Hochhausen/Tauber (Baden-Württemberg)

Datei:Tauberbischofsheim im Main-Tauber-Kreis.png Hochhausen mit derzeit ca. 700 Einwohnern ist heute einer von sieben Ortsteilen von Tauberbischofsheim - ca. 30 Kilometer südwestlich von Würzburg gelegen (Kartenskizze 'Main-Tauber-Kreis', F. Paul 2009, aus: wikipedia.org, CC BY-SA 3.0).

 

Bis 1803 gehörte das Dorf Hochhausen zum Kurfüstentum Mainz. Die Wurzeln seiner jüdischen Gemeinde reichen bis in die Zeit nach dem Dreißigjährigen Krieg zurück; ihren Zenit erreichte die Kultusgemeinde gegen Mitte des 19.Jahrhunderts mit ca. 100 Angehörigen. Die gemeindlichen Einrichtungen befanden sich im heute noch sog. „Judengässle“. Hier wurde um 1770 eine kleine Synagoge erbaut.

Ehem. Synagogengebäude in der "Judengasse" (Aufn. T.W., 2017, aus: wikipedia.org CC BY-SA 4.0)

Ein von der Gemeinde angestellter Religionslehrer versah neben der religiösen Unterweisung der jüdischen Dorfkinder auch den Vorsänger- und Schächtdienst.              

                       Kleinanzeige aus der Zeitschrift „Der Israelit“ vom 1.Aug. 1877

Verstorbene Gemeindeangehörige fanden zunächst auf dem jüdischen Verbandsfriedhof Külsheim ihre letzte Ruhe. Ab Mitte der 1870er Jahre gab es am Ort ein eigenes Begräbnisgelände. Nach der ersten dort stattgefundenen Beerdigung (Ende Mai 1877) berichtete die Lokalzeitung „Die Tauber“ wie folgt darüber: „Der heutige Tag lieferte einen schönen Beweis der hier sich findenden Toleranz, des ungetrübt guten Verhältnisses zwischen Christen und Juden. Es wurde nämlich die erste Leiche auf dem neuen israelitischen Friedhof beigesetzt in den irdischen Überresten eines erst 20 Jahre alten jungen Mannes, der Mitglied unseres Turnvereins war. Den Leichenzug eröffnete der genannte Verein, voran die mit schwarzem Flor behängte Fahne, die beiden christlichen Lehrer. Nach dem Sarg folgte der Rabbiner, neben demselben unser Seelsorger. Hierauf unser Bürgermeister und Gemeinderat und zahlreiche Teilnehmer christlicher und jüdischer Religion. Dieser Akt macht unserer Gemeinde alle Ehre, wie er ein gutes Beispiel sein möge für andere.“

Die israelitische Gemeinde Hochhausen unterstand seit 1827 dem Rabbinatsbezirk Wertheim.

Juden in Hochhausen:

         --- um 1705 .......................   4 jüdische Familien,

    --- 1825 ..........................  53 Juden (ca. 6% d. Bevölk.),

    --- 1833 ..........................  38   “  ,

     --- 1841 ..........................  51   “  ,

     --- 1864 ..........................  72   “  ,

    --- 1875 .......................... 103   “   (ca. 10% d. Bevölk.),

    --- 1890 ..........................  61   "  ,

    --- 1900 ..........................  33   “  ,

    --- 1913 ..........................   2 jüdische Familien,

    --- 1925 ..........................   3 Juden,

    --- 1933 ..........................   2 Jüdinnen.

Angaben aus: F. Hundsnurscher/G. Taddey, Die jüdischen Gemeinden in Baden. Denkmale, ..., S. 271

und                 Hochhausen, in: alemannia-judaica.de

 

Gegen Ende des 19.Jahrhunderts zogen viele Juden aus Hochhausen weg. Kurz vor dem Ersten Weltkrieg wurde die nur noch aus wenige Personen bestehende Gemeinde aufgelöst und das Synagogengebäude verkauft; in den Jahren danach wurde es teilweise abgerissen und danach als Lagerhalle benutzt.. 

1933 wohnten im Ort nur noch zwei Frauen mosaischen Glaubens: Frieda Rosenstock betrieb mit ihrer Tochter hier einen Kolonialwarenladen; nach dem Tode ihrer Mutter verließ die Tochter 1934 das Dorf.

Nach Angaben der Gedenkstätte Yad Vashem/Jerusalem und des „Gedenkbuches – Opfer der Verfolgung der Juden ..." wurden neun gebürtige bzw. länger in Hochhausen lebende Personen jüdischen Glaubens Opfer des Holocaust (namentliche Nennung der betroffenen Personen siehe:alemannia-judaica.de/hochhausen_tbb_synagoge.htm).

 

Auf dem jüdischen Friedhof findet man heute noch ca. 25 Grabsteine.

Jüdischer Friedhof Hochhausen.jpgFriedhofsgelände (Aufn. T., 2017, aus: commons.wikimedia.org, CC BY-SA 4.0)

Die Umfassungsmauern des teils abgetragenen Gebäudes, in dem sich ehemals der Betraum befand, sind heute noch erhalten.

[vgl. Tauberbischofsheim (Baden-Württemberg)]

 

Hinweis: Im gleichnamigen Hochhausen/Neckar gab es ebenfalls eine jüdische Gemeinde.  vgl. Hochhausen/Neckar (Baden-Württemberg)

 

 

 

Weitere Informationen:

F. Hundsnurscher/G. Taddey, Die jüdischen Gemeinden in Baden. Denkmale, Geschichte, Schicksale, in: "Veröffentlichungen der Staatlichen Archivverwaltung Baden-Württemberg", Band 19, Stuttgart 1968, S. 271

Barbara Döpp (Bearb.), Der jüdische Friedhof Tauberbischofsheim-Hochhausen, Unveröffentlichte Grunddokumentation des Landesdenkmalamtes Baden-Württemberg, 1993

Joachim Hahn/Jürgen Krüger, “Hier ist nichts anderes als Gottes Haus ...” Synagogen in Baden-Württemberg, Teilband 2: Orte und Einrichtungen, Konrad Theiss Verlag GmbH, Stuttgart 2007, S. 476/477

Werner Schramm, Der jüdische Friedhof in Hochhausen, o.O. 2008 

Hochhausen/Tauber, in: alemannia-judaica.de (mit diversen Textdokumenten zur jüdischen Ortshistorie)