreis Schweinfurt', Hagar 2010, aus: commons.wikimedia.org, CC BY-SA 3.0).
Erstmals fanden Juden in Gerolzhofen im Zusammenhang der 1298 erfolgten Massaker des Ritters Rintfleisch und seiner Bauernhorden Erwähnung.
Gegen Mitte des 14.Jahrhunderts sollen sich Juden in Gerolzhofen dauerhaft angesiedelt haben. 1425 genehmigte Fürstbischof Johann II. v. Brunn weiteren jüdischen Familien, sich im Orte niederzulassen; Motiv für die Gewährung eines (zeitlich befristeten) Wohnrechts waren rein fiskalische Gründe, um damit die Geldnot der Würzburger Bischöfe abzumildern. In den folgenden Jahrhunderten lassen sich einige wenige jüdische Familien aus den Akten der Stadt nachweisen; ihre Anzahl war jedoch immer begrenzt.
Gerolzhofen – Stich M. Merian, um 1665 (Abb. aus: wikipedia.org, gemeinfrei)
Vermutlich gab es im 17.Jahrhundert eine kleine jüdische Gemeinschaft, denn der jüdische Friedhof soll - nach einem ersten archivalischen Hinweis - bereits schon um 1635 bestanden haben. Er lag am Kappellberg und war bald zentrale Begräbnisstätte für die umliegenden jüdischen Gemeinden, z.B. Altenschönbach, Gochsheim, Frankenwinheim, Lülsfeld, Prichsenstadt, Rimbach, Traustadt u.a.; der "Gute Ort" erfuhr im Laufe der Zeit durch Zukauf von Nachbargrundstücken mehrfach Erweiterungen. Gegen Mitte des 19.Jahrhunderts wurde das Friedhofsareal mit einer Mauer umgeben. Bereits seit 1715 existierte eine Heilige Bruderschaft (Chewra Kadischa), seit 1888 auch eine Heilige Beerdigungs-Schwesternschaft (Chewra Anoschim); zu ihren Mitgliedern gehörten auch Angehörige umliegender Gemeinden.
In einem von der jüdischen Gemeinde erworbenen und umgebauten Hause in der Steingrabenstraße wurde im Jahre 1873 eine Synagoge eingerichtet. Im Amtsblatt vom 12.Aug. 1873 erschien im Nachklang zur Einweihung der Synagoge die folgende Notiz: „Öffentliche Danksagung. Wir fühlen uns verpflichtet, für die so ehrenvolle und zahlreiche Betheiligung des am 8. ds. Mts. abgehaltenen Einweihungsfestes der neuen Synagoge unsern herzlichsten Dank auszusprechen, insbesondere dem Herrn Verwaltungsvorstand, den beiden Herren Referenten, sowie den Herren Justizbeamten, den HH. Geistlichen, dem Herren Stadtvorstand nebst städtischen Behörden, welche durch ihre hohe Gegenwart dem Zuge die Zierde und den Glanz gaben, sowie dem Herrn Distriktsrabbiner Lebrecht für Worte, die so sinnreiche, als anwendbare Predigt nochmals den schönsten Dank; mögen seine Worte in manchem Herzen lange aufbewahrt bleiben. Die Cultusgemeinde Gerolzhofen."
Synagoge/Schulhaus in Gerolzhofen, rechts im Bild (hist. Aufn., Stadtarchiv)
Auch eine Mikwe soll vorhanden gewesen sein.
Zur Besorgung der religiösen Aufgaben war ein Religionslehrer von der Gemeinde angestellt, der auch die Funktionen des Vorbeters und Schächters innehatte. 1907 wurde die bestehende Religionsschule in eine Israelitische Konfessionsschule umgewandelt.
aus der Zeitschrift „Der Israelit“ vom 14.3.1907
Die jüdische Gemeinde in Gerolzhofen unterstand dem Bezirksrabbinat Schweinfurt.
Juden in Gerolzhofen:
--- 1655 ......................... 7 jüdische Familien,
--- 1746 ......................... 6 " " ,
--- 1792 ......................... 4 " " ,
--- 1821 ......................... 37 Juden (in 6 Familien),
--- 1838 ......................... 41 “ ,
--- 1869 ......................... 58 “ (ca. 3% d. Bevölk.),
--- 1875 ......................... 70 “ ,
--- 1880 ......................... 144 “ (ca. 5% d. Bevölk.)
--- 1900 ......................... 148 “ (ca. 7% d. Bevölk.),
--- 1925 ......................... 115 “ ,
--- 1933 ......................... 125 “ ,
--- 1935 (April) ................. 109 “ ,
--- 1937 (März) .................. 89 “ ,
--- 1938 (Jan.) .................. 81 “ ,
--- 1939 (Mai) ................... 51 “ ,
--- 1941 (Jan.) .................. 39 “ ,
--- 1942 (Jan.) .................. 20 “ ,
(Mai) ................... 6 “ ,
--- 1943 (Mai) ................... ein “ ().
Angaben aus: Baruch Z. Ophir/Falk Wiesemann, Die jüdischen Gemeinden in Bayern 1918 - 1945, S. 300
und Martin Pfrang, Die jüdische Gemeinde von Gerolzhofen
und W.Kraus/H.-Chr. Dittscheid/G. Schneider-Ludorff (Hrg.), Mehr als Steine … Synagogengedenkband Bayern, Unterfranken, Teilband III/2.2, S. 1357
Teilansicht von Gerolzhofen, um 1850 (Abb. aus: commons.wikimedia.org, gemeinfrei)
Bei der Erstellung der Matrikellisten waren für Gerolzhofen sieben Familienvorstände verzeichnet. Nach Abschaffung der Matrikelgesetzgebung verzeichnete Gerolzhofen ab den 1870er Jahren einen deutlichen Zuzug jüdischer Familien aus umliegenden Landgemeinden, so aus Brünnau, Frankenwinheim, Lülsfeld, Zeilitzheim u.a.; aus der Ackerbürgerstadt entwickelte sich Gerolzhofen nun zu einem regionalen Handelszentrum. Ihren Lebensunterhalt bestritten die hiesigen Juden zu Beginn des 20.Jahrhunderts vor allem im Handel; es gab in der Kleinstadt 21 Kaufleute und zwölf Händler: zwei Holz-, vier Vieh-, zwei Leder-, ein Getreide- und ein Kartoffelhändler.
Stellenangebote (um 1900)
Annonce im "Boten vom Steigerwald" (1911) und Kleinanzeige des Geschäfts von Emanuel Lewisohn (Spitalstraße)
Erste antisemitische Tendenzen in Gerolzhofen wurden 1925 durch einen Mordfall noch verstärkt; der Täter war ein Jude gewesen.
In der Nacht vom Fastnachtssonntag auf -montag wurde im Stadtrayon von einem jüdischen Mordbuben an einem Christenmädchen ein bestialischer Mord ausgeführt. ... Mit viehischer Grausamkeit ist das arme Mädchen hingeschlachtet worden. ... Leider stand der Täter in vielfachem Verkehr zu unserer Jugend. Das Glöckchen aber läutet weiter und noch ist nicht aller Tage Abend. Es wird abgerechnet werden mit diesen Menschen, wir aber haben unser Augenmerk auf unsere Jugend zu richten. ... Besonders die weibliche Jugend möge sich ihrer Würde als Christin mehr bewußt sein. ...
(aus: „Bote vom Steigerwald”, No.51 vom 3.März 1925)
Bereits zwei Jahre zuvor war in einem jüdischen Geschäft (Theo Schwarz) das Schaufenster eingeworfen worden.
1929/1930 hatte sich in Gerolzhofen eine Ortsgruppe der NSDAP gebildet, deren Angehörige den jüdischen Friedhof - noch vor der NS-Machtübernahme - schändeten. Die nach 1933 von der NSDAP angestrengten Boykottmaßnahmen führten in Gerolzhofen nicht zum gewünschten Erfolg, obwohl auf Anweisung des Ortsgruppenleiters am Rathaus Namenslisten von „arischen“ Bewohnern ausgehängt wurden, die weiterhin in jüdischen Geschäften eingekauft hatten. Nach der Eröffnung des neuen städtischen Schwimmbades im Juli 1933 teilte der Stadtrat der jüdischen Kultusgemeinde mit, dass es „von heute ... nicht erwünscht ist, daß das städtische Schwimmbad seitens der israelitischen Einwohner benützt wird”. Im September 1933 beschloss der hiesige Stadtrat außerdem den Stopp des Zuzugs auswärtiger Juden nach Gerolzhofen, was in einer Zeitungsanzeige publik gemacht wurde; zudem wurden Plakatierungen in der Stadt mit der Aufschrift angebracht: „Wer bei Juden kauft, ist ein Volksverräter!”. Zwischen 1936 und 1938 waren mehrfach Sachbeschädigungen jüdischen Eigentums verzeichnet worden: auf dem Friedhof wurden Grabsteine umgeworfen, Fenster der Synagoge eingeworfen u.ä. Im Oktober 1938 beschloss der hiesige Stadtrat: „Jenen Volksgenossen in Gerolzhofen, die mit Juden Umgang pflegen, mit solchen Geschäften machen und dergleichen, werden die städtischen Pachtteile mit sofortiger Wirksamkeit und ohne Anspruch auf Entschädigung entzogen. ...” Noch vor dem Novemberpogrom wurde im Oktober 1938 in Gerolzhofen seitens der NSDAP-Anhängerschaft eine Art „Strafaktion“ gegen die einheimischen Juden durchgeführt. Zwar blieb es zumeist bei nur verbalen Attacken, doch kam es seitens Jugendlicher auch zu Handgreiflichkeiten. Begründet wurden diese von der NSDAP gesteuerten Maßnahmen mit dem angeblich „provozierenden Verhalten” der Juden „zur Zeit der Mobilmachung der Tschechei und der Rückkehr des Sudetenlandes”. In die Lokalgeschichte sind diese pogromartigen Vorgänge als die „Frankenwinheimer Aktion” eingegangen; im Nachbardorf Frankenwinheim verlief die ‚Aktion’ noch gewalttätiger.
Beim Novemberpogrom von 1938 drangen SA- und SS-Angehörige in Wohnungen und Häuser ein, demolierten die Einrichtungen und misshandelten die Bewohner. Auch die Synagoge blieb nicht verschont; Fenster und Inneneinrichtung wurden zerschlagen. Von einer Brandlegung wurde Abstand genommen, da ein Übergreifen des Feuers auf die Nachbargebäude befürchtet wurde. Zerstörte Inneneinrichtungen und Ritualien schleppten Einwohner auf den Sportplatz, um diese unter dem Beifall zahlreicher Bewohner zu verbrennen. Jüdische Bürger wurden inhaftiert; während man Frauen und ältere Männer wieder auf freien Fuß setzte, wurden die anderen nach Würzburg und von dort ins KZ Dachau gebracht.
Bei den nach Kriegsende durchgeführten Synagogenprozessen wurde der Ablauf in Gerolzhofen wie folgt rekonstruiert: „ ... Gegen Mittag (des 10.11.38) traten in Gerolzhofen auf Befehl des Ortsgruppenleiters der NSDAP ... politische Leiter und Angehörige der Gliederungen der Partei im Parteilokal Reissweber an, marschierten zur Synagoge und wurden von dort aus zu Haussuchungen nach Waffen, Munition und Hetzschriften in jüdischen Anwesen eingesetzt. Gleichzeitig wurden Posten vor diesen Anwesen aufgestellt, die fremde Personen am Eindringen und die jüdischen Mitbürger am Verlassen ihrer Wohnungen hindern sollten. Jüdische Mitbürger wurden auch verhaftet und in das Amtsgerichtsgefängnis Gerolzhofen gebracht, wo sie zum Teil über eine Woche verblieben. Bei allem wirkten Gendarmeriebeamte in Uniform mit. Dabei kam es auch zu Mißhandlungen ... und ersten Zerstörungen in der Synagoge. Am Nachmittag begaben sich ... politische Leiter und Angehörige der Gliederungen aus Gerolzhofen in Uniform mit Kraftwagen nach Frankenwinheim, wo zunächst ebenfalls Haussuchungen stattfanden und Posten aufgestellt wurden. ... Dazu stießen noch SA-Männer aus Volkach. ... Schließlich drangen die Uniformierten ... in die Synagoge ein, deren Inneneinrichtung schon kurz vor Mittag von nicht mehr feststellbaren Tätern zerstört worden war, und zwangen die jüdischen Mitbürger ..., die Trümmer auf einen Platz auf der Hauptstraße zu einem Haufen zusammenzutragen, um sie dort zu verbrennen. Um die jüdischen Mitbürger von anderen Frankenwinheimer Einwohnern zu unterscheiden und zu verhöhnen, wurden sie mit Bändern und Tüchern behängt. ... Selbst alte und kranke Personen wurden davon nicht verschont. ... Nach Gerolzhofen zurückgekehrt traten die Uniformierten erneut zu einem Zug von 30 - 40 Mann an und marschierten zur Synagoge. Dort wurden die Einrichtungsgegenstände mit Beilen zerschlagen, mit Hilfe der inzwischen zahlreich herbeigekommenen Gerolzhofener Einwohner in Zivil auf Wagen verladen und unter dem Gejohle der Menge zum Sportplatz gefahren. Dort wurden die Trümmer im Beisein von einigen hundert Personen verbrannt.” (aus der Urteilsbegründung des Landgerichts Schweinfurt vom 10.8.1950)
Bis 1942 wanderten nahezu 100 Gerolzhofener Juden ab, mehr als die Hälfte suchte ihr Heil in der Emigration. Ende April 1942 wurden die noch wenigen in Gerolzhofen lebenden jüdischen Bewohner - mit einem Zwischenaufenthalt in Würzburg - (vermutlich) ins Vernichtungslager Belzec deportiert. Nur drei „in Mischehe“ lebende Juden verblieben noch in der Kleinstadt, bis auch sie Mitte September 1942 nach Theresienstadt deportiert wurden. Ab dem 19.September 1942 war Gerolzhofen „judenrein”.
Nach Angaben der Gedenkstätte Yad Vashem/Jerusalem und des "Gedenkbuches - Opfer der Verfolgung der Juden ..." sind insgesamt 42 aus Gerolzhofen stammende bzw. längere Zeit hier ansässig gewesene jüdische Bewohner der Shoa zum Opfer gefallen (namentliche Nennung der betroffenen Personen siehe: alemannia-judaica.de/gerolzhofen_synagoge.htm).
Der Prozeß gegen die aktiv an den Novemberpogromen beteiligten Männer aus dem Landkreis Gerolzhofen fand 1949/50 vor dem Landgericht Schweinfurt statt. Von den 15 Angeklagten wurden nur fünf zu geringen Gefängnisstrafen verurteilt. Bereits ein Jahr zuvor war der ehem. NSDAP-Kreisleiter von Kitzingen/Gerolzhofen, Willi Heer, von der Großen Strafkammer beim Landgericht Würzburg zu fünf Jahren Zuchthaus verurteilt worden.
1988 stellte die Stadt Gerolzhofen in der Nähe der früheren Synagoge einen steinernen Gedenkblock auf, der die folgende Inschrift trägt: "Die Stadt gedenkt ihrer ehemaligen jüdischen Mitbürger. Zur Erinnerung und Mahnung" (Aufn. M.Endriss, 2009). Im Jahre 2007 weihte man in der Schuhstraße die erweiterte Gedenkstätte für die Angehörigen der einstigen jüdischen Gemeinde ein; in die Pflasterung ist eine Steintafel mit den Worten „Friede. Friede den Nahen und Fernen” eingelassen.
2014 wurden die ersten sog. „Stolpersteine“ verlegt, die an während der NS-Zeit verfolgte und ermordete jüdische Familien erinnern; in den Jahren danach wurden weitere Steine in die Gehwegpflasterung eingelassen; die bislang letzte Verlegung - fünf Steine für Angehörige der Familie Rheinfelder in der Steingrabenstraße - erfolgte im Jahre 2021.
verlegt in der Bahnhofstraße (Aufn. Chr. Michelides, 2020, aus: wikipedia.org, CC BY-SA 4.0)
für Fam. Henle u. Ehepaar Kohn, Marktstr. (Aufn. Evamaria Bräuer, 2014)
Seit 2019 befindet sich in der Marktstraße ein vom Volkacher Künstler Clemens Hegler erschaffenes „Kleindenkmal“ eines Koffers, das an die Deportationen der Gerolzhofener Juden vom April 1942 erinnern soll. Eine Doublette ist in der zentralen Deportations-Gedenkstätte für die Juden aus Unterfranken in Würzburg ("DenkOrt Deportationen 1941-1944") zu finden (vgl. dazu: Würzburg).
Kofferskulptur (Aufn. N.N., 2019, aus: br.de)
Auf dem am Nordhang des Kappelberges (südöstlicher Stadtrand von Gerolzhofen) liegenden jüdischen Friedhof - er besitzt eine Fläche von ca. 12.000 m² - sind heute noch ca. 530 Grabsteine vorhanden; doch kaum die Hälfte konnte namentlich erfasst werden, da die Inschriften nicht mehr bzw. kaum noch lesbar sind. Der älteste aufgefundene Stein datiert von 1715.
Jüdischer Friedhof Gerolzhofen (Aufn. S., 2013, aus: commons.wikimedia.org, CC BY-SA 3.0)
Ehem. Taharahaus (Aufn. S., 2013, aus: wikipedia.org, CC BY-SA 3.0)
In Gerolzhofen wurde 1869 Benzion Kellermann - Sohn des dortigen jüdischen Lehrers – geboren, der sich in der Wilhelminischen Ära und in den Anfangsjahren der Weimarer Republik als Rabbiner und Philosoph einen Namen machte. Nach mehrjährigem Besuch der Präparandenschule in Höchberg und der Israelitischen Lehrerbildungsanstalt in Würzburg begann er ein Studium an den Universitäten Marburg und Gießen, wo er 1896 promovierte. Sein beruflicher Werdegang führte ihn über Konitz (Westpreußen) nach Berlin; hier leitete er von 1901 bis 1914 eine der Religionsschulen der jüdischen Gemeinde. In seinen letzten Lebensjahren amtierte er als liberaler Rabbiner in Berlin; 1923 verstarb er; seine letzte Ruhe fanden er und seine Frau auf dem jüdischen Friedhof in Berlin-Weißensee. Zu seinen philosophischen Hauptwerken zählen: „Der wissenschaftliche Idealismus und die Religion“ (1908), „Der ethische Monotheismus der Propheten“ (1917), „Das Ideal im System der Kantischen Philosophie“ (1920) und „Die Ethik Spinozas“ (1922). 2017 erfuhr Benzion Kellermann durch seinen Geburtsort ein ehrendes Gedenken, indem eine Treppenanlage nun seinen Namen (Dr.-Benzion-Kellermann-Stiege) trägt.
In Frankenwinheim - heute Ortsteil der Verwaltungsgemeinschaft Gerolzhofen - existierte auch eine jüdische Landgemeinde, die allerdings bereits im beginnenden 19.Jahrhundert ihren Zenit erreicht hatte und nach 1880 nur noch aus wenigen Familien bestand.
[vgl. Frankenwinheim (Bayern)]
In Lülsfeld - ebenfalls Ortsteil der Verwaltungsgemeinschaft Gerolzhofen - gab es ebenfalls bis in die 1930er Jahre eine kleine israelitische Gemeinde.
[vgl. Lülsfeld (Bayern)]
In Traustadt (heute Ortsteil der Kommune Donnersdorf mit derzeit ca. 550 Einw.) gab es eine israelitische Gemeinde bis ca. 1900; deren Anfänge lagen wahrscheinlich im 18.Jahrhundert. Die Schutzherrschaft wurde von den Grafen von Tieneck ausgeübt. Bei der Erstellung der Matrikel (1817) wurden dem Dorf Stellen für 15 Familien (allein sechs trugen den Namen 'Hirsch') zugewiesen. Lebenserwerb für das Gros der Familien war der Viehhandel (in Verbindung mit dem Schlachtgewerbe) und der Kleinhandel. Einen Betraum (mit Schulzimmer) und eine Mikwe gab es am Ort. Zur Verrichtung der religiös-rituellen Aufgaben hatte die kleine Gemeinde zeitweise einen Lehrer angestellt; auf Grund rückläufiger Schülerzahl übernahm dann der Lehrer aus Gerolzhofen die religiöse Unterweisung der Traustadter Kinder.
Ein eigener Friedhof war hier nicht vorhanden; Verstorbene wurden in Gerolzhofen beerdigt.
Lebten gegen Ende des 19.Jahrhunderts noch sieben jüdische Familien im Dorf, so hatte sich deren Zahl wenige Jahre später auf drei reduziert (1903). Die beiden letzten jüdischen Bewohnerinnen verließen das Dorf um 1930
Nach Angaben der Gedenkstätte Yad Vashem/Jerusalem wurde eine aus Traustadt stammende Jüdin Opfer der Shoa (namentlich Nennung siehe: alemannia-judaica.de/traustadt_synagoge.htm).
Im Dörfchen Bischwind (heute Teil der Kommune Dingolshausen) existierte bis ins ausgehende 19.Jahrhundert eine nur aus wenigen Familien bestehende jüdische Gemeinde. Laut derMatrikellisten von 1817 waren in Bischwind acht jüdische Familien ansässig, die vor allem vom Vieh- und Landproduktenhandel lebten. In einem zweigeschossigen Fachwerkhaus waren Betraum und im Keller eine Mikwe untergebracht. Nach 1850 wanderten die jüdischen Familien ab; die Gemeinde löste sich gänzlich auf.
Nach Angaben der Gedenkstätte Yad Vashem/Jerusalem wurden zwei aus Bischwind stammende Juden Opfer des Holocaust (namentlich Nennung beider Personen siehe: .alemannia-judaica.de/bischwind_synagoge.htm)
Das später als Wohnhaus benutzte ehemalige Synagogengebäude wurde in den 1950er Jahren abgerissen.
Weitere Informationen:
Baruch Z. Ophir/Falk Wiesemann, Die jüdischen Gemeinden in Bayern 1918 - 1945. Geschichte und Zerstörung, Oldenbourg-Verlag, München/Wien 1979, S. 300 - 302
Herbert Schultheis, Juden in Mainfranken 1933 - 1945 unter besonderer Berücksichtigung der Deportationen Würzburger Juden, in: "Bad Neustädter Beiträge zur Geschichte und Heimatkunde Frankens", Band 1, S. 227 f.
Michael Pfrang, Die jüdische Gemeinde von Gerolzhofen: Darstellung zu ihrer Geschichte und ihrem Ende, Hrg. Historischer Verein in Gerolzhofen e.V., Gerolzhofen 1985
Martin Frey, “Das Glöcklein aber läutet weiter ...” - Nationalsozialismus und Antisemitismus in Gerolzhofen, in: "Quellen und Materialien zur Stadtgeschichte"
--- Nr. 1: Antisemitismus und Nationalsozialismus in G. 1919 - 1933
--- Nr. 2: Unter der neuen Fahne
--- Nr. 3: Das Pogrom von Oktober 1938 und die “Frankenwinheimer Aktion” (Nr.2 + 3 unveröffentlichte Manuskripte )
Israel Schwierz, Steinerne Zeugen jüdischen Lebens in Bayern - eine Dokumentation, Hrg. Bayrische Landeszentrale für politische Bildungsarbeit, München 1992, S. 62/63
Theodor Harburger, Die Inventarisation jüdischer Kunst- und Kulturdenkmäler in Bayern, Band 2: Adelsdorf - Leutershausen, Hrg. Jüdisches Museum Franken - Fürth & Schnaiitach, Fürth 1998, S. 228
Michael Trüger, Der jüdische Friedhof Gerolzhofen, in: "Der Landesverband der Israelitischen Kultusgemeinden in Bayern", No. 81/Dezember 1999, S. 15/16
Martin Frey, Das Glöcklein aber läutet weiter ... Antisemitismus und Nationalsozialismus in Gerolzhofen 1919 - 1933, in: "Historisches Archiv der Stadt Gerolzhofen", Gerolzhofen 2000, No. 1, S. 173 - 204
Werner Steinhauser, Juden in und um Prichsenstadt, Selbstverlag, Prichsenstadt 2002, S. 83 - 86
Der 9. November 1938 in Gerolzhofen. Ein dunkler Fleck in der Stadtgeschichte, in: geo-net. Netzwerk für Gerolzhofen, 2003 (online abrufbar mit demografischen Daten)
Dirk Rosenstock (Bearb.), Die unterfränkischen Judenmatrikeln von 1817. Eine namenkundliche und sozialgeschichtliche Quelle, in: "Veröffentlichungen des Stadtarchivs Würzburg", Band 13, Würzburg 2008, S. 130 (Bischwind), S. 132 (Gerolzhofen) und S. 134 (Traustadt)
Gerolzhofen, in: alemannia-judaica.de (mit zahlreichen Text- u. Bild-Dokumenten zur jüdischen Ortshistorie)
Lothar Mayer, Jüdische Friedhöfe in Unterfranken, Petersberg 2010, S. 60 - 63
Der jüdische Friedhof in Gerolzhofen, in: alemannia-judaica.de (mit zahlreichen Bildern der Beerdigungsstätte)
Frank Kleinehagenbrock (Bearb.), Stadt und Amt Gerolzhofen in der Frühen Neuzeit, in: Matthias Endriß/Klaus Arnold, Gerolzhofen – Stadtchronik 779 – 2012, Baunach 2012, S. 245 - 254
Michael Pfrang (Bearb.), Die jüdische Gemeinde in Gerolzhofen, in: Matthias Endriß/Klaus Arnold, Gerolzhofen – Stadtchronik 779 – 2012, Baunach 2012, S. 459 - 474
Traustadt (Gemeinde Donnersdorf), in: alemannia-judaica.de
Bischwind (Gemeinde Dingolshausen), in: alemannia-judaica.de
„STOLPER STEINE - STUMBLING STONES in Gerolzhofen" - ein Flyer, hrg. von der Initiative Stolpersteine für Gerolzhofen, Kulturforum e.V., 2014/2015
Kulturforum Gerolzhofen (Bearb.), Stolpersteine in Gerolzhofen, online anrufbar unter: kulturforum-gerolzhofen.de/index.php/neuigkeiten/13-stolpersteine-in-gerolzhofen
Gerolzhofen. Suche nach den Wurzeln der eigenen Familie, in: "Main-Post" vom 14.7.2015
Stefan Polster (Red.), Gerolzhofen. Stolpersteine erinnern an drei weitere ermordete Mitbürger, in: „Main-Post“ vom 22.9.2015
Norbert Vollmann (Red.), Die Henles – Erstmals wird jetzt auf diese Weise auch in Gerolzhofen an einst von den Nazis verschleppte und ermordete jüdische Mitbürger erinnert, in: „Main-Post“ vom 11.11.2015
Karin Sauer (Red.), Ohne Name ist der Mensch wertlos, in: "Main-Post" vom 22.7.2016
Torsten Lattki, Benzion Kellermann. Prophetisches Judentum und Vernunftreligion (Dissertation), Göttingen 2016
Angaben von Evamaria Bräuer
Elmar Schwinger, Die orthodoxe Israelitische Kultusgemeinde Gerolzhofen in der Weimarer und NS-Zeit. Widerstand, Verfolgung, Vernichtung, in: „Mainfränkisches Jahrbuch für Geschichte und Kunst“, No. 69/2017, S. 414 - 445
Norbert Vollmann (Red.), Straßenschild „Dr. Benzion Kellermann-Stiege“ enthüllt, in: „Main-Post“ vom 11.12.2017
Norbert Vollmann (Red.), Gerolzhofen. Der Koffer für die Reise in den Tod, in: „Main-Post“ vom 23.12.2018
Karin Sauer (Red.), Gerolzhofen. Ein Leben auf einen Koffer reduziert. Ein neues Kleindenkmal erinnert an die Opfer des Nationalsozialismus, in: „Main-Post“ vom 2.2.2019
Norbert Vollmann (Red.), Gerolzhofen. Der Koffer für die Reise in den Tod, in: „Main-Post“ vom 2.4.2019
Franziska Schmitt (Red.), Gerolzhofen – Steine erzählen Geschichte(n): Tag der jüdischen Kultur, in: „Main-Post“ vom 14.9.2020
Cornelia Berger-Dittscheid (Bearb.), Gerolzhofen, in: W.Kraus/H.-Chr. Dittscheid/G. Schneider-Ludorff (Hrg.), Mehr als Steine … Synagogengedenkband Bayern, Unterfranken, Teilband III/2.2, Kunstverlag Josef Fink, Lindenberg/Allgäu 2021, S. 1326 - 1364
Klaus Vogt (Red.), Gerolzhofen. Erinnerung an die Familie Rheinfelder, in: „Main-Post“ vom 20.5.2021
Michael Mößlein (Red.), Juden in Gerolzhofen: Über 700 Jahre voller Schicksalen, in: „Main-Post“ vom 4.7.2021
Michael Mößlein (Red.), Juden in Gerolzhöfer Vereinen: Aus der Mitte ins Abseits gedrängt, in: „Main-Post“ vom 16.7.2021
Michael Mößlein/Evamarie Bräuer (Red.), Gerolzhofen. Jüdische Namen: Erst durch sie erhalten Menschen ihre Identität, in: „Main-Post“ vom 8.8.2021
Michael Mößlein (Red.), Gerolzhofen. Jüdische Häuser in Gerolzhofen erzählen von ihren Bewohnern, in: „Main-Post“ vom 13.9.2021
Michael Mößlein (Red.), Gerolzhofen. Gerolzhöfer Modegeschäfte: Jüdische Frauen setzten Akzente, in: „Main Post“ vom 20.9.2021
Michael Mößlein (Red.), Gerolzhofen. Jüdischer Friedhof: Grabsteine als stumme Zeugen vergangenen Lebens, in: „Main-Post“ vom 15.10.2021
Michael Mößlein/Bertram Schulz (Red.), Jüdische Nähmaschinenhändler: Teilhaber eines boomenden Geschäfts, in: „Main-Post“ vom 4.2.2022
Michael Mößlein (Red.), Transport in den Tod: Vor 80 Jahren begann die umfangreiche Deportation von Gerolzhöfer Juden, in: „Main-Post“ vom 21.4.202
Klaus Vogt (Red.), Jüdischer Friedhof in Gerolzhofen - Grabsteine werden gereinigt, fotografiert und archiviert, in: „Main-Post“ vom 25.9.2022