Holzhausen ü. Aar (Hessen)

Datei:Hohenstein in RÜD.svg Holzhausen über Aar mit seinen derzeit ca. 1.100 Einwohnern gehört seit dessen Eingemeindung (1972) zur Kommune Hohenstein (Rheingau-Taunus-Kreis) - etwa 20 Kilometer nördlich der Landeshauptstadt Wiesbaden gelegen (Kartenskizze 'Rheingau-Taunus-Kreis', Hagar 2009, aus: commons.wikimedia.org, CC BY-SA 3.0).

 

In dem nördlich von Bad Schwalbach gelegenen Holzhausen ü. Aar gab es eine kleine jüdische Gemeinschaft, deren Anfänge in die zweite Hälfte des 17.Jahrhunderts zurückreichen. Die Holzhausener Juden betrieben anfangs ausschließlich Landwirtschaft (!); ihr Landbesitz soll sich zusammenhängend in einer Flur namens „Judengewann“ befunden haben. Später lebten sie vor allem vom Vieh- und Pferdehandel.

http://www.alemannia-judaica.de/images/Images%20195/Holzhausen%20Aar%20GblIsrGF%20Juli1936.jpgaus: "Gemeindeblatt der Israelitischen Gemeinde Frankfurt", Juli 1936

Im Jahre 1876 weihte die Gemeinde einen winzigen Synagogenbau in der Fensterbachstraße ein, der einen abgerissenen Betraum (war einem Straßenneubau im Wege) ersetzte.

Religiös-rituelle Aufgaben der Gemeinde verrichtete im 19. Jahrhundert zeitweise ein Lehrer; fast drei Jahrzehnte übte dieses Amt H. Kahn (geb. 1823 in Nastätten) aus.

Einen eigenen Friedhof besaß die Gemeinde nicht; Verstorbene wurden auf den Friedhöfen der Umgebung beerdigt, so in Burgschwalbach, Laufenselden oder Wehen.

Juden in Holzhausen:

--- um 1670 .......................  4 jüdische Familien,

--- 1843 .......................... 31 Juden,

--- 1861 .......................... 78   “  (ca. 12% d. Bevölk.),

--- 1871 .......................... 29   “  (ca. 4% d. Bevölk.),

--- 1885 .......................... 41   “  ,

--- 1895 .......................... 28   “  ,

--- 1905 .......................... 25   “  ,

--- 1924 ..........................  9   “  ,

--- 1930 ..........................  4 jüdische Familien,

--- 1933 .......................... 22 Juden,*    * mit Breithardt

Angaben aus: Paul Arnsberg, Die jüdischen Gemeinden in Hessen. Anfang - Untergang - Neubeginn, Bd. 1, S. 385/386

 

Gemeinsam mit den wenigen Juden aus dem nahen Breithardt bildeten die hier lebenden Juden eine Kultusgemeinde, die Mitte des 19.Jahrhunderts mit insgesamt ca. 20 Familien ihren Höchststand erreichte. Unter den jüdischen Gewerbetreibenden gab es im 19./Anfang 20. Jahrhundert in Holzhausen u.a. einen Metzger, einen Schneider, mehrere Vieh- und Pferdehändler, weiterhin ein Geschäft für Landmaschinen und Landesprodukte. In Breithardt gab es einen jüdischen Viehhändler und einen Metzger.

1930/1333 zählte die Judenschaft nur noch ca. 20 Personen; den meisten von ihnen gelang die lebensrettende Emigration in die USA bzw. nach Südafrika.

Nach Angaben der Gedenkstätte Yad Vashem/Jerusalem wurden acht gebürtige Holzhausener Juden Opfer der „Endlösung (namentliche Nennung der betroffenen Personen siehe: .alemannia-judaica.de/holzhausen_aar_synagoge.htm).

 

Vor der Auflösung der Gemeinde war das kleine Synagogengebäude verkauft worden (1937); anschließend wurde es gewerblich genutzt und in den 1970er Jahren abgerissen.

Seit 2020 erinnert eine Gedenktafel in Holzhausen ü. Aar an das dortige ehemalige jüdische Leben und die Verbrechen der Nationalsozialisten.

 

 

 

Weitere Informationen:

Paul Arnsberg, Die jüdischen Gemeinden in Hessen. Anfang - Untergang - Neubeginn, Societäts-Verlag, Frankfurt/M. 1971, Band 1, S. 385/386

Heimatgeschichtlicher Wegweiser zu Stätten des Widerstandes und der Verfolgung 1933 - 1945. Hessen I Regierungsbezirk Darmstadt, hrg. Vom Studienkreis Deutscher Widerstand, 1995, S. 298

Holzhausen ü. Aar mit Breithardt, in: alemannia-judaica.de

Thea Altaras, Synagogen und jüdische Rituelle Tauchbäder in Hessen – Was geschah seit 1945?, Königstein im Taunus, 2007, S. 368

Hannelore Wiedemann (Red.), Auf den Spuren jüdischer Schicksale, in: "Wiesbadener Kurier" vom 13. 4. 2012

Hannelore Wiedemann (Red.), Diskussion über Gedenktafel in Holzhausen, in: „Wiesbadener Tagblatt“ vom 10.8.2019

Thorsten Stötzer (Red.), Ein Gedenken an die bösen Geister. Eine neue Gedenktafel in Holzhausen über Aar erinnert an das dortige jüdische Leben und die Verbrechen der Nationalsozialisten, in: „Wiesbadener Kurier“ vom 28.1.2020