Haigerloch (Baden-Württemberg)
Haigerloch ist eine Kleinstadt im baden-württembergischen Zollernalbkreis mit derzeit ca. 11.000 Einwohnern - etwa 25 Kilometer südwestlich von Tübingen gelegen (hist. Karte der 'Hohenzollerschen Lande', aus: wikiwand.com/de/Oberamt_Hohenzollern und Kartenskizze 'Zollernalbkreis', aus: ortsdienst.de/baden-wuerttemberg/zollernalbkreis).
In Haigerloch müssen bereits in der ersten Hälfte des 14.Jahrhunderts Juden ansässig gewesen sein, vermutlich nur sehr wenige; eine Chronik berichtet über deren Verbrennung während des Pestpogroms von 1348. Ab Mitte des 16.Jahrhunderts wurden dann wieder vereinzelt jüdische Bewohner gezählt. Der älteste erhaltene Schutzbrief wurde 1534 vom Grafen Christoph Friedrich von Hohenzollern ausgestellt; weitere Schutzjuden folgten; sie verfügten schon damals über einen Betsaal in der Oberstadt und einen eigenen Friedhof bei Weildorf. Die christliche Bürgerschaft versuchte zwar, die jüdischen Familien aus dem Orte zu weisen; doch stellte sich der regierende Fürst hinter „seine“ Juden, begrenzte aber ihre Zahl. 1749 verbot er ihnen das Heiraten in der Absicht, „gegenwärtige nach und nach absterben zu lassen”. Als der Landesherr dann noch versuchte, die Juden des Ortes zu christlichen Gottesdiensten zu zwingen, verließen sie kurzfristig die Stadt, kehrten aber bald wieder hierher zurück und befolgten den ihnen auferlegten Gottesdienstbesuch.
Seit Beginn des 18.Jahrhunderts war den Juden der Erwerb von Häusern und Grundstücken erschwert, dann schließlich ganz verboten worden; die meisten Juden in der Stadt lebten in Mietverhältnissen. Da der Landesherr - wegen der Schutzgelder - um den Wegzug „seiner“ Juden fürchtete, stellte er ihnen die damals verwahrloste Schlossanlage „Im Haag“ zur Verfügung; sie sollten in herrschaftseigenen Gebäuden in der Oberstadt unter seinem Schutze leben. Einige Familien aus Haigerloch und weitere aus dem Umland siedelten sich hier an; in den Folgejahrzehnten erhöhte sich dann deren Anzahl. Das Wohnviertel Haag war eine Art autonomes Gebiet für die Juden Haigerlochs, aber kein Ghetto.
1783 errichteten die Juden „Im Haag“ auch ihre Synagoge - einen eingeschossigen Saalbau; ein Umbau 1839/1840 vergrößerte die Synagoge, die nun fast 300 Personen Platz bot.
Synagoge in Haigerloch (Aufn. um 1925, Stadtarchiv)
Knapp ein Jahrhundert später - drei Jahre vor der sog. „Machtübernahme“ - wurde die Haigerlocher Synagoge nach nochmaligem Umbau erneut eingeweiht.
„ Die Einweihung der umgebauten Haigerlocher Synagoge fand am gestrigen Sonntag in feierlicher Weise statt. Der Einweihungsakt begann mit einem hebräischen Weihelied des Synagogenchors, worauf Rabbinatsverweser Spier das ewige Licht anzündete. Gemeindevorstand Alfred Levi sprach warme Begrüßungsworte. Seit nunmehr 150 Jahre dient dieser Raum der israelitischen Gemeinde als Tempel. ... Größere finanzielle Mittel zum Umbau sind geflossen vom Preußischen Landesverband Jüdischer Gemeinden und von vielen auswärts wohnenden Haigerlochern. Allen Gebern wurden herzliche Dankesworte vom Vorstand ausgesprochen, denn nur durch ihre Mithilfe konnte die Arbeit ausgeführt werden. ... worauf die heiligen Torarollen, enthaltend fünf Bücher Moses, in feierlicher Weise in den Altar eingelegt wurden. Diese Torarollen sind meist privat von Gemeindemitgliedern gestiftet. Immer wieder war die Handlung von erhebenden Gesängen des Gemischten Synagogenchors durchsetzt. Der eindrucksvolle Weiheakt fand seinen Abschluss mit der Predigt des Rabbinatsverwesers Spier. Vielbeachtet und belobt wird die Gesamtausführung des Umbaues durch Architekt Selig-Hechingen. Die an sich sehr schwierige Aufgabe, den vorhandenen Raum neuzeitlicher Auffassung anzupassen, ist sehr gut gelöst. Die Beleuchtung zeigt vollendete Anpassung an Kult und Raum. Dem Lichteffekt entsprechend ist die Farbstimmung gewählt, die in der indirekt beleuchteten Kuppel ihren Höhepunkt erreicht. Was besonders auffällt, ist der große Kronleuchter in der Kuppel, ...”
(aus: „Hohenzollerische Blätter” No. 219 vom 23. September 1930)
Um 1815 verkaufte der Landesfürst das gesamte Haag an die dortige Judengemeinde; hier war schon bereits ein Jahrzehnt früher der neue jüdische Friedhof angelegt worden.
Teilansicht des jüdischen Friedhofs (Aufn. J. Hahn, um 1975)
reich ornamentierte Grabmale auf dem jüdischen Friedhof in Haigerloch (Aufn. Klotz, um 1970)
Die Gemeinde unterstand zunächst dem Rabbinat Hechingen. 1820 war dann in Haigerloch ein eigenständiges Rabbinat errichtet worden, zu dem auch die jüdische Gemeinde Dettensee gehörte; dessen erster Rabbiner war Raphael Zivi.
Ausschreibungen der Rabbinatsstelle in der Zeitschrift "Der Israelit" aus dem Jahre 1883 und 1888
Eine israelitische Volksschule war in Haigerloch 1823 eröffnet worden (sie existierte bis 1939). Anfänglich war die Schule in einem an das Synagogengebäude angebauten Hause untergebracht. In den 1840er Jahren wurde ein Gemeindehaus - mit Schule und Wohnung für den Rabbiner u. den Lehrer fertiggestellt. Später war dann die jüdische Schule im Haigerlocher Rathaus untergebracht, wo auch die christlichen Kinder unterrichtet wurden.
Stellenausschreibungen für einen Lehrer/Kantor/Schächter von 1887, 1902 und 1907
Juden in Haigerloch:
--- um 1745 ...................... ca. 20 jüdische Familien,
--- 1780 ............................. 20 “ “ ,
--- um 1800 ...................... ca. 35 “ “ ,
--- 1836 ............................. 305 Juden (ca. 25% d. Bevölk.),
--- um 1845 ...................... ca. 320 “ ,
--- 1858 ............................. 397 “ (ca. 32% d. Bevölk.),
--- 1885 ............................. 319 “ (ca. 25% d. Bevölk.),
--- 1905 ............................. 254 “ (ca. 20% d. Bevölk.),
--- 1910 ............................. 260 “ (ca. 20% d. Bevölk.).
--- 1925 ............................. 210 “ ,
--- 1933 (Juni) ...................... 213 “ ,
--- 1935 ............................. 188 “ ,
--- 1940-42 .......................... ? ‘Zuzüge’ (meist aus Stuttgart/Heilbronn)
Angaben aus: Paul Sauer, Die jüdischen Gemeinden in Württemberg und Hohenzollern, S. 89
Haigerloch, um 1830/1840 (Abb. aus: wikipedia.org, gemeinfrei)
Ende der 1830er Jahre erhielten - wie alle im Fürstentum Hohenzollern-Sigmaringen - auch die Juden Haigerlochs staatsbürgerliche Rechte; 1849 waren sie dann völlig gleichgestellt. Seit etwa dieser Zeit war das bisher z.T. gespannte Verhältnis zwischen Christen und Juden dann recht einvernehmlich; so gehörten Juden dem Gemeinderat und lokalen Vereinen an.
Im Gewerbeleben der Stadt waren die jüdischen Viehhändler zahlreich vertreten; die zweite typische Erwerbsgruppe war sozial schwächer: die Ellenwarenhändler und Hausierer.
Aus den Eindrücken eines Reisenden (1921): „ ... Die Lage dieses Ortes ist durch die Natur auch recht begünstigt, wenn auch die Waldungen nicht so reich, dicht und schattig sind wie im nahen Mühringen. Aber eine blühende jüdische Gemeinde habe ich hier kennengelernt. Zahlreiche jüdische Kinder beleben die Straßen, und mir scheint, daß hier die Juden in einem frei gewählten Ghetto in der Nähe der schönen Synagoge wohnen. Ich will nicht verschweigen, daß mir einzelne Stammesbrüder einen dementsprechenden Eindruck machten. In der Nähe der Synagoge liegt auch gleich der wohl gepflegte 'Gute Ort'. Alles beieinander, wie bei den christlichen Mitbürgern auch. Auch ein stattlicher jüdischer Gasthof ist vorhanden. Haigerloch hat sogar einen jüdischen Männergesangverein von ungefähr 50 Mitgliedern, welcher in der Zeit meines Dortseins von Sängerfesten zweimal preisgekrönt heimkehren durfte. Ich habe niemals gehört, daß der Antisemitismus dort größer ist wie anderswo. Im Gegenteil: die Heimkehrenden, die ihrer Heimat Ehre gemacht hatten, wurden von der ganzen Einwohnerschaft unter Jubel in ihr Vereinslokal geleitet. Die jüdische Schule, die den Antisemitismus nach unserer Meinung so sehr 'befördern soll', wirkt in dieser Gegend klassen-versöhnend, nicht-trennend. Haigerloch hat natürlich eine gut besuchte jüdische Volksschule mit einem allseitig verehrten tüchtigen Lehrer. ...“ (aus: "Der Israelit“ vom 16.9.1921)
Nach der NS-Machtübernahme erhielt das religiöse und kulturelle Leben der Gemeinde neue Impulse, da die Juden durch die gesellschaftlich-wirtschaftliche Ausgrenzung näher zusammenrückten. Die antijüdische Hetze der Nationalsozialisten fand allerdings bei der einheimischen Bevölkerung zunächst wenig Widerhall. So muss der reichsweit angesetzte Boykott des 1.4.1933 in Haigerloch ohne äußerlich sichtbare Ereignisse verpufft sein; erst später sind Belege für den Boykott jüdischer Geschäftsleute zu finden. Ab 1935 wurde auch in Haigerloch der Lebensraum jüdischer Bürger durch Anordnungen immer mehr eingeengt; die Presse tat ein übriges und stimmte die „arischen“ Bewohner Haigerlochs mit übelster Hetze auf weitere antijüdische Maßnahmen ein. In den „Hohenzollerischen Blättern” vom 25.Februar 1935 hieß es:
... Judentum und Nationalsozialismus, so hieß das Thema, über das unser verehrter Kreisleiter referierte. Er führte aus: Die Juden sind keine deutsche Rasse. Man kann bei ihnen überhaupt von keiner Rasse reden, da sie ein Mischvolk verschiedener Rassen sind, die aber unserem Wesen völlig fremd sind. Wie die Schmarotzerpflanzen, die Mistel, ihre erbarmungslose Wurzel in die Stämme der stolzen Bauriesen einschlägt und deren Lebenssaft trinkt, so sitzt das jüdische Volk im Nacken der Bevölkerung und nährt sich von ihnen ... Ein aufrechter Deutscher geschweige ein Nationalsozialist, hat mit dem Juden keine Gemeinschaft. ...
Vom 9.April 1937 stammt der folgende Artikel der „Hohenzollerischen Blätter“:
Erkennt die Schädlinge und meidet sie !
Haigerloch, 8.April - Tag für Tag bringen die Zeitungen Berichte, denen zu entnehmen ist, daß die Juden, nach gemeinderätlichen Beschlüssen, auf den Vieh- und Krämermärkten nicht mehr zugelassen und vom Handel ausgeschlossen werden. Vor etwa 300 Jahren sind in Haigerloch die ersten Juden zugezogen, die rechtlos waren und somit nicht als Staatsbürger angesehen wurden. Der damalige Fürst ... beabsichtigte, die Juden aus bestimmten Gründen aus Haigerloch auszuweisen. Mit Schmiergeldern gelang es ihnen jedoch, am Ort zu verbleiben, und bis heute fristen sie ein Dasein im Städtchen, das nicht besser sein könnte. ... Die befreiende Tat Adolf Hitlers hat die Juden wieder aus dem öffentlichen Leben entfernt. Jeder Volksgenosse handelt deshalb auch im Sinne des Führers, wenn er sich von Juden fernhält und ihnen den Zutritt zu seinem Haus versagt.
Während des Novemberpogroms von 1938 kam es auch in Haigerloch zu gewalttätigen Ausschreitungen; unter Führung des SA-Ortsgruppenleiters Georg Wagner rückten gegen Morgen des 10.November etwa 50, mit Knüppeln bewaffnete SA-Leute an, zogen in den Ortsteil „Im Haag“ und demolierten dort die Synagoge und das jüdische Schul- und Gemeindehaus; zahlreiche Fensterscheiben von Privathäusern wurden ebenfalls eingeworfen, Wohnungseinrichtungen verwüstet. Etwa zehn jüdische Männer wurden verhaftet und danach wochenlang im KZ Dachau festgehalten. Den Lesern wurde die Zerstörung der Synagoge verschwiegen; Anfang Dezember 1938 erschien der folgende Artikel:
Das Judentum ist die Wurzel aller Zerstörung
... Alle Bemitleidungen und Gefühlsduseleien nach den erfolgten Aktionen für angeblich unschuldige Juden sind unangebracht. Dies bedingt, daß auch gegen die in Haigerloch ansässigen Juden endlich von jedem Volksgenossen eine entsprechende klare Haltung eingenommen und im geschäftlichen und persönlichen Verkehr zwischen Bewohnerschaft und Juden ein klarer Strich gezogen wird. Jeder, den es angeht, möge es sich zur Warnung dienen lassen, keiner bleibt unbeobachtet, alle Folgen aus einem undeutschen Verhalten hat er sich selbst zuzuschreiben.
Anm.: Eine für den 12./13.November 1938 geplante nachträgliche Inbrandsetzung der Synagoge war durch das Eingreifen der Gendarmerie verhindert worden. 1939/1940 ließ die Stadtverwaltung Haigerloch die Emporen abreißen, Thora-Nische und Eingangstür zumauern und für eine zukünftige Nutzung als Turnhalle eine Decke einziehen.
Zwischen 1940 und 1942 wurden zahlreiche Juden aus Stuttgart und anderen größeren württembergischen Städten nach Haigerloch umgesiedelt; von hier wurden sie dann - zusammen mit den Juden aus Haigerloch - deportiert. Sammelpunkt für die Transporte war ein Lager auf dem Stuttgarter Killesberg. Der erste Deportationszug aus Württemberg verließ Stuttgart am 1.12.1941; der letzte Transport von Juden ging aus Haigerloch am 19.August 1942 mit dem Ziel Theresienstadt ab.
Nach Angaben der Gedenkstätte Yad Vashem/Jerusalem und des „Gedenkbuches – Opfer der Verfolgung der Juden ...“ wurden von den ca. 210 zu Beginn der 1930er Jahre in Haigerloch wohnhaft gewesenen jüdischen Bürgern nachweislich 84 Personen Opfer des Holocaust; insgesamt kamen mehr als 150 aus Haigerloch stammende bzw. längere Zeit hier ansässig gewesene jüdische Bürger während der NS-Zeit gewaltsam ums Leben (namentliche Nennung der betroffenen Personen siehe: alemannia-judaica.de/haigerloch_synagoge.htm)
Ende 1947 fand vor der Strafkammer des Landgerichts Hechingen ein Prozess gegen die ehem. SA-Leute statt, die an den Zerstörungen im November 1938 beteiligt gewesen waren; die meisten Angeklagten wurden zu mehrmonatigen Haftstrafen verurteilt. Zwei weitere Verfahren fanden in Tübingen bzw. in Rottweil statt.
Nach Kriegsende kehrten von den aus Haigerloch deportierten Juden nur elf zurück.
Im Jahre 1993 wurde ein Gedenkstein aufgestellt. Das z.g.T. erhaltengebliebene Synagogengebäude wurde nach Kriegsende zu einem Kino umgebaut; ab Ende der 1960er Jahre war es Standort eines Lebensmittelmarktes, später Lagerraum für einen Textilbetrieb. Ende 1999 konnte die Stadt Haigerloch - mit Unterstützung des „Gesprächskreises Ehem. Synagoge Haigerloch e.V.“ - das einstige Synagogengebäude erwerben; nach mehrjährigen Restaurierungsarbeiten wurde es im November 2003 als „Haus der Begegnung“ eingeweiht. Zeitgleich wurde das umgebene Gelände nach dem letzten Lehrer der jüdischen Schule in „Gustav-Spier-Platz“ umbenannt.
Sanierte Haigerlocher Synagoge (Aufn. Halama 2009, aus: wikipedia.org, CC BY-SA 3.0)
Monate später wurde im Gebäude - nun Außenstelle des „Hauses der Geschichte Baden-Württemberg“ - die Dauerausstellung „Spuren jüdischen Lebens in Hohenzollern“ eröffnet.
Im Rahmen einer Gedenkveranstaltung im November 2005 enthüllten Nachkommen ehemaliger jüdischer Einwohner Haigerlochs am Gebäude der alten Synagoge Gedenktafeln, die die Namen aller derjenigen tragen, die 1941/1942 deportiert und zumeist ermordet wurden.
Gedenkstein (Aufn. Patrick Seeger)
Pforte zum Friedhof (Aufn. R. Halama, 2009, aus: wikipedia.org, CC BY 2.5)
Impressionen vom jüdischen Friedhof in Haigerloch (Aufn. R. Halama, 2009, aus: wikipedia.org, CC BY 2.5)
Heute erinnert eine Gedenktafel auf dem jüdischen Friedhof, der noch mehr als 650 Grabsteine aufweist, an die jüdischen Opfer der NS-Verfolgung; unter der hebräisch abgefassten ist die folgende deutsche Inschrift zu lesen:
Zum dauernden Gedenken
aller in der Nazi-Zeit 1933 - 1945 hingeopferten Juden aus Haigerloch,
die ihr Leben unschuldig lassen mußten.
Zudem informiert neben dem Eingangstor eine Tafel über die lokale jüdische Geschichte wie folgt:
JÜDISCHE GEMEINDE Haigerloch
Seit 1546 bestand eine jüdische Siedlung in Haigerloch. Im Jahr 1780 wurde den jüdischen Bürgern, meist Handwerker und Kaufleute, das Stadtviertel Haag als Wohnstätte zugewiesen. Die jüdische Gemeinde Haigerloch zählte im Jahr 1933 insgesamt 213 Seelen. 1942 wurden die letzten 192 Juden in Vernichtungslager deportiert, dabei haben nur 11 Personen überlebt. Zwischen 1567 und 1884 hat die jüdische Gemeinde ihre Einwohner auf dem Waldfriedhof Weildorf bestattet. 1803 legten sie unterhalb ihres Wohnviertels Haag einen neuen jüdischen Friedhof an. Die Stadt Haigerloch will diese Ruhestätte ihren jüdischen Mitbürgern erhalten.
Ehre sei ihrem Gedenken.
In Weildorf - heute ein Stadtteil von Haigerloch – liegt im Stadtwald ein alter jüdischer Friedhof, auf dem sich noch 18 Grabsteine befinden; der älteste Stein soll angeblich aus dem Jahre 1567 stammen. Die Begräbnisstätte in Weildorf diente verstorbenen Haigerlocher (und auch Hechinger) Juden vor Anlegung ihres neuen Friedhofs (um 1805) als letzte Ruhestätte.
Die letzte Beerdigung fand in Weildorf im Jahre 1884 statt.
Alte Grabsteine (Aufn. M., 2018, aus: commons.wikimedia.org, CC BY-SA 4.0)
Gegen Ende der 1970er Jahre wurde der Weildofer jüdische Friedhof instandgesetzt und dort eine Gedenktafel angebracht.
Weitere Informationen:
Franz Xaver Hodler, Die Juden, in: F.X.Hodler, Geschichte des Oberamts Haigerloch, Hechingen 1928, S. 327 – 356 (Nachdruck 1985)
Gustav Spier, Der alte jüdische Waldfriedhof bei Haigerloch, in: "Gemeindezeitung für die israelitischen Gemeinden in Württemberg", Jg. VI, No. 5/Juni 1929, S. 70 - 72
Helmut Back, Die Geschichte der jüdischen Gemeinde in Haigerloch. Zulassungsarbeit (Maschinenmanuskript), Pädagogische Hochschule Reutlingen, 1964
Paul Sauer, Dokumente über die Verfolgung der jüdischen Mitbürger in Baden-Württemberg durch das nationalsozialistische Regime 1933 - 1945, Hrg. Archivdirektion Stuttgart, Kohlhammer Verlag, Stuttgart 1966, S. 87 - 90
Paul Sauer, Die jüdischen Gemeinden in Württemberg und Hohenzollern. Denkmale - Geschichte - Schicksale, Hrg. Archivdirektion Stuttgart, Kohlhammer Verlag, Stuttgart 1966, S. 87 ff.
Utz Jeggle, Judendörfer in Württemberg, Dissertation (Universität Tübingen), Nagold 1969
Willi Schäfer, Geschichte und Schicksal der Juden in Haigerloch, Zulassungsarbeit PH Reutlingen 1971
Adolf Klek, Das Schicksal des jüdischen Lehrers von Haigerloch im Dritten Reich, in: "Heimatkundliche Blätter Balingen", No. 27/1980, S. 279/280
Hans Peter Müller, Die Juden in der Grafschaft Hohenberg, in: "Der Sülchgau", No. 25/1981, S. 36 - 43
Frowald Gil Hüttenmeister, Drei Grabsteine des jüdischen Friedhofes von Haigerloch, in: Les Juifs au Regard de l’Histoire. Melánges an l’honneur de Bernhard Blumenkranz, Paris 1985, S. 383 - 392
Gerhard Wilhelm Daniel Mühlinghaus, Der Synagogenbau des 17. u. 18.Jahrhunderts im aschkenasischen Raum, Dissertation, Philosophische Fakultät Marburg/Lahn, 1986, Band 2, S. 158/159
Joachim Hahn, Synagogen in Baden-Württemberg, Konrad Theiss Verlag, Stuttgart 1987
Karl Werner Steim, Juden in Haigerloch, Haigerloch 1987
Joachim Hahn, Erinnerungen und Zeugnisse jüdischer Geschichte in Baden-Württemberg, Konrad Theiss Verlag, Stuttgart 1988, S. 563 ff.
Karl Werner Steim, Der Judenpogrom 1938 in Haigerloch, in: "Hohenzollerische Heimat", Hrg. Hohenzoll. Geschichtsverein, 1988, S. 128 f.
Karl Werner Steim, Die Synagoge in Haigerloch, Haigerloch 1988
Klaus Schubert, ‘Der gute Ort’ - Die jüdischen Friedhöfe Haigerlochs, Hrg. Stadt Haigerloch, Haigerloch 1989/1990
Walburga Zumbroich (Bearb.), Der jüdische Friedhof Haigerloch, Unveröffentlichte Grunddokumentation des Landesdenkmalamtes Baden-Württemberg, 1992
Karl Werner Steim, Haigerloch in preußischer Zeit, hrg. von der Stadt Haigerloch, Haigerloch 1994, S. 243 – 248 (jüd. Schule) u. S. 300 – 317 (jüd. Gemeinde)
Alte Synagoge e.V. Hechingen (Hrg.), Möglichkeiten des Erinnerns - Orte jüdischen Lebens und nationalsozialistischen Unrechts im Zollernalbkreis und im Kreis Rottweil, Hechingen 1997, S. 11 ff.
Utz Jeggle (Hrg.), Erinnerungen an die Haigerlocher Juden - Ein Mosaik. Untersuchungen des Ludwig-Uhland-Instituts Tübingen, Band 92, Hrg. Tübinger Vereinigung für Volkskunde e.V., 2000 (mehrere Aufsätze)
Irwin Ullmann, New York: Leben und Erinnerungen eines KZ-Überlebenden aus Haigerloch, in: Robert Frank,„Evakuiert nach dem Osten”: Deportation der Juden aus Württemberg und Hohenzollern vor 60 Jahren, Haigerloch 2001, S. 128 - 137
Sylvia Takács, “ Von Sulz sind se komme” . - Die Reichspogromnacht in Haigerloch, in: Utz Jeggle (Hrg.), Erinnerungen an die Haigerlocher Juden - Ein Mosaik, S. 237 - 243
Ralf Schäfer, Die Rechtsstellung der Haigerlocher Juden im Fürstentum Hohenzollern-Sigmaringen von 1634 - 1850. Eine rechtsgeschichtliche Untersuchung (Dissertation an der Universität Tübingen, 2001), Frankfurt/M. 2002
Helmut J. Gabeli, Geschichte der Juden in Haigerloch vom Mittelalter bis zur Vernichtung der Jüdischen Gemeinde Haigerloch 1942, Referat (gehalten März 2003 in Emmendingen)
Haigerloch, in: alemannia-judaica.de (mit zahlreichen Text- u. Bilddokumenten zur jüdischen Ortshistorie)
Cornelia Hecht, Jüdisches Leben in Hohenzollern: eine Ausstellung in der ehemaligen Synagoge Haigerloch, Hrg. Haus der Geschichte Baden-Württemberg, Stuttgart 2004
Klaus Schubert, Jüdisches Haigerloch: Einladung zu einem Rundgang, 2. Aufl., Haigerloch 2004
Helmut Gabeli/Klaus Schubert, Nachbarschaft soll nie wieder zu Feindschaft werden: Das Ausstellungszentrum ‘Ehemalige Synagoge Haigerloch’, in: Orte des Gedenkens und Erinnerns in Baden-Württemberg, Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg, 2007, S. 147 - 153
Joachim Hahn/Jürgen Krüger, “Hier ist nichts anderes als Gottes Haus ...” Synagogen in Baden-Württemberg, Teilband 2: Orte und Einrichtungen, Konrad Theiss Verlag GmbH, Stuttgart 2007, S. 167 – 171
Helmut J. Gabeli, Die Männer der Gemeinde fast alle Viehhändler. Jüdische Viehhändler im Raum Haigerloch, in: Jüdische Viehhändler zwischen Schwarzwald und Schwäbischer Alb, Verlag Staudacher, Horb-Rexingen 2008, S. 70 – 106
Stefan Lang (Bearb.), Ausgrenzung und Koexistenz. Judenpolitik und jüdisches Leben in Württemberg und im „Land der Schwaben“, in: "Schriften zur Südwestdeutschen Landeskunde", Band 63, Sigmaringen 2008, S. 290 - 312
Margarete Kollmar (bearb.), Spurensuche: Das neue Jüdische Museum in der ehemaligen Synagoge Haigerloch, in: „Schwäbisc he Heimat“ 2008/, S. 62 - 68
Heinrich Kohring, Dokumentation des jüdischen Friedhofs in Weildorf , in: "epidat – epigraphische Datenbank des Ludwig Steinheim-Instituts" (2013)
Markus Fiederer, Eine hohenzollerische Kleinstadt und die Schoa: Die jüdische Gemeinde Haigerloch 1933 – 1942, hrg. vom Arbeitskreis Landeskunde/Landesgeschichte RP Tübingen (Unterrichtsmodell)
Helmut Opferkuch (Red.), Looking for Jewish Traces in Haigerloch – A short histsory of the Jewish People in Haigerloch, in: „Gedenkstätten-Rundschau“, Sondernummer Juni 2020, S. 50 ff.
Gesprächskreis Ehemalige Synagoge Haigerloch (Hrg.), Die Synagoge als Gotteshaus (und weitere kurze Aufsätze zur jüdischen Ortsgeschichte), online abrufbar unter: synagoge-haigerloch.de
Wilfried Selinka (Red.), Jüdisches Leben in Haigerloch. Muhterem Aras: „Ein würdevoller Gedenkort gegen das Vergessen“,, in: „Südwest Presse – Neckar-Chronik“ vom 20.6.2024