Massenbachhausen (Baden-Württemberg)

Bildergebnis für landkreis heilbronn ortsdienst karte Massenbachhausen ist eine Kommune mit derzeit ca. 3.700 Einwohnern im Landkreis Heilbronn – ca. 15 Kilometer westlich der Kreisstadt gelegen (Kartenskizze 'Landkreis Heilbronn' ohne Eintrag von Massenbachhausen, aus: ortsdienst.de/baden-wuerttemberg/landkreis-heilbronn).

 

Jüdische Bewohner im Dorfe Massenbachhausen, das bis Anfang des 19.Jahrhunderts den Grafen von Neipperg untertänig war, werden erstmals in den 1680er Jahren erwähnt; damals wurde die Ortsherrschaft von den Freiherren von Dalberg ausgeübt. Die Zahl der hier lebenden jüdischen Familien war stets überschaubar; ihren zahlenmäßigen Höchststand erreichte die kleine Gemeinde mit knapp 60 Angehörigen um 1840.

Zu gottesdienstlichen Zusammenkünften traf man sich in einem Betraum, für dessen Nutzung die Gemeinde eine jährliche Gebühr an die Ortsherrschaft abführen musste. 1826/1827 erbaute die jüdische Gemeinde von Massenbachhausen beim Seegraben (heute Gartenstraße) ein eigenes Synagogengebäude; der äußerlich sehr schlichte Bau bestand aus einem großen Saal mit Thoraschrein und großzügigen hellen Fenstern in der Ostwand. Im Erdgeschoss lag eine kleine Wohnung des Lehrers/Vorsängers; darüber soll sich die Frauenempore befunden haben. Über dem Eingang des Bethauses war die hebräische Inschrift „Gesegnet bist du bei deinem Eingang und bei deinem Ausgang“ angebracht.

     Ehem. Synagogengebäude (hist. Aufn., um 1930) 

Auf Grund der Tatsache, dass in Massenbachhausen eine neue Synagoge errichtet worden war, wurde das Dorf Anfang der 1830er Jahre Sitz einer jüdischen Kultusgemeinde, der nun auch die Juden aus Massenbach und Bonfeld angehörten. Die „Dreiergemeinde“ Massenbachhausen, Massenbach und Bonfeld gehörte zum Bezirksrabbinat Lehrensteinsfeld.

Verstorbene der Gemeinde wurden auf den jüdischen Friedhöfen in Heinsheim, in Waibstadt und nach 1819 auch in Eppingen beigesetzt.

Juden in Massenbachhausen:

         --- 1737 ...........................  7 jüdische Familien,

    --- um 1800 ........................  6   “         “    ,

    --- 1826 ........................... 46 Juden (in 8 Familien),

    --- 1838 ........................... 58   “  ,

    --- 1854/55 ........................ 54   “  ,

    --- 1869 ........................... 16   “  ,

    --- 1886 ...........................  8   “  ,

    --- 1900 ...........................  8   “  ,

    --- 1925 ...........................  eine Jüdin.

Angaben aus: Eberhard Schnotz, Juden in Massenbachhausen, S. 53 f.

 

Als sich in den 1860er Jahren die jüdische Gemeinde in Massenbachhausen aufzulösen begann, wurde Massenbach zum Sitz der Hauptgemeinde erklärt; die wenigen in Massenbachhausen verbliebenen Juden suchten deshalb die Gottesdienste in Massenbach auf, nachdem ihre Synagoge um 1865 geschlossen worden war.

Das Synagogengebäude wurde 1872 verkauft und diente dem neuen Besitzer nach Umbauten als Wohnhaus bzw. Scheune. Die letzte jüdische Bewohnerin Massenbachhausens verstarb 1926.

Um 1900 gründete Bernhard Hochherr in Massenbachhausen eine Zigarrenfabrik, die alsbald expandierte und noch weitere Produktionsstätten in der Region eröffnete. Während der NS-Zeit wurde das Unternehmen "arisiert“, sein früherer Eigentümer nach Theresienstadt „umgesiedelt“, wo er verstarb. Seit 2019 erinnern in Heilbronn zwei sog. "Stolpersteine" an Bernhard Hochherr und seine Tochter.

Nach Angaben der Gedenkstätte Yad Vashem/Jerusalem und des "Gedenkbuches - Opfer der Verfolgung der Juden ..." wurden zwei aus Massenbachhausen stammende Juden Opfer der „Endlösung(namentliche Nennung der betroffenen Personen siehe: alemannia-judaica.de/massenbachhausen_synagoge.htm).

 

Seit den 1990er Jahren befindet sich das stark baufällige Gebäude in kommunalem Besitz; nach einer grundlegenden Sanierung des Hauses (2008/2009) durch den privaten „Förderverein Denk-Mal“ wurde es im Sommer 2010 eingeweiht; in den Räumlichkeiten soll ein kleines Heimatmuseum eingerichtet werden.

Anmerkung: Für die hiesige Kirchengemeinde hat das frühere Synagogengebäude hohen Erinnerungswert, da in seinen Räumen 1876 der spätere Franziskanerbruder Josef Wickenhäuser geboren wurde; der Papst hatte ihn 1998 zum „verehrungswürdigen Bruder Firminus“ erklärt.

                    

Ehem. Synagogengebäude vor und nach der Restaurierung (Aufn. B., 2007 und P. Schmelzle, 2009, aus: commons.wikimedia.org 2.5 bzw. 3.0)

 

[vgl. Massenbach (Baden-Württemberg)]

 

 

 

Weitere Informationen:

Paul Sauer, Die jüdischen Gemeinden in Württemberg und Hohenzollern. Denkmale - Geschichte - Schicksale, Hrg. Archivdirektion Stuttgart, Kohlhammer Verlag, Stuttgart 1966, S. 126

W.Angerbauer/H.G.Frank, Jüdische Gemeinden in Kreis und Stadt Heilbronn. Geschichte - Schicksale - Dokumente, in: "Schriftenreihe des Landkreises Heilbronn", Hrg. Landkreis Heilbronn, 1986, S. 160 - 163

Gerhard W. Daniel Mühlinghaus, Der Synagogenbau des 17. u. 18.Jahrhunderts im aschkenasischen Raum, Dissertation, Philosophische Fakultät Marburg/Lahn, 1986, Band 2, S. 253

Eberhard Schnotz, Juden in Massenbachhausen, in: Gabi u. Rolf Muth, Chronik der Gemeinde Massenbachhausen, Hrg. Gemeinde Massenbachhausen, Weinsberg 1999, S. 53 - 58

Joachim Hahn/Jürgen Krüger, “Hier ist nichts anderes als Gottes Haus ...” Synagogen in Baden-Württemberg, Teilband 2: Orte und Einrichtungen, Konrad Theiss Verlag GmbH, Stuttgart 2007, S. 320/321

Massenbachhausen, in: alemannia-judaica.de

Gabi Muth (Red.), In diesem Haus im Leintal wurden einst Tabakblätter gewickelt, in: stimme.de (Heilbronn) vom 7.6.2019

Karl-Heinz Vetter, Massenbachhausen und seine Einwohner 1400 – 1908, Hrg. Förderverein DENK-MAL, Massenbachhausen 2018 (enthält auch die Biographie des jüdischen Unternehmers Bernhard Hochherr)

Gabi Much (Red.), Das ist die bewegte Geschichte der Zigarrenfabrik von Bernhard Hochherr, in: „Rhein-Neckar-Zeitung“ vom 25.6.2019