Iglau (Mähren)
Das nordmährische Iglau (tsch. Jihlava) wurde zu Beginn des 13.Jahrhunderts von deutschen Bergleuten gegründet; die Stadt zählte einst - neben Freiberg/Sachsen und Goslar (Harz) - zu den bedeutendsten Silberfundstätten Europas. Jihlava ist mit derzeit ca. 50.000 Einwohnern ein Zentrum der Region Vysočina (Ausschnitt aus hist. Karte, aus: europe1900.eu und Kartenskizze 'Tschechien' mit Iglau/Jihlava farbig markiert, M. 2008, aus: wikipedia.org).
Gegen Mitte des 13.Jahrhunderts fanden Juden in Iglau erstmals Erwähnung; in einer zum Stadtrecht gehörenden Urkunde („Statuta Judaeorum“ von Přemysl Otakar II.) wurde in 32 Artikeln die Rechte und Pflichten der jüdischen Bevölkerung festgeschrieben; so waren „über den Verkehr und die Vermischung mit Juden“ jegliche engere Kontakte untersagt.
Die Ansiedlung jüdischer Familien in der Stadt Iglau wurde dann im 14.Jahrhundert vom Markgrafen Karl, dem späteren Kaiser Karl IV., gefördert. Er versprach sich davon wirtschaftliche Impulse für die Region, in der die Tuchmacherei und die Wollverarbeitung Einzug gehalten hatten. Mit jüdischem Kapital sollten diese Wirtschaftszweige weiter ausgebaut werden. Der landesherrschaftlichen Aufforderung, sich in Iglau dauerhaft niederzulassen, kamen viele jüdische Familien nach; sie wohnten in der Judengasse im Westteil der Stadt, wo sie auch ihre Synagoge einrichteten. Anders als in den meisten Städten Mitteleuropas wurden die Iglauer Juden während der Pestzeit von 1348/1349 nicht verfolgt, im Gegenteil: Der Landesherr gewährte ihnen Sicherheit des Lebens und Eigentums und befreite sie nach dem großen Stadtbrand von 1353 sogar zeitweise von der Steuer. Auch das Zusammenleben von christlicher und jüdischer Bevölkerung schien damals konfliktfrei verlaufen zu sein. Dies änderte sich mit zunehmender Verschuldung christlicher Stadtbewohner, die ihren jüdischen Gläubigern Wucher vorwarfen. Zudem waren die regen geschäftlichen Verbindungen der Juden mit den von der Kirche als Ketzer gebrandmarkten benachbarten Taboriten ein schwerer Vorwurf, den auch die Obrigkeit nicht übergehen konnte. So mussten dann auf Anweisung des Markgrafendie Juden 1426 die Stadt verlassen; auf ihr Immobilienvermögen und ihre Schuldforderungen mussten sie verzichten. Die Synagoge wurde als Kapelle umfunktioniert.
Die jüdischen Flüchtlinge ließen sich in benachbarten Ortschaften wie Pullitz, Puklitz, Pirnitz und Triesch nieder und gründeten hier kleinere Gemeinden.
Iglau im 16.Jahrhundert (Abb. aus: wikipedia.org, gemeinfrei)
Im 17. und 18. Jahrhundert durften Juden nur vorübergehend die Stadt Iglau wieder betreten, z.B. zu Jahrmärkten; ein Bleiberecht wurde ihnen weiterhin verwehrt. Die Reglementierungen gingen so weit, dass der Zutritt zur Stadt nur gegen Zahlung eines Einlassgeldes gewährt wurde und nur ein bestimmtes Stadttor benutzt werden konnte; auch waren Übernachtungen in der Stadt nicht erlaubt. Gegen Ende des 18.Jahrhunderts erhielten dann wenige privilegierte jüdische Familien ein Niederlassungsrecht in Iglau.
Erst nach 1848 zogen vermehrt Juden aus der näheren und weiteren Umgebung nach Iglau, wodurch die hiesige jüdische Gemeinde erneut aufblühte. Die industriell aufstrebende Stadt ließ in den folgenden Jahrzehnten die jüdischen Kaufleute zu Wohlstand und Ansehen kommen.
Ehem. jüdisches Viertel (Aufn. Chr. Halbe, 2006)
Ihr erstes kleines Bethaus errichtete die noch wenige Familien zählende Judenschaft im Jahre 1856; zwei Jahre später gründeten sie einen „religiösen Verein“. Mit zunehmender Zahl der Gemeindemitglieder wurde die bescheidene Betstube zu klein, sodass alsbald ein neues Synagogengebäude errichtet und im September 1863 eingeweiht wurde. Der im Stadtzentrum gelegene, im maurischen Stil errichtete Bau (in der Neugasse) war durch Spenden aus dem ganzen Land finanziert worden.
Synagoge in Iglau (hist. Aufn. und Skizze, Filo 2013, in: wikipedia.org, CC BY-SA 3.0)
Offiziell konstituierte sich die Iglauer Kultusgemeinde im Jahre 1863. Der erste Rabbiner der jungen Gemeinde war Dr. Joachim Jakob Unger (1826-1912), der mehr als 50 Jahre in dieser Funktion hier wirkte.
Ein jüdischer Friedhof wurde Ende der 1860er Jahre angelegt; die Gründung einer Chewra Kadischa erfolgte etwa zeitgleich. In den Jahren zuvor waren Verstorbene auf dem alten Judenfriedhof in Puklitz beerdigt worden. Eine Zeremonienhalle ergänzte 1904 die Iglauer Friedhofsanlage.
Juden in Iglau:
--- 1837 ............................ 17 Juden,
--- 1848 ............................ 99 “ ,
--- 1857 ............................ 221 “ ,
--- 1869 ............................ 1.090 “ (ca. 5% d. Bevölk.),
--- 1880 ............................ 1.415 “ (6,3% d. Bevölk.),
--- 1890 ............................ 1.497 “ ,
--- 1900 ............................ 1.450 “ ,
--- 1921 ............................ 1.180 “ ,
--- 1930 ............................ 1.025 “ (ca. 3% d. Bevölk.),
--- 1938 ........................ ca. 700 “ ,
--- 1941 (Dez.) ................. ca. 25 “ .
Angaben aus: Theodor Haas, Juden in Mähren - Darstellung der Rechtsgeschichte und Statistik ..., S. 58
und Hugo Gold, Geschichte der Juden in Iglau
und Jens Hampel, Das Schicksal der jüdischen Bevölkerung der Stadt Iglau 1938 - 1942
Marktplatz in Iglau (hist. Postkarte) und Straßenszene um 1900 (hist Aufn., aus: wikipedia.org, CCO)
Blick auf die Synagoge, um 1930/1935 (Aufn. aus: wikipedia.org, CCO)
Nach der sog. „Sudetenkrise“ (Herbst 1938) kam es zu einer ersten großen Fluchtbewegung Iglauer Juden. Aus Furcht vor einer möglichen deutschen Besetzung setzten sie sich ins tschechische Kernland ab. Gleichzeitig kamen jüdische Flüchtlinge aus den sudetendeutschen Gebieten nach Iglau. Mit der deutschen Besetzung (Mitte März 1939) begann die systematische Entrechtung des jüdischen Bevölkerungsteils von Iglau. Plünderungen von jüdischen Geschäften und Krawalle, die von Wehrmachtsangehörigen, volksdeutscher Hilfspolizei und der SS zu verantworten waren, bestimmten diese Tage. In der Synagoge wurde Feuer gelegt; sie brannte völlig aus. Die Kultusgemeinde wurde danach aufgefordert, für den Abriss der Ruine zu sorgen; dazu kam es damals nicht, da die Kommune das Synagogengrundstück übernahm. In der Nacht wurde auch die Zeremonienhalle auf dem Friedhof in Brand gesetzt. 1940 wurde ein Teil der Iglauer Juden gezwungen, die Stadt zu verlassen und in umliegenden Dörfern eine vorläufige Bleibe zu suchen. Die „Arisierung“ war zu diesem Zeitpunkt fast abgeschlossen. Ab 1941 wurden alle Juden - ausgenommen die „in Mischehe“ lebenden - aus Iglau vertrieben bzw. nach Theresienstadt deportiert. Nur 32 Iglauer Bewohner mosaischen Glaubens überlebten die Kriegsjahre.
Unmittelbar nach Kriegsende wurde wieder eine jüdische Gemeinde ins Leben gerufen, die wenig später als „Synagogenverein“ geführt undschließlich ganz aufgegeben wurde. Um an die Existenz der großen jüdischen Gemeinde von Iglau zu erinnern, wurde Anfang der 1990er Jahre der Friedhof wiederhergestellt; auf dem nahezu 9.000 m² großen Gelände befinden sich mehr als 1.000 Grabsteine. Zum Andenken an die Opfer des Holocaust wurde hier 1995 ein Mahnmal eingeweiht.
Jüdischer Friedhof in Jihlava (Aufn. Filo, 2013, aus: commons.wikimedia.org, CC BY-SA 3.0)
Ansonsten erinnern keine Bauten mehr an die ehemalige jüdische Gemeinde; historische Gebäude wurden Ende der 1960er Jahre abgerissen; bereits 1950 war die Synagogenruine niedergelegt worden.
An der Stadtmauer, nahe des Marktes, erinnert eine Gedenktafel an die vielen hundert jüdischen Opfer aus Iglau.
Am ehemaligen Standort der Synagoge ist deren Gebäudegrundriss zu erkennen; so sind die Fundamente teilweise noch erhalten bzw. eine Pflasterung macht die einstige Gebäudegröße sichtbar.
Ehem. Standort der Synagoge (Aufn. Filo, 2013, in: wikipedia.org, CC BY-SA 3.0)
An der Stelle der im März 1939 niedergebrannten Synagoge erinnert heute eine zweisprachig abgefasste Gedenktafel: „An diesem Ort befand sich die neue Iglauer Synagoge. Sie wurde in den Jahren 1862 und 1863 im maurischen Stil erbaut. Am 16.März 1939 wurde sie von den deutschen Nazis niedergebrannt. Gewidmet dem Andenken an an Božena und Dr. Filip Herrman, die in Konzentrationslagern der Nazis starben. (in dt. Übersetzung)
Aus Anlass des 150.Geburtstages des Komponisten Gustav Mahler wurde 2010 zudem eine Skulptur des Künstlers Jan Koblasa im Park am einstigen Standort der Iglauer Synagoge aufgestellt.
Gustav Mahler wurde am 1860 als Sohn einer jüdischen Familie im Dorf Kalischt (tsch. Kaliště) geboren; wenige Jahre später verzog die Familie nach Iglau. Mit schnell wechselnden Stationen bewarb er sich nach seinem Wiener Studienabschluss als Kapellmeister in Laibach (Ljubljana), Olmütz (Olomouc), Kassel, Prag und Leipzig. Danach erfolgte sein Aufstieg ab 1888 zum Operndirektor in Budapest und von 1891-1897 zum Ersten Kapellmeister am Stadttheater Hamburg. Den glanzvollen Höhepunkt seiner Karriere bildeten die Jahre 1897 bis 1907, in denen Mahler Kapellmeister und Hofoperndirektor in Wien war. 1911 starb Gustav Mahler in Wien. Die Nationalsozialisten zählten Mahlers Werke zur „entarteten“ Kunst und verboten jegliche Aufführungen. Erst mehr als 50 Jahre nach seinem Tod setzte eine nachhaltige Mahler-Renaissance ein.
Im Dorf Schrittenz (tsch. Střítež u Jihlavy, derzeit ca. 350 Einw.) - etwa acht Kilometer nördlich von Iglau gelegen - weist heute noch ein im 18.Jahrhundert angelegter jüdischer Friedhof auf die ehemals hier ansässige Bevölkerung mosaischen Glaubens hin. Das 1988 als "schützenswertes Kulturdenkmal" eingestufte, von einer Bruchsteinmauer umgebene Areal weist noch eine Reihe von Grabsteinen auf, die aus dem 19.Jahrhundert stammen.
Jüdischer Friedhof in Střítež (Aufn. J. Erbenová, 2014, aus: commons.wikimedia.org, CC BY-SA 3.0)
Ca. 30 Kilometer westlich Iglaus liegt die südböhmische Stadt Pilgram(s) (tsch. Pelhřimov, derzeit ca. 16.000 Einw.), in der sich im späten 19.Jahrhundert eine neuzeitliche jüdische Gemeinde gründete. Ersterwähnung jüdischer Bewohner erfolgte aber bereits im 16.Jahrhundert; 1628 wurden die hier lebenden Familien vertrieben. Erst nach 1848 zogen wieder Juden nach Pilgrams. Gottesdienstliche Zusammenkünfte fanden anfangs in einem Raum einer Gastwirtschaft statt. 1890/1891 wurde nach Plänen des Wiener Architekten Max Fleischer eine Synagoge im neogotischen Stile errichtet. Getrennte Eingänge für Männer und Frauen und eine Frauengalerie betonten den konservativen Charakter des Bauwerks.
Synagoge in Pilgrams (hist. Aufn.)
Um 1890 zählte die Gemeinde ca. 300 Mitglieder; 1930 war die Zahl auf ca. 100 abgesunken. 1941 wurde die Synagoge geschlossen und ein Jahr später die noch in der Stadt lebenden Juden deportiert. Ende der 1960er Jahre wurde das Synagogengebäude abgerissen.
Im Dorf Pawlow (tsch. Pavlov u Rynárce, derzeit kaum 150 Einw.) - etwa fünf Kilometer südöstlich von Pilgrams - befindet sich östlich des Dorfes an der Landstraße nach Nemojov ein kleiner jüdische Friedhof, der vermutlich aus dem 17.Jahrhundert stammt. Auf dem von der Vegetation überwucherten Gelände findet man nur noch wenige Grabsteine bzw. -relikte.
Friedhof in Pavlov (Aufn. J. Erbenová, 2014, aus: wikipedia.org, CC BY-SA 3.0)
In Tschernowitz, auch Cernowitz (tsch. Černovice u Tábora, derzeit ca. 1.700 Einw.), einer Kleinstadt im Bezirk Pelhřimov, ist eine jüdische Gemeinde seit 1723 urkundlich belegt; doch dürften sich schon Jahrzehnte vorher Juden im Ort aufgehalten haben, da der jüdische Friedhof bereits im Laufe des 17.Jahrhunderts angelegt worden war. Im 19.Jahrhundert sollen hier durchschnittlich 15 jüdische Familien gelebt haben.
Während der NS-Okkupation wurden fast alle Angehörigen der kleinen jüdischen Gemeinde deportiert und ermordet.
Abgesehen von ca. 300 Grabsteinen bzw. -relikten des teilzerstörten jüdischen Friedhofs und dem jüngst restaurierten Taharahaus erinnert heute kaum noch etwas an die jüdische Ortsgeschichte.
Aufn. J. Erbenová, 2016, aus: wikipedia.org, CC BY-SA 3.0)
Das im 19.Jahrhundert errichtete Synagogengebäude wurde zu einem Wohnhaus umgebaut, so dass dessen einstige Nutzung heute nicht mehr zu erkennen ist.
Synagogengebäude (Aufn. vor 1940, Abb. aus: wikipedia.org)
In Kamnitz a.d.Linde (tsch. Kamenice nad Lipou, derzeit ca. 3.900 Einw.) - ebenfalls einer Kleinstadt im Bezirk Pelhřimov – hat das Synagogengebäude die deutsche Okkupation fast unversehrt überstanden. Das Gebäude war erst unmittelbar vor Beginn des Zweiten Weltkrieges errichtet worden; es wird heute von der Hussitischen Gemeinde genutzt.
Ehem. Synagoge (Aufn. Markéta Berešová, 2012, aus: wikipedia.org, CC BY-SA 3.0)
Auf dem zu Beginn des 19.Jahrhunderts angelegten Friedhof - seit 1988 als "geschütztes Kulturdenkmal" eingetragen - findet man heute noch ca. 150 Grabsteine.
Friedhofseingang (Aufn. J.Erbenová, 2010, aus: wikipedia.org, CC BY-SA 3.0)
Eine auf dem Friedhofsgelände aufgestellte große bronzene Gedenktafel nennt namentlich alle fast 50 jüdischen NS-Opfer, die in den Jahren 1942 - 1944 gewaltsam ums Leben kamen.
Im Dorf Pertschitz (tsch. Prčice) - heute ein Ortsteil von Sedlec-Prčice (dt. Sedletz-Pertschitz mit derzeit 2.800 Einw.) - findet man einen aus der zweiten Hälfte des 18.Jahrhunderts stammende jüdischen Friedhof. Wie die relativ jungen Grabstelen vermuten lassen, wurden hier bis ins 20.Jahrhundert Begräbnisse vorgenommen. Auch ein relativ gut erhaltenes Taharahaus befindet sich auf dem Gelände.
Jüdischer Friedhof in Prčice (beide Aufn. SJu, 2007, aus: wikipedia.org, CC BY-SA 3.0)
Im Dörfchen Puklitz (tsch. Puklice, derzeit ca. 800 Einw.) - etwa sechs Kilometer südöstlich von Iglau entfernt - fanden die im 15.Jahrhundert aus Iglau ausgewiesenen Juden eine Bleibe; erstmals Erwähnung fanden hier die jüdischen Familien im Jahre 1454. Das jüdische Viertel bestand nur aus wenigen Häusern; ein Betraum in einem der Häuser war das religiöse Zentrum der hiesigen Gemeinschaft. In Hanglage befindet sich heute noch das vermutlich im 15.Jahrhundert angelegte Begräbnisgelände; etwa 100 Grabsteine haben die Jahrhunderte überdauert.
Aufn. m.f., 2008, aus: commons.wikimedia.org, CC BY-SA 3.0
Anfang der 1930er Jahre lebten nur noch sechs jüdische Einwohner im Ort.
Das im 18./19.Jahrhundert geschaffene Synagogengebäude wurde zu einem Wohnhaus umgebaut, das bis heute erhalten ist.
Ehem. Synagoge in Puklice (Aufn. Filo, 2013, aus: commons.wikimedia.org, CC BY-SA 3.0)
In Windig-Jenikau (tsch. Větrný Jeníkov, derzeit ca. 600 Einw.) - einige Kilometer nordwestlich von Iglau – ist Ansiedlung jüdischer Familien erstmalig aus dem Jahre 1724 belegt. Die winzige jüdische Gemeinschaft zählte während ihres Bestehens kaum mehr als zehn Familien. Ab den 1920er Jahren lebten keine Juden mehr im Dorf.
Jüdischer Friedhof Windig-Jenikau (Aufn. Filo, 2008, aus: wikipedia.org, CC BY-SA 3.0)
In Teltsch (tsch. Telč, derzeit ca. 5.300 Einw.) – ca. 35 Kilometer südlich von Iglau – ist die erstmalige Erwähnung von Juden aus dem Jahre 1580 dokumentiert. Zu Beginn des 17.Jahrhunderts lebten hier vier Familien, um 1690 waren es elf. Seit Beginn des 18.Jahrhunderts wohnten sie ghettoartig in der „Judengasse“. Ihren Begräbnisplatz besaß die Judenschaft zunächst auf einem bewaldeten Gelände, das ca. fünf Kilometer vom Ort entfernt war. Um 1880 legte man ein neues, ca. 2.700 m² großes Friedhofsareal an, auf dem sich heute ca. 150 Grabsteine befinden. Das Taharahaus wurde jüngst restauriert.
Die neuzeitliche Gemeinde - eine der kleinsten in Südmähren – erreichte um 1910 kaum 100 Angehörige. Seit 1904 besaß die Gemeinde eine relativ große neue Synagoge, die einen durch Brand zerstörten Vorgängerbau ersetzte.
Synagoge in Teltsch (Postkartenausschnitt)
Die Deportation der ca. 60 jüdischen Bewohner nach Theresienstadt im März 1942 bedeuteten das Ende der jüdischen Gemeinde.
Das ehemalige Synagogengebäude in Telč ist erhalten und zu einem Wohnhaus umgebaut worden, das sich derzeit in einem sehr guten Zustand befindet.
Ehem. Synagogengebäude (Aufn. D. Baránek, 2010, in: wikipedia.org, CC BY-SA 3.0)
In dem um 1200 an der Kreuzung zweier Handelswege gegründeten Pfarrdorf Triesch/Trest - wenige Kilometer südlich von Iglau gelegen - sollen sich in der zweiten Hälfte des 13.Jahrhunderts erstmals jüdische Familien angesiedelt haben.
[vgl. Triesch (Mähren)]
In Pirnitz (tsch. Brtnice) - ca. zwölf Kilometer südöstlich von Iglau gelegen - soll es seit dem 15.Jahrhundert eine jüdische Gemeinschaft gegeben haben. Ihre zahlenmäßigen Zenit erreichte die Kultusgemeinde gegen Mitte des 19.Jahrhunderts mit mehr als 500 Angehörigen. Zeugnis der über mehrere Jahrhunderte bestehenden Gemeinde legt noch heute der nach 1550 angelegte Friedhof ab.
[vgl. Pirnitz (Mähren)]
Weitere Informationen:
Jacob Unger, Festrede zur Einweihung des renovierten israelitischen Gotteshauses in Iglau, Iglau 1896
Theodor Haas, Juden in Mähren - Darstellung der Rechtsgeschichte und Statistik unter besonderer Berücksichtigung des 19.Jahrhunderts, Brünn 1908
Hugo Gold (Bearb.), Geschichte der Juden in Iglau, in: Hugo Gold (Hrg.), Die Juden und Judengemeinden Mährens in Vergangenheit und Gegenwart - Ein Sammelwerk, Jüdischer Buch- und Kunstverlag, Brünn 1929, S. 243 - 247
Hugo Gold, Gedenkbuch der untergegangenen Judengemeinden Mährens, Olamenu-Verlag, Tel Aviv 1974, S. 60 - 66
Harold Hammer-Schenk, Synagogen in Deutschland. Geschichte einer Baugattung im 19. u. 20.Jahrhundert, Hans Christians Verlag, Hamburg 1981, Teil 1, S. 120 f. und Teil 2, Abb. 95
Ferdinand Seibt (Hrg.), Die Juden in den böhmischen Ländern - Vorträge der Tagung des Collegiums Carolinum in Bad Wiessee (November 1981), Oldenbourg-Verlag, München/Wien 1983
Germania Judaica, Band III/1, Tübingen 1987, S. 579 - 581
Jens Hampel, Das Schicksal der jüdischen Bevölkerung der Stadt Iglau 1938 - 1942, in: "Theresienstädter Studien und Dokumente 1998", S. 70 – 99
The Encyclopedia of Jewish Life before and during the Holocaust (Vol. 2), New York University Press, Washington Square, New York 2001, S. 979
The Jewish Community of Jihlava (Iglau), Hrg. Beit Hatfutsot – The Museum of the Jewish People, online abrufbar unter: dbs.bh.org.il/place/jihlava
Jewish Families of Jihlava (Iglau), Moravia, Czech Republic, online abrufbar unter: geni.com/projects/Jewish-Families-of-Jihlava-Iglau-Moravia-Czech-Republic/13168
Jewish cemetery (Jihlava), online abrufbar unter: jihlava.cz (mit einigen Aufnahmen)