Markelsheim (Baden-Württemberg)

Königreich Württemberg (1806 – 1918)Datei:Bad Mergentheim im Main-Tauber-Kreis.png Markelsheim im Taubertal ist mit derzeit ca. 2.000 Einwohnern heute der größte Ortsteil der Kreisstadt Bad Mergentheim (Ausschnitt aus hist. Karte, aus: deutsche-schutzgebiete.de  und  Kartensskizze 'Landkreis Bad Mergentheim', F. Paul 2009, aus: wikipedia.org, CC BY-SA 3.0).

 

Ansiedlungen von Juden in dem größtenteils zum Deutschen Orden gehörenden Markelsheim können urkundlich aus dem 16.Jahrhundert nachgewiesen werden. Allerdings ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass bereits im Hochmittelalter hier Juden lebten, da das Taubertal damals zu den Gebieten mit einer relativ hohen jüdischen Population gehörte.

Einen kleinen Betraum sollen die Juden in Markelsheim bereits in den 1650er Jahren besessen haben; seit Beginn der 1830er Jahre verfügten sie über ein neues Synagogengebäude. Zwischenzeitlich hatten die Juden von Markelsheim das Bethaus in Igersheim aufgesucht, weil im Dorf selbst kein Minjan erreicht wurde. Nachdem die Zahl der Juden in Markelsheim zu Beginn des 19.Jahrhunderts angewachsen war, entschloss man sich zur Erstellung Synagoge; dazu diesem Zweck erwarb man ein Gebäude, das nach einem Umbau 1827 eingeweiht wurde. Während der Betsaal ca. 70 Männern Platz bot, konnten sich auf der Empore ca. 40 - 50 Frauen aufhalten.

                        Synagoge in Markelsheim (hist. Aufn., um 1930) (Aufn. aus: Landesarchiv Baden-Württ.)

1832 bildeten die beiden jüdischen Gemeinden Markelsheim und Igersheim die „Israelitische Religionsgemeinde Igersheim“, die dem Rabbinat Mergentheim unterstellt war. Streitigkeiten gab es um den Sitz der vereinigten Synagogengemeinde; schließlich konnten sich die Igersheimer Juden durchsetzen.

Zur Besorgung religiöser Aufgaben der Gemeinde war ein Lehrer angestellt, der neben seiner unterrichtlichen Tätigkeit auch als Vorbeter und Schächter tätig war.

    aus der Zeitschrift "Der Israelit" vom 6.5.1886 und 7.6.1902

Als dann um 1900 die Zahl der Igersheimer Juden stärker als die der Markelsheimer Gemeindeangehörigen zurückgegangen war, wurde der Sitz der Kultusgemeinde von Igersheim nach Markelsheim verlegt.  (vgl. dazu: Igersheim (Baden-Württemberg)

Seit frühesten Zeiten wurden die verstorbenen Markelsheimer Juden auf dem israelitischen Friedhof in Unterbalbach beerdigt.

Juden in Markelsheim:

         --- 1704 ...........................  4 jüdische Familien,

    --- 1755 ...........................  3     “       “    ,

    --- 1812 ........................... 18 Juden,

    --- 1824 ........................... 26   “  ,

    --- 1843 ........................... 52   “  ,

    --- 1869 ........................... 50   “  ,

    --- um 1880 .................... ca. 70   “  ,

    --- 1900 ........................... 53   “  ,

    --- 1910 ........................... 39   “  ,

    --- 1933 ........................... 20   “  ,

    --- 1939 ...........................  9   "  ,

    --- 1942 (Sept.) ...................  keine.

Angaben aus: Paul Sauer, Die jüdischen Gemeinden in Württemberg und Hohenzollern, S. 124                                          

 

Anfang der 1930er Jahre gab es im Dorf mehrere jüdische Viehhändler und Metzger, einen Getreidehändler und zwei Einzelwarenhändler; insgesamt lebten noch etwa 20 jüdische Bewohner in Markelsheim.

In der Pogromnacht vom November 1938 drangen Jugendliche in die Wohnung der Kolonialwarenhändlerin Rebekka Ottensoser ein und verwüsteten diese. Einige jüdische Männer wurden verhaftet und mehrere Wochen im KZ Dachau festgehalten. Das Synagopgengebäude wurde verschont und später als Wohnhaus umgebaut.

Die letzten fünf jüdischen Einwohner aus Markelsheim wurden im August 1942 nach Theresienstadt deportiert.

Von den in Markelsheim geborenen bzw. längere Zeit am Ort lebenden Juden kamen nach Angaben der Gedenkstätte Yad Vashem/Jerusalem in der NS-Zeit nachweislich mindestens zehn Personen gewaltsam ums Leben (namentliche Nennung der betroffenen Personen siehe: alemannia-judaica.de/markelsheim_synagoge.htm).

 

Seit 2010 erinnert im Äußeren Schlosshof in Bad Mergentheim ein Mahnmal an 97 Juden, die aus Bad Mergentheim, Markelsheim, Wachbach und Edelfingen deportiert und ermordet wurden.

Jüdische Gemeinde - Bad Mergentheim (Baden-Württemberg)Mahnmal mit den Namen der Deportationsopfer (Aufn. Schorle, 2011, aus: wikipedia,org, CC BY-SA 3.0).

 

 

 

Weitere Informationen:

Paul Sauer, Die jüdischen Gemeinden in Württemberg und Hohenzollern. Denkmale - Geschichte - Schicksale, Hrg. Archivdirektion Stuttgart, Kohlhammer Verlag, Stuttgart 1966, S. 124

Utz Jeggle, Judendörfer in Württemberg, in: "Untersuchungen des Ludwig-Uhland-Instituts der Universität Tübingen", Band 23, Tübingen 1969

Elmar Weiß, Jüdisches Schicksal im Gebiet zwischen Neckar und Tauber, in: "Veröffentlichungen der Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg", 1979

Gerhard Wilhelm Daniel Mühlinghaus, Der Synagogenbau des 17. u. 18.Jahrhunderts im aschkenasischen Raum, Dissertation, Philosophische Fakultät Marburg/Lahn, 1986, Band 2, S. 251

Joachim Hahn, Erinnerungen und Zeugnisse jüdischer Geschichte in Baden-Württemberg, Konrad Theiss Verlag, Stuttgart 1988, S. 334/335

Joachim Hahn/Jürgen Krüger, “Hier ist nichts anderes als Gottes Haus ...” Synagogen in Baden-Württemberg, Teilband 2: Orte und Einrichtungen, Konrad Theiss Verlag GmbH, Stuttgart 2007, S. 25/26

Markelsheim, in: alemannia-judaica.de (mit zahlreichen, zumeist personenbezogenen Dokumenten zur jüdischen Ortshistorie)

Wolfgang Strauß (Bearb.), Familie Adler, online abrufbar unter. stolpersteine-guide.de/biografie/418/familie-adler (2006)

Peter D. Wagner (Red.), 97 Namen erinnern an die Gräueltat, in: „Main-Post“ vom 1.2.2010 (betr. Denkmal für deportierte/ermorderte Juden aus Mergentheim, Markelsheim, Wachbach u. Edelfingen)