Labischin (Posen)
Labischin - etwa 15 Kilometer südöstlich von Schubin bzw. ca. 25 Kilometer südlich von Bromberg/Bydgoszcz - ist das polnische Łabiszyn mit derzeit ca. 4.500 Einwohnern (Ausschnitt aus hist. Karte, aus: wikipedia.org, gemeinfrei und Kartenskizze 'Polen' mit Łabiszyn rot markiert, K. 2006, aus: commons.wikimedia.org, CC BY-SA 3.0).
Im Dorfe Labischin/Netze bestand im 19.Jahrhundert eine relativ große jüdische Gemeinde, deren Angehörige zeitweilig mehr als die Hälfte der Ortsbevölkerung stellten.
Erste Erwähnung jüdischer (vermutlich nur vorübergehender) Ansässigkeit datiert aus der zweiten Hälfte des 16.Jahrhunderts. Angeblich bestand bereits im 17.Jahrhundert (andere Angabe: ab Beginn des 18.Jahrhunderts) hier ein organisiertes Gemeindewesen mit Bethaus und eigenem Friedhof.
Während des Schwedisch-Polnischen Krieges hatte die jüdische wie nicht-jüdische Bevölkerung schwer zu leiden; zahlreiche Dorfbewohner kamen ums Leben. Eine um 1710 grassierende Seuche führte dazu, dass jüdische Familien abwanderten. Erst zu Beginn des 19.Jahrhunderts war die Zahl der in Labischin lebenden Juden wieder so groß, dass man erneut ein Gemeindewesen etablieren konnte. Der Bau einer Synagoge datiert in der ersten Hälfte des 19.Jahrhunderts. Um 1800 war bereits ein neues Begräbnisgelände geschaffen worden. Zu den gemeindlichen Einrichtungen zählten weiterhin eine Elementarschule und ein eigenes Schlachthaus. Auch einige kulturell bzw. sozial ausgerichtete Vereine bereicherten das gemeindliche Leben.
Juden in Labischin:
--- 1664 ......................... 32 jüdische Familien,
--- 1808 ......................... 521 Juden (ca. 55% d. Bevölk.),
--- 1816 ..................... ca. 400 " (ca. 29% d. Bevölk.),
--- 1849 ......................... 738 “ (ca. 30% d. Bevölk.),* * andere Angabe. ca. 900 Pers. (?)
--- 1885 ......................... 501 “ (ca. 20% d. Bevölk.),
--- 1895 ......................... 376 “ ,
--- 1899 ......................... 331 " ,
--- 1907 ........................ 219 “ (ca. 10% d. Bevölk.),
--- 1910 ......................... 185 “ ,
--- 1922 ..................... ca. 40 “ ,
--- 1930 ......................... 10 “ .
Angaben aus: Labiszyn, in: sztetl.org.pl
In der zweiten Hälfte des 19.Jahrhunderts zeichnete sich bereits ein steter Rückgang der jüdischen Ortsbevölkerung in Folge Abwanderung ab.
Nach Ende des Ersten Weltkrieges und der damit verbundenen Gründung des neuen polnischen Staates verließen dann die meisten noch hier verbliebenen jüdischen Bewohner den Ort in Richtung Deutschland; seitdem wurde die Synagoge nur noch gelegentlich an Festtagen genutzt. Offiziell wurde die Gemeinde Anfang der 1930er Jahre aufgelöst, die wenigen verbliebenen Juden der Schubiner Gemeinde angeschlossen.
Während des Zweiten Weltkrieges wurde das Synagogengebäude zerstört.
In den Jahren 1940-1945 hieß der Ort offiziell „Lüderitz“.
Aus steinernen Relikten des ehemaligen Synagogengebäudes wurde auf dem jüdischen Friedhof ein Mahnmal erstellt, das an die einstige jüdische Ortsbevölkerung erinnern soll.
(Aufn. Joczko, 2015, aus: commons.wikipedia.org, CC BY-SA 4.0)
Von der älteren jüdischen Begräbnisstätte sind keinerlei Relikte mehr auffindbar; nur ein Stein markiert heute deren Standort.
Weitere Informationen:
A.Heppner/J.Herzberg, Aus Vergangenheit und Gegenwart der Juden und der jüdischen Gemeinden in den Posener Landen, Koschmin - Bromberg 1909
The Encyclopedia of Jewish Life before and during the Holocaust (Vol. 3), New York University Press, Washington Square, New York 2001, Vol. 2, S. 697/698
Labiszyn, in: sztetl.org.pl
K. Bielawski (Red.), Jewish cemetery of Labiszyn, in: kirkuty.xip.pl