Hellstein (Hessen)

Jüdische Gemeinde - Birstein (Hessen)Bildergebnis für main kinzig kreis ortsdienst karte Hellstein ist neben Neuenschmidten, Schlierbach, Spielberg, Streiberg und Udenhain einer von sechs Ortsteilen der Gemeinde Brachttal im Main-Kinzig-Kreis - ca. 40 Kilometer nordöstlich von Hanau gelegen (Ausschnitt aus hist. Karte von 1905 ohne Eintrag von Hellstein/Brachtal, aus: wikipedia.org, gemeinfrei und Kartenskizze 'Main-Kinzig-Kreis', aus: ortsdienst.de/hessen/main-kinzig-kreis).

 

Die in Hellstein lebenden jüdischen Familien, die ursprünglich zur jüdischen Gemeinde Birstein gehört und dort auch die Synagoge aufgesucht hatten, bildeten ab Ende der 1860er Jahre eine eigene Synagogengemeinde. Ihnen stand seit dieser Zeit ein eigener kleiner Betraum zur Verfügung, der sich im Obergeschoss eines Hauses am Oberweg befand. Im Erdgeschoss des östlichen Gebäudeteiles war ein Stall, an den sich das rituelle Bad anschloss. Im anderen Teilbefand sich im Erdgeschoss eine kleine Wohnung, die an nichtjüdische Familien vermietet wurde, darüber im Obergeschoss der Schulraum und eine kleine Lehrerwohnung.

Zur Verrichtung religiöser-ritueller Aufgaben der Gemeinde war zeitweise ein Lehrer angestellt. Spätestens in der Zeit nach dem Ersten Weltkrieg bestand dann ein Schulverband mit Birstein.

Anzeigen in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 22.Dez. 1887, vom 9.Juni 1890 und vom 14.Mai 1900

Zur jüdischen Gemeinde Hellstein gehörten auch die sehr wenigen Familien aus dem benachbarten Schlierbach und Udenhain.

Als Begräbnisstätte wurde der in Bierstein gelegene jüdische Verbandsfriedhof genutzt.

undefined Heute erinnern auf einer Fläche von ca. 4.500 m² des Birsteiner Sammelfriedhofs noch etwa 420 Grabsteine an frühere jüdische Ansässigkeit in der Region; der älteste Stein trägt die Jahresangabe "1740". (Teilansicht des Friedhofs, Aufn. B. 2021, aus:wikipedia.org CC BY-SA 4.0)

Juden in Hellstein:

--- 1816 ..........................  6 jüdische Familien,

--- 1835 .......................... 22 Juden,

--- 1868 ..........................  9 jüdische Familien (ca. 50 Pers.),

--- 1885 .......................... 47 Juden (ca. 11% d. Bevölk.),

--- 1895 .......................... 48   “   (ca. 12% d. Bevölk.),

--- 1905 .......................... 30   “   (ca. 7% d. Bevölk.),

--- um 1925 ................... ca. 20   “  ,

--- 1933 .......................... 22   “  .

Angaben aus: Paul Arnsberg, Die jüdischen Gemeinden in Hessen. Anfang - Untergang - Neubeginn, Bd. 1, S. 346

 

Um 1870 zählte die Kultusgemeinde Hellstein ca. 50 Angehörige aus neun Familien, die ihren Lebensunterhalt zumeist als Viehhändler bestritten und recht begütert gewesen sein sollen.

Anfang der 1930er Jahre lebten in Hellstein dann nur noch kaum 20 jüdische Einwohner.

Das Synagogengebäude in Hellstein wurde an eine nicht-jüdische Familie verkauft; deshalb kam es beim Novemberpogrom 1938 hier zu keinen Zerstörungen. (Anm.: Der neue Besitzer hatte das Gebäude zu einem Wohnhaus umgebaut; es ist bis heute erhalten.)

Nach Angaben der Gedenkstätte Yad Vashem/Jerusalem und des "Gedenkbuches - Opfer der Verfolgung der Juden ..." wurden nachweislich 17 gebürtige bzw. länger im Dorf lebende Juden Opfer der NS-Gewaltherrschaft - davon allein acht Angehörige der Familie Grünebaum (namentliche Nennung der betroffenen Personen siehe: alemannia-judaica.de/hellstein_synagoge.htm).

Das nahe Schlierbach hatte elf Holocaust-Opfer zu beklagen.

 

Neben der Alten Schule wurde jüngst für die jüdischen NS-Opfer eine kleine Gedenkstätte eingerichtet: der „Weiße Garten“ mit den beiden figürlichen Darstellungen von zwei Kindern soll als "Mahnmal wider das Vergessen" verstanden werden.

"Weißer Garten" (Aufn. B., 2020, aus: wikipedia.org, CC BY-SA 4.0)

 

vgl. Birstein (Hessen) und Lichenroth (Hessen)

 

 

 

Weitere Informationen:

Paul Arnsberg, Die jüdischen Gemeinden in Hessen. Anfang - Untergang - Neubeginn, Societäts-Verlag, Frankfurt/M. 1971, Bd. 1, S. 346

Jürgen Ackermann, Die Juden in und um Birstein im 17. und 18.Jahrhundert, in: "Zeitschrift des Vereins für hessische Geschichte und Landeskunde", No.93/1988, S. 95 – 110

Jürgen Ackermann, Die Hellsteiner Synagoge, in: "Brachttal Nachrichten", No.26/1988 und No.28/1988

Jürgen Ackermann, Von den letzten Hellsteiner Juden, in: "Brachttal Nachrichten", No.34/1988

Jürgen Ackermann, Das Schicksal eines Hellsteiner Juden, in: "Brachttal Nachrichten" vom 26.6.1992

Studienkreis Deutscher Widerstand (Hrg.), Heimatgeschichtlicher Wegweiser zu Stätten des Widerstandes und der Verfolgung 1933-1945, Hessen I Regierungsbezirk Darmstadt, 1995 S. 201

Jürgen Ackermann (Red.), Erich Grünebaum heißt heute Eric Greene, in: "Mitteilungsblatt der Heimatstelle Gelnhausen", No.1/1998

Christa Wiesner, Der jüdische Friedhof in Birstein, in: "Birsteiner Heimatbote", o.J.

Thea Altaras, Synagogen in Hessen. Was geschah seit 1945?, Neubearbeitung, Königstein 2007, S. 333/334

Hellstein mit Schlierbach und Udenhain, in: alemannia-judaica.de (mit Dokumenten zur jüdischen Ortshistorie)

re/erd (Red.), Mahnmal wider das Vergessen - „Weißer Garten“ Hellstein wird am Sonntag, 15.Sept. 2019 … eingeweiht, in: „Gelnhäuser Neue Zeitung“ vom 22.8.2019

bak (Red.), Ein weißer Garten wider das Vergessen – Brachttaler Gedenken an die Opfer der Gräueltaten der Nationalszialisten, in: „Gelnhäuser Neue Zeitung“ vom 16.9.2019

Ernst Gottschalk (Red.), „Der einsamste Junge" – Nachruf auf Eric Greene, den letzten Überlebenden des Holocaust aus Hellstein, in: „Gelnhäuser Neue Zeitung“ vom 7.4.2020