Libochowitz (Böhmen)

Bildergebnis für aussig nordböhmen karte" Das nordböhmische Libochowitz - etwa 15 Kilometer südwestlich von Leitmeritz (Litoměřice) bzw. ca. 25 Kilometer südlich von Aussig (Usti nad Labem) - ist die heutige kleine tschechische Ortschaft Libochovice mit derzeit ca. 3.500 Einwohnern (Ausschnitt aus hist. Landkarte, aus: wikipedia.org und Kartenskizze 'Tschechien' mit Libochovice rot markiert, K. 2006, aus: commons.wikipedia.org CC BY-SA 3.0).

 

In Libochowitz soll es bereits Ende des 16.Jahrhunderts eine aus zehn Familien bestehende jüdische Gemeinschaft gegeben haben, deren Angehörige zumeist Vertriebene aus den böhmischen Königsstädten waren. Anfänglich lebten die jüdischen und christlichen Familien nebeneinander; im Laufe der ersten Hälfte des 17.Jahrhunderts wurde im südwestlichen Teil des Ortes ein Ghetto geschaffen. Zuzüge nach 1680 vergrößerten die hiesige Gemeinde, deren Angehörige als Handwerker und Hausierer ihr schmales Brot verdienten. Ab Beginn des 18.Jahrhunderts wurde die Zahl der in Libochowitz lebenden jüdischen Familien auf ca. 45 beschränkt; nur jeweils der älteste Sohn der Familien durfte heiraten. Unter der Regierungszeit Joseph II. wurde diese Reglementierung wieder abgeschafft.

Aus der Frühzeit jüdischer Ansiedlung stammt auch der jüdische Friedhof - er war in den 1580er Jahren angelegt worden.

Jewish cemetery in Libochovice, 08-2012, 04.JPG

Ansichten des jüdischen Friedhofs (Aufn. L. Faigl, 2012, aus: wikipedia.org, CC BY-SA 3.0 und Petr Graumann, aus: panoramio, 2007)

Das erste Synagogengebäude soll um 1650 errichtet worden sein; um 1835 wurde ein neues erstellt.

Libochowitz war bis 1872 Sitz eines Rabbinats. Die hiesige jüdische Schule wurde 1898 geschlossen.

Juden in Libochowitz:

         --- um 1570 .........................  11 jüdische Familien,

    --- um 1650 .........................  12 (erwachsene) Juden,

    --- 1702 ............................  ca. 16% der gesamten Bevölkerung,

    --- 1724 ............................  35 jüdische Familien (ca. 210 Pers.),

    --- 1793 ............................  39     “       “   ,

    --- 1849 ............................ 260 Juden (ca. 15% d. Bevölk.),

    --- 1880 ............................ 228   “   (ca. 11% d. Bevölk.),

    --- 1900 ............................ 124   “   (ca. 5% d. Bevölk.),

    --- 1910 ........................ ca. 150   “   (ca. 6% d. Bevölk.),

    --- 1921 ............................  57   “  ,

    --- 1930 ............................  48   “   (ca. 1% d. Bevölk.).

Angaben aus: Karel Krenek (Bearb.), Libochowitz, in: H. Gold (Hrg.), Židé a židovské obce v Cechách v minulosti a prítomnosti Židovské nakladatelství, Brno - Praha 1934, S. 372 f.

 

Ihren Höchststand erreichte die Zahl der Gemeindeangehörigen um die Mitte des 19.Jahrhunderts mit ca. 260 Personen; dies entsprach etwa 15% d. Bevölkerung; viele jüdische Bewohner waren damals ins öffentliche Leben des Ortes eingebunden.      

Abwanderung in größere Städte führte bald zur Dezimierung der Zahl der Gemeindemitglieder; die Gemeinde bestand Anfang der 1930er Jahre nur noch aus etwa 50 Personen, die damals als Handwerker und Kleinhändler ihren Lebensunterhalt bestritten. Die NS-Zeit bedeutete das Ende der 400jährigen Geschichte der jüdischen Gemeinde in Libochowitz. 1942 wurden die letzten Juden aus Libochowitz verschleppt.

 

Nach Kriegsende bildete sich keine neue Gemeinde wieder. Das alte Synagogengebäude wurde in den 1980er Jahren abgebrochen.

kurz vor dem Abbruch (Aufn. Pavel Frýda, um 1975)

Seit 2004 erinnert ein Findling mit einer unscheinbaren Gedenktafel an das einstige jüdische Gotteshaus des Ortes.

Als steinernes Zeugnis ist bis auf den heutigen Tag der mit zahlreichen, oft sehr alten Grabsteinen bestandene jüdische Friedhof erhalten und erinnert daran, dass es im Ort vormals eine relativ große jüdische Gemeinde gegeben hat.

  alte Grabsteine (Aufn. Sovicka, 2012, aus: commons.wikipedia.org, CC BY-SA 4.0)Libochovice, židovský hřbitov.jpg

Seit 2004 ist eine internationale Jugendgruppe an der Restaurierung des mit ca. 500 Grabsteinen bestandenen Areals tätig. An einer Stelle der den Friedhof umgebenden Mauer wurden aufgefundene Relikte alter Grabsteine angebracht.

Jewish cemetery in Libochovice, 08-2012, 03.JPGAufn. L. Faigl, 2012, aus: wikipedia.org, CC BY-SA 3.0

 

 

 

Weitere Informationen:

Karel Krenek (Bearb.), Libochowitz, in: Hugo Gold (Hrg.), Židé a židovské obce v Cechách v minulosti a prítomnosti, Židovské nakladatelství, Brno - Praha 1934, S. 372 - 378

International Jewish Cemetery Project - Czechoslowakia

Jewish Families from Libochovice (Libochowitz) in Bohemia, Czech Republic, online abrufbar unter: geni.com/projects/Jewish-families-from-Libochovice-Libochowitz-Bohemia-Czech-Republic/15345