Ingelheim/Rhein (Rheinland-Pfalz)
Die Dörfer Ober-Ingelheim, Nieder-Ingelheim und Frei-Weinheim wurden 1939 verwaltungsmäßig zur Stadt Ingelheim zusammengelegt; die im Landkreis Mainz-Bingen gelegene Kleinstadt hat incl. aller Stadtteile derzeit ca. 36.000 Einwohner (Karte von Rheinhessen, Lencer 2008, aus: wikipedia.org, CC BY-SA 3.0 und Kartenskizze 'Landkreis Mainz-Bingen', aus: ortsdienst.de/rheinland-pfalz/mainz-bingen).
Bereits im 14.Jahrhundert waren vermutlich vereinzelt Juden in Ingelheim ansässig; in den Ingelheimer Haderbüchern ist eindeutig ihre Existenz aber erst seit 1423 urkundlich nachgewiesen. Die ersten beiden namentlich bekannten Familien Seligmann und Gottschalk aus Bacharach – vermutlich als Geld- und Pfandverleiher tätig - werden in einer Kurpfälzer Urkunde von 24.12.1424 erwähnt, die deren Ansiedlung in Nieder-Ingelheim regelte. In diese Zeit fällt auch die Erwähnung eines Begräbnisplatzes, des „Judenacker zu Ober-Ingelheim“, dessen Standort allerdings unbekannt ist. In den folgenden Jahrhunderten hielten sich nur zeitweilig jüdische Familien im Ort auf. In Ingelheim gab es eine „Judengasse“ und in der Gemarkung Ober-Hollern einen Friedhof.
Ingelheim am Rhein - Kolorierter Stich von M. Merian, um 1650 (Abb. aus: wikipedia.org, gemeinfrei)
Zu Beginn des 18.Jahrhunderts waren mehrere Juden mit ihren Familien in Ingelheim ansässig; sie waren zu regelmäßigen Schutzgeldzahlungen an den Pfälzer Kurfürsten verpflichtet.
Erste Hinweise auf einen Betsaal gibt es seit dem 19.Jahrhundert; um 1820 muss ein solcher in der Stiegelgasse gestanden haben; doch vermutlich gab es schon im 18.Jahrhundert einen Betraum. Nachdem die Gemeindeangehörigen jahrelang Gelder gesammelt hatten, konnte nach behördlicher Genehmigung 1840 mit dem Bau einer Synagoge begonnen werden. Die neue Synagoge in der Stiegelgasse war in einem „schön copierten orientalischen Style, welche über 500 fl. Kostete“ gehalten; sie wurde 1841 eingeweiht. Die vorderen Sitzplätze wurden verpachtet, um die finanziellen Belastungen der Gemeinde etwas abzumildern.
In der Zeitschrift „Israelitische Annalen” vom 5.Nov. 1841 wurde über die Einweihung der neuen Synagoge u.a. folgendermaßen berichtet:
Rheinhessen. Oberingelheim, im Oct. 1841 ... - Eine neue Synagoge zu erbauen, schien jedoch der kleinen Gemeinde, aus kaum 30 Mitgliedern bestehend, keine geringe Aufgabe, zumal da sie ganz kurz nacheinander den Ankauf eines Gemeindehauses, Einrichtung eines Schullocals, Erbauung eines Badehauses und der Ankauf sowie die Einfriedigung eines Begräbnißplatzes zu bestreiten hatte. Da kein Gemeindefond’s vorhanden ist, so mußten diese Kosten theils durch freiwillige Gaben, theils durch Umlagen der Gemeindeglieder gedeckt werden. Hier kann man nun recht deutlich wahrnehmen, was der gute Wille und die Liebe zur Religion vermag. Trotz allen diesen Ausgaben brachte es der Vorstand mit Muth und Ausdauer dahin, die Gemeinde von der Nothwendigkeit eines neu zu erbauenden Gotteshauses zu überzeugen, und ... so wurden doch zum Bau einer Synagoge 4.000 fl. (= Gulden) freiwillig unterzeichnet. Der Bau derselben wurde sogleich unternommen und herrlich ausgeführt; dieselbe ist in orientalischem Stil erbaut und hat deren zweckmäßige Bauart bei Kennern und jedem, der solche gesehen, gleichen Beifall gefunden. - Die Einweihung derselben fand am 27. August d.J. statt, ... Nachdem man am Freitag Mittag das Mincha Gebet in der alten Synagoge verrichtet und eine kurze Abschiedsrede in derselben abgehalten worden war, brachte man in Stille die Gesetzesrollen in das Vorderhaus der Synagoge; ... Um 4 Uhr wurden die Gesetzesrollen aus dem Vorderhaus von dem Rabbiner, Vorstand und Vorsänger abgeholt und in die Synagoge getragen, bei deren Erscheinen eine ergreifende Musik begann, während welcher man die Gesetzrollen in die heilige Lade brachte. ... und nun betrat der Rabbiner Herr Dr. Sodernheim aus Bingen die Kanzel und sprach ein wahrhaft ergreifendes Weihgebet, ... Derselbe Prediger hielt sodann eine erbauliche, der Bedeutung des Tages angemessene Predigt, mit der man allgemein so zufrieden war, ... Die vielen Beamten, Geistliche usw., die sich zu diesem Feste zahlreich einfachen, waren mit der Anordnung und Abhaltung des Gottesdienstes, wie sie wiederholentlich erklärten, sehr befriedigt.
Synagoge in Ingelheim Bildmitte (hist. Luftaufnahme um 1930) Synagogeninnenraum (hist. Aufn.)
Die letzte größere Feier in der Synagoge fand 1932 statt.
Zur Besorgung religiöser Aufgaben der Gemeinde war ein Lehrer in Anstellung. Letzter jüdischer Lehrer war seit 1908 Louis (Ludwig) Langstädter.
Annoncen zur Stellenbesetzung als Lehrer/Kantor, aus der Zeitschrift „Der Israelit“ (1892/1903/1908)
Ende der 1860er Jahre wurde in Ober-Ingelheim eine öffentliche jüdische Volksschule gegründet.
Bis Anfang der 1830er Jahre wurden die Verstorbenen der jüdischen Gemeinde Ober- und Nieder-Ingelheim auf dem seit ca. 1690 genutzten Friedhof „Im Saal” (Nieder-Ingelheim) beigesetzt; in der ersten Hälfte des 19.Jahrhunderts wurde eine neue Friedhofsfläche im „Gewann Sohl“ - an der heutigen Hugo-Loersch-Straße - angelegt. Als dann dessen völlige Belegung absehbar wurde, nahm man Ende der 1920er Jahre ein neues Areal in der Rotweinstraße - unmittelbar am kommunalen Friedhof angrenzend - in Nutzung.
Die Gemeinde gehörte zum Rabbinat in Bingen.
Juden in Ober-Ingelheim:
--- 1721 ........................... 20 Juden,
--- 1760 ........................... 6 jüdische Familien,
--- 1797 ........................... 15 “ “ ,
--- 1804 ........................... 56 Juden,
--- 1810 ........................... 150 “ ,
--- 1824 ........................... 128 “ ,
--- 1835 ........................... 141 “ ,
--- 1850 ....................... ca. 200 “ ,* * in Ober-Ingelheim
--- 1860 ........................... 130 “ ,
--- 1884 ........................... 120 “ ,
--- 1900 ........................... 94 “ ,
--- 1905 ........................... 117 “ ,
--- 1919 ........................... 115 “ ,
--- 1925 ........................... 134 " ,**
--- 1933 ........................... 59 “ ,
--- 1936 ........................... 51 “ ,
--- 1937 ........................... 82 “ ,**
--- 1938 (Dez.) .................... 76 “ ,** ** Ober-Ingelheim u. Nieder-Ingelheim
--- 1939 (Dez.) .................... 30 “ .**
Die Zahl der in Nieder-Ingelheim lebenden Juden erreichte in den 1920er Jahren mit etwa 60 Personen ihren Höchststand; im Verlauf des 19.Jahrhunderts waren es kaum mehr als 40 Personen.
Angaben aus: H.G.Meyer/G.Mentgen (Hrg.), Sie sind mitten unter uns, Zur Geschichte der Juden in Ingelheim, S. 76/77
In der zweiten Hälfte des 19.Jahrhunderts lebten in Ingelheim überregional bekannte Vieh- und Pferdehändler. Ende der 1920er Jahre waren die Juden Ingelheims fast ausnahmslos im Handel und der Kleinindustrie tätig; eine Malz- und Düngemittelfabrik waren im jüdischen Besitz, daneben gab es Geschäfte im Textilbereich, koschere Metzgereien und Weingroßhandlungen.
Geschäftsanzeigen (aus: dif-ingelheim.de)
zwei Lehrstellenangebote
Zahlreiche Ingelheimer Juden waren bis 1933 in lokalen Vereinen und Verbänden engagiert; auch dem Gemeinderat gehörten einige Juden an. Der Boykott am 1.4.1933 schien in Ingelheim relativ ruhig verlaufen zu sein. Doch kam es im Laufe des Jahres zu Gewalttätigkeiten gegenüber hiesigen Juden: Schaufenster wurden eingeschlagen, auf Gebäude geschossen und einzelne Festnahmen erfolgten. Beschlüsse des Gemeinderates brachten 1935 weitere Ausgrenzungen und Diskriminierungen mit sich. Zahlreiche Ingelheimer Juden verließen zwischen 1935 und 1938 ihre Heimatstadt, da ihnen immer mehr ihre Existenzgrundlage entzogen wurde. In der Lokalzeitung steigerte sich im Frühjahr 1938 die antijüdische Hetze; so hieß es im Lokalblatt (Frühjahr 1938):
... seit Samstag tragen alle Schaufenster und Türen Schilder mit der Aufschrift “Juden sind unerwünscht!” ... Mit dieser Tat haben die Ober-Ingelheimer Geschäftsleute ein Beispiel gegeben, das hoffentlich in anderen Orten unseres Kreises Nachahmung finden wird. ...
und
.. Auch in unserer Gemeinde gehen die Ladengeschäfte dazu über, in Aushangschildern von ihrer Abneigung gegenüber dem jüdischen Kunden Kenntnis zu geben. Immer mehr Schilder tauchen auf, so daß damit zu rechnen ist, daß in kürzester Zeit die Geschäftswelt von Nieder-Ingelheim geschlossen gegen das Judentum Front machen wird.
In den Tagen des 9. bis 11.November 1938 beherrschten Ingelheimer Nationalsozialisten und Freiwillige aus dem Lager Wackernheim die Straße und gingen gegen das „Ingelheimer Judentum“ vor. Am Vormittag des 10.November 1938 wurde die Ingelheimer Synagoge zerstört; wegen der angrenzenden Gebäude hatte die marodierende SA-Horde wohl von einer Brandlegung Abstand genommen.
Die „Ingelheimer Zeitung” berichtete darüber am 12.11.1938:
Antijüdische Demonstrationen in Ingelheim
Die ruchlose Ermordung des Botschaftsrates an der Deutschen Botschaft in Paris, Ernst vom Rath, der unter den Revolverkugeln eines von der jüdischen Internationalen ausgehaltenen jüdischen Verbrechers sein junges Leben lassen mußte, führte auch in Ingelheim zu spontanen, erregten Kundgebungen gegen das Judentum. In den Vormittagsstunden strömte eine große Menschenmenge zu der in der Stiegelgasse in Ober-Ingelheim liegenden Synagoge, die völlig zerstört wurde. Immer wieder wurden aus der nach hunderten zählenden Volksmenge Rufe der Empörung laut über das hetzerische und verbrecherische Verhalten des Judentums, ...
Anm.: Im Frühjahr 1939 wurde das ehem. Synagogengebäude verkauft und danach zu einem Wohnhaus umgebaut.
Außerdem wurden Eingänge jüdischer Geschäfte zerschlagen, Wohnungseinrichtungen demoliert und mehrere Männer inhaftiert.
J-Kennkarte des letzten jüdischen Lehrers von Ingelheim
17 jüdische Einwohner Ingelheims wurden im September 1942 deportiert; nur zwei überlebten das Kriegsende.
Nach Angaben der Gedenkstätte Yad Vashem/Jerusalem und des "Gedenkbuches - Opfer der Verfolgung der Juden ..." sind insgesamt 65 aus Ingelheim stammende bzw. hier über einen längeren Zeitraum hinweg ansässig gewesene jüdische Bürger Opfer der „Endlösung“ geworden (namentliche Nennung der betroffenen Personen siehe: alemannia-judaica.de/ingelheim_synagoge.htm).
Kurz nach Kriegsende fanden in Ingelheim zwei Prozesse statt, bei denen mehrere, an der Zerstörung der Ingelheimer Synagoge aktiv Beteiligte angeklagt waren; einige wurden zu Freiheitsstrafen verurteilt.
Nach dem Kriege kehrten nur vier Ingelheimer Juden in die Stadt zurück.
In der heutigen Gemarkung Ingelheim liegen drei jüdische Friedhöfe: in der Hugo-Loersch-Straße in Ingelheim-Süd, in der Rotweinstraße in Ingelheim-Süd und am Holzweg in Großwintersheim.
Die ältesten Grabsteine vom ehem. jüdischen Friedhof in Nieder-Ingelheim (Aufn. J. Hahn, 2005)
Auf dem im Stadtteil Ober-Ingelheim liegenden jüdischen Friedhof (in der Hugo-Loersch-Straße) finden man heute noch ca. 145 Grabsteine, die aus den Jahren von 1841 bis 1938 datieren.
Jüdischer Friedhof in Ober-Ingelheim (Aufn. N. 2014, aus: wikipedia.org, CC BY-SA 4.0)
Am ehemaligen Synagogenstandort erinnert eine Bronzeplatte mit der knappen Inschrift an das Zentrum der jüdischen Gemeinde Ingelheim:
Hier stand die Synagoge der Jüdischen Gemeinde Ingelheim.
Sie wurde am 9.November 1938 zerstört.
Die Gedenktafel wurde 1992 durch eine große Gedenkstele ergänzt, die auf Initiative von Schülern des Gymnasiums und Mitgliedern des Deutsch-Israelitischen Freundeskreises aufgerichtet wurde; eine längere Inschrift am Fuße der Stele lautet:
... denn Fremde sind gekommen
über die Heiligtümer des Hauses des Ewigen.Jeremia 51,51
Hier stand das Gotteshaus der jüdischen Religionsgemeinde unserer Stadt.
Es wurde 1841 eingeweiht
und während des Pogroms in den Morgenstunden des 10.November 1938 durch Nationalsozialisten geschändet und zerstört.
Damit und mit der späteren Deportation unserer jüdischen Mitbürgerendete in Ingelheim jegliches jüdische Gemeindeleben.
Wir erinnern uns in Trauer und Scham.
Bürger der Stadt Ingelheim 1992
Auf einer zweiten Tafel sind die Namen der insgesamt 84 jüdischen Opfer aufgelistet.
Denkmal am Synagogen-Platz (Aufn. H. Geißler, aus: ingelheimer-geschichte.de)
Nach dem jüdischen Lehrer und Kantor Ludwig Langstädter, der von den Nationalsozialisten ermordet wurde, ist in Ingelheim eine Straße benannt. Zudem trägt seit 2018 der "Renate-Wertheim-Platz" den Namen des jüngsten Ingelheimer Deportationsopfers.
Abb. aus: dif-ingelheim.de
2006 hat man begonnen, in Ingelheim sog. „Stolpersteine“ zu verlegen, inzwischen sind es im gesamten Stadtgebiet an 13 Standorten 36 messingfarbene Steinquader aufzufinden (Stand 2023).
verlegt im Oberen Zwerchweg und Römerstraße (Aufn. C., 2014, aus: wikipedia.org, CC BY-SA 3.0 und A.Tewes, 2019, aus: wikipedia.org, CC BY-SA 4.0)
verlegt im Neuweg (aus: dif-ingelheim.de)
Die jüdischen Familien aus Heidesheim/Rhein waren als Filialgemeinde der Kultusgemeinde von Ober-Ingelheim angeschlossen; deren Ansässigkeit reicht ins 18.Jahrhundert zurück. Die wenigen hier lebenden Familien bestritten ihren bescheidenen Lebensunterhalt zumeist vom Viehhandel. Mit 44 Angehörigen erreichte die kleine Gemeinschaft um 1840 ihren Höchststand; offiziell gehörten sie zur Synagogengemeinde Ober-Ingelheim.
Bis spätestens 1910 soll eine eigene Betstube im Hause der jüdischen Familie Löwensberg genutzt worden sein; nach Aufgabe der "Juddeschul" suchten die wenigen jüdischen Bewohner die Synagoge in Ober-Ingelheim auf. Die wenigen jüdischen Kinder besuchten die allgemeine Volksschule am Ort, Religionsunterricht wurde durch einen auswärtigen Lehrer erteilt.
Anfang der 1930er Jahre lebten nur noch fünf jüdische Bewohner im Ort.
Während des Novemberpogrom 1938 wurde eine Jüdin (Rosa Gruner, geb. Ehrenstamm) misshandelt und deren Wohnung demoliert. Der wohlhabende Apotheker Max Holländer, der bereits seit 1933 unter Schikanen und Demütigungen zu leiden hatte, wurde nun gezwungen, der Kommune sein Besitztum, die Schlossmühle, als „Schenkung“ zu überlassen; Max H. und seine Ehefrau emigrierten wenig später - via Philippinen (!) - in die USA.
Auch ein kleines Friedhofsgelände war seit ca. 1880 vorhanden; es weist gegenwärtig elf Grabsteine auf.
Jüdischer Friedhof in Heidesheim/Rh. (Aufn. J. Hahn, 2005)
Seit 2012 findet man auch in Heidesheim sog. „Stolpersteine“; die beiden Steine wurden in der Grabengasse als Erinnerung an das jüdische Apotheker-Ehepaar Holländer verlegt, dem noch die Emigration in die USA gelang. Drei weitere Steine erinnern in der Römerstraße seit 2019 an die Geschwister Rosalie, Helena und Berta Stein; im Folgejahr kamen weitere Stolpersteine hinzu.
zwei "Stolpersteine" (Aufn. Franz Eiermann, 2012)
Vor der Wohnanlage ZOAR wurde für 72 „Euthanasie“-Opfer eine sog. „Stolperschwelle“ in die Pflasterung eingefügt.
In Großwinternheim - seit 1972 ein Ortsteil von Ingelheim - gab es auch eine kleine jüdische Gemeinde. Daran erinnert heute noch ihre Begräbnisstätte, die in der ersten Hälfte des 18.Jahrhunderts unterhalb des Hofguts Westerhaus angelegt wurde. Auf dem ca. 1.400 m² großen Areal, das inmitten der Weinberge liegt, fanden auch Verstorbene aus Bubenheim und Schwabenheim a.d.Selz ihre letzte Ruhe. Auf dem seit Mitte des 18.Jahrhunderts genutzten Geländes befinden sich heute noch ca. 45 Grabdenkmale, die in Reihen nebeneinander stehen; der älteste erhaltene Grabstein mit entzifferbarem Sterbe- und Begräbnisdatum ist 1853 datiert, der jüngste stammt von 1903.
Jüdischer Friedhof in Großwinternheim (Aufn. A., 2012 und D., 2021, aus: wikipedia.org, CC BY-SA 3.0 bzw. 4.0)
In Schwabenheim - wenige Kilometer südlich Ingelheims - bestand bis gegen Ende des Ersten Weltkrieges eine kleine israelitische Gemeinde, zu der auch die Juden aus den Nachbarorten Bubenheim und Großwinternheim gehörten. Die Zahl der der Gemeinde zugehörigen Familien war stets überschaubar; ihren zahlenmäßigen Höchststand erreichte die Gemeinde in den 1860er Jahren mit ca. 75 Angehörigen. Seit ca. 1830 verfügte die Gemeinde über einen neueingerichteten Betsaal in einem Hause in der Bachstraße, der nahezu neun Jahrzehnte als solcher genutzt wurde. Das veräußerte, dann als Geräteschuppen genutzte Gebäude wurde um 1970 abgerissen und das Gelände neu überbaut.
Ehem. Synagogengebäude kurz vor dem Abriss (Aufn. Landesamt)
Verstorbene Juden aus Schwabenheim wurden auf dem israelitischen Friedhof in Großwinternheim begraben.
In den 1920er Jahren lebten noch ca. zehn jüdische Bewohner in Schwabenheim.
Nach Angaben der Gedenkstätte Yad Vashem/Jerusalem sind nachweislich drei aus Schwabenheim stammende Juden in der NS-Zeit gewaltsam ums Leben gekommen (namentliche Nennung der betroffenen Personen siehe:.alemannia-judaica.de/schwabenheim_synagoge.htm).
Weitere Informationen:
Andreas Saalwächter, Judenfamilien in Ingelheim und im Selztal, in: "Heimatjahrbuch Kreis Bingen 1965"
Paul Arnsberg, Die jüdischen Gemeinden in Hessen. Anfang - Untergang - Neubeginn, Societäts-Verlag, Frankfurt/M. 1971, Bd. 1, S. 342 und S. 409 – 411
Ludwig Hellriegel, Die jüdische Gemeinde Schwabenheim, in: Festschrift zum 90jährigen Bestehen ..., Schwabenheim 1974, S. 30 - 37
Germania Judaica, Band III/1, Tübingen 1987, S. 581/582
9.November 1938 - 9.November 1988. Ingelheim am Rhein. Eine Dokumentation, Hrg. Deutsch-Israelischer Freundeskreis Ingelheim am Rhein, Ingelheim 1988
Karl Urhegyi, Die ‘Kristallnacht’ in einer Landgemeinde: Heidesheim 1938, Heidesheim 1988
Landeszentrale für politische Bildung Rheinland-Pfalz (Hrg.), Gedenkstätten für die Opfer des Nationalsozialismus in Rheinland-Pfalz, 2.Aufl., Mainz 1991, S. 53 - 55
Hans-Georg Meyer, Es darf kein Efeu darüber wachsen, Hrg. Deutsch-Israelischer Freundeskreis Ingelheim am Rhein, 1991
Hans Georg Meyer, Die jüdische Bevölkerungsentwicklung in Ingelheim 1364 - 1950, in: "SACHOR - Beiträge zur jüdischen Geschichte in Rheinland-Pfalz", 2.Jg., Heft 2/1992, S. 37 – 44
Heinrich A. Herbert, Ingelheimer Lesebuch, Ingelheim 1992, S. 103 - 117
Hans-Georg Meyer (Bearb.), Es darf kein Efeu darüber wachsen. Jüdische Friedhöfe in Ingelheim, in: "SACHOR - Beiträge zur jüdischen Geschichte in Rheinland-Pfalz", 3. Jg. Ausgabe 2/1993, Heft Nr. 5. S. 22 - 31
H.G.Meyer/G.Mentgen (Hrg.), Sie sind mitten unter uns. Zur Geschichte der Juden in Ingelheim, Hrg. Deutsch-Israelischer Freundeskreis Ingelheim e.V., Ingelheim 1998
Hans-Georg Meyer, 97 Jahre wurde sie alt: Entstehung und Zerstörung der Ingelheimer Synagoge, in: "Heimat-Jahrbuch Mainz-Bingen", No. 42/1998, S. 92 - 96
Stefan Fischbach/Ingrid Westerhoff (Bearb.), “ ... und dies ist die Pforte des Himmels “. Synagogen. Rheinland-Pfalz Saarland, Hrg. Landesamt für Denkmalpflege, Mainz 2005, S. 181 (Heidesheim), S. 194/195 (Ingelheim am Rhein) und S. 336/337 (Schwabenheim)
Hartmut Geißler, Die Geschichte der Ingelheimer Juden bis 1933 – ein Überblick, online abrufbar unter: ingelheimer-geschichte.de (letztmalige Aktualisierung Mai 2021)
Deutsch-Israelischer Freundeskreis Ingelheim e.V. (Hrg.), Jüdische Geschichte von Ingelheim, online abrufbar unter: dif-ingelheim.de (mit detaillierten Angaben zu den jüdischen Familien)
Beate Schwenk (Red.), Stolpersteine für Opfer des NS-Regimes. Erinnerung an deportierte und ermordete Ingelheimer Juden/Neue AZ-Serie, in: "Allgemeine Zeitung - Rhein-Main-Presse“ vom 16.12.2008
Hans-Georg Meyer/Karoline Klausing, Freudige Gefolgschaft und bedingungslose Einordnung?” – Ingelheim im Nationalsozialismus, Leinpfad-Verlag, Ingelheim 2011
Ingelheim, in: alemannia-judaica.de (mit zahlreichen Text- u. Bilddokumenten zur jüdischen Ortshistorie)
Ingelheim am Rhein - Die jüdischen Friedhöfe, in: alemannia-judaica.de/ingelheim_friedhof.htm (mit zahlreichen Fotos)
Schwabenheim an der Selz mit Bubenheim und Großwinternheim, in: alemannia-judaica.de
Beate Schwenk (Red.), "Nur Enkeltochter überlebt“ - Messingplatten im Neuweg in Ober-Ingelheim erinnern an die Familien Kahn und Krauskopf, in "Allgemeine Zeitung - Rhein-Main-Presse" vom 3.11.2010
Liste der in Ingelheim verlegten Stolpersteine, online abrufbar unter: wikipedia.org/wiki/Liste_der_Stolpersteine_in_Ingelheim_am_Rhein
Deutsch-Israelitischer Freundekreis Ingelheim e.V. (Hrg.), Stolpersteine, online abrufbar unter: dif-ingelheim.de/stolpersteine/ (mit biografischen Daten der betroffenen Personen)
Heidesheim am Rhein, in: alemannia-judaica.de
Liste der in Heidesheim verlegten Stolpersteine, online abrufbar unter: wikipedia.org/wiki/Liste_der_Stolpersteine_in_Heidesheim_am_Rhein
Karl Urhegyi (Bearb.), Die „Schlossmühle“ in Heidesheim, online abrufbar unter: regionalgeschichte.net/rheinhessen/heidesheim/kulturdenkmaeler
Sascha Diehl (Red.), - „Vergangenheit aufarbeiten“ - Gedenken: Heidesheim verlegt erstmals Stolpersteine zur Erinnerung an Nazi-Opfer...", in: "Allgemeine Zeitung - Rhein-Main-Presse" vom 24.2.2012
Torben Schröder (Red.), Gedenktafel erinnert an die jüdische Vergangenheit voin Heidesheim, in: „Allgemeine Zeitung – Rhein-Main-Presse“ vom 4.7.2016
Gerhard Wieseotte (Red.), Stolpersteine in Heidesheim verlegt, in: „Allgemeine Zeitung - Rhein-Main-Presse“ vom 13.4.2019
Gerhard Wieseotte (Red.), Stolpersteine erinnern an ermordete Cousinen, in: „Allgemeine Zeitung - Rhein-Main-Presse“ vom 7.7.2020 (betr. Heidesheim)
Deutsch-Israelischer Freundeskreis Ingelheim e.V., Jüdische Geschichte Ingelheims und Aktivitäten des Freundeskreises, online abrufbar unter: dif-ingelheim.de
Deutsch-Isrraelischer Freundeskreis Ingelheim e.V., Stolpersteine Heidesheim, online abrufbar unter: dif-ingelheim.de
Deutsch-Israelischer Freundeskreis Ingelheim e.V. (Hrg.), Die jüdischen Friedhöfe in Ingelheim (in Vorbereitung)
Antonia Meyer (Red.), Jüdischer Friedhof in Ingelheim verwahrlost: Stadt reagiert, in: „Allgemeine Zeitung“ vom 16.7.2024