Gudensberg (Hessen)
Gudensberg mit derzeit ca. 10.000 Einwohnern ist eine Kleinstadt im Schwalm-Eder-Kreis - etwa 20 Kilometer südlich von Kassel gelegen (Ausschnitt aus hist. Karte von 1905, aus: wikipedia.org, gemeinfrei und Kartenskizze 'Schwalm-Eder-Kreis', Hagar 2009, aus: commons.wikimedia.org, CC BY-SA 3.0).
Gudensberg (nach Merian-Stich um 1655, aus: wikipedia.org, CCO)
Erste jüdische Familien lassen sich seit der zweiten Hälfte des 17.Jahrhunderts in Gudensberg nachweisen. Gegen Ende des 18.Jahrhunderts besaß Gudensberg eine recht bedeutende jüdische Gemeinde: so fanden in der Kleinstadt seit Ende des 17.Jahrhunderts die sog. „Hessischen Judenlandtage“ statt, die jeweils mehrere Wochen andauerten und zu denen alle jüdischen Steuerzahler (bzw. ihre Vertreter) erscheinen mussten. Auch der letzte Judenlandtag in Hessen-Kassel fand 1807 in Gudensberg statt. Im Jahre 1811 lebten in Gudensberg 25 jüdische „Handelsleute“.
Während des 19.Jahrhunderts war die Kleinstadt zeitweilig Sitz des Kreisrabbinats. Für mehrere Jahrzehnte übte Mordechai (Marcus Gerson) Wetzlar (geb. 1801 in Fulda) hier die Funktion eines Kreisrabbiners aus; seine streng orthodoxe Gesinnung hatte ihn von Fritzlar nach Gudensberg geführt, wo er fast ein halbes Jahrhundert tätig war und hier höchste Anerkennung genoss. Er wurde hier durch seine Bestrebungen, Juden für eine landwirtschaftliche Betätigung zu animieren, bekannt. Wetzlar war es auch, der sich für den Neubau einer Synagoge in Gudensberg einsetzte; diese wurde 1843 - nach dreijähriger Bauzeit - in der Hintergasse eingeweiht; das Gotteshaus verfügte über insgesamt 250 Plätze. Im Gegensatz zu den zahlreichen Landsynagogen war sie nach den Plänen des bekannten jüdischen Architekten Albrecht Rosengarten nicht im Fachwerkstil, sondern als Steinbau im neuromanischen Stil errichtet worden.
Zum Tode des Rabbiners Mordechai Wetzlar berichtete „Der Israelit“ am 2. Jan. 1879:
Mainz, 30. Dec. 1878. ... Einer der Edelsten, Besten, Vorzüglichsten ist von dem Schauplatze seiner irdischen Thätigkeit abberufen worden! Rabbi Mordechai Wetzlar - er ruhe in Frieden - war am Anfange dieses Jahrhunderts zu Fulda geboren. Schon als kleines Kind war er von einem wunderbaren Eifer für das Thorastudium beseelt, und dieser Eifer war von den glänzendsten Geistesanlagen unterstützt. Der siebenjährige Knabe erhob sich in der größten Winterkälte Nachts um zwei Uhr von seinem Lager, um seinen Lehrer zu wecken, damit dieser mit ihm 'lerne'. Da seine Eltern in nicht sehr guten Vermögensumständen sich befanden, so mußte der Knabe oftmals die Küche besorgen, während die Eltern ihren Geschäften nachgingen; aber auch am Kochherde ließ er die geliebte Gemara nicht aus der Hand. Kaum 14 Jahre alt, ging er nach Hanau, um bei dem dortigen Rabbiner, dem berühmten Rabbi Moscheh Tobiah Sondheimer - das Andenken an den Gerechten und Heiligen ist zum Segen, seine Studien fortzusetzen. ... Er wurde bald der Lieblingsschüler seines großen Lehrers, den er sich auch in Bezug auf dessen Betragen zum Muster nahm. So fastete er 40 Fasten-Tage vor dem Versöhnungstage, Abends zum Imbiß nichts als Kartoffeln mit Salz zu sich nehmend. Jahraus, Jahrein ging er tagtäglich in die Mikwah, selbst dann, wenn eine Eiskruste das Wasser bedeckte. Aber nicht diese asketische Lebensweise war ihm Hauptsache, sondern das fleißige Lernen, und so kam es, daß er von seinem großen Lehrer das Rabbiner-Diplom erhielt, als er kaum 19 Jahre zählte. Nun erst fing er an, auch in den profanen Wissenschaften sich gediegene Kenntnisse zu erwerben. Unterdes war eine Zeit herangebrochen, die dem Judenthume nicht günstig war. Ueberall erhob die sogenannte Reform das Haupt, und die vieltausendjährige Lehre unseres Gottes sollte umgestaltet, verfälscht, vernichtet werden. Um diese Zeit wurde Rabbi Mordechai Wetzlar - er ruhe in Frieden - zum Rabbinen des Kreises Fritzlar ernannt; da aber die isr. Bewohner der Kreishauptstadt in ihrer Lebensweise sich dem echten Judenthume entfremdet hatten, so zog es der junge Rabbiner vor, seinen Wohnsitz in einem Dorfe, Gudensberg aufzuschlagen, weil in diesem Dorfe eine fromme jüdische Gemeinde sich befand und G. s. D. (= Gott sei Dank), noch heute sich befindet. Die Wirksamkeit, die Rabbi Mordechai Wetzlar - er ruhe in Frieden - an diesem kleinen Orte entfaltete, zu schildern, ist unsre Feder zu schwach. Nicht allein, daß er unablässig Schüler um sich sammelte, die er für die Thora und für das echte, jüdische Leben begeisterte, nicht allein, daß er der Freund, der Berather, der liebevolle Vater seiner Glaubensgenossen in dem von ihm verwaltete Kreisrabbinat wurde, er wurde, wenn auch nicht dem Namen nach, so doch thatsächlich der Oberlandesrabbiner des Kurfürstenthums Hessen, da sein Einfluß der weitgehendste war und Alle, die ihn kannten, Reich und Arm, Vornehm und Gering, Alt und Jung, Jude und Nichtjude, mit unbeschreiblicher Liebe und Verehrung an ihm hingen. Niemand konnte sich dem Zauber seiner Persönlichkeit entziehen; war er doch die personifizierte Güte und Sanftmuth! Wenn es aber die heilige Religion Israels betraf, so entwickelte der ehrwürdige, liebevolle, sanfte, gutherzige Mann, einen Eifer, eine Energie, die alle Hindernisse überwand und alle bösen Regungen, die sich seinem Blicke zeigten, im Keime erstickten. Nachdem er 46 Jahre lang auf seinem Posten ausgeharrt hatte, entschloß er sich, zu seinen Kindern nach Frankfurt a. M. zu übersiedeln, wo sich ihm, nachdem ihm auch viel Leid widerfahren war, der Abend seines Lebens recht sonnig gestaltete. Er starb, wie er gelebt hatte: sanft, gottergeben - bis zum letzten Augenblicke im vollen Besitze seiner Geisteskräfte. Nach Eingang des zweiten Sabbat Chanukah wurde er in einem Alter von 78 Jahren und 3 Monaten von hinnen gerufen. ...
Nach umfangreicher Renovierung wurde das Synagogengebäude im September 1925 erneut eingeweiht; darüber berichtete die „Gudensberger Zeitung“ in ihrer Ausgabe vom 16.9.1925:
Einweihung. Für die hiesige israelitische Gemeinde war der vergangene Samstag ein Tag besonderer Bedeutung. An demselben wurde in der vollständig erneuerten Synagoge, die im Jahre 1843 erbaut wurde, nach fünfmonatiger Pause zum ersten Male wieder Gottesdienst abgehalten, der durch eine auf die Feier des Tages Bezug nehmende Ansprache des Lehrers Perlstein eine besondere Weihe erhielt. Die gründliche Erneuerung ihres Gotteshauses verdankt die Gemeinde der hochherzigen Spende eines edlen Wohltäters, des Herrn Isaac Mansbach in Philadelphia, eines früheren Mitglieds der hiesigen israelitischen Kultusgemeinde. Der edle Spender sollte leider die Erneuerung des Gotteshauses nicht mehr erleben. ...
Synagogengebäude - rechts im Bild (Aufn. um 1965/1970)
Auch eine der ältesten jüdischen Elementarschulen von Kurhessen hatte in Gudensberg ihren Standort; sie war um 1825 eingerichtet worden; um 1880 besuchten sie fast 50 Kinder; ein Jahr nach der NS-Machtübernahme wurde die Schule geschlossen.
Seit 1730 ist in der Gemarkung Obervorschütz das Vorhandensein eines jüdischen Friedhofs nachweisbar, auf dem später auch verstorbene Glaubensgenossen umliegender Orte – wie Cappel, Dorla, Felsberg, Gensungen, Maden, Neuenbrunslar, Niederstein, Obermöllrich, Ride, Züschen u.a. - begraben wurden, ehe in den genannten Orten dann eigene Friedhöfe angelegt wurden. Die Anlage der Begräbnisstätte in Obervorschütz könnte vermutlich schon während der Zeit des Dreißigjährigen Krieges erfolgt sein. Die letzten Beerdigungen fanden hier 1934/1935 statt.
Zur jüdischen Gemeinde Gudensberg gehörten auch die in Obervorschütz und Maden lebenden Familien.
Juden in Gudensberg:
--- 1664 ............................. 4 jüdische Familien,
--- 1744 ............................. 8 “ “ ,
--- 1812 ............................. 52 jüdische Männer,
--- 1835 ............................. 122 Juden (ca. 6% d. Bevölk.),
--- 1843 ............................. 125 “ ,
--- 1861 ............................. 157 “ (ca. 8% d. Bevölk.),
--- 1871 ............................. 194 “ ,
--- 1885 ............................. 187 “ (ca. 10% d. Bevölk.),
--- 1895 ............................. 154 “ ,
--- 1905 ............................. 147 “ (ca. 35 Familien),
--- 1933 ............................. 124 “ (29 Familien),
--- 1938 (Dez.) ...................... keine.
Angaben aus: Paul Arnsberg, Die jüdischen Gemeinden in Hessen. Anfang - Untergang - Neubeginn, Bd. 1, S. 300
Alter Markt - Postkarte um 1900 (Abb. aus: akpool.de)
Gegen Mitte des 19.Jahrhunderts setzte sich die Gudensberger Gemeinde vor allem aus Kleingewerbetreibenden und Handwerkern zusammen; als Nebenerwerb betrieben die meisten noch ein wenig Landwirtschaft.
zwei Stellenanzeigen, um 1895
Im Vergleich zu anderen jüdischen Landgemeinden war die Integration der jüdischen Bürger Gudensbergs weitestgehend gelungen. Doch verzeichnete die Gemeinde seit den 1890er Jahren einen deutlichen Schwund ihrer Mitglieder, die z.g.T. in größere Städte abwanderten.
Nach der NS-Machtübernahme begann auch in Gudensberg der gezielte Terror gegen die jüdischen Bewohner; vor allem auswärtige SA-Angehörige übten Gewalttaten aus. Im Laufe der folgenden Jahre verließen die allermeisten jüdischen Familien die als "Hochburg der NSDAP" geltende Kleinstadt und verzogen in größere deutsche Städte, meist nach Kassel; einige gingen in die Emigration. Schon Monate vor der „Reichskristallnacht“ lebten in Gudensberg bereits keine Juden mehr. In ihrer Ausgabe vom 5.Mai 1938 meldete die „Kurhessische Landeszeitung”, dass Gudensberg nunmehr „judenfrei” sei.
Ein fünfjähriger zäher Kampf gegen das Judentum in der Stadt Gudensberg ist nun endlich von einem Erfolg gekrönt. Wer früher durch das alte Chattenstädtchen wanderte, begegnete auf Schritt und Tritt dem artfremden Element, das sich hier ganz besonders wohl fühlte und breit gemacht hatte. ... In den bürgerlichen Vereinen waren die Juden als Vorstands- oder Ehrenratsmitglieder tonangebend. Überall machten sie ihren Einfluß geltend, nur nicht bei der Arbeit. Wie eine Landplage überschwemmten sie als Güterschlächter, Hausierer und Viehhändler die umliegenden Dörfer des Chattengaues, um den deutschen Volksgenossen den Ertrag ihrer Arbeit abzugaunern. Wieviele Tränen mögen vergossen sein, wenn die Elias, Hofmann, Katz, Olaut und Mansbach deutsche Bauern um Haus und Hof gebracht hatten. Diese Zeiten sind nun endgültig vorbei. Heute haben wir die Gewissheit, daß sich in den Mauern der Stadt kein Jude mehr aufhält und auch in Zukunft nie mehr ein Jude seßhaft werden wird. Die Judenplage ist wie ein Alpdruck von der Bevölkerung Gudensbergs gewichen. ...“
Das Synagogengebäude wurde im Sommer 1938 von der jüdischen Gemeinde verkauft; alle Kultgeräte aus der Synagoge waren zuvor der jüdischen Gemeinde in Kassel übereignet worden. Von 1938 bis 1991 befand sich das umgebaute, zunehmend im Verfall begriffene Gebäude in Privatbesitz.
Nach Angaben der Gedenkstätte Yad Vashem/Jerusalem und des „Gedenkbuches – Opfer der Verfolgung der Juden ...“ wurden 50 gebürtige bzw. längere Zeit in Gudensberg ansässig gewesene jüdische Bewohner Opfer der NS-Gewaltherrschaft (namentliche Nennung der betroffenen Personen siehe: alemannia-judaica.de/gudensberg_synagoge.htm).
Der von der jüdischen Gemeinde Gudensberg und den Nachbargemeinden mehr als 200 Jahre benutzte Friedhof in Obervorschütz besitzt heute noch ca. 390 Grabsteine.
Jüdischer Friedhof in Obervorschütz (Aufn. J. Hahn, 2008 und A. Schönewolf, 2005, aus: wikipedia.org, gemeinfrei)
alte Grabmale (alle Aufn. J. Hahn, 2008)
Im Jahre 2003 wurde der Friedhof von ‚unbekannten Tätern‘ schwer geschändet, indem mehr als 40 Grabsteine mit Hakenkreuzen, NS-Symbolen und -Parolen beschmiert worden waren.
Mitte der 1980er Jahre bildete sich in Gudensberg der „Arbeitskreis Synagoge Gudensberg”, der das äußerlich unversehrte Synagogengebäude vor dem endgültigen Verfall retten und es zu einer kulturellen Begegnungs- und Dokumentationsstätte für die Geschichte der Juden in Nordhessen machen wollte. Im Jahre 1985 wurde das Gebäude unter Denkmalschutz gestellt. Nach dessen Erwerb durch die Kommune (1991) erfolgte eine mehrjährige Restaurierung. 1995 konnte dann das ehemalige Synagogengebäude als Kulturhaus der Öffentlichkeit übergeben werden. Auf der Empore ist eine kleine Dauerausstellung zur Geschichte und dem Schicksal der Gudensberger Juden untergebracht; seit 2022 gibt es eine neue Dauerausstellung zur Geschichte der Juden in Gudensberg.
Vor dem Eingang des Hauses ist ein aus Sandstein gefertigtes Denkmal der Bildhauerin Dina Kunze aufgestellt (Aufn. Thorn d'Est, 2020, aus: wikipedia.org, CC BY-SA 4.0); auf einer Inschriftentafel wird an die Historie des ehemaligen Synagogengebäudes wie folgt erinnert:
Zur Erinnerung an die ehemaligen jüdischen Bürgerinnen und Bürger.
Diese Synagoge wurde von 1840 bis 1843 nach den Plänen des bedeutenden jüdischen Architekten Albrecht Rosengarten erbaut.
Sie war der Mittelpunkt im Leben der jüdischen Gemeinde, die 1871 fast 200 Mitglieder zählte.
Hier feierten die Juden ihre regelmäßigen Gottesdienste und Festtage.
Nach der Machtergreifung durch die Nationalsozialisten wurden
die jüdischen Bürgerinnen und Bürger verfolgt, mißhandelt und schließlich systematisch vertrieben.
Damit endete 1938 die mehr als 300 jährige Geschichte der Juden in Gudensberg.
Viele von ihnen sind von den Nationalsozialisten in Konzentrationslagern ermordet worden.
Die Geschichte der Juden in Gudensberg ist Teil unserer Geschichte.
Die Stadt hat das seit 1938 in Privatbesitz befindliche Gebäude 1991 erworben. Die Restaurierungsarbeiten wurden 1995 abgeschlossen.
Stadt Gudensberg
Rückseitig ist in hebräischer Sprache das Totengebet für die als Märtyrer Verstorbenen angebracht: „Gedenke der Seelen. Gedenke, Gott, der Seelen all meiner Verwandten seitens meines Vaters, seitens meiner Mutter, die getötet, erschossen, geschlachtet, verbrannt, ertrunken und erwürgt auf den Namen des Herrn. Erhöre und verherrliche sie, Gott, in Deinem Himmelreiche und lass auch mein Bitten und Beten erhört sein, um der kindlichen Liebe willen, mit der ich meines Herzens Opfer Dir gelobe und bringe. Amen.“
Das restaurierte Synagogengebäude in Gudensberg ist eines der letzten erhaltenen jüdischen Gotteshäuser des Schwalm-Eder- Kreises, das noch sein ursprünglich Äußeres besitzt.
ehem. Synagoge (Aufn. Jörg Lantelmé und Thorn d'Est, 2020, aus: wikipedia.org, CC BY-SA 4.0)
Im Frühjahr 2009 wurden in Gudensberg die ersten sog. „Stolpersteine“ verlegt; in den folgenden Jahren kamen weitere dazu, so dass derzeit im Stadtgebiet ca. 65 Steine zu finden sind (Stand 2023). Erinnert wird mit den in die Gehwege eingelassenen Steinen nicht nur an deportierte/ermordete Personen, sondern auch an diejenigen, die ihr Leben durch Emigration retten konnten.
verlegt in der Hintergasse (Aufn. G., 2018, aus: commons.wikimedia.org, CC BY-SA 4.0)
Die 1994/1995 in Kassel gegründete jüdische liberale Gemeinde Emet weSchalom e.V. hatte bis 2010 ihren Sitz in Gudensberg; seitdem ist Felsberg neuer Gemeindesitz.
Aus Gudensberg stammte der 1830 geborene Moses Engelbert (Mosche Meir ben Naftali); er war der Sohn eines Kaufmanns, der seine theologische Ausbildung in Wetzlar und Würzburg erhielt. Nach einem Studium in Göttingen und seiner Promotion in Jena war Dr. Moses Engelbert in verschiedenen Städten als Prediger und Religionslehrer tätig, so in Waren (Mecklenburg), in Thorn (Westpreußen) und in Kolberg (Pommern). 1862 übernahm er das Bezirksrabbinat in Lehrensteinfeld (danach mit Rabbinatssitz in Heilbronn). Aus Krankheitsgründen gab Moses Engelbert 1877 sein Amt auf; er starb 1891 in Heilbronn.
Der langjährig in St. Gallen tätige Rabbiner Dr. Hermann Engelberg wurde 1830 in Gudensberg geboren. Nach seiner religiösen Ausbildung in seiner Geburtsstadt und in Würzburg absolvierte er ein Studium in Berlin und Marburg; anschließend war er als Prediger und Religionslehrer tätig. Seit 1866 stand er an der Spitze der Jüdischen Religionsgesellschaft St. Gallen, die er bis zu seinem Tode (1900) führte.
In Obervorschütz – heute größter Stadtteil von Gudensberg – lebten im 19.Jahrhundert einige jüdische Familien; die Zahl ihrer Angehörigen erreichte um 1850 mit knapp 50 Personen ihr Maximum; sie gehörten der Gudensberger Synagogengemeinde an. Als einzige religiöse-rituelle Einrichtung bestand nahe des Ortes der für zahlreiche Gemeinden der Region zuständige israelitische Friedhof (siehe oben)
In einem anderen Stadtteil von Gudensberg, in Maden, war im 19.Jahrhundert auch eine kleine jüdísche Gemeinschaft beheimatet.
Nach Angaben der Gedenkstätte Yad Vashem/Jerusalem und des „Gedenkbuches – Opfer der Verfolgung der Juden ...“ sind zwei aus Obervorschütz und vier aus Maden stammende jüdische Bewohner Opfer der NS-Verfolgung geworden (namentliche Nennung der betreffenden Personen siehe: alemannia-judaica.de/gudensberg_synagoge.htm).
Auf dem jüdischen Friedhof in Gudensberg-Obervorschütz, dem größten im Schwalm-Eder-Kreis, wurden 2023 etliche historische Grabmale saniert und Grabsteinrelikte gesichert.
Aufn. Armin Schönewolf 2005, aus: wikipedia.org, CCO
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Weitere Informationen:
Samuel Blach, Aus dem ehemaligen Kurkessen, in: "Menorah", Jg. 1926, Heft 10, S. 583 - 590 (u.a. Schilderung jüdischen Lebens in Gudensberg)
Paul Arnsberg, Die jüdischen Gemeinden in Hessen. Anfang - Untergang - Neubeginn, Societäts-Verlag, Frankfurt/M. 1971, Bd. 1, S. 300 f.
Thea Altaras, Synagogen in Hessen - was geschah seit 1945 ?, Verlag K.R. Langewiesche Nachfolger Hans Köster Verlagsbuchhandlung, Königstein i.Ts. 1988, S. 51/52 (Neuauflage 2007, S. 153 - 157)
Arbeitskreis Synagoge Gudensberg e.V. (Hrg.), Reichspogromnacht 9.November 1938. Dokumentation der Redebeiträge zur Gedenkveranstaltung vom 9.Nov. 1988 in Gudensberg, Gudensberg 1988
Arbeitskreis Synagoge Gudensberg e.V. (Hrg.), Aus dem Alltagsleben der Jüdischen Gemeinde in Gudensberg, Bilder und Dokumente, Gudensberg 1988
Heimatgeschichtlicher Wegweiser zu Stätten des Widerstandes und der Verfolgung 1933 - 1945, Hessen II - Reg.bezirke Gießen und Kassel, Hrg. Studienkreis Deutscher Widerstand, VAS-Verlag, Frankfurt/M. 1996, S. 172/173
Hans-Peter Klein, Die Geschichte der jüdischen Gemeinde und der Synagoge von Gudensberg, Melsungen 1996
Hans-Peter Klein, Gudensberg - Auschwitz. Eine Spurensuche zur Geschichte der jüdischen Gemeinde von Gudensberg, Melsungen 1996
Lieselotte Habenicht, Die jüdische Schule der Synagogen-Gemeinde zu Gudensberg im 19.Jahrhundert, Gudensberg-Deute 2008
Gudensberg mit Maden und Obervorschütz, in: alemannia-judaica.de (mit zahlreichen Text- u. Bilddokumenten zur jüdischen Gemeindehistorie)
N.N. (Red.), Erinnerung an die Opfer – Initiative Stolpersteine: Gedenksteine werden verlegt, in: „HNA – Hessische Niedersächsische Allgemeine“ vom 25.2.2009
Rosemarie Först (Red.), Adlers von gegenüber – Stolpersteine erinnern an Schicksal von Obervorschützer Familie, in: "HNA – Hessische Niedersächsische Allgemeine“ vom 13.3.2009
Rosemarie Först (Red.), Hauseigentümer wollen keinen Stolperstein, in: „HNA - Hessische Niedersächsische Allgemeine“ vom 29.5.2012
Auflistung der in Gudensberg verlegten Stolpersteine, online abrufbar unter: commons.wikimedia.org/wiki/Category:Stolpersteine_in_Gudensberg?uselang=de
Lara Thiele (Red.), Dieter Vaupel veröffentlicht Buch über Blanka Pudler, die den Holocaust überlebte, in: „HNA – Hessische Niedersächsische Allgemeine“ vom 8.9.2018
Dieter Vaupel, „Auf einem fremden unbewohnbaren Planeten“ - wie ein 15jähriges Mädchen Auschwitz und Zwangsarbeit überlebte, Dietz-Verlag Nachf. Bonn, 2018
N.N. (Red.), Die Biografie der Blanka Pudler, in: "Online-Zeitung für den Schwalm-Eder-Kreis" vom 2.11.2019
Hans-Peter Klein, Stolpersteine zur Erinnerung an jüdische Gudensberger Familien, Broschüre 2020
pm/rs (Red.), Neue Stolpersteine für Gudensberg, online abrufbar unter: nh24.de/2020/11/01/neue-stolpersteine-fuer-gudensberg/
Dieter Vaupel, „Wir lebten firedlich mit allen Nachbarn ...“ - Erinnerungen an jüdisches Leben in Obervorschütz, Epubli-Verlag, Berlin 2022
Nachrichten aus Nordhessen (Red.), Dauerausstellung: Zwischen Verdrängen und Erinnern – jüdisches Leben in Gudensberg, online abrufbar unter: nh24.de/2022/10/01/zwischen-verdraengen-und-erinnern-juedisches-leben-in-gudensberg/ vom 1.10.2022
N.N.(Red.), Historische Grabmale denkmalgerecht instandgesetzt, in: „SEK-News“ vom 21.8.2023