Kreuzburg (Oberschlesien)

Kreuzburg ist das heutige polnische Kluczbork mit derzeit ca. 24.000 Einwohnern - ca. 50 Kilometer nordöstlich der Stadt Oppeln/Opole (Ausschnitt aus hist. Karte von 1905, aus: wikipedia.org, gemeinfrei  und  Kartenskizze 'Polen' mit Kluczbork rot markiert, K. 2006, aus: wikipedia.org, CC BY-SA 3.0).

 

1414 datiert eine allererste urkundliche Erwähnung von Juden in Kreuzburg. Eine dauerhafte neuzeitliche Ansiedlung einer jüdischen Familie in Kreuzburg ist aber erst aus dem Jahre 1748 dokumentiert.

Seitdem Juden zu Beginn des 19. Jahrhunderts nach Schlesien einwanderten, haben sich auch in Kreuzburg Familien niedergelassen, die zumeist vom Klein- und Hausierhandel lebten, aber auch als Musikanten ihr kärgliches Leben fristeten. Zuvor lebten bereits in den beiden Nachbarorten Kronstadt und Pitschen jüdische Familien. Die größte Judengemeinde in der Umgebung gab es im Dorf Kraskau; sie gilt als Vorgängerin der Kreuzburger Gemeinde; denn nach einem Brand der dortigen Synagoge 1845 verließen die meisten jüdischen Familien Kraskau und machten sich in Kreuzburg ansässig. In den ersten Jahrzehnten des 19.Jahrhunderts nahm die Zahl der in Kreuzburg lebenden Juden rasch zu. Vermutlich um 1850 konstituierte sich offiziell die Synagogengemeinde Kreuzburg; in einem Antrag der „Israelitischen Corporation“ zur Anerkennung als Kultusgemeinde vom Oktober 1847 erfährt man Näheres über die damalige Situation der Kreuzburger Judenschaft:

„ ... Da die Zahl der hierorts wohnenden jüdischen Familien gegenwärtig auf ... 44 sich beläuft (die Seelen Zahl beträgt jedoch 253) nächst von den nahgelegenen Ortschaften hinzukommen 7 Familien und aus Crascau noch hinzutreten 6 Familien, so wird dadurch unsere Gemeinde aus 57 Familien bestehen. Zudem besitzen wir hierorts auch eine concessionierte jüdische Elementarschule und haben auch ein allgemeines Beth-Local und Frauen Bad welches zwar auf den Namen des Herrn Weinkaufmann Cohn conformiert jedoch Eigenthum der Gemeinde ist, ... auch haben wir auf dem Terrain bei Crascau einen Begräbniß Platz und so dürfte unser unvorgreiflichen Meinung zufolge nichts im Wege stehen, daß wir eine Synagogen Gemeinde allein mit allen hierzu bezüglichen Corporationsrechten ausmachen dürfen und bitten wir zudem diesen unseren devotesten Antrag bei Ew. Königlichen hochlöblichen Regierung ... befürworten zu wollen.”

Ende der 1860er Jahre wurde die Situation der Juden wie folgt geschildert:

„ ... Der Handel in der Stadt wird größtentheils von Juden betrieben, welche hier die erste Phase der Civilisation durchmachen, um später in Breslau resp. Berlin die höchste Culturstufe zu erreichen. Das eigentliche total schmutzige polnische Judentum beginnt zum Glück erst jenseits der russischen Gränze; diese Sorte zeigt sich hier bloß an Markttagen in ihrer Glorie. ...  Hier sieht man auch sehr häufig eigentliche polnische Juden mit dem langen Kaftan und den geringelten Haaren. Man ist dem Orient um ein merkliches Stück näher. ...”

(aus: H.Fuhrmann, „Fern von gebildeten Menschen” - Eine oberschlesische Kleinstadt um 1870, S. 26 f.)

Zunächst suchten die Kreuzburger Juden die Synagoge im ca. fünf Kilometer entfernten Dorfe Kraskau auf, ehe an der Stoberstraße in Kreuzburg Mitte der 1850er Jahre ein Betraum auf einem Hinterhofgelände eingerichtet wurde. Da diese Räumlichkeit aber bald den wachsenden Ansprüchen nicht mehr genügte, wurde - nach jahrelanger Suche nach einem geeigneten Bauplatz - Mitte der 1880er Jahre ein neues Synagogengebäude an der Promenade errichtet; es wurde am 15.Sept. 1886 vom Rabbiner Ferdinand Rosenthal feierlich eingeweiht. Der im romanisch-maurischen Mischstil errichtete Synagogenbau war im Inneren mit reichen Holz-Schnitzarbeiten und einer bemalten Holzdecke ausgestattet.

Kreuzburger Synagoge, Oppelner Str. (hist. Postkarte bzw. hist. Aufn., aus: wikipedia.org, gemeinfrei)

Der jüdische Friedhof in Kraskau diente bis 1926 als Begräbnisstätte für verstorbene Kreuzburger Juden; danach legte die hiesige jüdische Gemeinde einen eigenen, großflächigen Friedhof direkt neben dem katholischen an; auf diesem errichtete man eine im orientalischen Stile gestaltete Trauerhalle.

                              Kaplica żydowska w Kluczborku.jpgFriedhofshalle (hist. Aufn., Muzeum Kluczbork, aus: wikipedia.org, gemeinfrei)

Juden in Kreuzburg:

    --- um 1775 ................... ca.  25 Juden,

    --- um 1810 ................... ca.  50   “  ,

    --- 1825 ..........................  48   "  ,

    --- 1828 .......................... 393   “  ,*    * im Kreis Kreuzburg

    --- 1840 .......................... 158   "  ,

    --- 1847 .......................... 216   “   (ca. 10% d. Bevölk.),

    --- 1856 .......................... 253   “  ,

    --- 1869 .......................... 406   “  ,*

    --- 1890 .......................... 290   "  ,

    --- 1900 .......................... 276   "  ,

    --- 1910 .......................... 418   “  ,*

    --- 1927 .......................... 180   “  ,

    --- 1932/33 ....................... 160   “  ,

    --- 1936 .......................... 264   “  ,*

             .......................... 136   “   (ca. 1% d. Bevölk.),

--- 1937 ..........................  81   “  ,

--- 1939 ...................... ca.  50   “  .

Angaben aus: Willi Teichner, Geschichte der jüdischen Gemeinde zu Kreuzburg                           

und                 P.Maser/A.Weiser, Juden in Oberschlesien, S. 127

Milchstrasse - Kluczbork.jpg Rynek w Kluczborku.jpg

Milchstraße um 1900  und  Nördliche Ringseite um 1905 (hist. Aufn. aus: commons.wikimedia.org, gemeinfrei)

 

Um die Jahrhundertwende begann langsam der Niedergang der Kreuzburger Gemeinde; deren Angehörige wanderten zunehmend in deutsche Großstädte ab. Trotz ihrer geringen Zahl war die wirtschaftliche Bedeutung der Kreuzburger Juden bis in die NS-Zeit hinein relativ groß; ihre Kaufhäuser und Geschäfte gruppierten sich um den zentralen Ring-Platz der Stadt.

In der „Kristallnacht“ von 1938 wurde die Synagoge in Brand gesteckt, die Ruine später völlig abgetragen, so dass heute keinerlei Spuren mehr an das Gebäude erinnern.

 

... Mit Windeseile sprach es sich gestern vormittag herum, daß die Ruinen der Synagoge und der Halle auf dem Judenfriedhof gesprengt werden würden. Eine Abteilung der Neisser Pioniere ... war dazu ... nach Kreuzburg gekommen, um die Sprengung vorzunehmen. ... Zu den Sprengungen hatten sich natürlich viele Volksgenossen eingefunden, die mit großem Interesse die Arbeiten der Pioniere verfolgten und sich sichtlich darüber freuten, daß endlich die Ruinen beseitigt wurden und damit der Rest eines Gebäudes verschwindet, das nie in das Stadtbild gepaßt und fremdrassigen Menschen diente, die einst mit die Zersetzung des Volkes betrieben haben. Wie wir erfahren, wird nun sofort mit den Aufräumungsarbeiten begonnen werden, ... Hoffentlich geht auch das schnell vonstatten, damit aus dem Trümmerfeld bald eine neue Grünanlage erstehen kann, die der Stadt zur Zierde gereichen wird.            

(aus: „Oberschlesische Tageszeitung” vom 4.Mai 1939)

 

Von den etwa 140 Anfang der 1930er Jahre in Kreuzburg lebenden Juden konnten die meisten emigrieren; die übrigen wurden Ende des Jahres 1942 deportiert und fanden zumeist in den Vernichtungslagern den Tod.

 

Alle Grabsteine des jüdischen Friedhofs wurden nach 1945 niedergelegt.

Eine der wohlhabendsten und einflussreichsten Persönlichkeiten, die der jüdischen Gemeinde Kreuzburg entstammte, war der 1833 geborene Kgl. Geheime Kommerzienrat Simon Cohn; als Heereslieferant für die preußische Armee war er zu ansehnlichem Reichtum gelangt. In der zweiten Hälfte seines Lebens lebte er in Berlin, vergaß aber nie seine Heimatstadt Kreuzburg, die er großzügig finanziell unterstützte; so hatte Cohn u.a. Gelder für den Bau des dortigen Gymnasiums zur Verfügung gestellt. Simon Cohn verstarb 1892 in Berlin.

 

 

Im Dorfe Kraskau (poln. Krasków, derzeit ca. 600 Einw.) – wenige Kilometer westlich von Kreuzburg – lebten seit Mitte des 18.Jahrhunderts jüdische Familien. In den 1760er Jahren bildete sich hier eine Gemeinde mit allen rituellen Einrichtungen, wie Synagoge, Mikwe und Friedhof. Der Friedhof diente den hiesigen Juden und denen aus Kreuzburg, Konstadt und Pitschen als Begräbnisstätte; 1847 wurde diese Begräbnisstätte offiziell an die Gemeinde Kreuzburg angeschlossen. Das letzte Begräbnis fand 1923 statt; drei Jahre später wurde der Friedhof geschlossen. 1845 wurde die Synagoge durch einen Brand zerstört. Etwa zeitgleich verließen die meisten Juden Kraskau und ließen sich im nahen Kreuzburg nieder. Der jüdische Friedhof wurde während des Novemberpogroms zerstört. 2009 wurden ein Teil der Grabsteinrelikte zu einem kleinen Mahnmal gefügt und hier eine Gedenktafel angebracht.

mur cmentarza żydowskiego w Kraskowie Krasków - macewy

Jüdischer Friedhof in Krasków (Aufn. Malgorzata Ploszaj, in: kirkuty.xip.pl)

 

In Konstadt O.-S. (poln. Wolczyn) - ca. 15 Kilometer westlich von Kreuzburg gelegen - gab es eine jüdische Gemeinde, die in den 1860/1870er Jahren mehr als 200 Angehörige zählte; deren Gründung geschah in den 1840er Jahren. Erste jüdische Ansässigkeit war hier unter preußischer Herrschaft (nach 1742) erfolgt. Neben dem 1812 angelegten Friedhof gab es im Ort auch eine Synagoge, die Anfang der 1850er Jahre erbaut worden war. Etwa zwei Jahrzehnte später wurde auch eine jüdische Schule eingerichtet.

        Innenraum der Konstadter Synagoge (Postkarte von 1906)  

Juden in Konstadt:

    --- um 1790 ................. ca.  90 Juden,

    --- 1845 ........................ 160   “   (ca. 11% d. Bevölk.),

    --- 1867 ........................ 216   “  ,

    --- 1925 ........................ 103   “  ,

--- 1938 ........................  76   “  ,

--- 1942 ........................   7   “  .

Angaben aus: Wolczyn, in: sztetl.org.pl

Bis 1930 ging die Zahl der Gemeindemitglieder auf ca. 80 Personen zurück. Obwohl bis 1937 die jüdische Minderheit als „geschützt“ galt, setzte auch hier nach 1933 die antisemitische Ausgrenzungspolitik ein; die Einführung der „Nürnberger Gesetze“ in Konstadt (1937) wurde von antisemitischen Kundgebungen begleitet. Nach der „Kristallnacht“ von 1938, in der das Bethaus und jüdisches Eigentum zerstört wurden, verließen die meisten der Konstadter Juden ihre Heimatstadt. Die sehr wenigen hier verbliebenen wurden Ende 1942 deportiert; ihr Schicksal ist unbekannt. - Auf dem jüdischen Friedhof sind einige Grabmäler in gutem Zustand erhalten geblieben; der älteste Stein stammt von 1833

vgl. dazu: Konstadt (Oberschlesien)

 

 

In Krippitz (auch Kschepitz, poln. Krzepice) - östlich von Kreuzburg gelegen, seit der 3.polnischen Teilung preußisch, nach 1815 zu russ. Kongreß-Polen gehörig - gab es ab ca. 1700 einen nennenswerten jüdischen Bevölkerungsteil. Die hier lebenden Familien, die überwiegend als Handwerker tätig waren, trugen zur Verbesserung der schlechten wirtschaftlichen Lage in der Kleinstadt bei, die nach dem großen Stadtbrand von 1656 eingetreten war. Um 1730 soll die erste Synagoge errichtet worden sein. Ein im Stile des Klassizismus erbautes jüdisches Gotteshaus entstand Anfang der 1820er Jahre, dessen Ruine noch heute vorhanden ist.

Synagogenruine (Aufn. Małgorzata Płoszaj, 2007, aus: wikipedia.org, CC BY-SA 2.0)

Über dem Eingang befeindet sich ein Steinrelief mit einem stilisierten Davidstern und der Inschrift: „Oh wie heilig ist diese Stätte. Keine andere, aber das Haus Gottes und Pforte des Himmels.“ Auch vom alten jüdischen Friedhof – unweit der Synagoge - stehen heute noch 300 Grabmale.

Juden in Krippitz (Kschepitz):

    --- um 1720 ....................     4 jüdische Familien,

    --- um 1765 ................ ca.   120 Juden,

    --- 1808 .......................   322   “   (ca. 21% d. Bevölk.),

    --- 1847 ....................... 1.054   “   (ca. 48% d. Bevölk.),

    --- 1860 ....................... 1.069   “  ,

    --- 1875 ....................... 1.057   “   (ca. 49% d. Bevölk.),

    --- 1909 ....................... 1.700   “   (ca. 42% d. Bevölk.),

    --- 1921 ....................... 1.772   “  ,

--- 1940 ................... ca. 1.800   “  .

Angaben aus: Krzepice, in: sztetl.org.pl

Ab Mitte des 18.Jahrhunderts siedelten sich immer mehr jüdische Familien an, die hier einen separaten Stadtteil erhielten; etwa ein Jahrhundert später war jeder zweite Einwohner mosaischen Glaubens; 1857 zählte man ca. 1.050 jüdische Einwohner.

Krippitz wurde 1939 von deutschen Truppen besetzt und als Krippitz O.S. dem Landkreis Blachstädt angeschlossen. Mit der Deportation ihrer Bewohner nach Auschwitz im Sommer 1942 – damals hatten etwa 1.800 Juden ghettoartig im Ort gelebt - endete die Geschichte der jüdischen Gemeinde. 

vgl. dazu: Krippitz (Oberschlesien)

 

 

In Pitschen (poln. Byczyna, derzeit ca. 3.600 Einw.) - ca. 20 Kilometer nördlich von Kreuzburg – begann jüdische Ansässigkeit vermutlich in der zweiten Hälfte des 18.Jahrhunderts. Um 1850 erreichte die (erst 1853 offiziell gegründete) Gemeinde mit ca. 100 Personen ihren Höchststand. Zu den gemeindlichen Einrichtungen zählten ein unscheinbares Bethaus (1882 eingeweiht) und ein um 1865 angelegter Begräbnisplatz, der sich auf einer kleinen Anhöhe vor dem Ort befand. Bis Anfang der 1930er Jahre war die Zahl der Gemeindeangehörigen in Folge Abwanderung auf ca. 30 Personen zurückgegangen; 1937 waren es kaum mehr als 20. Während des Novemberpogroms wurde das Bethaus in Brand gesetzt und teilzerstört. Das Schicksal der sehr wenigen in Pitschen verbliebenen Juden ist nicht bekannt. 

Einziger Hinweis auf das einstige Vorhandensein einer jüdischen Gemeinde sind heute die wenigen Grabsteinrelikte des Begräbnisgeländes.

Cmentarz żydowski w Byczynie w obiektywie Rafała Stasiaka Grabsteinrelikte - jüdischer Friedhof Byczyna (Aufn. aus: kirkuty.xip.pl)

Das einstige Bethaus ist baulich erhalten und dient heute Wohnzwecken; ein Hinweis auf dessen einstige Verwendung fehlt jedoch.

 

 

In Praschkau (poln. Praszka) – einige Kilometer nordöstlich von Kreuzburg gelegen – gab es bereits seit dem ausgehenden 17.Jahrhunderts wenige jüdische Bewohner, die 1713 wegen eines angeblichen Ritualmordes aus dem Ort vertrieben wurden; einige sollen hingerichtet worden sein. Gegen Mitte des 18.Jahrhunderts setzte eine erneute Zuwanderung jüdischer Familien nach Praschkau ein; so soll um 1800 bereits mehr als ein Drittel der Gesamtbevölkerung mosaischen Glaubens gewesen sein; ein halbes Jahrhundert später stellten die jüdischen Familien etwa die Hälfte der Gesamteinwohnerschaft.

Aus dem Jahre 1836 stammt ein ansehnlicher Synagogenbau, der ein älteres hölzernes Gebäude ersetzte.

 

Ehem. Synagoge in Praschkau (links Aufn. aus: opolskie.regiopedia.pl, um 1960; rechts Aufn. aus: miastapolski.blox.pl , 2007)

Ein eigener Friedhof wurde in den 1820er Jahren angelegt.

Juden in Praschkau:

    --- um 1790 ................... ca.   120 Juden,

--- um 1795 ................... ca.   280   “   (ca. 35% d. Bevölk.),

    --- 1800 ...................... ca.   250   “   (ca. 25% d. Bevölk.),

    --- um 1857 .......................   914   “   (ca. 50% d. Bevölk.),

    --- um 1900 ................... ca. 1.560   “   (ca. 45% d. Bevölk.),

    --- 1921 ...................... ca. 1.600   “   (ca. 37% d. Bevölk.),

    --- 1926 ...................... ca. 1.500   “  ,

    --- 1938 .......................... 1.016   “  ,

    --- 1939 ...................... ca.   900   “   (ca. 23% d. Bevölk.).

Angaben aus: Praszka, in: sztetl.org.pl

Zu Beginn des Zweiten Weltkrieges lebten in der Stadt ca. 900 Personen jüdischen Glaubens. Anfang 1941 errichteten die deutschen Besatzungsbehörden in der Stadt ein Ghetto, in dem die jüdische Bevölkerung der Stadt und des nahen Umlandes eingewiesen wurde; die Insassen mussten Zwangsarbeit leisten. Im Sommer 1942 wurde das Ghetto aufgelöst und deren Bewohner nach Lodz bzw. ins Vernichtungslager Chelmno deportiert. Während des Zweiten Weltkrieges wurde die Synagoge teilzerstört; das Gebäude verfiel in der Folgezeit. In den 1960er Jahren wurde es renoviert und diente danach als kommunales Kulturzentrum. Auf dem jüdischen Friedhof, der während des Krieges zerstört und dessen Grabsteine für Wegebau benutzt wurden, erinnert ein Gedenkstein an 17 erschossene ehemalige jüdische Ghettobewohner. Das ehemalige Begräbnisareal soll sich in einem bedauernswerten Zustand befinden

vgl. dazu: Praschkau (Oberschlesien)

 

 

In Landsberg O/S (poln. Gorzow Slaski), einem Ort in unmittelbarer Nähe von Praschkau, existierte seit der zweiten Hälfte des 18.Jahrhunderts eine jüdische Gemeinde, die Mitte des 19. Jahrhunderts ca. 160 Angehörige zählte und damit ca. 12% der Einwohnerschaft stellte. Das neue Synagogengebäude der Landsberger Judenschaft wurde im Jahre 1865 eingeweiht.

        

Synagoge in Landsberg O/S (hist. Aufn. und Ausschnitt aus hist. Bildpostkarte)

Um die Jahrhundertwende verließen zahlreiche jüdische Familien die Stadt, um eine neue Existenz in größeren Städten (vor allem Berlin) aufzubauen. Mitte der 1920er Jahre lebten nur noch ca. 40 Personen mosaischen Glaubens in Landsberg. Zu Beginn der 1930er Jahre war die israelitische Kultusgemeinde in Landsberg in Auflösung begriffen. Der im 19.Jahrhundert angelegte Friedhof wurde während der Kriegsjahre zerstört; heute befindet sich dort eine Grünfläche. 

vgl. dazu: Landsberg (Oberschlesien)

 

 

Weitere Informationen:

Willi Teichner, Geschichte der jüdischen Gemeinde zu Kreuzburg, Kreuzburg 1930 (unveröffentlichtes Manuskript)

Gerhard Menz (Hrg.), Aus den Anfängen des Judentums in Kreuzburg 1742, aus: "Aus der Heimat" (Beilage der OS-Nachrichten), 1938, Bd .7, S. 94/95

Horst Fuhrmann, “Fern von gebildeten Menschen” - Eine oberschlesische Kleinstadt um 1870, München 1989

Horst Fuhrmann, Die Einweihung der Kreuzburger Synagoge 1886, in: "Oberschlesisches Jahrbuch", 7/1991, S. 157 - 162

Peter Maser/Adelheid Weiser, Juden in Oberschlesien, Teil I: Historischer Überblick, in: "Schriften der Stiftung Haus Oberschlesien, Landeskundliche Reihe 3.1", Gebr. Mann Verlag, Berlin 1992, S. 126 - 130

Adelheid Weiser, Juden in Oberschlesien, in: Zur Geschichte der deutschen Juden. Ostdeutschland - Böhmen - Bukowina. Kulturpolitische Korrespondenz 61/1993, S. 17 - 23

Horst Fuhrmann, Kreuzburger Judenschule, in: H. Fuhrmann, Menschen & Meriten, Verlag C.H.Beck, München 2001

The Encyclopedia of Jewish Life before and during the Holocaust (Vol. 2), New York University Press, Washington Square, New York 2001, S. 654, S. 677, S. 998 und S. 1023

weitere Angaben zu den oben aufgeführten jüdischen Gemeinden in: sztetl.org.pl

K. Bielwaski (Red.), Jüdischer Friedhof in Krasków, in: kirkuty.xip.pl

K. Bielawski (Red.), Jüdischer Friedhof in Byczyna, in: kirkuty.xip.pl

Beata Pomykalska/Pawel Pomykalski, Auf den Spuren der Juden Oberschlesiens, Hrg. Haus der Erinnerung an die Juden Oberschlesiens – Zweigstelle des Museums in Gleiwitz, Gliwice 2019